Staffel 2: Kommissar Zufall ermittelt

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Kommissar Zufall ermittelt
Staffel 2 (Episode 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 neu)


8. Zu heiß


Für vier Wochen hatte man mich in Zwangsurlaub geschickt, damit ich die Erlebnisse der Entführung in Ruhe verarbeiten kann. Tanja war mir in dieser Zeit eine große Stütze. Wir haben viel Zeit miteinander verbracht.
„Noch vier Tage, Tanja. Am Montag darf ich endlich wieder zur Arbeit.“
„Du freust dich drauf, ja?“
„Wie ein kleines Kind, mein Schatz.“
„Was willst du bis dahin noch unternehmen?“
„Da hat dieser neue Saunapark eröffnet. Hättest du Lust dazu?“
Tanja schaut mich skeptisch an. „Aber nur, wenn du mir versprichst, mich keine Sekunde allein zu lassen.“
„Versprochen. Wir gehen schon mittags hin. Da ist es vielleicht noch nicht so voll.“
„Also quasi jetzt.“
„Wenn du so ungeduldig bist ...“ Lachend nehme ich sie in die Arme.
Wir machen uns eine halbe Stunde später auf den Weg.

Es ist eine sehr hübsch gestaltete Anlage. Die Besucherzahl ist überschaubar. Wir finden eine Saunahütte, die wir für uns allein haben.
Nach einer Weile tritt ein älterer Mann herein, sieht uns an, grüßt uns und setzt sich in die hinterste Ecke. Er wirkt ein bisschen kränklich.
Kurz danach kommen fünf jüngere Männer regelrecht herein gestürmt, unterhalten sich laut und setzen sich recht nahe zu dem einzelnen Herrn. Tanja schaut mich ängstlich an. Ich spüre, dass sie hier raus will. Als wir uns nach wenigen Minuten dazu entschließen, steht auch der einzelne Herr auf und geht zum Aufguss, um nachzulegen. Er hält sich nicht gerade zurück, wie wir beim Verlassen der Hütte bemerken.

Am anderen Ende der Anlage finden wir erneut eine kleine Hütte, in der wir allein sind.
„Ich kann mich täuschen, aber ich denke, die kannten sich“, spreche ich meine Gedanken aus.
„Du meinst den Herrn und die fünf, die dazu kamen?“
„Genau. Die Blicke waren allerdings alles andere als freundlich.“
„Hätten wir etwa dableiben ...“ Tanjas Worte werden von einer ohrenbetäubenden Explosion zerrissen.
„Nein!“, schreie ich. Meine Ohren sind fast taub.
Wir gehen raus und sehen, was passiert ist. Und wie wir dann erkennen, war es unser Glück, dass wir schon aus der anderen Hütte raus waren, denn genau diese Hütte war in die Luft geflogen.
Sofort alarmieren wir Feuerwehr und Spurensicherung.

Müller und Pauli kommen auch, bringen Britta Kranz mit, falls es nötig sein sollte.
Wie sich nach dem Löschen der insgesamt drei Hütten, die Schaden genommen haben, herausstellt, waren die sechs Männer noch in der explodierten Hütte. Für die fünf jungen Kerle kommt jede Hilfe zu spät, der Ältere kann rechtzeitig gerettet werden, hat eine schwere Rauchvergiftung und ist nicht bei Bewusstsein.
Die beiden anderen Hütten waren leer.

Saskia Pauli kommt auf mich zu. „Hey, Chef. Was machen Sie denn hier? Hallo Tanja, und du?“
„Liebe Frau Pauli. Ich bin noch im Urlaub. Und die Kollegin hat auch frei. Wo ist das Problem?“
Da lacht sie nur. „Hätte nicht gedacht, dass Sie beide ...“
„Dass wir beide was?“, bohre ich nach.
„Naja, zumindest könnte man es vermuten.“
„Und wenn? Ich frage auch nicht, ob Sie mit dem Kollegen Müller … Nicht wahr?“
„Oh, nein ...“ Wieder lacht sie. „Entschuldigung, Chef. Kommen wir zum Dienstlichen. Wer ist dieser Mann, der überlebt hat?“
Da kommt Britta zu uns. „Also er heißt Anton Maurer. Und wenn mich nicht alles täuscht, ist das der Senior-Chef von dem alten Saunapark im Westend.“
Ich nicke ihr zu. Jetzt weiß ich auch, woher ich das Gesicht kannte.
„Und die Toten? Was ist mit denen?“, hakt die Pauli weiter nach.
„Das konnten wir noch nicht überprüfen. Das überlasse ich euch, okay?“
„Danke, Britta“, sage ich, weil die Pauli nur eine Schnute zieht.
„Wir machen hier erst mal alles dicht“, meldet sich Rudi Müller zu Wort. „Und Sie gehen bitte nach Hause, Chef. Sie haben noch Urlaub.“
„Wusste gar nicht, dass ich Sie zu meinem Stellvertreter gemacht hatte, dass Sie sich so in den Vordergrund spielen“, erwidere ich. Aber dann lache ich, weil er mich völlig entgeistert ansieht. „Alles gut, Müller. War ein Scherz. Komm, Tanja. Die Kollegen schaffen das auch ohne unsere Hilfe.“

Als ich mit Tanja im Auto sitze, lachen wir beide los.
„Dem hast du aber einen Schrecken eingejagt. Der ist richtig blass geworden.“
„Der Müller ist in Ordnung.“
„Klar. Und die Saskia ist es auch. Sie ist halt sehr impulsiv.“
„Das bist du zuweilen auch, Tanja. Aber du bist doch ein paar Jährchen jünger.“
Jetzt lacht Tanja. „Was hat das mit dem Alter zu tun? Meine Mutter ist ebenfalls sehr impulsiv.“
Bevor ich mich um Kopf und Kragen rede, lenke ich ab. „Ich frage mich, wie das passieren konnte, diese Explosion.“
„Das werden die gewiss herausfinden. Und du bekommst am Montag den Bericht.“
„Aber das beschäftigt mich, Tanja.“
„Du störrischer Esel. Entspann dich, du hast Urlaub. Da hat die Arbeit nichts zu suchen. Oder willst du enden, wie dein alter Kollege Kirchberg?“
„Ich hatte jetzt fast vier Wochen Entspannung!“
„Und am Wochenende bleibt das auch so. Ich werde dich schon ...“
„Oh, ja, mein Schatz. Du hast da ganz außergewöhnliche Talente“, gebe ich zu, lache sie an und nehme sie dann in die Arme, um sie zu küssen.
„Dann ab nach Hause, mein Bester“, frohlockt sie.

Wir sind am Montag besonders früh im Revier. Ich will sehen, was in den vier Wochen passiert ist. Fast bin ich ein wenig enttäuscht. Alles Kleinkram, nichts, was besonderes Gespür erforderte, dass die Kollegen mal was zu knabbern gehabt hätten. Nichts. Nur diese Explosion am Donnerstag. Und der Bericht ist schon fertig. Die Saskia Pauli hat ihn geschrieben, stelle ich fest. Nicht der Müller.
Dann rufe ich alle zusammen.
„Ich habe den Bericht gelesen, Pauli. Sehr schön. Aber erzählt mir mal, was ihr herausgefunden habt. Ich will es hören.“
„Die Explosion ist durch ein viel zu üppiges und zu schnelles Aufgießen hervorgerufen worden. Hat uns der Geschäftsführer erklärt. Dabei kommt es zu einer Verpuffung“, erläutert die junge Frau.
„Ist der Herr Maurer vernehmungsfähig?“
„Soll heute erst möglich sein, hieß es aus dem Krankenhaus.“
„Gut. Ich würde ihn nämlich gerne fragen, warum er sich bei der Konkurrenz aufgehalten hat. Brennt euch diese Frage nicht auch unter den Nägeln?“
„Ach, Chef. Der wollte halt wissen, ob der neue Laden wirklich so gut ist. Er wird bei sich gewiss nachrüsten müssen, um mitzuhalten“, wirft Müller ein.
„Das könnte ein Motiv sein. Aber als wir da raus gingen, ich war mit Tanja in genau dieser Hütte, da hatte er sich gerade die Schöpfkelle gegriffen, um den Aufguss anzutreiben.“
„Sie meinen, er könnte es damit übertrieben haben und ...“, spekulierte Pauli.
„... damit die Explosion zumindest provoziert haben“, vollende ich ihren Satz.
„Aber warum?“
„Ja, das müssten wir ihn fragen, nicht wahr?“ Ich grinse überlegen in die Runde.
„Unser Chef hat immer gute Ideen“, lobt Tanja.
„Liebelein, das muss nicht sein“, weise ich sie zurück. „Ich frage mich, ob das Vorsatz war.“
„Das wäre Mord!“, ruft Pauli. „Mindestens Totschlag.“
„Was wisst ihr denn über die fünf Jungs, die bei ihm in der Hütte waren?“
„Leider nichts“, gestand Müller. „Noch nichts ...“
„Och, Leute. Aber die Personalien habt ihr, ja?“
„Klar. Die Feuerwehr war schnell genug da, um den Brand zu löschen. Nur die Rauchentwicklung war nicht unter Kontrolle. Darum sind die fünf Jungs erstickt. Das ist das Tragische“, berichtet Pauli. „Wir haben bei ihnen die Schlüssel für ihre Schließfächer gefunden.“
„Sehr gut. Ich hatte das Gefühl, die würden den Maurer kennen, wisst ihr. Auch das müssten wir von ihm erfahren.“
„Dann fahren wir ins Krankenhaus, Chef.“
„Gut, Müller. Macht das. Und nehmt Tanja mit. Ich recherchiere derweil mal die Daten dieser fünf Jungs.“

So habe ich an meinem ersten Arbeitstag wenigstens eine ruhige Aufgabe. Und es dauert gar nicht lange, da werde ich fündig. Alle fünf sind … Sie waren Mitarbeiter dieses neuen Saunaparks, den Thilo Brenner Anfang November eröffnet hat. Mit seiner Werbung war er von Beginn an auf Konfrontation mit dem Etablissement von Anton Maurer gegangen. Das wird dem gewiss nicht geschmeckt haben. Ich denke, ich werde abwarten, was die Befragung von Maurer ergibt.

Ein guter Chef ist ein Chef, der seinen Mitarbeitern das Vertrauen schenkt, selbstständig arbeiten zu können, anstatt sie alle Nase lang anzutreiben und vorzuschreiben, was zu tun ist. So ein Chef ist Siegfried Becker. Jeden Montag nach der Mittagspause gibt es eine Besprechung, in der er sich erläutern lässt, was zuvor erreicht worden ist. Und er fragt, was wir in den folgenden Tagen zu tun gedenken, um einen Fall zu lösen. Mehr nicht. Man sieht und hört die ganze Woche nichts von ihm.
Ich klopfe an seine Tür, warte einen Augenblick und trete dann ein.
„Bernd!“, ruft er erfreut. „Schön, dass du wieder da bist. Deine Leute haben in den vier Wochen einwandfreie Arbeit geleistet. Ihr seid jetzt an dieser Sauna-Geschichte dran, nicht wahr?“
„Ja, Tanja ist mit Pauli und Müller gerade zum Überlebenden, um ihn zu befragen.“
„Tanja? Die liebe Frau Brück, ja? Die Sache mit der Entführung hat euch zusammen geschweißt, was? Ich habe ihr Handeln ausdrücklich gelobt. Das war vorbildlich.“
„Sigi, ich wollte es dir sagen, bevor du es von anderer Seite hörst. Tanja und ich ...“
„Das ist in Ordnung, Bernd. Solange es die dienstlichen Belange nicht beeinträchtigt, ist das okay. Aber bedenke trotzdem, dass du der Oberkommissar bist, der als Vorbild dienen soll.“
„Das ist mir wohl bewusst. Es funktioniert. Versprochen.“
„Ich weiß, wie dir die letzten Monate zumute war, Bernd. Zuerst dieser schreckliche Unfall deiner Frau, dann der Ausfall deines langjährigen Teampartners. Dir fehlte die Erdung. Es ist in Ordnung. Du weißt, dass ich mich auf diese unausgesprochenen Regeln nur berufen würde, wenn es etwas zu beanstanden gäbe. Dem ist nicht so. Klar?“, schließt Becker mit einem freundlichen Lächeln.
„Ich habe Roswitha schon für diese Maßnahme gedankt.“
„Ja, oh, Bernd. Entschuldige, dass ich nichts gesagt habe. Sie hat mich überzeugt, dass es der richtige Weg ist.“
Mit einem guten Gefühl gehe ich zurück an meinen Arbeitsplatz.

Eine halbe Stunde später kommen die drei zurück. Sie sehen allesamt nicht glücklich aus.
„Und, Chef?“, spricht Tanja mich an.
„Die Jungs waren vom Brenner.“
„Und sie haben Maurer offenbar unter Druck gesetzt. Das ginge schon seit Monaten so, sagt er. Sie haben gezielt Gäste abgeworben. Das hat sich laut Maurer sogar schon erheblich in der Abrechnung bemerkbar gemacht.“
„Und was sagt er, wie es zu dieser Explosion kommen konnte?“
„Er kann sich angeblich nicht erinnern.“
„Das ist nicht gut. Dann werden wir auch den Brenner sprechen müssen.“
„Der Maurer hat uns auch gesagt, dass sein Sohn den alten Laden übernommen hat“, offenbart Pauli. „Er selbst wolle sich auf sein Altenteil zurückziehen.“
„Sei ihm gegönnt. Aber warum geht er bei der Konkurrenz saunieren? Das ist doch komisch. Hat er dazu denn was gesagt?“
„Er sagte, er wollte genau wissen, was beim Brenner angeblich besser sein soll, dass ihm die Kunden weglaufen“, fügt Müller hinzu.
„Und wenn dem so ist, dann kann man ihm ja mal was kaputtmachen, um ihn madig zu machen“, denke ich laut.
„Du meinst wirklich, er hätte das vorsätzlich gemacht?“, fragt mich Tanja ganz erstaunt.
„Lass uns noch ein paar Leute befragen. Wir fahren zum Brenner. Pauli, Müller, ihr befragt den Maurer junior.“

Thilo Brenner ist ein arroganter Schnösel. Das erkennen wir sofort, als er uns nur widerwillig einlässt. Darum fallen wir gleich mit der Tür ins Haus.
„Warum haben Sie dem Herrn Maurer ein paar ihrer Leute auf den Hals gehetzt?“, spreche ich offen.
„Wer sagt denn sowas?“
„Herr Brenner! Ihre fünf Kollegen sind bei der Explosion ums Leben gekommen. Das ist sehr bedauerlich. Die Frage ist, wie es dazu kommen konnte. Ein technischer Defekt ist gewiss nicht auszuschließen.“
„Da liegen Sie leider falsch, Herr Kommissar. Nur wenige Augenblicke vor der Explosion erhielt ich einen Anruf von einem dieser Männer, der mir berichtete, dass der liebe Herr Maurer den Aufguss regelrecht überschwemmt hat.“
„Das können Sie beweisen?“ Wenn das so ist, dann ist der Maurer arm dran, denke ich.
„Es hat deshalb einen Kurzschluss gegeben. Er wusste genau, was er tat, glauben Sie mir.“
„Sollten die Sicherheitseinrichtungen das nicht verhindern?“
„Das mag sein, aber ein solches Szenario ist unter normalen Umständen absolut undenkbar. Sehen Sie, je mehr heißes Wasser ...“
„Sie brauchen mir nicht erklären, wie das funktioniert, Herr Brenner. Ich war nur zehn Minuten vor der Explosion selbst noch in dieser Hütte. Warum sollte Herr Maurer das tun? Das ist meine Frage.“
„Um mich zu schädigen, ganz offensichtlich.“
„Gut, wir werden das prüfen. Aber die Einschüchterungsversuche durch diese Männer, die jetzt leider tot sind, steht noch immer im Raum.“
Wir verabschieden uns.

Die Befragung des Juniors bestätigt die Nötigung durch die fünf Männer von Brenner. Aber der junge Mann gesteht uns im nächsten Satz, dass sein Vater sterbenskrank ist und nur noch wenige Wochen zu leben habe. Insofern scheint mir ein Vorsatz, den Konkurrenten wirkungsvoll schädigen zu wollen, egal, um welchen Preis, durchaus realistisch.
Wir können Anton Maurer nicht mehr danach fragen. Die Rauchvergiftung hat den Prozess massiv beschleunigt. Er starb kurz nach der ersten Befragung am Vormittag.




9. Festliches Unheil (Teil 1)


Es ist der 23. Dezember. Deshalb gönnen wir uns im Revier eine kleine Weihnachtsfeier. Die Damen haben alles hübsch geschmückt, während ich mit Müller los bin, einen Baum zu besorgen. Natürlich ist es nicht der Schönste, aber dafür duftet er ganz besonders gut. Und wenn er in einer halben Stunde bunt geschmückt ist, fällt die fehlende Grazie nicht mehr auf.

