Ji Rina
Mitglied
Charlotte betrat ihre Wohnung, knipste das Licht an und streifte ihre Schuhe ab. Daraufhin ging sie ins Bad. Ein befriedigender Blick in den Spiegel bestätigte ihr, dass sie auch jetzt - am Ende des Tages - noch immer gut aussah. Es war ja auch Martins erste Feststellung, als sie sich vor dem Kino begrüßten.
Sie hatten einen schönen Abend verbracht, einen lustigen Film gesehen und waren dann noch in ihrem Lieblings-Café ein Eis essen. Aber jetzt war es spät, und sie wollte nur noch ins Bett. Wie jeden Abend begann sie mit der Prozedur des Abschminkens. Sie griff nach einem Wattebäuschen, tunkte es in eine Emulsion und begann mit langsamen Bewegungen, das Make-up abzutragen. Es folgte die gleiche Prozedur mit den Wimpern. Sie waren stark gefärbt und lösten, beim Reiben mit dem Wattepad, eine schwarze Masse unter den Augen aus, die sie geduldig und mit äußerster Vorsicht wegwischte. Etwas rascher folgte dann das Entfernen des Lippenstifts, eine tief orangene Farbe, die gut zum Sommer passte. Jeden Abend der gleiche Vorgang, sie tat es ohne nachzudenken, denn es war längst reinste Gewohnheit.
Jetzt wo ihr Gesicht ungeschminkt war, erschien es ihr nicht mehr so hübsch. Sie betrachtete ihre blasse Haut und ihre Lippen, die - nun so glanzlos - schmaler wirkten. Auch ihre Augen wirkten jetzt viel kleiner. Sie ließ ihren Blick vom Kinn zu den Wangen und von dort zu ihren Augen schweifen. Eine Weile stand sie so da und fixierte sich. Zwei Augen starrten sie an. Und je länger sie sich betrachtete, desto fremder kam ihr dieses Gesicht im Spiegel vor. Sie legte den Kopf ein wenig schief und lächelte, aber das Gesicht ihr gegenüber blieb ernst, und plötzlich erschrak sie, denn es kam ihr so vor, als stünde dort ein anderer Mensch. Ein Mensch, der sie jetzt mit starrendem Blick, beinahe herausfordend, in Schach hielt.
“Wer bist du?”, fragte diese Fremde ihr gegenüber mit tiefer, ruhiger Stimme.
Charlotte erstarrte. Ihre Hände umklammerten den Rand des Waschbeckens, und sie spürte ihr pochendes Herz.
“Wer bist du?”, fragte die Stimme noch einmal und fixierte sie regungslos. Wie versteinert stand Charlotte da. Wurde sie verrückt? Sie wollte sich abwenden, aber eine ungeheuere Kraft hielt sie fest; sie wollte aus dem Bad laufen, aber es ging nicht! Wie festgenagelt stand sie da und blickte in diese Augen, die sie durchbohrten.
“Ch-ar-lo-tte …”, fragte die Stimme zum dritten mal, “ Wer-bist-du?”
Sie wollte etwas sagen und suchte nach Worten, doch plötzlich begann sich alles in ihrem Inneren zu drehen. Als würde ein Strudel alles mit sich reißen …, das Spiegelbild, ihre Gedanken, ihr Wesen … Alles drehte und drehte sich, auch das Bad drehte sich, die Wände, der Boden, alles floss ineinander, wurde eins, zerschmolz und verschwand in einem tiefen schwarzen Loch.
Ihre Schläfen pochten. Sie wusste nicht mehr, wer sie war, nicht mehr wie sie hieß, oder was sie hier gerade tat. Wer war dieser Mensch im Spiegel? Wer sprach? Das Herz schlug ihr bis zum Hals und sie fühlte sich einer Ohnmacht nahe. Ja, sie spürte, dass es das Beste sei, sich auf den Boden gleiten zu lassen, widerstandslos, sich einfach fallenzulassen. Ihre Knie knickten langsam ein, und ihre Hände rutschten ab, doch plötzlich warf sie den Kopf in den Nacken, schrie: Martin! Martin! und stieß sich vom Waschbecken ab. Sie rannte hinaus ins Wohnzimmer, stürzte sich auf ihr Handy und wählte seine Nummer.
“Charlotte?”
Nur ihr heftiges Atmen war zu hören und ihre Hände zitterten dermaßen, dass sie kaum das Handy halten konnte.
“Charlotte? ... Ist alles okay?”
Sie ließ sich auf der Lehne des Sessels nieder und hielt sich völlig erschöpft das Handy fest ans Ohr.
“Ja”, stammelte sie schweratmend, “… Ja ...”.
“Was ist los? Ist etwas passiert?”
Sie blickte auf ihren Fernseher, den sie gerade im Angebot gekauft hatte. Sie sah die Tapeten und die hübschen Gardinen, ein Geburtstagsgeschenk ihrer Mutter. Auf dem Boden lagen die schwarzweißkarierten Teppiche, die sie seit ihrer Kindheit kannte, und langsam bekam alles wieder einen Sinn.
