sternschnuppen schauen

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sternschnuppen schauen



ein hungriger himmel
bedeckt von dicht gedrängten
wattebäuschchen
wie eine herde
verängstigter schafe
verschluckte vorhin
den sonnenuntergang
und später die sterne

vom nahen wald her
so unheimlich die rufe
des wilds
im unterholz
ein knacken und rascheln
zwischen senkrechten pinselhieben
in grau-schwarz
dahinter verschwinden
konturen verschmelzen
zu ausgeburten
meiner fantasie

der schmale lichtkegel der taschenlampe
haucht ihnen leben ein
wie zittrige schatten
kriechen sie
die ackerfurchen entlang
auf mich zu

ich wünschte...

doch der himmel will heute
die perseiden
für sich allein






.aug_2022
 
Zuletzt bearbeitet:
G

Gelöschtes Mitglied 24409

Gast
Zwei Wie-Vergleiche...hmm, ich bin in dieser Sache stets sehr vorsichtig, liebe Fee.

Du hast nicht schnödes Digitalgerät zur Hand, um festzuhalten, was sich vor Dir abspielt, sondern die Staffelei (Deiner Fantasie?). Sei vorsichtig, dass Du das Wünschen dort nicht preisgibst, im Gedicht ist es gerade nochmal gutgegangen ;)...

das Verschlucken des Sonnenuntergangs - stark!


Kristian
 

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Zwei Wie-Vergleiche...hmm, ich bin in dieser Sache stets sehr vorsichtig, liebe Fee.
Ich sehe, was du meinst, lieber Kristian.
Das zweite "wie" entstand nach einer langen Reihe an Versuchen mit "gleich", "als" und u.a. auch "die zittrigen schatten" - aber das "wie" erhält als einzige Möglichkeit die Ausgeburten noch weiter am Leben. Und auch vom Klang her fand ich das "wie" mit dem "zittrig" besser als das "als" (das mir persönlich einfach zu schwach ist). Was denkst du?

das Verschlucken des Sonnenuntergangs - stark!
Freut mich, dass es dir gefällt. :)

Danke dir und auch euch beiden, Inge. B und Tula,

für die Sternchen! Hab mich sehr drüber gefreut!

Liebe Grüße,
fee
 
G

Gelöschtes Mitglied 24409

Gast
Könnte man nicht eine Fragestellung verwenden, um die (scheinbare) Bedrohung zu verstärken?
Etwa

kriechen da nicht
zittrige Schatten
die ackerfurchen entlang
auf mich zu



Kr.
 

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Könnte man nicht eine Fragestellung verwenden, um die (scheinbare) Bedrohung zu verstärken?
Etwa

kriechen da nicht
zittrige Schatten
die ackerfurchen entlang
auf mich zu
Hm...ich wollte aber die Bedrohung konkret haben. Das ginge so verloren. Aber du hast mich auf eine Idee gebracht. Was hieltest du von

mit ihren zittrigen schatten
kriechen sie
die ackerfurchen entlang
auf mich zu

?
 
G

Gelöschtes Mitglied 24409

Gast
Ja, gut - fädelt zur vorhergehenden Strophe ein, verdichtet ...
 

petrasmiles

Mitglied
Wieder ein sehr schönes Stück Lyrik, liebe Fee.
Ich finde es auch sehr wichtig, dass einmal dargestellt wird, was die Natur mit uns macht, wie bedrohlich und übermächtig sie uns vorkommt - und im Grunde auch ist. Wie selbst im 'befriedeten' also vom Menschen 'beherrschten' Gebiet (Ackerfurche) die Angst entstehen kann, wenn sie unbeherrscht zu sein scheint.
Und das Ganze en passant beim Versuch, die Perseiden zu sehen. Toll!
Einen schönen Sonntag wünsche ich Dir!
Liebe Grüße
Petra
 

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Ich finde es auch sehr wichtig, dass einmal dargestellt wird, was die Natur mit uns macht, wie bedrohlich und übermächtig sie uns vorkommt - und im Grunde auch ist. Wie selbst im 'befriedeten' also vom Menschen 'beherrschten' Gebiet (Ackerfurche) die Angst entstehen kann, wenn sie unbeherrscht zu sein scheint.
Herzlichen Dank, liebe Petra!