Ich finde es sehr schön, dass alle da sind. Neben Tanja sind das meine beiden Teams, Saskia Pauli und Rudi Müller, Laura Gerz und Martin Krause, dann die beiden Azubis Nathalie Grund und Tobias Menge, die Jungs von der Spurensicherung, Frank Martini, Klaus Bach und Stefan Gröbel, ihre Azubine Julia Freitag, auch Britta Kranz ist da, sogar ihr Vater Dietrich, der jetzt in Rente ist. Und selbstredend auch unser aller Chef Sigi Becker. Nur Roswitha Böhmer lässt sich entschuldigen, sie ist bereits im Skiurlaub.
Sigi hat indes noch eine kleine Überraschung für uns, insbesondere für mich. „Im Mai werde ich mein Büro räumen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich freue mich auf meinen Ruhestand. Und ich glaube, ich spreche im Namen aller Anwesenden, wenn ich sage, dass es keinen besseren Nachfolger geben kann, als unseren lieben Bernd Zufall.“
Alle klatschen vehement Beifall, es ist mir fast peinlich. Dann kommt Tanja auf mich zu und überreicht mir die neuen Schulterklappen, die mich zukünftig als Kriminalhauptkommissar ausweisen.
Verdammt, Tanja war schon eingeweiht, denke ich. Sie wusste es und hat nichts gesagt. Ein sehr liebevoller und inniger Kuss auf den Mund entschädigt mich aber sofort für den kurzen Unmut. Und wieder fröhlicher Beifall. Jetzt ist es wohl offiziell. Wir sind ein Paar.

Nach meiner kurzen Dankesrede, an deren Ende ich überschwänglich allen das 'Du' anbiete, widmen wir uns dem Essen, das wir bestellt hatten. Dazu gibt es allerlei Gebäck und alkoholfreien Glühwein.
Und dann klingelt das Telefon. Sigi geht in sein Büro und nimmt ab. Als er zurück kommt, macht er eine betrübliche Miene. „Der Dienstalltag hat uns wieder. Da ist jemand aus dem Gefängnis ausgebrochen. Ein alter Bekannter, Bernd“, richtet sich Sigi an mich. „Hans Piller.“
„Aber der sitzt doch gar nicht hier in der Gegend, dachte ich.“
„Er hat allerdings ein paar alte Bekannte hier. Diese Kontakte müssten wir mal überprüfen.“
„Also Heiligabend hatte ich mir irgendwie anders vorgestellt“, jammert Tanja.
„Es ist schon spät“, meint Sigi dann. „Die Nachtschicht schaut sich mal die Akte Piller an. Schließlich haben wir ihn damals verhaftet.“
„Ich mache das schon“, biete ich an. „Tanja?“
Sie nickt und verzieht die Schnute.
Die Feier ist dann bald zuende.

Der Fall Piller war damals eine seltsame Geschichte. Obwohl er alles abgestritten hatte, sagten die Indizien und Zeugen das Gegenteil. Er hatte an Silvester vor elf Jahren die Feuerwerkskiste angezündet, die ein Auto zur Explosion gebracht hatte, in dem drei Menschen den Tod fanden.
„Wonach suchen wir, Chef?“
„Du bist süß, Tanja. Nennst mich immer nur Chef. Der bin ich, klar, aber ich habe auch einen Namen, mein Schatz.“
„Gut, Bernd. Wonach suchen wir?“, wiederholt sie und lacht.
„Die Zeugenaussagen. Haben wir damals irgendwas nicht erkannt?“
„Was waren das für Zeugen? Gibt es irgendwo Zweifel an deren Aussagen?“
„Eher nicht, aber … Worauf willst du hinaus?“
„Gab es keinen, der Pillers Version unterstützte?“ Sie schaut mich ungläubig an. „Wenn er sagt, er ist nicht schuldig, dann muss er doch einen Grund haben. Oder hat er am Ende doch gestanden?“
„Er hat sich in sein Schicksal ergeben.“
„Und das habt ihr dann akzeptiert, ja?“
„Du denkst anders, wie ich erkenne. Lass uns das im Geiste nochmal durchspielen.“
Tanja blättert weiter. „Wer ist diese Katja Ross?“
„Seine Schwester oder so. Die hatte ihm allerdings kein liebenswertes Zeugnis ausgestellt. Sie sagte, er sei ein Psychopath.“
„Und dieser Franz Boll? Wer ist das?“
„Oh, die beiden waren sich nie grün. Da hat es schon ein paar Mal gezofft.“
„Und dem habt ihr dann geglaubt? Sorry, aber ...“ Tanja schaut mich vorwurfsvoll an.
„Was?“, frage ich erschrocken.
„Ich sage dir, Piller wird herkommen und da etwas gerade rücken wollen.“
„Aber nicht mitten in der Nacht.“
„Wir sollten das Haus von Boll beobachten. Meine Meinung ...“
„Tanja! Es ist jetzt gleich fünf. Wir warten auf die Frühschicht, dann gehen wir, okay?“
Tanja lacht, kommt näher und küsst mich.

Um kurz nach sechs erreichen wir Bolls Haus. Irgendwo im Haus ist Licht, aber es macht niemand auf.
„Ich gehe mal hinten rum in den Garten“, sage ich.
„Okay, ich klingel weiter.“
Sofort sehe ich, dass die Kellertüre offen steht. Ist da vielleicht jemand rein? Ich gehe auf die Terrasse und schaue durch das große Fenster. Der Raum ist dunkel, aber ich sehe da etwas. Ich rufe Tanja. Sie kommt, nachdem sie Spurensicherung und Gerichtsmedizin gerufen hat, zu mir nach hinten. Dann gehen wir rein.
Das, was ich tief im Raum schemenhaft zu sehen glaubte, entpuppt sich als richtig. Franz Boll liegt tot am Boden, von mehreren Messerstichen getroffen, seine Frau regungslos daneben. Aber sie lebt noch. Auch sie hat ein paar Einstiche in der Brust.
„Wir sind zu spät gekommen“, sage ich enttäuscht.
„Offenbar war Piller schon hier.“
„Die Vermutung liegt nahe. Aber war er es wirklich?“ Ich bin ratlos. Sollte er das damals nicht gewesen sein, jetzt ist er schuldig.
Tanja drängt. „Du sagtest was von einer Schwester. Wissen wir, wo sie wohnt?“
„Klar. Da fahren wir jetzt hin, denke ich.“

Ist nicht die feinste Gegend, ein schmuckloses Mehrfamilienhaus am Rande der Innenstadt. Wir müssen mehrmals klingeln, bevor jemand öffnet.
Die Tür geht nur einen Spalt auf, eine junge Frau mit zerzausten Haaren verbirgt ihren Körper hinter dem Türblatt und schaut uns aus verschlafenen Augen an.
„Frau Ross? Katja Ross?“, erfrage ich.
„Ja. Guten Tag. Was … Was kann ich für Sie tun?“ Die Frau wirkt verunsichert.
Ich zeige ihr meine Marke, da lässt sie uns rein.
Sie weist uns den Weg in den Wohnraum und folgt uns. Jetzt wirkt sie schon wieder entspannter, macht sich keine große Mühe, ihre Blöße mit mehr als einem kurzen und sehr dünnen Bademantel zu bedecken. „Was wollen Sie?“
„Frau Ross, Sie stehen nicht im Fokus der Ermittlungen. Ihren Bruder suchen wir. Es könnte sein, dass er bei ihnen Unterschlupf suchen wird. Weiß er, dass Sie hier wohnen?“
„Nein. Nein, ich hoffe nicht“, stammelt sie. Und dann erzählt sie: „Ich will nichts mit ihm zu tun haben, wissen Sie. Außerdem ist er nur mein Stiefbruder. Sein Vater hatte meine Mutter geheiratet. Da war ich achtzehn. Ich habe ihn nur ein paar Tage ertragen, dann bin ich ausgezogen, ja geflohen! Hans ist ein Psycho!“
Dann klingelt mein Telefon. „Was gibt es? - Oh, tatsächlich? Das ist gut zu wissen. Ja, danke, Pauli. - Piller ist gar nicht ausgebrochen. Da war einer etwas vorschnell mit der Meldung. Er durfte gehen. Ja, Frau Ross. Das ändert die Lage ein wenig. Ihr Bruder … Ihr Stiefbruder ist nicht auf der Flucht. Aber wir müssten ihn trotzdem etwas fragen. Falls Sie ihn also sehen sollten, sagen Sie ihm das, ja?“
„Ja, ja, mach ich.“
Klingt nicht überzeugend, aber wir lassen sie wieder allein, entschuldigen uns noch für die Störung an einem solchen Tag. Immerhin ist Heiligabend.

„Die hat Angst vor dem“, meint Tanja. „So, wie sie ihn beschreibt, kann ich mir das auch vorstellen.“
„Wenn er weiß, dass sie hier wohnt, wird er herkommen. Ganz sicher.“
„Mag sein. Überwachung?“
„Oh, guter Plan.“ Ich zücke das Telefon und rufe Pauli und Müller her.
Zehn Minuten später sind sie schon da. Sie postieren sich in Sichtweite.
„Wenn sie oder Piller, sofern er doch da ist, das Haus verlässt oder Besuch bekommt, dann meldet ihr euch. Ein Bild von Piller habt ihr ja. Und sie, ja ...“ Ich schaue Tanja an und grinse. „Ja, sie ist wohl eine ziemlich heiße Blondine.“
Müller grinst jetzt auch.
Tanja stößt mich an. „Fahren wir jetzt ins Labor?“
Wieder muss ich grinsen. „Richtig.“

Wir hören bei Britta nach, was sie zu den Opfern sagen kann.
„Franz Boll ist mit mindestens zehn Stichen eines gewöhnlichen Küchenmessers getötet worden. Hier, seht es euch an“, sagt sie und deutet auf das Beweisstück. „So lang ist die Klinge nicht, aber sie drang tief genug ein, um schweren Schaden anzurichten. Da hat einer ordentlich Wut gehabt. Und es war ziemlich sicher ein Rechtshänder. Was mich jetzt allerdings irritiert, sind die Einstiche bei Frau Boll. Die müssten nämlich von einem Linkshänder ausgeführt worden sein. Dabei muss ich aber davon ausgehen, dass der Täter dem Opfer gegenüberstand oder sich über ihn gebeugt hatte.“
„Der Einstichwinkel“, werfe ich ein.
„Genau. Und die Einstichtiefe.“
„Dann fragen wir noch die Spurensucher.“
„Habe ich alles hier. Fingerabdrücke sind an diesem Messer nur von Frau Boll. Der Täter hat also vermutlich Handschuhe getragen, sagen sie. Aber Piller war auf jeden Fall auch im Haus. An der Terrassentür haben sie seine Fingerabdrücke gefunden.“
„Das ist sehr seltsam“, meine ich dazu.
„Das ist paradox!“, ruft Tanja. „Warum sollte er die Handschuhe erst im Haus anziehen?“
„Hmm … Wann ist Frau Boll vernehmungsfähig? Hast du da eine Info bekommen, Britta?“
„Sie wird wohl noch im künstlichen Koma gehalten. Viel später hättet ihr nicht kommen dürfen. Sie hat gewiss Blut verloren. Aber die Wunden waren bei Weitem nicht so tief, dass sie schwerwiegende Verletzungen verursacht hatten. Das war ihr Glück.“
„Danke, Britta. Wir werden im Krankenhaus nachfragen.“

Zwei Stunden später gehen wir ins Krankenhaus, um nach Frau Boll zu sehen. Als wir gemeinsam mit dem Oberarzt das Zimmer betreten, wacht sie gerade auf. Eine Schwester ist bei ihr und regelt den Zufluss der Infusion, spricht die Patientin dann an: „Ist alles in Ordnung, Frau Boll?“
Sie sieht uns und krächzt mit matter Stimme: „Gar nichts ist in Ordnung! Was ist los? Warum bin ich hier?“
Ich trete näher. „Frau Boll, mein Name ist Oberkommissar Bernd Zufall, das ist meine Kollegin Tanja Bruck. Frau Boll, das ist leider keine schöne Bescherung.“
„Was ist denn los?“
„Sie hatten Glück, haben überlebt. Aber ihr Mann ...“
„Was ist mit Franz?“
„Er ist tot. Haben Sie eine Ahnung, wer das getan hat? Sie müssten den Täter doch gesehen haben. Schließlich hat er auch Sie verletzt.“
Margret Boll schweigt. Ihr Blick wirkt leer und ziellos. Dann beginnt sie zu weinen.
Der Arzt erbittet etwas Ruhe für seine Patientin.

Wir fahren nochmal zu Katja Ross und erzählen ihr von Boll.
„Der Boll war doch ein rotes Tuch für ihn!“, ruft sie. „Aber umgebracht hat er ihn sicher nicht.“
„Warum sind Sie da so sicher?“, hake ich nach.
„Weil … Ja, er war vorhin hier. Ist aber sofort wieder abgehauen. Er hat mir erzählt, was passiert ist. Aber er hat Angst, dass Sie ihm nicht glauben werden.“
„Reden Sie mit ihm, Frau Ross. Es gibt da etwas, was uns ziemlich verwirrt. Wenn er es nicht war, dann müssen wir mit ihm reden.“
„Ich werde es ihm sagen, aber ...“
„Gut“, sage ich, mache ihr Mut, mir zu glauben, mir zu vertrauen.
Pauli und Müller können mir nicht berichten, dass jemand das Haus betreten oder verlassen hatte. Dann muss er schon da gewesen sein, als wir heute Vormittag bei ihr waren. Aber wie ist er dann raus? Es muss einen Hinterausgang geben.

Zurück im Revier, setzen wir uns nochmal zusammen, um die bisherigen Fakten zu sortieren.
„Ich bin mir nicht sicher, ob Piller wirklich der Täter ist“, sage ich.
„Irgendwas stimmt da nicht. Aber warum?“ Auch Tanja scheint Zweifel zu haben.
„Die Fingerabdrücke auf dem Messer und die Art der Verletzungen. Man sollte doch davon ausgehen, dass sie vom selben Täter ausgeführt worden sind, oder?“
„Das klingt plausibel.“
„Die Stiche in Bolls Brust wurden vermutlich von einem Rechtshänder ausgeführt. Die Stiche in der Brust seiner Frau jedoch von einem Linkshänder. Britta wird das schon erkennen können, dass sie es so sagt. Das dürfte also nicht derselbe Täter sein. Stimmst du mir da zu?“
„Es klingt logisch. Aber dann hätten wir zwei Täter, richtig? Es sei denn, er hätte sie bewusst mit der anderen Hand attackiert.“
„Das ist das Problem. Die Stiche bei Margret Boll waren zudem nicht so tief. Nur deshalb hat sie vermutlich überlebt. Da passt irgend etwas nicht zusammen.“
„Aber Piller war ebenfalls im Haus“, erinnert Tanja an die Fakten. „Ob vorher oder nachher, wissen wir nicht.“

Wie Pauli und Müller am Abend berichten, haben sie zwei Gestalten beobachtet, die um das observierte Haus herum geschlichen sind.
„Da will jemand dem Piller was. Oder seiner Schwester“, meint Pauli.
„Das können nur Gestalten aus Bolls Dunstkreis sein. Die Ablösung ist unterwegs, Gerz und Krause übernehmen dann. Wir klappern dann mal die ganzen alten Kumpels von Boll ab, die damals eine Aussage gemacht hatten. Vielleicht finden wir da was“, erkläre ich meine weiteren Pläne.

Die Tour war ein kompletter Reinfall. Nicht einer wohnte noch da, wo er damals gemeldet war. Hätte ich mir nach beinahe elf Jahren vielleicht auch denken können. Aber zwei von denen scheinen auf jeden Fall in der Stadt zu sein, weil auch Gerz und Krause die dubiosen Beobachter bestätigen. Aber bislang gab es keine Probleme.
Wir schlafen eine Nacht drüber und starten am nächsten Morgen einen neuen Versuch.




10. Festliches Unheil (Teil 2)


Am späten Vormittag des ersten Weihnachtsfeiertages stehen Katja Ross und Hans Piller im Revier. Der Mann wirkt nervös, ist wohl unsicher, ob es richtig war, auf seine Stiefschwester zu hören.
Ich gehe ihnen mit einem freundlichen Lächeln entgegen. „Fröhliche Weihnachten und einen schönen guten Tag. Schön, dass Sie den Weg zu uns gewählt haben.“
„Ich möchte mich entschuldigen, Herr Kommissar“, stammelt die junge Frau.
„Ich ahne es. Er war doch schon gestern Morgen bei ihnen, ja? Ist okay. Aber da Sie ihn nun hergebracht haben, nehme ich an, dass er uns genau erklären wird, was bei Boll passiert ist.“
„Ich habe ihn nicht umgebracht!“
„Davon gehen wir mal aus, obwohl wir wissen, dass Sie dort waren. Wir wissen aber noch nicht, warum wir trotzdem annehmen müssten, dass Sie an dieser Tragödie unschuldig sind. Zumal, weil Sie jetzt hier sind, Herr Piller.“
„Wir müssen diesen Fall von damals nochmal betrachten, Herr Kommissar. Bitte, da ist etwas schief gelaufen. Aber daran bin ich selber schuld“, gibt er kleinlaut zu.
„Dann erzählen Sie mal. Kommen Sie, wir gehen nach hinten. Da sind wir ungestört.“ Ich führe meine Gäste in den Besprechungsraum, während Tanja sich um Getränke bemüht.