“Es …es ist alles okay …”, sagte sie, “Ich …Ich habe mich … nur einen Moment nicht so gut gefühlt.”
Sie hatten einen schönen Abend verbracht, einen lustigen Film gesehen und waren dann noch in ihrem Lieblings-Café ein Eis essen. Aber jetzt war es spät, und sie wollte nur noch ins Bett. Wie jeden Abend begann sie mit der Prozedur des Abschminkens. Sie griff nach einem Wattebäuschen, tunkte es in eine Emulsion und begann mit langsamen Bewegungen, das Make-up abzutragen. Es folgte die gleiche Prozedur mit den Wimpern. Sie waren stark gefärbt und lösten, beim Reiben mit dem Wattepad, eine schwarze Masse unter den Augen aus, die sie geduldig und mit äußerster Vorsicht wegwischte. Etwas rascher folgte dann das Entfernen des Lippenstifts, eine tief orangene Farbe, die gut zum Sommer passte. Jeden Abend der gleiche Vorgang, sie tat es ohne nachzudenken, denn es war längst reinste Gewohnheit.
Jetzt wo ihr Gesicht ungeschminkt war, erschien es ihr nicht mehr so hübsch. Sie betrachtete ihre blasse Haut und ihre Lippen, die - nun so glanzlos - schmaler wirkten. Auch ihre Augen wirkten jetzt viel kleiner. Sie ließ ihren Blick vom Kinn zu den Wangen und von dort zu ihren Augen schweifen. Eine Weile stand sie so da und fixierte sich. Zwei Augen starrten sie an. Und je länger sie sich betrachtete, desto fremder kam ihr dieses Gesicht im Spiegel vor. Sie legte den Kopf ein wenig schief und lächelte, aber das Gesicht ihr gegenüber blieb ernst, und plötzlich erschrak sie, denn es kam ihr so vor, als stünde dort ein anderer Mensch. Ein Mensch, der sie jetzt mit starrendem Blick, beinahe herausfordend, in Schach hielt.
“Wer bist du?”, fragte diese Fremde ihr gegenüber mit tiefer, ruhiger Stimme.
Charlotte erstarrte. Ihre Hände umklammerten den Rand des Waschbeckens, und sie spürte ihr pochendes Herz.
“Wer bist du?”, fragte die Stimme noch einmal und fixierte sie regungslos. Wie versteinert stand Charlotte da. Wurde sie verrückt? Sie wollte sich abwenden, aber eine ungeheuere Kraft hielt sie fest; sie wollte aus dem Bad laufen, aber es ging nicht! Wie festgenagelt stand sie da und blickte in diese Augen, die sie durchbohrten.
“Ch-ar-lo-tte …”, fragte die Stimme zum dritten mal, “ Wer-bist-du?”
Sie wollte etwas sagen und suchte nach Worten, doch plötzlich begann sich alles in ihrem Inneren zu drehen. Als würde ein Strudel alles mit sich reißen …, das Spiegelbild, ihre Gedanken, ihr Wesen … Alles drehte und drehte sich, auch das Bad drehte sich, die Wände, der Boden, alles floss ineinander, wurde eins, zerschmolz und verschwand in einem tiefen schwarzen Loch.
Ihre Schläfen pochten. Sie wusste nicht mehr, wer sie war, nicht mehr wie sie hieß, oder was sie hier gerade tat. Wer war dieser Mensch im Spiegel? Wer sprach? Das Herz schlug ihr bis zum Hals und sie fühlte sich einer Ohnmacht nahe. Ja, sie spürte, dass es das Beste sei, sich auf den Boden gleiten zu lassen, widerstandslos, sich einfach fallenzulassen. Ihre Knie knickten langsam ein, und ihre Hände rutschten ab, doch plötzlich warf sie den Kopf in den Nacken, schrie: Martin! Martin! und stieß sich vom Waschbecken ab. Sie rannte hinaus ins Wohnzimmer, stürzte sich auf ihr Handy und wählte seine Nummer.
“Charlotte?”
Nur ihr heftiges Atmen war zu hören und ihre Hände zitterten dermaßen, dass sie kaum das Handy halten konnte.
“Charlotte? ... Ist alles okay?”
Sie ließ sich auf der Lehne des Sessels nieder und hielt sich völlig erschöpft das Handy fest ans Ohr.
“Ja”, stammelte sie schweratmend, “… Ja ...”.
“Was ist los? Ist etwas passiert?”
Sie blickte auf ihren Fernseher, den sie gerade im Angebot gekauft hatte. Sie sah die Tapeten und die hübschen Gardinen, ein Geburtstagsgeschenk ihrer Mutter. Auf dem Boden lagen die schwarzweißkarierten Teppiche, die sie seit ihrer Kindheit kannte, und langsam bekam alles wieder einen Sinn.
“Es …es ist alles okay …”, sagte sie, “Ich …Ich habe mich … nur einen Moment nicht so gut gefühlt.”
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