Vielleicht ist es der Verbesserung des betrieblichen Sehvermögens dienlich, wenn ich darauf hinweise, dass der Begriff "
Hohe Nacht" für mich unweigerlich mit dem Nazi-Lied
"Hohe Nacht der klaren Sterne" konnotiert ist.
Siehe Wikipedia
Ich frage mich, ob dieser Bezug hier gesucht oder ironisch gebrochen werden sollte, sehe für beides aber kaum Anhaltspunkte. Also nur ein Versehen?
Allerdings macht mich auch die
"Ehrenvolle Wacht", hier verstanden als ein
"Gebot der Sterne" misstrauisch. Leider keine Ironie, auch hier wird mehr als nur Pathos versprüht, wenn die
"in unser Land eingereisten Sterne" nun
"fest am Band" "klemmen".
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Das Weihnachtsfest muss nicht ständig aus einer kritischen Sicht heraus bedichtet werden, ein lyrisch verdichteter Rückgriff auf seine Wurzeln wäre gerade heute sehr zu begrüßen. Doch der findet hier auch nicht statt. Zu den seltsamen, bereits schon erwähnten Wortkürzeln wie "Stub" & "Sitt" gesellt sich im vorletzten Vers auch noch eine "
Katz [ ], leis im Tritte"; da spürt man nur sehr wenig von der
"Eleganz". Sprachgewalt meint ja nicht die Vergewaltigung der Sprache, um sie in ein Metrum zu pressen.
Hannelore schrieb:
heilig war mir hier der Wille.
Nacht in Zauber eingetaucht!
Träumend hab ich ihrer Stille
meinen Atem eingehaucht.
Beim "
Heiligen Willen" sträuben sich mir erneut die
zur hohen Nacht, ehrenvollen Wacht aufgerichteten Nackenhaare. Was ist hier gemeint?
"Nacht in Zauber eingetaucht"? Der Trochäus zeigt seine Tücken: Wo der Wegfall des Artikels zum Telegrammstil beschleunigt, schwingt sich die Sprache in die Höhen unfreiwilliger Komik. Hierzu sei die Lektüre des "
"Schlesischen Schwans" Friederike Kemper empfohlen, die meisterlich mit Trochäen umzugehen verstand:
Pseudo-Kempneriana schrieb:
Im Gebüsch gestreckt / Ruhet Hindu faul, /Gift’ge Schlange leckt /Gierig sich das Maul.
Nimmt erst Anlauf dann / Springt auf Hindu ein, / Schlägt dem armen Mann / Giftzahn ins Gebein.
Hindu fliehen will – / Glieder sind verkrampft –/ Bet’t zu Buddha still / Und verscheidet sanft.
Doch führt uns dein Weihnachtsspaziergang nicht in die Täler der Ironie, oder? Ich frage mich nur, wie man der Stille seinen Atem einhaucht. Umgekehrt würd' ein Schuh draus:
Träumend hat mir dort die Stille / ihren Atem eingehaucht, was bedeutet, dass die Stille die menschliche Seele eingenommen hat.
Ich grüble immer noch, was die Katz' hier zu suchen hat. Nun ja, das Internet ist voller Katzen, habe ich mir sagen lassen. Vielleicht war es eine schwarze Katze?
Nun ja, man muss auch nicht alles verstehen.
Grüße
JB