Als alle sitzen, räuspert sich Piller. „Sie werden staunen, Herr Kommissar.“
„Wir sind ganz Ohr.“
„Der Boll war schon immer eine hinterhältige Ratte. Ich hätte also durchaus Grund, ihn …“, sagt er grob. Aber dann schiebt er sofort nach: „Nein, das habe ich nicht!“
„Was ist damals an diesem Silvesterabend gelaufen?“
„Er hatte mal wieder eine krumme Sache eingefädelt, bei der ich der Dumme sein sollte. Er hatte unseren gemeinsamen Kumpel Frank Schmitz auf seine Seite gezogen. Der hat gar nicht gemerkt, dass er genauso abgezockt werden sollte.“
„Den Schmitz kannte ich auch. Aber er saß doch mit seiner Familie in diesem Auto, das hoch gegangen war.“
„Das war leider das Tragische an der Sache. Wir hatten alle schon ordentlich gebechert. Ich hatte eine riesige Feuerwerksbatterie direkt vor Bolls Füße gestellt und angezündet. Selbst gebastelt. Da war ordentlich Bumms drin."
"Selbst gebastelt? Also illegal, ja?"
"Ja, verdammt! Die erste Rakete hätte ihn beinahe getroffen. Ein paar Meter weiter stoppte dann der Wagen vom Schmitz an der roten Ampel und Franz kickte die Feuerwerkskiste genau unter dieses Auto. Eine Rakete ging noch kurz vorher hoch, aber dann starteten mehrere direkt unter dem Wagen. Das löste eine Kettenreaktion bei den richtig großen Böllern aus. Da fing der Wagen Feuer und flog dann in die Luft. So schnell konnte keiner da hin, um das Ding da wieder weg zu holen.“
„Wohl eher, weil keiner wirklich realisiert hatte, dass da Gefahr im Verzug war! Dann hätte Boll ins Gefängnis gemusst! Verdammt, Piller! Aber Sie tragen eine Mitschuld. Ist ja wohl klar.“
„Aber warum haben Sie das getan?“, hakt Tanja nach. „Warum haben Sie ihm das Ding direkt vor die Füße gestellt und angezündet?“
„Weil er mich schon Tage zuvor immer wieder damit zur Weißglut gebracht hatte, er hätte meine Schwester gebumst. Die war da grade mal neunzehn, wissen Sie? Da bin ich halt ein bisschen ausgeflippt. Ich hätte sicher ein Motiv, ihm nach dem Leben zu trachten, aber ich war es nicht.“
„Dann erzählen Sie mal, was da letzte Nacht wirklich bei Boll passiert ist“, fordere ich ihn auf. „Oder wissen Sie das nicht?“
„Ich hatte einen Plan, um ihn so richtig auflaufen zu lassen. Ich also zu Boll, bin ihn auch recht unsanft angegangen, habe auf ihn eingeschlagen. Im habe im Knast wie ein Irrer trainiert, um gegen ihn bestehen zu können.“
„Dann hatten Sie schon früh geplant, ihm eins auszuwischen, ja?“, werfe ich ihm vor.
„Ja … Ja, zum Teufel! Ich habe ihm ordentlich eingeschenkt. Als er offenbar schwerer getroffen war, um Gnade bettelte, da habe ich von ihm abgelassen. Und dann habe ich im Beisein seiner Frau, die nicht weggehen wollte, obwohl wir sie beide dazu aufgefordert hatten, alle Vorwürfe, die ich gegen ihn hatte, auf den Tisch gebracht. Ich habe erzählt, wie das damals Silvester gelaufen war. Seine Frau machte große Augen, begann auf ihn einzuschlagen und ihn zu verfluchen. Doch das war erst der Anfang. Ich hätte nicht gedacht, dass sie erst richtig ausrastet, wenn ich ihr offenbare, was ihr lieber Herr Gemahl sonst noch getrieben hat.“

Plötzlich bemerke ich, dass Gerz und Krause hereinkommen. „Moment bitte“, entschuldige ich mich bei meinen Gästen und gehe raus. „Was macht ihr denn hier?“
„Die zwei Figuren sind deinen Gästen gefolgt. Und wir sind dann denen gefolgt“, erklärt Laura Gerz.
„Also stehen die jetzt da draußen und warten womöglich, dass Piller wieder raus kommt, ja?“
„Das könnte man annehmen, Chef“, meint Martin Krause.
„Und wer passt jetzt auf diese Ganoven auf?“, äußere ich einen klaren Vorwurf.
„Der Wagen ist so auffällig. Ein knallroter AMG-Benz mit goldenen Felgen. Kennzeichen haben wir auch“, versichert der Kollege.
Die Kollegin nickt.
„Dann seht zu, dass ihr herausfindet, wem die Karre gehört. Die Namen werden wir dann Piller unter die Nase halten. Mal sehen, wie er reagiert.“
Dann gehe ich wieder zu Piller.

„Entschuldigung. Die Kollegen haben da gerade etwas beobachtet, was uns vielleicht weiterhelfen könnte. Herr Piller, wo waren wir stehen geblieben?“
„Ich habe der Margret ein paar Dinge über das geheime Leben ihres Gemahls erzählt.“
„Und das von ihrer Schwester, ja?“
„Ja, dass er meine Schwester gevögelt hat, weil sie sich angeblich nicht genug gewehrt hat. Das waren seine Worte, Herr Kommissar! Sie hat sich nicht genug dagegen gewehrt! Dieser Bastard! Sie hat sich bestimmt gewehrt!“
„Wie der Teufel habe ich um mich geschlagen. Aber was soll ich gegen so einen denn ausrichten?“, erklärte die junge Frau. Sie ist fast einen ganzen Kopf kleiner als Piller.
„Der hat sie brutal vergewaltigt!“, schreit Piller.
„Herr Piller, bitte!“, ermahne ich ihn. „Weiter.“
„Ich habe ihr auch gesagt, dass der Sack nur in den gewissen Etablissements herumhängt, wo er willige Mädchen findet. Aber das war noch nicht die größte Sauerei. Ich hatte ihn ein paar Wochen vor diesem furchtbaren Unglück dabei beobachtet, wie er sich an die Tochter von Schmitz rangemacht hat. Ich wette, er wollte sie auch flachlegen.“
„Moment mal!“, brülle ich dazwischen. „Wenn ich richtig rechne, dann war die Kleine damals fünfzehn oder sechzehn. Piller!“
„Ich weiß. Ich hoffe, er hat es nicht getan, aber zugetraut hätte ich es ihm. Damit habe ich ihn damals erpresst. Hab es ihm in den Nikolausstiefel gesteckt“, sagt Piller mit einem breiten Grinsen. „Aber dann fing er wieder mit Tanja an, dass er sie umbringen würde, wenn ich irgendwem ein Wort von Sanne Schmitz sagen würde. Was soll ich sagen? Ich war zu feige und hab den Schwanz eingezogen.“
„Aber das haben Sie der Boll auch gesteckt, ja?“
„Klar! Ich wollte die Drecksau so richtig in die Scheiße reiten. Da ist die Alte total ausgerastet. Wie von der Tarantel gestochen ist die in die Küche gerast und kam mit einem solchen Messer zurück.“ Piller macht eine Geste, die die Größe der Klinge anzeigen soll.
Ich denke, er übertreibt ein wenig. Aber Fakt ist, dass er Margret Boll beschuldigt, sich ein Messer gegriffen zu haben. „Was hat sie dann getan?“
„Wir hatten uns ja geprügelt. Boll lag noch auf dem Boden. Und sie stürzt sich mit dem Messer in der Hand auf ihn und rammt es ihm in die Rippen.“
„Wie bitte?“, unterbreche ich ihn fassungslos.
„Ja!“, ruft er mit Nachdruck. „Und sie stach immer weiter zu. Ich konnte sie nicht davon abbringen. Ich muss allerdings gestehen, dass ich es nicht ernsthaft genug versucht hatte. Stattdessen bin ich davongelaufen. Zu Katja.“
Seine Schwester versucht, sich zu rechtfertigen. „Er hatte mir erzählt, was passiert war. Er hatte Angst, dass man ihm das anhängen würde. Deshalb bat er mich, ihn zu verstecken.“
„Aber wie sind dann die Verletzungen zu erklären, die Frau Boll an diesem Abend davongetragen hatte?“, hake ich nach.
„Vielleicht hat er sich gewehrt?“, wirft Piller ein.
„So, wie Sie es gerade erläutert haben, hatten ihn bis zu ihrem Abgang schon ein halbes Dutzend oder mehr Stiche getroffen. Ich wage zu bezweifeln, dass er dann noch die Kraft hatte, sich zu wehren. Herr Piller, ist das wirklich die Wahrheit?“
„So wahr ich stehe, Herr Kommissar. Wäre ich sonst hergekommen?“
„Das klingt überzeugend“, gesteht Tanja ihm zu.
Piller schaut Tanja an. „Vielen Dank, junge Frau. Er hat die gerechte Strafe bekommen.“
„Vielen Dank, dass Sie beide hier waren. Sie haben uns sicher ein gutes Stück weiter geholfen. Wir werden diese Fäden, die wir nun in Händen halten, erst einmal sortieren müssen.“
„Oh, das ist ein schönes Bild, verehrte Kollegin“, necke ich sie.

Dann kommt Pauli rein. „Bruno Camero“, plappert sie sofort los. „Dem gehört dieser Wagen.“
„Der Bruno?“, ruft Piller und springt auf. „Diese Ratte hat mich verprügelt, als ich Boll mit der Sache mit Sanne erpresst habe.“
„Ach, Sie kennen diesen Ganoven? Sehr interessant“, meint Tanja und lacht.
„Er wartet draußen auf euch“, sage ich zu Piller.
„Oh, scheiße!“
„Pauli, steht der Wagen da draußen noch?“
„Ja, Chef. Der Rudi behält ihn im Auge.“
„Dann nehmt euch noch zwei Leute dazu. Und dann setzt ihr ihn fest. Klar? Ich will wissen, was er zu sagen hat. Los jetzt!“
Tanja hängt sich sofort rein. „Was können Sie uns denn zu diesem Herrn Camero sagen, Herr Piller?“
„Er ist ein Arschloch! Wie alle, die mit Boll zu tun haben.“
„War er an diesem Silvesterabend auch dabei?“
„Klar. Er hat nur mies gelacht. Sogar als der Wagen hochging. 'Tolles Feuerwerk' hat er gesagt. Das weiß ich noch sehr genau. Ich habe ihm gleich eins auf's Maul gegeben. Da ging es dann richtig rund.“
„Und man hat Sie dann zum Sündenbock gemacht, ja?“, äußere ich meine Vermutung.
„Da war ich erledigt, ja.“

Es dauert keine zehn Minuten, da führen sie Camero und den anderen herein.
Auf die Frage, warum sie den anderen gefolgt waren, antwortet Camero: „Die schulden dem Boss noch Geld.“
Tanja versucht eine Finte. „Dann rufen Sie Ihren Boss jetzt an und fragen ihn, wie viel das denn wäre, okay?“
„Aber doch nicht heute. Es ist Weihnachten“, brummt er.
„Ruf an!“, fordere ich.
Der Muskelprotz nimmt sein Telefon und wählt die Nummer. Natürlich geht keiner dran. Und offenbar weiß Camero noch nicht, dass Boll tot ist.
„Gut. Dann sage ich euch was. Euer Boss ist tot. Keine Ahnung, wer das war. Aber Piller war es nicht, klar? Also haltet euch von ihm und seiner Schwester fern, klar?“, spreche ich laut und deutlich, um sie einzuschüchtern. „Und jetzt raus hier!“
Die beiden haben es eilig, zu verschwinden. Nur eine Minute später hören wir das Aufheulen eines Motors und Reifenquietschen. Oh, da ist jemand sauer, denke ich.

„Wir müssen Frau Boll vernehmen. Nur sie kann uns bestätigen, was Piller uns erzählt hat“, sagt Tanja.
„Sollen wir mitkommen?“, kommt von Piller.
„Möglicherweise wird sie dann aber Sie beschuldigen“, äußere ich Bedenken.
„Dann habe ich noch ein Ass im Ärmel.“
„Mit weiteren Horrorgeschichten über ihren Mann könnten Sie sie umbringen. Kommt nicht in Frage. Das lassen wir mal. Boll ist tot. Dann muss da nicht noch mehr oben drauf. Dann dreht die Frau doch durch. Nein. Wir wollen ja, dass sie wieder gesund wird. Sie soll nicht in der Klapse landen. Sie gehen jetzt wieder nach Hause und halten sich zur Verfügung. Bitte.“
Dann fahren wir ins Krankenhaus.

Ich gehe sofort zum Chefarzt. „Wir müssen mit Frau Boll sprechen. Es ist sehr wichtig.“
„Sie ist noch recht schwach. Also bitte nur so viel, wie unbedingt nötig ist.“
„Wir müssen die Wahrheit von ihr hören, wenn wir den Knoten in diesem Rätsel sprengen wollen.“
Tanja setzt sich zu Frau Boll ans Bett, legt die Hand an deren Schulter, und fragt: „Frau Boll, was ist am frühen Morgen an Heiligabend geschehen?“
Schließlich beginnt die Patientin zu schluchzen und zu weinen. Tanja schaut mich an.
„Was wollen Sie uns sagen, Frau Boll?“, spreche ich sie behutsam an.
Da offenbart sie uns die Wahrheit. „Ich habe Franz umgebracht. Ich war wütend auf ihn und machte ihm Vorwürfe. Als er sich zu rechtfertigen versuchte, erkannte ich, dass er mich nur belogen hatte, um Hans zu belasten. Da packte ich das Messer und stürzte mich auf ihn. Ich habe ihm mehrere Stiche in die Brust verpasst. Ich war wie eine rasende Furie, hatte mich nicht mehr unter Kontrolle. Hans bekam es mit der Angst zu tun und rannte davon. Franz konnte sich nicht mehr aufrichten, also stach ich immer wieder zu.“
„Das ist furchtbar, Frau Boll. Sie wissen, was das bedeutet, ja?“ Tanja versucht ihr die Tragweite dieser Tat nahe zu bringen.
„Ich hatte nicht genug Kraft, diesen Weg zu vermeiden. Nun muss ich mich ihrem Urteil stellen.“
Da erkenne ich sofort, was Margret Boll damit zum Ausdruck gebracht hatte. Auf dem Flur bitte ich den Arzt, Margret Boll nicht zu lange allein zu lassen, sondern unter ständiger Beobachtung zu halten.

Im Revier setze ich mich sofort an den Bericht, den ich mit folgenden Worten abschließe:
'Margret Boll hatte ihren Mann getötet. Nachdem sie dies realisiert hatte, versuchte sie sich selbst das Leben zu nehmen, hatte jedoch nicht mehr genug Kraft, den Suizid zu vollenden. Die Stichwunden in ihrem Oberkörper hatte sie sich selbst zugefügt, was die irrige Annahme widerlegt, ein vermeintlicher Linkshänder hätte diese Verletzungen verursacht. Margret Boll ist geständig.'




11. Auf dem Rücken der Pferde


Endlich mal ein freies Wochenende! Tanja überredet mich, mit ihr zum Reiterhof zu fahren, um eine Runde reiten zu gehen. Dummerweise hatte ich kürzlich erwähnt, dass ich das mal gemacht hatte.
Gerade als wir das Gelände betreten, kommt der Gutsherr mit einem stattlichen Hengst am Zaumzeug auf den Stall zu. „Was kann ich für Sie tun?“
Während Tanja nur noch Augen für den Gaul hat, erkläre ich ihm, warum wir da sind.
Franz Rosshalter, so der Name des Herrn, geht zunächst nicht auf den Grund unseres Daseins ein, sondern erzählt von seinem Ausritt auf seinem über zweihundert Hektar großen Areal. Der Stallmeister kommt dazu und führt das Pferd fort.
Tanja bettelt: „Warten Sie. Darf ich mitkommen?“
Mir ist aufgefallen, dass sie sich die Steigbügel sehr genau angeschaut hat.
Hinter uns rollt ein Auto durch das offene schmiedeeiserne Tor.
„Ah, meine Frau und mein Sohn. Sie waren auf einer Auktion. Ich hoffe, sie hatten Erfolg. Rosmarie!“, ruft er nach seiner Gattin, nachdem sie ausgestiegen war.
Sie strahlt vor Freude. „Ein wahres Prachtstück haben wir erstanden, Franz!“
„Goldbraun ist er, Vater“, fügt der Sohn hinzu. „Ist Jolena mit ihrer Mutter in die Stadt gefahren?“
„Das weiß ich nicht, Ludger.“ Die Stimme des Vaters klingt grob.
„Hier ist ja richtig was los“, sage ich. „Kommen wir ungelegen?“
Dann nähert sich ein weiteres Auto.
„Miranda!“, ruft Ludger Rosshalter und geht zum Wagen, um der dunkelhäutigen Frau beim Ausladen der Einkäufe zu helfen. „Wo ist Jolena?“
„Sie ist hiergeblieben.“
„Ludger!“, ertönt die strenge Stimme des Vaters. „Du hilfst Walter im Stall!“ Es klingt nach einem Befehl.
Dann kommt Tanja aus dem Stall, nimmt mich am Arm und sagt: „Ist heute ungünstig. Lass uns ein ander Mal herkommen.“
Walter kommt ebenfalls heraus. „Herr Rosshalter! Lucky ist nicht im Stall!“
„Das kann nur Jolena gewesen sein. Ich habe sie aber nicht getroffen!“, schimpft der Herr. „Ich habe es ihr auch nicht erlaubt!“ Dann richtet er sich an uns. „Tut mir leid. Hier sind gerade ein paar Interna zu klären. Ich muss Sie bitten zu gehen.“
Also gehen wir.

