Lebhaftes Treiben in der Fußgängerzone. Menschen hasten in alle Richtungen, Rush-Hour eben. Ich schaue in viele Gesichter. Angespannte, andere gelassen freundlich, wieder andere aufgeschlossen neugierig.
Wie die mich wohl sehen? Sollte mal fragen:
"Entschuldigung, wenn ich Sie anspreche, aber wie sehen Sie mich?"
Nein, ich verwerfe die Idee. Kämen keine brauchbaren Antworten, alle würden unterschiedlich ausfallen.
Dort, unter den Geschäftsarkaden, erblicke ich ihn. Ein schmächtiger älterer Mann, ärmlich gekleidet, mit wirren grauen Haaren, vor einer Staffelei sitzend. Neben ihm zahlreiche Bilder und Zeichnungen von Gesichtern. Ich erkenne Marylin Monroe und Humphrey Bogart. Und da sind noch die Unbekannten von der Straße.
"Das wäre es", kommt mir in den Sinn. "Ich lasse mich malen. Er sieht mich wie ich bin und muss es mir nicht erklären".
Jetzt heißt es stillhalten auf dem klapprigen Regiestuhl. Er mustert mich aufmerksam, als gelte es Maß zu nehmen. Mit einer Handbewegung steuert er meine Sitzposition. Dann beginnt er zu zeichnen, die Blicke abwechselnd auf mich und auf das Blatt vor ihm gerichtet.
Ich denke, nun fließen gedanklich meine Gesichtszüge durch seine Augen in die Hand, die sie zu Papier bringt und die Wahrnehmung festhält.
Sieht er mich so, wie ich bin, oder so, wie er mich sehen will? Jedenfalls sollte sich der Eindruck, den er von mir gewinnt, im Bild sichtbar niederschlagen. Und wenn er ein Zweites von mir anfertigt, wird es dann genau dem Ersten gleichen? Könnte er mich aus der Erinnerung malen? Sehen wir Menschen uns nicht bei jeder Begegnung neu?
Er reicht mir das Bild, zusammengerollt, mit einem Gummiband versehen.
"Danke", ist das einzige Wort, das er an mich richtet, als ich ihn bezahle. Wir saßen uns stumm gegenüber.
"Fotofix" steht über der mit einem Plastikvorhang verhüllten Nische im Bahnhof. Passbilder oder etwas größer dimensioniert für ein paar Münzen. Wie mich wohl diese Fotomaschine sieht? Sitze vor der Linse, die mich anstarrt. Eine verwaschene Stimme aus der Kiste sagt, wie es funktioniert. Hier spricht man wenigstens. Viermal blitzt es. Nach kurzem Warten spuckt der Automat die Bilder in eine Ablage. Sind noch ein wenig feucht.
Zuhause vor dem Spiegel. Finde mich nicht unsympatisch, so wie immer eben. Die Passbilder kann ich nicht leiden. Aber das Bild des Straßenmalers. Er hat seinen Eindruck und meinen Ausdruck vermischt, auf ein Stück Papier gebannt, etwas geschaffen, worin wir uns beide wiederfinden.
Ich mag Straßenmaler. Meine nicht gestellte Frage an die Passanten hätte sicher zur Folge, dass die zu erwartende Antwort rasch verhallte.
Das Bild hat Bestand. Die "schweigende Antwort" schaut immer gleich aus. Eine Permanentaufnahme.
Wie die mich wohl sehen? Sollte mal fragen:
"Entschuldigung, wenn ich Sie anspreche, aber wie sehen Sie mich?"
Nein, ich verwerfe die Idee. Kämen keine brauchbaren Antworten, alle würden unterschiedlich ausfallen.
Dort, unter den Geschäftsarkaden, erblicke ich ihn. Ein schmächtiger älterer Mann, ärmlich gekleidet, mit wirren grauen Haaren, vor einer Staffelei sitzend. Neben ihm zahlreiche Bilder und Zeichnungen von Gesichtern. Ich erkenne Marylin Monroe und Humphrey Bogart. Und da sind noch die Unbekannten von der Straße.
"Das wäre es", kommt mir in den Sinn. "Ich lasse mich malen. Er sieht mich wie ich bin und muss es mir nicht erklären".
Jetzt heißt es stillhalten auf dem klapprigen Regiestuhl. Er mustert mich aufmerksam, als gelte es Maß zu nehmen. Mit einer Handbewegung steuert er meine Sitzposition. Dann beginnt er zu zeichnen, die Blicke abwechselnd auf mich und auf das Blatt vor ihm gerichtet.
Ich denke, nun fließen gedanklich meine Gesichtszüge durch seine Augen in die Hand, die sie zu Papier bringt und die Wahrnehmung festhält.
Sieht er mich so, wie ich bin, oder so, wie er mich sehen will? Jedenfalls sollte sich der Eindruck, den er von mir gewinnt, im Bild sichtbar niederschlagen. Und wenn er ein Zweites von mir anfertigt, wird es dann genau dem Ersten gleichen? Könnte er mich aus der Erinnerung malen? Sehen wir Menschen uns nicht bei jeder Begegnung neu?
Er reicht mir das Bild, zusammengerollt, mit einem Gummiband versehen.
"Danke", ist das einzige Wort, das er an mich richtet, als ich ihn bezahle. Wir saßen uns stumm gegenüber.
"Fotofix" steht über der mit einem Plastikvorhang verhüllten Nische im Bahnhof. Passbilder oder etwas größer dimensioniert für ein paar Münzen. Wie mich wohl diese Fotomaschine sieht? Sitze vor der Linse, die mich anstarrt. Eine verwaschene Stimme aus der Kiste sagt, wie es funktioniert. Hier spricht man wenigstens. Viermal blitzt es. Nach kurzem Warten spuckt der Automat die Bilder in eine Ablage. Sind noch ein wenig feucht.
Zuhause vor dem Spiegel. Finde mich nicht unsympatisch, so wie immer eben. Die Passbilder kann ich nicht leiden. Aber das Bild des Straßenmalers. Er hat seinen Eindruck und meinen Ausdruck vermischt, auf ein Stück Papier gebannt, etwas geschaffen, worin wir uns beide wiederfinden.
Ich mag Straßenmaler. Meine nicht gestellte Frage an die Passanten hätte sicher zur Folge, dass die zu erwartende Antwort rasch verhallte.
Das Bild hat Bestand. Die "schweigende Antwort" schaut immer gleich aus. Eine Permanentaufnahme.