Ja. Vor allem nachts im oder nah am Wald wird man sich dessen bewusst. Und das Dämmerungssehen tut sein Übriges dazu.

Freut mich, dass es dir gefällt! Auch dir einen schönen Sonntag!

LG,
fee
 

s'écrire

Mitglied
Was für mich einen guten Text ausmacht ist, wenn ich mich als Leserin angesprochen fühle, wenn eine Kommunikation entsteht zwischen dem Schreibenden und dem Lesenden, wenn der Text etwas in mir auslöst. Wenn ich in mir ein "Ja" höre oder auch ein "Nein", eine Reaktion eben auf das Gelesene.
Das erlebe ich immer wieder bei deinen Texten.

Eine Formulierung die ich noch nie gehört habe und mich wirklich etwas erleben lässt ist

ein knacken und rascheln
zwischen senkrechten pinselhieben


einfach wunderschön gesagt!

Nur diese Beschreibung

bedeckt von dicht gedrängten
wattebäuschchen


passt für mich nicht so gut zum Gesamtgefühl. Den Ausdruck "Wattebäuschchen" finde ich - entschuldige bitte - zu niedlich für einen hungrigen Himmel und gleich einer verängstigten Herde Schafe.
Du bist auch zu sprachgewaltig, wie ich finde, für diesen gängigen Ausdruck. Ich bin keine gute Schreiberin und kann dir daher keine Alternative bieten. Und es ist ja auch nur mein subjektives Empfinden,

Liebe Grüße
Ruth
 

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Mitglied
Was für mich einen guten Text ausmacht ist, wenn ich mich als Leserin angesprochen fühle, wenn eine Kommunikation entsteht zwischen dem Schreibenden und dem Lesenden, wenn der Text etwas in mir auslöst. Wenn ich in mir ein "Ja" höre oder auch ein "Nein", eine Reaktion eben auf das Gelesene.
Das erlebe ich immer wieder bei deinen Texten.

Eine Formulierung die ich noch nie gehört habe und mich wirklich etwas erleben lässt ist

ein knacken und rascheln
zwischen senkrechten pinselhieben


einfach wunderschön gesagt!

Nur diese Beschreibung

bedeckt von dicht gedrängten
wattebäuschchen


passt für mich nicht so gut zum Gesamtgefühl. Den Ausdruck "Wattebäuschchen" finde ich - entschuldige bitte - zu niedlich für einen hungrigen Himmel und gleich einer verängstigten Herde Schafe.
Du bist auch zu sprachgewaltig, wie ich finde, für diesen gängigen Ausdruck. Ich bin keine gute Schreiberin und kann dir daher keine Alternative bieten. Und es ist ja auch nur mein subjektives Empfinden,
Liebe Ruth!

Vielen Dank für den spannenden Kommentar und die ausführliche Befassung mit meinem Text!
Du meinst, die "Wattebäuschchen" bliden einen zu krassen Kontrast zur Worgewaltigkeit des gesamten Gedichtes? Versteh ich dich da richtig?

Meine Absicht war, mit den Wattebäuschchen eben noch ganz kurz in die Irre zu führen (gemeinsam mit dem idyllisch anmutenden Gedichttitel), um dann quasi endgültig hart abzubiegen. Aber ja - sie fallen schon aus dem Rahmen, die Wattebäuschchen. Da hast du schon Recht. Aber dieser Kontrast war beabsichtigt - so ein bisschen Verstören auf der Metaebene des Textes. In der Malerei macht man das auch so, wenn's spannend sein soll: einen kleinen, aber harten Kontrast setzen - der verstärkt dann die Wirkung des gegenteiligen großen Ganzen.

Wären "Wattebäusche" - ohne das niedliche -chen - besser? Was denkst du darüber?

Liebe Grüße und danke für das schöne Lob!!!