„Ich habe gelernt, dass diese Pferde alle ihren eigenen, speziellen Hufabdruck haben. Ist das nicht toll?“
„Ja, ganz toll, Tanja“, antworte ich etwas abwesend. Ich habe das Gefühl, dass dieser Herr Rosshalter ein kleiner Tyrann ist.

Am frühen Montagmorgen steht Ludger Rosshalter bei uns im Revier. „Jolena ist verschwunden. Mein Vater mag sie nicht, weil sie mir schöne Augen gemacht hat“, erklärt er. "Sie ist Mirandas Tochter, falls Sie das noch nicht wissen sollten."
„Und was sollen wir jetzt tun, junger Mann? Wollen Sie ihren Vater dafür verantwortlich machen?“, frage ich.
„Oh, nein. Das nicht, aber sie muss doch irgendwo sein. Ich glaube, sie hätte mir etwas gesagt. Wir lieben uns. Aber das ist meinem Vater gewiss ein Dorn im Auge.“
„Wie alt ist die junge Dame denn? Und haben Sie ein Bild, das Sie uns geben könnten?“
„Sie ist fast neunzehn.“ Ein Bild gibt er uns.
„Wir werden sehen, was wir tun können. Dann sagen Sie ihrem Vater vielleicht nichts davon, okay?“, meint Tanja.
Ich schaue sie fragend an, sage aber nichts.

Als der junge Mann wieder weg ist, frage ich sie: „Was war das jetzt?“
Und da zückt sie einen kleinen Stofffetzen aus der Tasche. „Das hier hing am Steigbügel.“
„Und?“
„Wir sollten fragen, ob Lucky wieder aufgetaucht ist. Der Alte ist nicht ehrlich zu uns.“
„Gut. Dann fahren wir hin“, meine ich, noch immer ratlos darüber, was sie spekuliert.

„Guten Tag, Herr Rosshalter. Heute sind wir dienstlich hier“, sage ich und zeige ihm meine Marke.
„Dienstlich? Wir haben Sie nicht angefordert.“
„Ist Lucky wieder aufgetaucht?“, beginnt Tanja.
„Wir haben ihn vorhin entdeckt. Ja. Hat sich wohl eine schöne Zeit gemacht. Alles gut.“
„Und die Reiterin?“
„Junge Frau, wir haben das Tier nicht befragt, weil wir es noch nicht eingefangen haben“, beantwortet er Tanjas Frage grob.
„Die junge Frau ist also noch nicht zurück im Haus?“, hakt Tanja energisch nach.
„Sie kann von mir aus ihr eigenes Leben führen.“
„Ihr Sohn ist da aber anderer Meinung!“, konfrontiere ich ihn mit den Tatsachen.
„Das weiß ich sehr wohl! Aber ich dulde es nicht.“
„Oh, ich weiß schon. Der Junge soll was Besseres abbekommen“, spotte ich. Dann hole ich mein Telefon hervor, beordere zwei Teams samt Zusatzkräften und die Spurensicherung her und rufe auch Britta an. „Wir suchen jetzt nach ihr, wenn es recht ist.“
„Was erlauben Sie sich?“
Ich ziehe mich mit Tanja kurz zurück. „Ich verlasse mich auf deinen Instinkt, Tanja“, flüstere ich. „Wehe, das geht schief.“

Eine Stunde später schwärmen ein Dutzend Leute aus. Ich lasse mich mit Tanja in die Richtung führen, wo das Tier am Morgen gesehen worden war. Da hatte noch niemand weder das Pferd eingefangen, noch weitergesucht.
Es war in der Tat uns vorbehalten, das schreckliche Bild vorzufinden, das Tanja offenbar befürchtet hatte. Sofort rufe ich alle Kräfte zusammen.
Britta kann nur den Tod der jungen Frau feststellen. Und Tanja erkennt sofort, dass dieser kleine Stofffetzen, den sie mir gezeigt hatte, vom Saum des Kleides stammt, das das Opfer trägt. Wie es aussieht, ist Jolena von einem Pferd zu Tode getrampelt worden.

Viele Stunden vergehen. Die Spurensicherung findet Hufabdrücke, die, wie Tanja wohl vom Stallmeister gelernt hatte, von mehreren verschiedenen Pferden stammen müssen. Die tödlichen Tritte am Körper des Opfers stammen allerdings nur von einem Pferd, wie Britta versichern kann. Welches das ist, müssen wir nun herausfinden.
„Der Alte verhält sich nicht gerade freundlich. Er mochte das Mädchen nicht, daraus macht er keinen Hehl. Aber ist er deswegen zu verdächtigen, beim Tod der Kleinen nachgeholfen zu haben?“
„Das ist noch Spekulation, Chef“, meint Tanja. „Aber ich frage mich, wie der Stofffetzen an den Bügel seines Pferdes kommen konnte.“
„Warten wir ab, was Britta sonst noch findet.“
Wenige Minuten später klingelt mein Telefon. Britta bittet uns, dringend zu ihr in die Gerichtsmedizin zu kommen.

Was sie entdeckt hat, schockiert uns, obwohl sie nicht ganz sicher ist. Wir bringen ihr die Hufmuster aller Pferde mit, um zu sehen, welches Tier das Opfer zu Tode getreten hat. Wie sich zeigt, war es Lucky.
„Das hattet ihr ja sicher schon vermutet. Aber die weiteren Untersuchungsergebnisse geben mir noch Rätsel auf. Als Erstes: Jolena war schwanger, dritter Monat. Und sie hatte auch kurz vor ihrem Tod noch Geschlechtsverkehr. Allerdings relativ sicher nicht mit dem Erzeuger des Ungeborenen.“
„Na gut. Ist nicht toll. Aber wo ist das Rätsel?“, frage ich.
„Die DNA-Spuren unterscheiden sich nur geringfügig.“
„Vater und Sohn?“, spekuliere ich. „Okay. Wir sind beim Sohn, werden ihn fragen, ob er von der Schwangerschaft wusste.“
„Ich prüfe meine Ergebnisse noch einmal. Ich kann es noch nicht ganz glauben.“
„Gut. Bis später.“

„Die Frage ist, wer hat sie kurz vor ihrem Tod noch gebumst? Entschuldige ...“, schicke ich hinterher und schaue Tanja verschämt an.
„Dann war es vielleicht Mord, Chef.“
„Und da wüsste ich im Moment nur einen, der davon profitieren würde.“
„Es käme ihm nicht ungelegen, meinst du. Und wenn er sie geschwängert hatte?“
„Das macht doch keinen Unterschied. Er würde sie loswerden wollen. Ich rechne aber eher damit, dass der Sohn ...“
„Die Vermutung liegt ja nahe. Er liebte sie. Damit hätten sie Tatsachen geschaffen, die dem Vater sicher nicht in den Kram passen.“
„Lass uns hören, was der Junge zu sagen hat.“
In einer viertel Stunde sind wir am Ziel.

Franz Rosshalter kommt uns sofort entgegen und will uns den Zutritt offenbar verwehren. „Herr Kommissar! Warum halten Sie sich so lange an der Sache auf? Es war ein tragischer Unfall.“
„Das müssen Sie schon uns überlassen. Wir möchten ihren Sohn sprechen. Allein!“
„Er ist nicht zu sprechen. Er hat zu tun.“
„Wo finden wir ihn?“
„Herr Kommissar! Kommen Sie von mir aus ein anderes Mal wieder. Jetzt ist Ludger nicht zu sprechen! Was verstehen Sie daran nicht?“
„Es ist wichtig. Er gehört zum Kreis der Verdächtigen.“
„Wie bitte? Verdächtige? Es war ein Unfall!“
„Unsere bisherigen Erkenntnisse legen etwas anderes nahe. Wo finden wir ihren Sohn, Herr Rosshalter?“
Mit mürrischer Miene führt er uns zu Ludger Rosshalter.

„Vielen Dank. Zu ihnen kommen wir später noch“, kündigt Tanja an und bittet den Alten, den Raum zu verlassen.
Der grollt: „Du musst nichts sagen, mein Sohn.“
„Das wird er sicher selbst entscheiden. Bitte gehen Sie jetzt.“
Dann ist er raus, schlägt die Türe zu.
„Was ist denn los?“, fragt Ludger aufgeregt.
Wir warten noch eine Minute. „Herr Rosshalter, Sie waren zum fraglichen Zeitpunkt also mit ihrer Mutter auf einer Auktion, ja?“, frage ich.
„Ja, aber was ist denn los? Es war doch ein Unfall, oder etwa nicht?“
„So soll es auf jeden Fall aussehen. Aber wir haben da unsere Zweifel. Herr Rosshalter, Sie wussten, dass Jolena schwanger war?“
„Sicher. Wir wollten meinen Vater vor vollendete Tatsachen stellen.“
„Siehst du? Habe ich doch gesagt“, wirft Tanja ein.
„Was hatte er gegen diese Verbindung?“
„Na, raten Sie mal. Sie ist doch nur die Tochter einer Bediensteten. Außerdem hat sie eine dunkle Hautfarbe. Ich bin ja eigentlich schon erstaunt darüber, dass Miranda seit fast zwanzig Jahren in unserem Haus arbeitet.“
„Das heißt, Jolena ist hier geboren? Wo ist der Vater?“
„Der Vater ist tot. Deshalb war sie wohl zu uns gekommen. Um ein bisschen Geld zu verdienen.“
„War Miranda da schon schwanger?“, hakt Tanja nach.
„Keine Ahnung. Ich war da ja selbst erst vier Jahre alt.“
„Hatte ihr Vater denn eine zukünftige Ehefrau für Sie ausgeguckt?“
„Ja. Oh, ja! Aber diese Hexe würde ich bestimmt nicht wollen.“
„Erfahre ich auch den Namen dieser Hexe?“
„Melissa Rotleitner. Die Adresse gebe ich ihnen gern.“
„Das ist prima.“
Er schaut uns irritiert an. „Sie glauben, da hätte jemand nachgeholfen? War es gar kein Unfall?“
„Es gibt ein paar seltsame Erkenntnisse, die wir nicht verstehen. Deshalb gehen wir diesen Spuren nach“, erkläre ich ihm.
„Ich habe Jolena geliebt. Wir wollten heiraten, egal, was mein Vater dazu gesagt hätte.“
„Vielen Dank“, sagt Tanja und lächelt ihn an.
„Ich verbünde mich mit Miranda gegen ihn. Sie wirkt total verwirrt von der ganzen Sache.“
„Wir werden auch mit ihr noch sprechen“, meine ich.
Tanja lacht erneut. „Aber zuerst besuchen wir die Hexe.“
„Auf Wiedersehen“, antwortet Ludger.

„Hast du gesehen, wie der dich angeguckt hat, Tanja? Ich glaube, der ...“
„Rede keinen Blödsinn. Ist nicht mein Typ, okay?“ Dann lacht sie.
Wir gehen raus, fahren vom Grundstück und stellen den Wagen ab, wo er nicht sofort gesehen wird. Dann warten wir.
Und es dauert gar nicht lange, da fährt Franz Rosshalter fort. Vorsichtig folgen wir ihm. Das Ziel erahne ich schon. Er fährt zur Rotleitner.
„Was will er jetzt bei ihr?“
„Tja, Tanja. Haben die vielleicht gemeinsame Sache gemacht?“
Dann klingelt mein Telefon. Es ist Britta. Sie hat ungeheuerliche Dinge herausgefunden.
Nachdem Rosshalter im Haus verschwunden ist, schleichen wir uns vorsichtig an. Unter einem gekippten Fenster hören wir die beiden sprechen.
„Dein Teil der Vereinbarung steht noch aus, Melissa. Ich habe mich um die Tochter gekümmert. Jetzt ist die Mutter dran. Das ist dein Job. Wir wollen doch keine Zeugen, nicht wahr? Ich schicke sie morgen früh in die Stadt. Wenn du es erledigt hast, dann kriegst du meinen Sohn.“
„Ich hoffe, dein Plan geht auf.“
„Du wirst mich nicht beschuldigen, ich werde dich nicht belasten. Eine Hand wäscht die andere. Und jetzt komm, ich will ...“
Wir sehen nicht, was geschieht, aber sie kichert albern und meint dann: "Dann ab ins Bett. Das ist bequemer."
Ich glaube nicht, was ich da höre. Zuerst schmieden sie ein Mordkomplott, und dann gehen sie auch noch miteinander ins Bett, obwohl sie seinen Sohn heiraten soll. Unfassbar!
Wir gehen zum Wagen und rufen Verstärkung.

„Was hatte Britta denn?“, fragt Tanja dann.
„Du wirst es kaum glauben, aber dieser feine Herr hatte schon häufiger solche Ausflüge in fremde Betten. Jolena ist seine Tochter. Das erklärt die etwas hellere Hautfarbe der jungen Frau. Deshalb wollte der Alte wohl nicht, dass sein Sohn mit ihr zusammen kommt. Wäre die nicht schwanger gewesen, hätten wir das vermutlich nur mit einer direkten DNA-Probe von ihm herausgefunden, denn er war es, der die junge Frau vor ihrem Tod noch entsprechend bearbeitet hat. Mit dem entsprechenden Abgleich konnte Britta das aber erkennen.“
„Das ist ja furchtbar. Wir müssen die beiden also jetzt beim Schäferstündchen stören“, sagt Tanja nicht ohne Schadenfreude in den Augen.
„Wenn sie klug ist, bezichtigt sie ihn dann der versuchten Vergewaltigung.“

Die Verstärkung kommt nach wenigen Minuten.
Melissa Rotleitner ist nicht so klug, denn Zeit, sich die Kleider wieder zu richten, bleibt ihnen nicht. Also denunziert sie ihn, ihr den Mord an Jolena gestanden zu haben. Rosshalter erwidert, Melissa hätte ihn dazu angestiftet, damit Ludger endlich für sie frei sein möge.
Doch ich nehme beiden gehörig den Wind aus den Segeln. „Es ist mir scheißegal, wer wen angestiftet hat. Sie haben es gemeinsam geplant, wollten sogar die Mutter des Opfers noch beseitigen, um keine Zeugen ihrer beider Unzüchtigkeiten mehr zu haben. Das Fenster war nicht verschlossen. Wir haben alles gehört. Sie sind beide verhaftet!“

Franz Rosshalter hatte Jolena zu einem Ausritt überredet. Sie durfte sogar den Hengst reiten, während der Herr Lucky nahm. Aber er sorgte dafür, dass der junge Hengst Jolena abwarf. Dabei blieb ein Fetzen ihres Kleides am Steigbügel hängen. Dann hatte er Lucky gezielt auf die junge Frau getrieben, sodass sie von ihrem eigenen Pferd zu Tode getrampelt wurde.
Beim Lesen meines Berichtes kommt die Wut in mir hoch. Ich schlage mit der Faust auf den Tisch, weil ich es nicht fassen kann, dass dieser Kerl so eiskalt zugegeben hat, Jolena anschließend, als sie schon mit dem Tode rang, auch noch vergewaltigt zu haben.




12. Tödliche Liebe (Teil 1)


Seit einigen Tagen kommen regelmäßig Meldungen von Hauseigentümern herein, deren Häuser mit Graffiti verunstaltet wurden.
„Ist ja mal was Anderes, als immer Mord und Totschlag“, meine ich süffisant.
„Die arbeiten vorzugsweise im Dunkeln“, entgegnet Tanja.
„Dann machen wir halt mal eine Nachtwanderung.“
„Wir zwei?“ Tanja lacht.
„Ein Team wird nicht reichen. Saskia! Rudi!“
Die beiden kommen sofort rüber zu mir. Dann verkünde ich: „Wir vier machen mal ein paar Nachtschichten. Die Graffiti-Sprayer suchen.“
Zunächst gehen wir zu all denen, die eine Anzeige erstattet haben, um genauere Informationen zu erhalten. Dort sehen wir uns die Kunstwerke an. Wie sich herausstellt, sind es überall dieselben Bilder, mutmaßlich von zwei Personen ausgeführt.

„GROXX klingt ein bisschen nach Großkotz. Ist bestimmt ein Typ mit übersteigertem Ego“, urteilt Tanja. „YZZY klingt eher nach Mädchen. Cool finde ich irgendwie, dass sie zwischen die beiden 'Z' quasi einen Spiegel gesetzt hat.“
„Das findest du sympathisch?“
„Nee. Aber kreativ.“
„Lass uns ein bisschen gehen. Bestimmt suchen sie sich noch andere Betätigungsflächen. Da drüben die Fabrikwand zum Beispiel.“
„Du willst aber jetzt nicht hierbleiben und auf die Sprayer warten, oder?“
„Eher nicht. Denn dann sind sie garantiert ganz woanders. Das ist doch immer so.“
„Aber eine solche Wand direkt neben den Gleisen ist natürlich ein bevorzugtes Objekt. Es ist nur gefährlich wegen der Züge, die vorbeikommen könnten.“
Nach mehreren Stunden erfolgloser Suche beenden wir die nächtliche Tour.
Auch das andere Team hatte keinen Erfolg.

Am nächsten Abend gehen wir wieder jenseits der Gleise die Straße entlang und sehen dieselbe Fabrikwand, die nun nicht mehr sauber ist. Die verwendeten Farben erhellen sie ein wenig. Trotzdem kann man nicht viel sehen. Aber dann höre ich Stimmen.
„Wo warst du so lange?“, ertönt eine gewiss recht junge Frauenstimme. „Und was soll eigentlich dieser alberne Hut und die Sonnenbrille?“
„Das geht dich nichts an“, zischt eine Männerstimme zurück.
„Du warst wieder mit dieser Frau zusammen. Ich habe dich heute Nachmittag mit ihr gesehen.“
„Unsinn! Jetzt hör mit diesem Quatsch auf.“
„Das hast du gestern auch schon gesagt. Seit Tagen leugnest du es. Ich dachte, du liebst mich.“
„Aydin, wir werden bald heiraten. Natürlich liebe ich dich.“
„Dann sei auch ehrlich zu mir.“
„Lass uns das hier fertig machen.“ Offenbar meint er das an dieser Fabrikwand begonnene Kunstwerk, wenn man es denn als solches ansehen kann.

„Sollen wir sie einfangen?“
„Ach, Tanja. Ich fürchte, bis wir drüben sind, sind sie wieder weg. Und du wolltest wohl kaum diese sechs Gleise direkt hier überqueren.“
„Dann würden sie uns erst recht bemerken.“
Ein Signalhorn ertönt. Daraus schließe ich: „Da kommt ein Zug.“
Als der Zug vorbei ist, erkennen wir auch keine Schatten mehr. Die Sprayer sind weg.
„Lass uns weitergehen, Tanja.“
Nach einer halben Stunde erreichen wir eine einen kleinen Fluss überspannende Brücke. Über uns die Sterne und der Mond. Tanja tänzelt vergnügt um mich herum, nimmt mich in die Arme und küsst mich. „Ist das ein romantischer Abend, Bernd.“
Dann lehnen wir uns auf das Geländer, schauen zunächst zum Himmel, dann hinunter zum Fluss, der gerade recht wenig Wasser führt.
Und dann ein spitzer Schrei von Tanja.
Da unten im Flussbett liegt jemand.

Zehn Minuten später ist Britta und die Spurensicherung da. Alle gehen links die Böschung runter.
Nach den ersten Untersuchungen sagt die Gerichtsmedizinerin: „Sie ist wohl von der Brücke gestürzt, hier auf diesem dicken Stein mit dem Kopf aufgeschlagen. Tja, das war's.“
„Wie kann man hier von der Brücke stürzen? Sie muss dann doch über das Geländer geklettert sein“, halte ich dagegen.
„Das müsst ihr nun herausfinden“, sagt sie mit einem süffisanten Lächeln. „Ist keine zwei Stunden her, würde ich sagen.“
„Wer ist die Frau?“
„Keine Ahnung. Hat noch keiner geprüft. Schau selbst nach.“
Ich suche nach der Handtasche. Sie liegt einen Meter weiter im Wasser. Dort finde ich Ausweispapiere. Linda Rübner, 24, wohnhaft in der Stadtallee 13, feine Gegend. Allerdings finden wir keine Schlüssel. Sehr seltsam, denke ich.
Wir klettern die Böschung wieder rauf.
„Hey, Chef!“, ruft Martini. Er steht unten im Wasser und fischt etwas heraus, kommt dann damit die rechte Böschung hinauf. Und dort stolpert er. „Hey, hier … Hier liegt auch jemand!“
„Hilfe!“, schreit dieser Jemand in diesem Augenblick.
Ich bin zusammen mit Tanja sofort da. „Wer sind Sie denn?“
„Hilfe!“, schreit er wieder, rappelt sich auf. Offenbar war er bis eben bewusstlos. „Wo ist dieser Idiot?“
„Junger Mann, ich bin Kommissar Zufall. Was ist hier passiert?“
„Wo sind Sie? Ich kann Sie nicht sehen. Oh, mein Gott, bin ich blind?“ Er jammert und heult, wirkt ziemlich aufgeregt.
„Was ist passiert?“, spricht Tanja ihn mit sanfter Stimme an.
„Da war so ein Typ mit Hut und Sonnenbrille ...“
Ich schaue Tanja an. Offenbar denkt sie das Gleiche, wie ich: der Sprayer.

Der junge Mann muss behandelt werden. Er hat von dem dubiosen Mann wohl einen harten Gegenstand gegen den Kopf geschlagen bekommen, was sein Augenlicht aussetzen ließ. Von diesem Schlag ist er dann die Böschung ein Stück weit hinabgestürzt und verlor kurz das Bewusstsein, wie er uns erzählt.

Am nächsten Morgen gehen wir ins Krankenhaus, um ihn zu befragen. Der Arzt ist optimistisch, dass der junge Mann bald wieder sehen kann.
Sein Name ist Gregor Wirtz. Es ist übrigens sein Mobiltelefon, das Martini aus dem Fluss gefischt hatte. Allerdings versichert er uns, dass er es niemals aus der Hand geben würde. Die Spurensicherung fand jedoch auch fremde Fingerabdrücke darauf. Die sind dann wohl vom Täter, denn Wirtz sagt, dass dieser ihm das Telefon aus der Hand geschlagen habe, als er die Polizei rufen wollte. Und der Grund für diesen Anruf war die Tatsache, dass die junge Frau, die wir tot im Fluss gefunden hatten, auf Drängen des mutmaßlichen Täters auf das Geländer gestiegen war.
Da Britta feststellt, dass die Frau alkoholisiert war, erklärt das die Leichtsinnigkeit und den Sturz.
„Herr Wirtz, kannten Sie diese Frau denn?“
Er nickt. „Ja, das war die neue Referendarin unserer Klassenlehrerin. Ich bin in der Zwölf.“
„Da werden wir dann wohl mal hinmüssen. Aber dann frage ich auch mal – ist nur so eine Idee von mir, weil es gerade passen könnte … Kennen Sie eine Aydin oder so ähnlich?“
Unverkennbar geht ihm das Herz auf. „Ja, ja! Aydin, oh, ich ...“
„Ja?“, hakt Tanja nach und legt ihm die Hand an die Schulter.
„Aydin ist ein Traum. Ein Traum, der immer einer bleiben wird.“ Jetzt fällt seine Stimme wieder deutlich ab.
„Bitte erzählen Sie uns von Aydin, Herr Wirtz. Bitte.“ Tanja geht sanftmütig auf ihn ein.
„Ich liebe Aydin. Aber sie wird Erdan heiraten. Sie sagt, das sei so besprochen.“
„Wie? Besprochen?“
„Das haben ihre Eltern schon ausgemacht.“
„Das klingt fast nach Zwangsheirat“, klage ich. „Ist das denn Aydins Wille?“
„Ich glaube nicht, aber sie sagt nichts. Sie mag mich. Das weiß ich.“
„Jetzt wird es kompliziert. Und wer ist dieser Erdan?“
„Erdan ist ein Arsch! Entschuldigung, aber er benutzt sie nur. Er liebt sie nicht!“
„Die beiden gehen zur selben Schule, wie Sie, Herr Wirtz?“
„Ja, Herr Kommissar.“ Dann hebt er seine Hände, wedelt damit vor seinem Gesicht. „Ja, ich glaube, ich kann wieder sehen!“, jubelt er. „Zumindest ist es nicht mehr dunkel.“
„Dann gönnen wir ihnen jetzt ein bisschen Ruhe. Wir kommen morgen wieder, ja?“
„Ja. Oh, es wird heller!“ Er ist außer sich vor Freude, dass vielleicht alles gut wird. Als wir uns verabschieden, nennt er uns noch die Familiennamen der beiden.
„Dann zur Schule“, sage ich.

„Guten Tag, Herr Direktor. Wir haben schlechte Nachrichten für Sie. Ihre Referendarin Linda Rübner …“
„Was ist mit Linda?“
„Sie ist heute Nacht tot im Fluss aufgefunden worden.“ Ich bin wieder mal sehr direkt. „Bitte entschuldigen Sie, ich ...“
Der Schreck lässt den Mann zusammenzucken. Doch dann sagt er: „Sie machen nur ihre Arbeit, Herr Kommissar. Das ist ja furchtbar. Aber wie ...“
Wir müssten mal zwei ihrer Schüler sprechen. Es geht dabei um die Zusammenhänge zum Tod von Frau Rübner.“
„Aber Herr Kommissar! Was haben denn die jungen Leute damit zu tun?“
„Das wissen wir noch nicht. Wir gehen nur den Hinweisen nach, die sich uns eröffnet haben.“ Dann nenne ich die Namen.
„Oh, ob Erdan in der Schule ist, kann ich ihnen nicht versprechen. Er nimmt das nicht so genau, wissen Sie? Aydin aber sicher. Sie ist sehr fleißig.“
„Wir haben eben Gregor Wirtz im Krankenhaus besucht. Er hatte eine Auseinandersetzung mit dem mutmaßlichen Mörder von Frau Rübner.“
„Mörder?“ Der Direktor ist fassungslos. „Aber wie kann denn das sein?“
„Das wollen wir herausfinden.“
„Also sollten Sie gegenüber Dritten bitte kein Wort dazu sagen“, fügt Tanja lächelnd an.

Wie der Direktor schon richtig vermutet hatte, ist Erdan Aryegan nicht in der Schule. Dafür können wir Aydin Celik sprechen.
Ich beginne die Befragung. „Frau Celik, wissen Sie, warum Herr Aryegan nicht in der Schule ist? Sie sind doch beide in der zwölften Klasse, richtig?“
„Ja ...“, antwortet sie nervös. „Ja, sicher. Wir haben auch viele Kurse gemeinsam. Aber er ist halt nicht so strebsam.“ Da lacht sie.
„Tja, kann es sein, dass er gestern ein wenig verkleidet mit Hut und Sonnenbrille unterwegs war?“
Sie zuckt erschrocken zusammen. „Wieso? Hat er irgendwas angestellt?“
„Das wissen wir nicht, Frau Celik. Wir hatten gehofft, Sie könnten uns einen Tipp geben, wo wir ihn finden können.“
Da erklärt sie mit klagender Stimme: „Er trifft sich seit etwa zwei Wochen mit einer anderen Frau. Aber er gibt es mir gegenüber nicht zu.“
„Wissen Sie, wer diese Frau ist?“
„Nein. Ich habe sie immer nur von hinten sehen können.“
„Dann beschreiben Sie, was Sie gesehen haben.“
„Was ist denn mit ihr? Ist sie eine Betrügerin, oder was?“
„Beschreiben Sie diese Frau!“, dränge ich.
„Ja, ja, schon gut. Also so ungefähr so groß, wie ich, vielleicht ein bisschen größer. Schulterlange, blonde Locken, so leicht gelockt, recht schlank, schick gekleidet. Ja, mehr weiß ich nicht.“
„Das ist doch schon was. In welchem Verhältnis stehen Sie denn zu Herrn Aryegan?“
„Warum interessiert Sie das?“ Die junge Frau wirkt unruhig.
„Liebe Frau Celik. Sie haben doch nichts zu befürchten“, redet Tanja auf sie ein. „Was beunruhigt Sie so sehr?“
„Erdan ist in Schwierigkeiten, ja? Nun sagen Sie es mir doch. Bitte!“, fleht sie.
„Gut. Dann fangen wir anders an. Wo waren Sie gestern Abend gegen 23 Uhr?“, frage ich.
Das scheint sie erst recht zu beunruhigen. „Warum?“
„So kommen wir nicht weiter, Chef“, flüstert Tanja mir zu und zieht mich beiseite.
Wir gehen ein paar Schritte weg. Aber die Blicke der jungen Frau sind uns gewiss. Sie wird immer zappeliger.

„Ich habe das Gefühl, sie weiß nicht viel von ihm. Aber die Beschreibung passt zu unserer Toten.“
„Hey, Chef. Aber sie soll ihn heiraten, ja? Das gefällt mir nicht. Ganz ehrlich. Da würde ich ihr lieber wünschen, dass sie mit diesem Gregor Wirtz zusammenkommt. Die würden doch ein hübsches Paar abgeben.“
„Wir appellieren jetzt an ihre Aufrichtigkeit. Komm.“ Wir gehen wieder zu Frau Celik. „Aydin, bitte. Ich darf doch Aydin sagen, ja?“
Das Mädchen nickt.
„Bitte sag dem Erdan, dass wir ihn mal dringend sprechen müssen“, sagt Tanja dann. „Bitte hilf uns, Aydin.“
„Ich werde sehen, ob ich ihn erreiche. Aber ich glaube nicht, dass er mit ihnen sprechen wollen wird.“
„Ach, hat er ein gestörtes Verhältnis zur Polizei?“, meine ich und lache.
„Ich möchte jetzt gehen.“
Wir entsprechen ihrem Wunsch und lassen Aydin gehen.

„Wir sollten sie im Auge behalten, Tanja. Ich habe da so ein Gefühl, weißt du?“
„Gehen wir nochmal zu unserem Zeugen im Krankenhaus?“
„Ja, machen wir. Und Laura und Martin schicken wir mal in die Wohnung der Toten.“ Ich zücke mein Telefon und beordere die Kollegen dort hin.

Der Arzt ist sehr optimistisch. Das Augenlicht des Patienten ist fast wieder normal. Er glaubt, dass es nur ein Nervenschock war, der kurzzeitig für die Erblindung gesorgt hatte. „Er kann morgen entlassen werden.“
Dann gehen wir zu dem jungen Mann.
„Herr Kommissar!“, ruft er sofort, als die Tür aufgeht.
„Sie können wieder sehen. Das ist schön. Aber wir müssen nochmal an diesen Abend zurück. Haben Sie eine Idee, wer dieser Kerl sein könnte, der Frau Rübner da vom Geländer hat fallen lassen?“
„Ich glaube, sie war total betrunken. Kann das sein? Sie war erst seit drei Tagen in der Schule.“
„Das beantwortet nicht meine Frage, Herr Wirtz.“
„Ich bin sehr unsicher. Ich glaube, die Stimme kam mir bekannt vor, aber ...“ Er denkt kurz nach, dann springt er auf und ruft: „Das war Erdan! Ja, sicher. Erdan!“
„Sind Sie da sicher? Oder wollen Sie ihn jetzt nur diskreditieren, um ihn von Aydin zu trennen?“
„Er hat sie nicht verdient!“ Da beginnt er zu weinen.
„Das mag schon sein. Aber Sie machen sich strafbar, wenn Sie ihn grundlos beschuldigen“, erklärt Tanja ihm.
„Aber er ist schuld daran, dass diese Frau überhaupt auf das Geländer geklettert ist! Erdan hat Frau Rübner in den Tod getrieben!“
„Eine angehende Lehrerin lässt sich mit einem Schüler ein? Das halte ich doch für sehr gewagt“, argumentiert Tanja.
„Sie hat ihn in der Schule noch nie gesehen!“, offenbart Wirtz.