Danke auch dir, cecil, für die Sternchen! Hab mich gefreut!

fee
 

s'écrire

Mitglied
Liebe Fee,

ich danke dir für dein Interesse an meiner Meinung und für deine Erklärung. Ja, du verstehst mich richtig, die Verniedlichung passt für mich nicht zur Wort-und Bildgewalt deines Textes. Der Kippmoment von der Idylle in die Verängstigung, die Darstellung, dass in einem auf den ersten Blick anmutig und idyllisch wirkenden Bild etwas Verstörendes enthalten sein kann, ist dir aber gut gelungen. Die Bezeichnung "Wattebäuschchen" für Wolken ist ein zu gängiges Bild das für mich nicht zu deinem Beschreibungsstil passt. Du findest immer wieder Beschreibungen die mich in ihren Bann ziehen und staunen lassen. Für mich passt diese Beschreibung nicht zu dir, ich weiß nicht wie ich es sagen soll, aber ich empfinde diese Formulierung fällt aus deinem Rahmen weil sie Gemeingut ist und schon oft bemüht wurde. Ich habe da einfach nicht das Gefühl, dass DU zu mir sprichst. Literarisch kann ich dir nicht sagen was oder ob überhaupt etwas anderes besser wäre. Als Leserin kann ich dir nur sagen, dass ich DICH hören möchte (weil es total schön ist dir zuzuhören!), nicht eine abgedroschene (bitte nicht übel nehmen) Floskel die ich schon oft gelesen habe.

Ein sehr schöner Text
Liebe Grüße
Ruth
 

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Du findest immer wieder Beschreibungen die mich in ihren Bann ziehen und staunen lassen. Für mich passt diese Beschreibung nicht zu dir, ich weiß nicht wie ich es sagen soll, aber ich empfinde diese Formulierung fällt aus deinem Rahmen weil sie Gemeingut ist und schon oft bemüht wurde. Ich habe da einfach nicht das Gefühl, dass DU zu mir sprichst. Literarisch kann ich dir nicht sagen was oder ob überhaupt etwas anderes besser wäre. Als Leserin kann ich dir nur sagen, dass ich DICH hören möchte (weil es total schön ist dir zuzuhören!), nicht eine abgedroschene (bitte nicht übel nehmen) Floskel die ich schon oft gelesen habe.
Liebe Ruth!

Das ist wohl das Schönste, das mir jemals jemand über meine Art, zu schreiben, gesagt hat. Du hast mich damit tief berührt und ich danke dir von ganzem Herzen!

Ich stecke allerdings jetzt in der Zwickmühle.
Der Text hat definitiv autobiografische Züge - inklusive Hosen voll am nächtlichen Waldrand. Und inklusive der Wattebäuschchen-Wolken, die ich an diesem Abend so (ungelogen!) zum ersten Mal in meinem Leben sah. Ich hatte das bisher nämlich auch als bloßes Klischee abgetan - Wölkchen mit Wattebäuschchen zu vergleichen....aber sie sahen wirklich genau so aus. Unfassbar! Als hätte jemand den blauen Himmel dicht mit Wattebällchen zugestopft. Insofern mag ich auf die Wattebäuschchen ungern verzichten - ich bin sicher, du verstehst das. Auch, wenn es wohl in erster Linie nur für mich als Autor wichtig ist, die drin zu behalten. Und gäbe es ein anderes Wort für Wattebällchen oder -bäuschchen; ich würde es liebend gern verwenden.

Ich hoffe, du bist auch weiterhin so ehrlich zu mir und lässt mich wissen, wenn du schiefe Töne in meinen Gedichten hörst. Ich weiß das nämlich sehr zu schätzen! Dass die Bäuschchen in diesem Fall tatsächlich kein Allgemeinplatz waren, ist ja reiner Zufall.

Herzliche Grüße!

Claudia
 

s'écrire

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Liebe Claudia!

Ich danke dir, dass du meine Meinung so nett und gelassen aufgenommen hast, Ich würde mir nie anmaßen deinen Text verändern zu wollen. Ich finde es stark von dir, dass du deine Gefühle und Eindrücke so authentisch mit uns teilst und dich, wie jetzt mit diesem zarten Moment beim Betrachten der Wolken, der nüchternen Bewertung preis gibst. Sollte ich jemals solche Wolken sehen werde ich an dich und deinen Text denken und vielleicht schärft dein Erleben meine Sinne noch etwas für das Zarte. Die vollen Hosen am Waldrand waren auch schon meine.
Ich freue mich wenn ich wieder etwas von dir lesen darf.

Herzliche Grüße
Ruth
 



 
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