13. Tödliche Liebe (Teil 2)


Die Aussagen von Gregor Wirtz machen mich nachdenklich. Sollte er recht haben mit seiner Anschuldigung, dann ist das kein gutes Zeichen. Wer weiß, wozu dieser junge Mann sonst noch fähig ist.
„Aydin!“, ruft Tanja plötzlich. „Sie wird sich wieder mit ihm treffen. Wir müssen sie überwachen.“
„Wir könnten auch ihre Eltern mal befragen.“
„Na, dann los.“

Ein großes Mehrfamilienhaus. Wie wir feststellen, kann man die Fabrikwand von dort sehen, wo wir zuletzt Aydin vermutet hatten. Ich klingele, aber es macht niemand auf. Stattdessen kommt Aydin heraus. Sie will uns aus dem Weg gehen.
„Aydin“, spricht Tanja sie an. „Bitte warte.“
„Was ist denn noch?“, nörgelt sie.
„Wo hin?“
„Warum?“
„Triffst du dich mit Erdan?“
„Vielleicht.“
„Deine Eltern? Sind die nicht da?“
„Zwei Wochen in der Türkei.“
Tanja schaut mich an. Ich zucke die Schultern. Aydin zögert kurz, rennt dann weg.

„Ich denke, wir werden sie nur beobachten. Egal, was sie tut. Wir wollen Erdan. Also müssen wir uns vorbereiten.“
„Was meinst du, was sie in dieser Tasche hat, die sie da mitschleppt?“
„Tanja, ich würde sagen, da sind Farben drin.“
„Das denke ich auch. Sie ist YZZY.“
„Und Erdan ist GROXX. Würde mich nicht allzu sehr wundern.“
Wir gehen zum Auto, folgen dann dem Mädchen in sicherer Entfernung.

Fast eine Stunde fahren wir dem Mädchen hinterher. Ich bin nicht sicher, ob sie uns nicht doch bemerkt hat. Plötzlich stoppt sie. Es wird langsam dunkel. Ganz offensichtlich hat sie eine freie Wand gefunden, die sie nun zu verschönern gedenkt. Es ist erneut eine graue Fabrikwand, der ein bisschen Farbe nicht schlecht stünde. Aber so?
„Okay, wir beobachten nur. Hoffen wir, dass auch Erdan kommt, um seinen Schriftzug dazuzusprayen“, sage ich leise.
Schon nach zwanzig Minuten ist sie fast fertig. Da kommt ein junger Mann heran, sieht sie und geht dann auf sie zu.
„Was wird das? Ist das dieser Erdan?“ Ich bin nicht sicher, denn aus dieser Entfernung ist es schwer zu erkennen.
Wir hören die Stimmen.
„Aydin? Aydin! Was tust du da? Das ist verboten.“
„Gregor, oh, hallo. So einer grauen Wand schadet das doch nicht. Hey, verrate bitte nichts, ja?“
„Oh, Aydin. Ich bin so froh, dich mal allein zu treffen. Oder kommt Erdan auch noch her?“
„Ach, ich weiß nicht. Bitte lass mich jetzt wieder allein, ja? Bitte.“
„Aydin, du hast morgen Geburtstag, nicht wahr? Du wirst achtzehn, oder?“
Der Wind steht günstig. Wir verstehen jedes Wort.
„Woher weißt du das denn? Ja, ich habe morgen Geburtstag, aber verrate das Erdan nicht. Er denkt nämlich, dass ich erst in drei Wochen achtzehn werde.“
„Warum denn?“
„Ich habe Angst vor diesem Tag, Gregor.“
„Er liebt dich nicht, Aydin. Und du weißt das.“
„Ich weiß auch, dass du mich offensichtlich lieb hast, Gregor. Du bist ein ganz lieber Kerl. Aber das mit Erdan ist halt so, wie es ist.“
„Willst du das denn wirklich?“
„Das steht nicht zur Debatte. Bitte, lass mich jetzt allein. Ich möchte nicht, dass Erdan dich mit mir sieht. Bitte. Er würde dir wehtun. Das möchte ich nicht.“
„Du bist doch hier jetzt fertig, Aydin. Ich möchte heute um Mitternacht der Erste sein, der dir gratuliert. Verstehst du? Ich möchte diesen Abend mit dir verbringen und auf diesen Augenblick warten. Bitte, Aydin. Bitte.“
„Du verpetzt mich nicht bei der Polizei?“ Dabei legt sie behutsam die Hand an seine Schulter.
„Nein! Nein, ganz bestimmt nicht. Aber ich wäre glücklicher, wenn du das hier nicht tun würdest. Erdan zwingt dich doch bestimmt dazu.“
„Naja, so ein bisschen ist es immer eine gemeinsame Sache. Das ist schon richtig.“
„Es sind noch über drei Stunden bis Mitternacht. Was können wir denn solange machen?“
„Du könntest mir einen Geburtstagskuchen backen.“ Aydin lacht laut auf.
„Das mache ich! Komm, lass uns gehen.“ Er hält ihr den Arm hin, damit sie sich bei ihn einhängen möge. Und sie tut es sogar. Offenbar hegt sie durchaus Sympathie für ihn.

„Hoffentlich läuft ihnen jetzt nicht dieser Erdan über den Weg“, spreche ich meine Sorge aus.
„Aber sieh mal. Sie führt ihn zu sich nach Hause. Ihre Eltern sind nicht da, hat sie gesagt. Sie werden ganz allein sein. Weißt du, was ich meine?“
„Oh, Tanja. Glaubst du wirklich?“
„Keine Ahnung. Wir sollten hierbleiben, um eingreifen zu können, wenn Erdan auftauchen sollte.“
„Das könnte eine lange Nacht werden, Schatz.“

Es wird eine lange Nacht, denn auch um zwei Uhr ist Gregor Wirtz noch bei seiner Aydin. Wir glauben, die Fenster ausgemacht zu haben, hinter denen sie sich aufhalten. Nach normaler Deckenbeleuchtung im einen Raum ging es im Nachbarzimmer kurz vor Mitternacht in Kerzenschein über. Beste Begebenheiten also für ein romantisches Beisammensein.
„Das gibt mächtig Stunk, wenn dieser Erdan das mitbekommt“, sage ich.
„Das fürchte ich auch.“
„Dann bleiben wir wohl mal lieber wachsam.“
Es scheinen mehrere Kerzen angezündet worden zu sein. Denn das Licht wird nach und nach schwächer. Um vier Uhr ist es schließlich ganz aus.
„Wo bleibt er denn?“ Ich werde ungeduldig.
„Also ich deute daraus jetzt, dass ihr die Zwangsehe auch nicht schmeckt. Ob diese Nacht das jetzt aber verhindern wird, wage ich zu bezweifeln.“
„Damit macht sie dem Jungen große Hoffnungen, Tanja.“
„Sie werden darüber schweigen, um Erdan nicht zu verärgern. Allerdings frage ich mich, warum sie vor dem Tag, von dem Erdan glaubt, an dem sie achtzehn wird, Angst hat. Was hat er ihr da angedroht, dass sie sich ängstigt?“
„Überleg mal. Bei solchen Zwangsehen ist es doch durchaus üblich, dass die Frau ...“
„... als Jungfrau in die Ehe … Ach, du scheiße! Wenn die beiden das hier jetzt erledigt haben, dann ...“
„Dann wird Erdan sie verstoßen.“
„Oder umbringen!“
„Tanja! Mal nicht den Teufel an die Wand!“
Die Zeit vergeht wie im Flug. Langsam wird es hell. Da kommt Gregor Wirtz endlich heraus. Er strahlt regelrecht. Und er geht nicht, er schwebt. Deshalb sind wir sicher, dass in dieser Nacht das geschehen ist, was die Sache noch komplizierter machen wird. Langsam folgen wir mit dem Wagen.
Dann sind wir neben ihm. „Komm, steig ein“, spricht Tanja ihn aus dem Seitenfenster an.
Er bleibt stehen. „Was? Ach, Sie sind es. Sind Sie mir etwa gefolgt?“
„Steig ein, Gregor. Oder willst du dem Erdan über den Weg laufen?“
„Oh, nein, aber … Was … Was hat das zu bedeuten?“ Dann steigt er hinten ein.
Tanja dreht sich zu ihm um. „Darf ich offen sein, Gregor?“
„Was meinen Sie?“
„Habt ihr es getan?“
„Was?“, schreit er. „Sie haben uns beobachtet? Das glaube ich ja nicht!“
„Es ist nur zu eurem Besten, denke ich“, werfe ich ein. „Erdan ist gefährlich. Wenn das, was du uns zu dem Vorfall an der Brücke gesagt hast, richtig ist, wenn du wirklich seine Stimme erkannt hast, dann ist auch Aydin in Gefahr. Jetzt ist sie erst recht Gefahr“, betone ich.
„Aber ich liebe sie doch so sehr.“
„Und sie hat dir jetzt Hoffnungen gemacht, ja?“
Der Junge schweigt.
„Sie mag dich und sie vertraut dir“, sagt Tanja. „Und wir tun das auch. Wir müssen Erdan schnappen. Aber er scheint das zu ahnen, er ist vielleicht untergetaucht.“
„Aydin möchte nicht, dass er mich mit ihr zusammen sieht. Sie hat Angst ...“
„Dass er dir wehtut, wieder wehtut. Aber um ihn anzulocken, müsst ihr genau das tun. Ihr müsst euch zusammen zeigen. Das wird ihn reizen, ihn aus der Deckung locken.“
Gregor verdreht die Augen. „ Und Sie wollen uns dann ständig an den Fersen hängen?“
„Das werden wir“, bestätige ich streng.
„Na, toll! Wenn ich ihr das sage, wird sie mich nicht sehen wollen. Obwohl ich es nicht verstehen kann, hält sie zu Erdan, weil sie ihn heiraten soll.“
„Dann sagst du es ihr eben nicht. Und du lässt es dir bitteschön nicht anmerken, ja?“, fordere ich.
„Bitte, Gregor. Wenn deine Aussage wirklich richtig ist, dann ist Erdan ein Mörder. Oder zumindest hat er den Tod der jungen Frau zu verantworten“, spricht Tanja wieder sanftmütig zu ihm.
„Ja, ja, ist ja gut. Ich denke, ich bin ziemlich sicher, dass es seine Stimme war, die ich gehört habe. Er war dort an der Brücke.“
„Gut. Danke, Gregor. Du musst jetzt zur Schule, richtig?“
„Ja. Ich wollte nicht mit Aydin zusammen gehen, um keinen Verdacht zu erwecken.“
„Ob er euch doch beobachtet hat, werdet ihr vermutlich sehr schnell erkennen“, äußere ich einen prophetischen Blick ins Orakel.
„Sie müssen Aydin schützen, Herr Kommissar.“
„Wir werden immer so nah bei euch sein, wie es möglich ist. Trotzdem gibt es nie vollkommene Sicherheit. Das sollte dir bewusst sein.“
„Geht Streitigkeiten mit Erdan aus dem Weg, okay?“, gibt Tanja ihm mit auf den Weg.
Ängstlich nickt Gregor.

Während die jungen Leute in der Schule sind, besuchen wir die Eltern von Erdan. Zumindest ist das der Plan. Aber offenbar hat er in der Schule eine falsche Adresse angegeben, um nicht behelligt werden zu können, wenn er mal wieder die Schule schwänzt. Der Schuldirektor hat keine andere Anschrift, denn die Eheleute Aryegan sind ihm persönlich nicht bekannt.
„Wie kann sowas sein? Die Schule muss doch wissen, wo die Schüler wohnen. Und die müssen auch die Eltern kennen! Verdammt! Dieser Kerl ist ganz schön gerissen. Vielleicht war das mal die richtige Adresse. Dann sind sie umgezogen und haben es nicht geändert. Das könnten wir zumindest überprüfen. Komm, Tanja. Einwohnermeldeamt.“
Da erfahren wir, dass Erdans Eltern wohl aus der bei der Schule gemeldeten Anschrift ausgezogen sind, um in die Türkei zu gehen. Diese Anschrift hat das Amt nicht.
Dann muss Erdan bei einem Freund wohnen, vermute ich.

Laura und Martin hatten in der Wohnung von Linda Rübner keine verdächtigen Hinweise finden können.

Drei Tage überwachen wir jeden Schritt von Aydin und Gregor. Die beiden treffen sich tatsächlich jeden Abend. Aber keine Spur von Erdan. Immer stehen wir ein paar Stunden mit zwei Wagen in der Nähe dieses großen Mehrfamilienhauses. Bis Gregor wieder nach Hause geht.

Am vierten Tag stehen wir wieder dort. Diesmal kommt Aydin aus dem Haus. Natürlich halten wir Abstand. Sie geht die Straße entlang, die zu den Gleisen führt, biegt dort dann nach rechts ab, geht am Bahndamm entlang.
„Da drüben ist doch diese Fabrikwand“, sagt Tanja ganz beiläufig.
Aus der Entfernung sehen wir bereits, dass dort jemand ist und die vorhandenen Graffiti übersprüht. Und Aydin bemerkt es auch. Ihren Schrei hören wir, aber …
„Oh, mein Gott!“, schreit Tanja. „Die läuft über die Gleise!“
Sofort greife ich das Funkgerät und rufe alle Kollegen zusammen, schicke sie zu dieser Fabrik jenseits der Gleise.
Und dann ertönt das Warnsignal des Güterzuges, der sich nähert.

Uns bleibt keine andere Wahl, als zu dem Bahnübergang zu fahren, den der Zug in diesem Augenblick überfährt. Quälend lange müssen wir warten, bis die Schranken sich öffnen. Wir hoffen, dass Aydin rechtzeitig auf der anderen Seite war. Aber die Frage, warum sie das tat, bleibt.
„Pauli hier!“, tönt es aus dem Funkgerät. „Wir haben alle potenziellen Ausgänge des Geländes besetzt. Bis jetzt ist niemand zu sehen.“
„Wir sind sofort da“, antworte ich hektisch. „Wir gehen selbst zu der besagten Wand.“
Eine Minute später steigen wir aus und machen uns auf den Weg zu unserem Ziel.

Dann die Ernüchterung. Es ist niemand da. Auf der Wand prangt jetzt ein riesiges GROXXX in Schwarz und Rot. Drei X? Tatsächlich. Da ist aber jemand ziemlich sauer. Also hat er die beiden wohl doch beobachtet.
„Das ist nicht gut“, klagt Tanja.
„Aber wo sind Aydin und Erdan jetzt hin? Hier ist nicht besonders viel Platz bis zum Gleiskörper. Lass uns weiter gehen.“
Wir sind von der rechten Seite hinter diesen Gebäudeteil gekommen, gehen nun nach links herum weiter. Und da trifft uns der Schock.

Es dauert ein paar Minuten, bis wir uns wieder gesammelt haben. Dann rufe ich Britta und die Spurensicherung.
Ihnen bietet sich ein grausiges Bild. Aydins lebloser Körper liegt nahe der Gleise, doch am Gesicht ist sie nicht mehr zu erkennen. Das ist durch einen brutal harten Aufprall, vermutlich vom vorbeifahrenden Zug, vollkommen deformiert worden. Vermutlich wird uns nur Erdan Aryegan sagen können, wie es zu diesem Unglück hatte kommen können.
Nicht nur Tanja hat Mühe, die Tränen zurückzuhalten. Auch ich empfinde tiefe Trauer und Bestürzung. Die Kleine war mir irgendwie sympathisch. So geht es auch Tanja.
Dann kommt auf dem uns zugewandten Gleis der nächste Güterzug. Er fährt sehr langsam.
„Na, ich glaube, da brauche ich nicht viel zu sagen“, klingt auch Britta sehr bedrückt. „Man sieht es ja. Mehrfacher Schädelbruch und all das, was damit dann einhergeht, ist in der Regel tödlich.“
„Okay.“ Dann greife ich zum Funkgerät. „Pauli, wie sieht es aus?“
„Wir haben ihn. Als er erkannt hatte, dass alle Ausgänge blockiert sind, der Weg über die Gleise durch den Zug versperrt war, da hat er aufgegeben.“
„Sehr schön. Manchmal ist auf die Bahn ja doch Verlass“, sage ich mit einem gequälten Grinsen.

Das Verhör verläuft erstaunlich friedfertig. Erdan Aryegan erklärt mit trauriger Stimme, dass der Tod von Aydin ein Unglück gewesen sei. "Das habe ich nicht gewollt. Ich war nur wütend auf sie, weil sie sich mit diesem Gregor getroffen hatte. Wir waren deshalb in Streit geraten. Und sie ist dann unglücklich gestürzt. Es tut mir leid", jammert er.
Anhand der DNA-Spuren und der bestätigten Zeugenaussage können wir ihn auch für den Tod von Linda Rübner verantwortlich machen. Außerdem finden wir den Wohnungsschlüssel der Toten bei ihm.
Freilich wird es in beiden Fällen kaum zu einer Mordanklage reichen, da ein Vorsatz nicht belegbar sein wird.
„Wie bringen wir das Gregor bei?“
„Oh, Tanja. Der arme Kerl ...“




14. Verführt


Halb zehn, es ist schon dunkel. Endlich Feierabend. Ich fahre Tanja heim.
„Kommst du nicht mit rein?“
„Ich muss mal wieder in meiner Wohnung nach dem rechten schauen.“
„Hey, Bernd. Dann fahren wir halt zu dir.“
„Oh, nein. Diese Unordnung will ich dir nicht zumuten. Außerdem bin ich hundemüde.“
„Wie du meinst“, sagt sie und steigt aus.

Kurz vor dem Ziel bemerke ich, dass sich vor dem Nachbarhaus gerade ein Paar streitet. Dann wird es handgreiflich. Er schlägt sie zu Boden und flüchtet. Ich gebe Gas, doch er ist nach rechts in einer schmalen Gasse verschwunden. Verfolgung zwecklos. Aber sein Gesicht habe ich mir gemerkt.
Ich fahre zurück und parke meinen Wagen. Die Frau liegt noch dort am Boden, bittet mich um Hilfe, als ich auf sie zugehe.
„Sind Sie in Ordnung, junge Frau?“
„Mir ist kalt.“ Sie zittert.
Na, kein Wunder, denke ich. Besonders viel hat sie nicht an. „Kann ich Sie irgendwo hinbringen?“
„Nein, nein. Ich möchte jetzt einfach nur mal kurz in einen warmen Raum. Würde es ihnen etwas ausmachen, wenn ich für einen Kaffee zu ihnen rein komme?“
Ich bin unsicher. Was soll das jetzt werden? Aber dann überkommt mich doch die Barmherzigkeit. „Ja, gut. Wenn es ihnen dann wieder besser geht.“
„Oh, danke, guter Mann“, gurrt sie, fällt mir fast um den Hals. „Die Polizei, dein Freund und Helfer.“
Wenn ich mir die so ansehe, dann würde ich sie für eine Bordsteinschwalbe halten.

Ich gebe ihr sofort eine Decke, in die sie sich einhüllt und es sich auf meinem Sofa gemütlich macht. „Ich bin dann mal eben in der Küche und mache Kaffee“, sage ich.
„Danke“, antwortet sie und schaut mich lieblich lächelnd an.
Auf dem Tisch stehen zwei Gläser und eine Flasche Wasser. Als ich zurück zu der fremden Frau komme, hat sie die Gläser gefüllt.
„Der Kaffee dauert ja sicher noch einen Moment“, sagt sie. „Ich möchte mit ihnen anstoßen und mich bedanken, dass Sie mir so nett helfen.“
„Oh, das ist doch selbstverständlich.“
Sie erhebt das Glas und fordert mich auf, zu trinken. Na gut, denke ich, ist ja nichts dabei.
Einige Minuten später habe ich das Gefühl, dass mich die Müdigkeit völlig übermannt. Da wird der Kaffee sicher ganz gut sein. Ich überlege noch, ob ich Tanja anrufen soll, um ihr von meinem unverhofften Gast zu erzählen, lasse es dann aber.

Da ruft mein Gast nach mir. Ich gehe, nein, ich glaube, ich schwanke zurück ins Wohnzimmer, habe plötzlich das Bedürfnis, mich zu setzen.
„Was ist denn mit dir?“, spricht sie mich an.
„Mir ist gerade ein bisschen schwindelig, keine Ahnung, warum.“
„Dann setz dich doch zu mir“, sagt sie. Dann schiebt sie die Decke beiseite und kuschelt sich an mich. „So kann ich mich doch auch aufwärmen.“
„Das ist aber ...“, meine Stimme bricht zusammen.
„Oh, ist dir nicht gut? Weißt du, dann verwöhne ich dich mal ein bisschen, ja?“
Ohne lange zu zögern, beginnt sie, sich auszuziehen. Anschließend geht sie auch mir an die Wäsche. Ich bin nicht in der Lage, mich dagegen zu wehren. Und ich bekomme nicht so recht mit, was dann geschieht.
Irgendwann schlafe ich ein. Doch nach einer Weile, es ist inzwischen vier Uhr, wache ich auf. Ich sehe, dass sich die fremde Frau gerade wieder anzieht. „Was ist passiert?“, frage ich unsicher.
„Wir hatten tollen Sex, mein Lieber. Aber jetzt muss ich gehen.“
„Wie bitte? Das ist ja wohl nicht ihr Ernst, junge Frau!“
„Doch, doch, du hast es mir ordentlich besorgt. War echt klasse. Ich komme gerne wieder, wenn du magst.“
„Das ist ein Scherz, oder? Ich habe es auf jeden Fall nicht gewollt. Sie haben mich überfallen, haben mich betäubt. Jetzt weiß ich es wieder.“ Ich versuche aufzustehen, doch meine Beine verweigern ihren Dienst.
„Tschüss, Süßer!“, ruft sie und zieht die Tür hinter sich zu.

Erst zehn Minuten später kann ich mich zum Telefon schleppen. Aus dem Augenwinkel heraus erkenne ich das leere Halfter. Sie hat mir die Waffe geklaut! Oh, verdammt!
Ich rufe Tanja an. Die ist gar nicht erfreut. „Weißt du, wie spät es ist?“
„Halb fünf, ja. Ich habe ein Problem, Tanja. Ich bin überfallen worden. Und mir wurde die Waffe gestohlen.“
„Oh, scheiße!“ Jetzt ist sie hellwach. „Ich bin gleich bei dir.“

In der Zwischenzeit versuche ich noch einmal, die Geschehnisse der letzten acht Stunden zu rekonstruieren. Und genau so erzähle ich es Tanja eine viertel Stunde später.
„Wie bitte? Die hat dich zum Sex genötigt?“
„Ich weiß nichts mehr, Tanja. Sie hat es gesagt, aber ich kann mich an nichts erinnern. Ich war völlig benommen.“
„Und was ist mit dem Kerl, der sie verprügelt hat?“
„Nix. Der ist über alle Berge.“
„Warum hast du sie nicht gefragt?“
„Mensch, Tanja. Ich war völlig weggetreten. Vorher habe ich noch nicht dran gedacht. Da will man mal nett sein, und wird so dermaßen gelinkt. Scheiße!“
„Aber beschreiben kannst du diese Frau doch hoffentlich.“
„Ja, ich denke schon.“
„Dann fahren wir jetzt ins Revier und veranlassen eine Großfahndung.“

Wir fertigen Phantombilder von der Frau und, soweit meine Erinnerung es ermöglicht, auch von dem Kerl, der geflüchtet ist, an. Und wie sich herausstellt, sind beide bereits in unserer Datenbank vorhanden, sind also schon aktenkundig. Das macht die Sache etwas leichter.
Und wie ich richtig vermutet habe, ist die Kleine – Nadja Prenzlau - aus dem horizontalen Gewerbe, der Kerl, ein gewisser Mario Graupen, vermutlich ihr Zuhälter.
„Dann machen wir doch gleich mal ein paar Hausbesuche“, schlage ich vor. „Anklagepunkte haben wir schließlich.“
„Ich glaube nicht, dass die sich so einfach kassieren lassen“, äußert Tanja ihre Bedenken. „Die werden doch wissen, dass wir jetzt nach ihnen suchen. Fehlt eigentlich sonst noch was? Oder hat sie nur deine Waffe abgegriffen? Das wird ihr der Kerl aufgetragen haben.“
„Ich habe noch nicht so genau nachgesehen. Aber ich denke, die Waffe war das Objekt der Begierde.“
„Und du“, meint Tanja und lacht.
Ich hole mein Portemonnaie heraus, schaue nach, ob das Geld fehlt. Ich habe zwar nie besonders viel dabei, aber ja, die Scheine sind weg. Waren auf jeden Fall weniger als hundert Euro, ist also zu verkraften.
Von Britta lasse ich mir Blut abnehmen, damit sie herausfinden kann, was mich da umgehauen hatte. Die Antwort ist mir aber auch so klar. Das war ein Betäubungsmittel. Genau das bestätigt die Kollegin mir.

Trotz Tanjas Bedenken machen wir uns auf den Weg zu den uns vorliegenden Adressen der beiden Verdächtigen. Aber Tanja hatte recht. Es ist niemand da. Selbst die Namensschilder finden wir nicht. Die anderen Bewohner der beiden Häuser können oder wollen uns keine Auskunft geben.
Also fahren wir in meine Wohnung, um zu überprüfen, ob vielleicht doch noch mehr fehlt.

Als wir die Haustür öffnen, fällt mir ein kleiner Lieferwagen auf, der ein paar Meter weiter steht. Im Außenspiegel erkenne ich, dass jemand am Steuer sitzt. Dann fährt er ab. Das Kennzeichen habe ich mir gemerkt.
„Hast du den Lieferwagen auch gesehen?“, frage ich Tanja.
„Mmhh“, brummt sie. „Kennzeichen habe ich mir gemerkt.“
„Ich auch.“ Ich stecke den Schlüssel ins Schloss und gehe hinein. Sofort erkenne ich: „Es war jemand in der Wohnung!“
„Der Lieferwagen!“
Sogleich ergreife ich das Telefon und rufe im Revier an, um eine Fahndung nach diesem Lieferwagen auszugeben.
„Du solltest das Schloss auswechseln lassen.“
Mein nächster Anruf gilt dem Schlüsseldienst. Er sagt, er wolle in einer Stunde vorbeikommen.
Wir gehen weiter durch die Wohnung und notieren die gestohlenen Gegenstände. Laptop, Fernseher, Stereoanlage, Küchenmaschine, alles weg. Auch meine Vitrine mit den Modellautos haben sie leergeräumt. Die waren wertvoller, als alles andere zusammen. Das tut weh.
Und dann komme ich ins Schlafzimmer – und bleibe erstarrt im Türrahmen stehen.
„Was ist?“, fragt Tanja und drängt sich neben mich. „Oh, mein Gott ...“
Da liegt eine fremde Frau in meinem Bett! Mein dickes Kissen liegt auf ihrem Gesicht, also ist sie vermutlich erstickt worden. Beide Hände hat sie darunter. Vielleicht wollte sie sich so wehren, das Kissen fortdrücken. Es ist offenbar nicht gelungen.
Ich nehme das Telefon und rufe die Spurensicherung und die Gerichtsmedizin.

Als alle da sind, nehme ich das Kissen weg. Da trifft mich der nächste Schock. In ihren Händen hält sie meine Waffe, die Mündung steckt tief in ihrem Mund.
Da liegt diese fremde Frau, mit der ich die halbe letzte Nacht verbracht habe. Zwar ohne einen Hauch von Erinnerung an die vermutlich eher angenehmen Dinge, aber die waren trotz allem gegen meinen Willen geschehen. Und nun liegt sie tot in meinem Bett.
„Will uns da jetzt einer verkaufen, dass sie sich selbst erschossen hat?“, werfe ich in die Runde.
„Klar. Und das Kissen hat sie sich auf's Gesicht gelegt, damit der Knall ein bisschen gedämpft wird!“, meint Tanja sarkastisch. „Nee! Das war 'ne Hinrichtung!“
„Vermutlich Genickbruch“, sagt Britta. „Ob das vom Projektil erledigt wurde oder schon vorher vom Mörder, werde ich nach der Obduktion sagen können.“
„Das ergibt doch alles keinen Sinn!“, schreie ich. „Warum hat sie mich letzte Nacht so dermaßen gelinkt, wenn sie heute tot in meinem Bett liegen wollte. Dann hätte sie ja nur dafür die Waffe geklaut. Das ist Bullshit!“
„Da steckt sicher sehr viel mehr dahinter. Wir müssen ihren Typen finden. Der ist der Schlüssel.“
„Ja, Tanja. Aber wie sind die in meine Wohnung gekommen? Aufgebrochen wurde sie nicht.“
„Dann hatte sie sich vermutlich einen Abdruck von deinem Schlüssel gemacht. Schließlich sind auch Wertgegenstände entwendet worden. Das hat sie ja wohl kaum getan“, meint Tanja und lacht.
„Der Lieferwagen!“
„Da sind die Kollegen dran“, wirft Stefan Gröbel von der Spurensicherung mir zu. „Also Einbruchsspuren sind tatsächlich keine zu finden, Chef. Die müssen einen Schlüssel gehabt haben.“
„Wo sind ihre Sachen, die Handtasche?“ Da erblicke ich das Ding auf dem Boden, nehme es auf und wühle darin. „Da!“, rufe ich und halte den Schlüssel in die Höhe.

Dann kommt der Schlüsseldienst.
„Oh, ist grad schlecht. Oder haben Sie alles dabei?“, frage ich ihn.
„Klar. Neues Schloss mitsamt drei Schlüsseln. Geht ruckzuck.“
„Moment. Habt ihr die Wohnungstür schon gescannt?“, frage ich Frank Martini.
„Die Tür? Ja, sicher. Die mache ich immer zuerst. Da müssen schließlich alle durch. Wenn da dann einer was anpackt, ist er am Ende noch verdächtig“, sagt er und lacht.
„Okay. Sie können ran“, sage ich dem Schlosser.

Nach zwei Stunden ist endlich alles wieder bereinigt. Fingerabdrücke auf der Waffe leider nur meine und die des Opfers. Und in der Wohnung ebenso. Dann haben die Ganoven wohl Handschuhe getragen.
Ich wollte mir sowieso mal ein neues Bett kaufen. Das ist jetzt eine gute Gelegenheit.

Auf dem Revier kommt Saskia sofort auf mich zu. „Der Lieferwagen gehört einem gewissen Rolf Neumann, Antiquitätenhändler. Er hat ihn heute Morgen als gestohlen gemeldet.“
„Antiquitäten? Klar, das passt. Wer fährt sonst so ein Altertümchen.“
„Wieso?“
„Na, ein Citroen Hy? Der ist aus den frühen Sechzigern oder so.“
Saskia lacht. „Ach so.“
„Und wurde der Wagen schon gefunden?“
„Gerade eben kam die Meldung herein. Steht in einem Hinterhof. Kollegen sind schon vor Ort und warten auf Anweisung.“
„Na, dann nix wie hin!“, fordere ich alle auf. „Und dann schnappen wir uns den Ganoven.“

Unsere vier Wagen und ein achtköpfiges SEK-Team, das Roswitha mir sofort geschickt hat, treffen eine halbe Stunde später am Ort des Geschehens ein.
Wir sondieren das Umfeld. Die SEK-Leute kommen über benachbarte Höfe von hinten rein. Wir gehen zu Viert vorn durch die Einfahrt, der Rest wacht draußen. Raus kommt da jetzt keiner mehr.
Nichts rührt sich.
„Wir gehen jetzt mal zu dem Wagen“, sage ich zu Tanja.
Der ist offen, aber leer.
Zwei Türen am Haus haben wir zur Auswahl. Eine wird vermutlich in den Keller führen, die andere ins Treppenhaus. Die Jungs vom SEK gehen vor, öffnen beide Eingänge.
„Hat jemand überprüft, wem dieses Haus gehört?“
„Oh … Wird sofort erledigt, Chef“, antwortet Saskia.
Sie hat es sehr schnell herausgefunden. Das Haus gehört Rolf Neumann, dem Antiquitätenhändler, dem auch der Wagen gehört. Das ist ja spannend.
„Und wie passt das jetzt zusammen?“, frage ich.
Im Keller finden die SEK-Leute den gefesselten Händler.
„So passt es“, sagt Tanja. „Graupen hat das wohl so eingefädelt. Das können wir den Neumann ja fragen. Aber warum musste diese Frau sterben?“
„Das wird uns Graupen sagen müssen.“
„Fragen wir erst Neumann, Chef. Ja?“
„Klar.“
Wir gehen runter in den Keller, befreien den Mann von seinen Fesseln und lassen ihn erzählen.
„Er hat mich benutzt, Herr Kommissar. Aber dass die Frau jetzt tot ist, dafür kann ich nichts. Das war er!“
„Er?“
„Mario! Er hat sie geschlagen, bis sie sich nicht mehr wehrte. Er hat ihr die Waffe mit ihren eigenen Händen in den Mund geschoben und sie aufgefordert, abzudrücken, während er sie mit dem Kissen zu ersticken versuchte. Irgendwann hat es den Schuss gegeben. Das war so furchtbar“, erklärt er mit brüchiger Stimme.
„Sie sind näher bekannt mit Herrn Graupen?“
„Oh, hätte ich gewusst, was für ein schlechter Mensch das ist, hätte ich das niemals geduldet. Aber ich bin ja nicht besser“, meint er mit weinerlicher Stimme.
„Er wohnt in ihrem Haus?“
„Er und diese Mädchen, ja. Diese armen Dinger haben doch nichts. Ich habe ihnen schon mal was zugesteckt. Davon weiß Mario nichts, hoffe ich.“
„Er hat es ihnen vielleicht trotzdem weggenommen. Dass der Herr Graupen ein Zuhälter ist, wussten Sie aber schon, ja?“
„Ich sagte doch, ich bin nicht besser. Natürlich habe ich für meine Güte auch schon mal eines dieser Mädchen bekommen ...“

„Wir haben ihn!“, rufen die Kollegen von oben.
Neumann wird ärztlich versorgt. Wir gehen nach oben.
Saskia kommt zu mir. „Das ist hier ein privater Puff. Eines der Mädchen hat er bei der Festnahme noch verletzt, aber sonst ist alles gut.“
„Warum musste Nadja sterben?“, frage ich den Ganoven.
„Sie wollte zur Konkurrenz, diese Schlampe. Und sie hat die anderen Mädchen angestachelt, es auch zu tun. Die wollten mich ausbluten lassen!“
„Mir kommen die Tränen“, meine ich nur und wende mich ab. „Ab in den Bau mit ihm.“

Dank Neumanns Aussage können wir Graupen den Mord an Nadja Prenzlau beweisen.



ENDE Staffel 2
 
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ahorn

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Hallo Rainer Zufall,
saunen ist gefährlich. ;)

, wie wir beim Verlassen der Hütte noch bemerken.
Und Wie wir dann erkennen, war es unser Glück, dass wir schon aus der anderen Hütte raus waren, denn genau diese Hütte ist war in die Luft geflogen.
, waren die sechs Männer noch in der explodierten Hütte.
Hat eine schwere Rauchvergiftung, ist aber und ist nicht bei Bewusstsein.
„Das ist noch ungewiss. Konnten wir noch nicht überprüfen. Das überlasse ich euch, okay?“
Die Kollegen schaffen das auch ohne unsere Hilfe.
Dem hast du aber einen Schrecken eingejagt. Der ist richtig blass geworden.
Aber du bist noch ein paar Jährchen jünger.
Bevor ich mich noch um Kopf und Kragen rede, lenke ich ab.
Du hast da ganz außergewöhnliche Talente
Ich will sehen, was in den vier Wochen so passiert ist.
Und der Bericht ist auch schon fertig.
Dabei kommt es nämlich zu einer Verpuffung
Gut. Ich würde ihn nämlich gerne fragen, warum er sich bei der Konkurrenz aufgehalten hat.
Aber als wir da raus gingen, ich war mit Tanja nämlich in genau dieser Hütte, da hatte er sich gerade die Schöpfkelle gegriffen, um den Aufguss anzutreiben.
Liebeleien, das muss nicht sein
Und nehmt Tanja auch mit.
Der Maurer hat uns aber auch gesagt,
ich war nur zehn Minuten vor der Explosion selbst noch in dieser Hütte.

Liebe Grüße
Ahorn
 
Hallo Ahorn,

ich danke Dir. Magst Du die Worte auch, noch, aber, nämlich nicht? ;)
Ich gestehe, sie sind ein bisschen zu oft verwendet. Das ein oder andere passt jedoch trotzdem, denn ich schreibe halt gerne so, wie man frei Schnauze spricht.
Allerdings Liebelein bleibt Liebelein. Er spricht Tanja direkt an. Nennst Du Deine Liebste nicht auch schon mal Liebelein anstatt Schatz oder so?

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
P.S.: Wenn mein Liebelein es zulässt, kümmere ich mich auch noch um Deine Fortsetzung auf dem Deister.
 

ahorn

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Hallo Rainer Zufall
Liebelein soll ein Kosename sein? Das hättest du ranschreiben können. :)
Ich mag die Worte auch, noch, aber, nämlich, zolle ihnen Respekt und setze sie dort ein, wo sie aufblühen. Streiche sie, wo sie keinen Sinn oder gar Unsinn produzieren.

Beispiel:

Aber du bist noch ein paar Jährchen jünger.
Egal wieviele Jahre vergehen, wer jünger ist, bleibt es.

Und nehmt Tanja auch mit.
Wenn haben sie noch dabei?

Liebe Grüße
Ahorn
 
Hallo Ahorn,

hier bei uns im Rheinland ist das eine Kosewort.
Bei der Verwendung der gewissen Worte gebe ich Dir recht.

So, Essen steht auf dem Tisch.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

ahorn

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Hallo Rainer Zufall,
eine ganz schön blutige Nacht. ;)

Sigi hat indes noch eine kleine Überraschung für uns,
Als er zurück kommt, macht er eine betrübliche Miene.
Die Feier ist dann bald zu Ende.
Dann muss er doch einen Grund haben.
Die hatte ihm allerdings auch kein liebenswertes Zeugnis ausgestellt.
Es ist schon irgendwo Licht, aber es macht niemand auf. Wie irgendwie Licht??
Franz Boll ist mit mindestens zehn Stichen eines gewöhnlichen Küchenmessers getötet worden. – Was ist ein gewöhnliches Küchenmesser?
Viel später hättet ihr auch nicht kommen dürfen. – Wer kam noch?
Sie hat eine Menge Blut verloren. Aber die Wunden waren bei Weitem nicht so tief, dass sie schwerwiegende Verletzungen verursacht hatten. Das war ihr Glück – Bitte? Viel Blut verloren ohne schwerwiegende Verletzung?
Sie sieht uns und schreit: „Gar nichts ist in Ordnung! Was ist los? Warum bin ich hier?“ – Die bringt wohl nichts um. Blutverlust, Koma und zack gleich sich aufregen und erst einmal ein Schwätzchen mit dem Zufall.
Das dürfte also nicht derselbe Täter sein.
, die um das observierte Haus herum schleichen geschlichen sind.

Liebe Grüße
Ahorn
 

ahorn

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Hallo Rainer Zufall,
dann war mal wieder die Ehefrau die Mörderin.

„Ich möchte mich entschuldigen, Herr Kommissar“, stammelt die junge Frau unruhig .
„Davon gehen wir/ich mal aus, obwohl wir wissen, dass Sie dort waren. Wir wissen aber noch nicht, warum wir trotzdem annehmen mussten, dass Sie an dieser Tragödie unschuldig sind. Zumal, weil Sie ja jetzt hier sind, Herr Piller.“
Als alle sitzen, räuspert sich Piller.
Ich hätte also durchaus Grund,
sagt er grob KOMMA Aber dann schiebt er sofort nach:
Das hochgegangen war.
Wir hatten alle schon gut getrunken. - Wir hatten schon alle ausgiebig getankt. ;)
Der fing sofort Feuer und flog dann in die Luft. – Tut mir leid. Aber das geht nicht, auch wenn man dieses oft in schlechten Filmen sieht. Es sei denn, dass in der Kiste TNT war. :)
So schnell konnte keiner da hin, um es zu verhindern. – ???? Hat nicht gerade jemand vor dessen Wagen die Kiste ???
„Dann erzählen Sie mal, was da letzte Nacht wirklich bei Boll passiert ist“, fordere ich ihn auf. „Oder wissen Sie das nicht?“
Im habe im Knast wie ein Irrer trainiert. ?????
Plötzlich bemerke ich, dass Gerz und Krause hereinkommen .
„Das könnte man annehmen, Chef“, meint auch Martin Krause. – Gerz hat nicht dergleichen behauptet.
Aber
Damit habe ich ihn damals erpresst.
Aber Fakt ist war, dass er Margret Boll beschuldigt hatte, sich ein Messer gegriffen zu haben.
Und offenbar weiß Camero noch gar nicht entweder noch nicht oder gar nicht , dass Boll tot ist.
Spreche ich laut und deutlich, – lautes Sprechen, schnelles Gehen ? Er schreit
Die beiden haben es recht eilig, wieder zu verschwinden. Phrase – waren sie bereits einmal verschwunden?
nur eine Minute später hören wir das Aufheulen des eines Motors und Reifenquietschen.
„Dann habe ich noch ein Ass im Ärmel. Das hatte ich noch nicht erzählt.“ ein weiteres geht auch
Kommt nicht in Frage. – Info: nach Dudenempfehlung infrage
„Ach, du scheiße“, stöhne ich. „Egal, Boll ist tot. Dann muss das nicht auch noch oben drauf. Dann dreht die Frau doch durch. Nein. Wir wollen ja, dass sie wieder gesund wird. Sie soll nicht in der Klapse landen. Sie gehen jetzt wieder nach Hause und halten sich zur Verfügung. Bitte.“
Die Reaktion finde ich für einen aufgeklärten Ermittler merkwürdig. Es sei, denn die waren minderjährig, aber dies scheint ihn ja nicht zu stören.
„Moment mal!“, brülle ich ihn an. „Wenn ich richtig rechne, dann war die Kleine damals fünfzehn oder sechzehn. Piller!“
Keine Fragen nach Fakten, kein Nachhaken, dafür brüllt er den an, der es ihm sagt.

„Sie ist jetzt wieder voll bei Bewusstsein. Aber bitte nur so viel, wie unbedingt nötig ist.“
der Besuch von Zufall muss sie wohl ins Koma getrieben haben. ;)
Legt die Hand an die deren Schulter der Frau,
Als er sich zu rechtfertigen versuchte, erkannte ich, dass er mich nur belügen wollte belog belügen wollte, um Hans zu belasten.

Liebe Grüße
Ahorn
 

ahorn

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Hallo Rainer Zufall

Diese feinen Herren. ;)

Tanja überredet mich, mit ihr zum Reiterhof zu gehen, um eine Runde reiten zu gehen.
mit ihr zum Reiterhof zu fahren, um eine Runde reiten zu gehen, oder mit ihr zum Reiterhof zu gehen, um eine Runde zu reiten.
„Was kann ich für Sie tun?“ , fragt er sofort.
Während Tanja nun nur noch noch Augen für den Gaul hat, erkläre ich ihm, warum wir da sind.
Rosshalter, so der Name des Herrn, ist wahrlich passend. ????
Der Herr stellte sich vor. Rosshalter
Aber er geht zunächst nicht auf den Grund unseres Daseins ein, sondern erzählt von seinem Ausritt auf seinem über zweihundert Hektar großen Areal. Haben die beiden eine Daseinsberechtigung ;).
Da kommt der Stallmeister dazu und führt das Pferd fort. Sein Stallmeister kommt dazu und führt das Pferd fort.
„Warten Sie. Darf ich mitkommen?“, bettelt Tanja.
Tanja bettelt: „Warten Sie. Darf ich mitkommen?“
Mir ist aufgefallen, dass sie sich die Steigbügel sehr genau angeschaut hat.
Mir fällt auf, dass sie sich die Steigbügel sehr genau ansieht, oder mir war aufgefallen, dass sie sich die Steigbügel sehr genau angeschaut hatte.
Hinter uns kommt fährt/rollt ein Auto durch das schmiedeeiserne Tor. Obgleich dieses bestimmt nicht durch das Tor fährt. Einer würde verlieren. ;)
„Ah, meine Frau und mein Sohn. Sie waren auf einer Auktion. Ich hoffe, sie hatten Erfolg. Rosmarie!“, ruft er nach seiner Gattin , nachdem diese ausgestiegen war.
„Ein wahres Prachtstück haben wir erstanden, Franz!“, jubelt sie zurück.
Sie jubelt: „Ein wahres Prachtstück haben wir erstanden, Franz!“
„Das weiß ich nicht, Ludger.“ Die Stimme des Vaters klingt jetzt etwas grob er.
Dann kommt fährt ein weiteres Auto vor.
„Sie ist hiergeblieben.“
Es klingt nach Befehl.
Es klingt nach einem Befehl, oder es klingt wie ein Befehl.
Dann kommt Tanja heraus aus dem Stall, nimmt mich am Arm und sagt:
Am frühen Montagmorgen steht Ludger Rosshalter bei uns auf im dem Revier.
Ein Bild gibt er uns ebenfalls. – Ebenfalls? Hat er ihnen noch etwas anders gegeben?
Als der junge Mann wieder weg ist, frage ich sie . : „Was war das jetzt?“
„Das hier hing am Steigbügel.“
„Gut. Dann fahren wir hin“, meine ich, noch immer ratlos darüber, was sie spekuliert.
Wenige Minuten später klingelt schon das mein Telefon.
Wir bringen ihr noch die Hufmuster aller Pferde mit
Aber sie hatte auch kurz vor ihrem Tod noch Geschlechtsverkehr. – Aber? Warum?
Sie hatte kurz vor ihrem Tod Geschlechtsverkehr.

Allerdings relativ sicher nicht mit dem Erzeuger des Ungeborenen.
Ich kann es noch nicht ganz glauben.
Und wenn er sie geschwängert hatte? - Von der Logik korrekt, da sie Tod, jedoch umgangssprachlich würde man eher hat sagen.
Dann ist er raus, die Türe zu.
Dann marschierte er raus und schlug die Türe zu.
Aber dazu später. – Aber, aber ...
Ich bin ja eigentlich schon erstaunt darüber, dass Miranda schon seit fast zwanzig Jahren in unserem Haus arbeitet.
Also Ich habe Jolena geliebt. Wir wollten heiraten, egal, was mein Vater dazu gesagt hätte.“
Hast du gesehen, wie der dich angeguckt hat, Tanja?
Wir gehen raus, fahren vom Grundstück und Bodenund stellen den Wagen ab,
Und Es dauert gar nicht lange,
Vorsichtig schleichen wir uns an, nachdem Rosshalter ins Haus gegangen ist.
Nachdem Rosshalter ins Haus gegangen ist, schleichen wir uns vorsichtig an.
Unter dem Fenster, das gekippt ist, hören wir die beiden sprechen.
Unter einem angekippten Fenster, hören wir die beiden sprechen.
Lass uns ins Bett gehen. – Würde er dieses derart sagen, nicht eher handeln?
„Nicht jetzt.“
„Du willst es doch auch.“
„Aber nicht hier im Wohnzimmer, lass uns lieber ins Bett gehen.“

Mit dem entsprechenden Abgleich konnte Britta das aber erkennen.
Wollten sogar auch die Mutter des Opfers noch beseitigen, um keine Zeugen ihrer beider Unzüchtigkeiten Unzucht mehr zu haben.
Offenbar anschließend, als sie schon mit dem Tode rang, hat er sie auch noch sogar vergewaltigt.

Liebe Grüße
Ahorn
 
Hallo Ahorn,

Danke für Deine Mühen. Waren zwar alles Kleinigkeiten, aber es war zu viel. Daran muss ich arbeiten. Unsere Schreibstile unterscheiden sich sehr. Im Großen und Ganzen folge ich Deinen Empfehlungen oder habe es etwas anders formuliert. Aber der letzte Satz mit seinen Füllwörtern unterstreicht für mich die Fassungslosigkeit meines Kommissars angesichts dieser Schandtaten. Ich finde, das muss so sein.
Fortsetzung folgt ...

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

ahorn

Mitglied
Hallo Rainer Zufall,
ich muß schmunzeln.
Im Fall des letzten Satzes sind es gar keine Füllwörter. Es ging mir schlichtweg um die Interpretation.
Beispiel:
Mein Zimmer soll ich aufräumen.
Mein Zimmer soll ich auch aufräumen.
Mein Zimmer soll ich noch aufräumen.
Mein Zimmer soll ich auch noch aufräumen.
Mein Zimmer soll ich sogar aufräumen.
Mein Zimmer soll ich sogar noch aufräumen.
Ein Inhalt - sechs Interpretationen. ;)
Emotionale Ebene.

Liebe Grüße
Ahorn
 
Hallo Ahorn,

mein Kommissar ist halt ein emotionaler Typ. Er kann diese Grausamkeit, die der Täter seinem Opfer, als es schon wehrlos am Boden liegt und mit dem Tode ringt, antut, nicht fassen, ist entsetzt, dass dieser Barbar der jungen Frau auch noch - als sei der Tod nicht schon genug - diese Schande antut.

Ich bin auch ein sehr emotionaler Mensch. Ich denke mir zwar diese schlimmen Dinge alle aus - wobei da sehr oft ein kleiner Impuls aus dem realen Leben oder einer Fernsehsendung dazu inspiriert - , aber ich verpacke sie dann auch in entsprechend emotionale Worte.
Dein Beispiel finde ich in Bezug auf Emotionen zu statisch. Ich verstehe, was Du meinst, aber die emotionale Reaktion hält sich bei diesem Beispiel doch in Grenzen.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

ahorn

Mitglied
Hallo Rainer Zufall,
mein Kommissar ist halt ein emotionaler Typ
:cool:
Er kann diese Grausamkeit, die der Täter seinem Opfer, als es schon wehrlos am Boden liegt und mit dem Tode ringt, antut, nicht fassen, ist entsetzt, dass dieser Barbar der jungen Frau auch noch - als sei der Tod nicht schon genug - diese Schande antut.
Dann schreibe es!
In diesem Satz passt auch noch, da es sich auf den Teil davor bezieht.
Dagegen in deinem Text kommt es nicht derart rüber, weil du auch noch im Allgemeinen in der Geschicht eher mit der Interpretation "Geh mir nicht auf den Keks" anwendest.
Entweder du verwendest härtere Adverbien, oder fügst eine Gestik, Mimik ein.
Zum Beispiel:
Ich schlug auf den Tisch / gegen die Wand etc.
Dann klappt es auch mit dem auch noch. ;)

Liebe Grüße
Ahorn
 
Guten Morgen, Ahorn,

oh, ja. Du hast ja recht. Meine Worte sind oft zu schwach. Ich habe den letzten Satz jetzt emotional verstärkt. Jetzt erwarte ich aber auch Begeisterungsstürme ... ;):D;)

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 



 
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