Stunde der Amsel

4,00 Stern(e) 5 Bewertungen
H

HFleiss

Gast
Ach, Bonanza. Du hast ja so recht, auch einstecken muss man können. Ich glaube aber, am meisten steckt man ein, wenn man überhaupt kein Echo kriegt, und das habe ich auch trainiert. Aber dass ich meine Babys in Maßen verteidige, wer kann mir das übelnehmen? Natürlich, der echte Dichter schweigt mokant und überschaut blasiert die eifernde Menge.

Lieben Gruß
Hanna
 
H

HFleiss

Gast
Liebe Noel,

du hast recht, und du hast nicht recht. Hab ich versucht, dir klarzumachen, weil wir beide sehr verschiedene Menschen sind und demzufolge verschiedene Ansichten haben. Du streng wie Stiftsdame, jedes Wort auf das Notwendige reduziert, Angst vor der Emotion, im Grunde ein verschweißtes Pulverfass. Das ist so mein Eindruck nach dem Lesen deiner Gedichte. Deine Gedichte sind Codes. Ich frag mich, welche Gedichte du liest. Ich sehr emotional, nach außen gewandt, lieber ins volle Leben greifend und auch mal auf ein Wort zuviel nicht gern verzichtend. Dass da unterschiedliche Herangehensweisen entstehen, wen wundert das? Es gibt keinen Maßstab beim Schreiben, schon gar nicht bei Lyrik, sonst hättest du nicht die verschiedenen Handschriften der einzelnen Dichter. Man muss es verdammt noch mal lernen, das andere, auch wenn es einem selbst fremd ist, zu akzeptieren. Ich habe zum Beispiel nicht ein einziges Wort bei momEnttäuschung moniert, nicht weil ich dir kein anderes hätte bieten können - aus meiner Sicht und meiner Herangehensweise -, sondern weil ich akzeptiert habe, dass es deine, die dir gemäße Herangehensweise ist, die - kein Wunder - mit meiner eigenen nicht übereinstimmt.

Allerdings, wo du recht hast, hast du recht. Was die Überstrapazierung des Schlafs angeht, so will ich mich hier nicht verteidigen, da hast du sicher recht, ich hätte ein Synonym finden müssen, obwohl mir das mehrmalige Wiederaufgreifen eines Begriffes in anderen Zusammenhängen ganz gut gefällt. Was hast du eigentlich gegen das streunende Auto? Es ist völlig legitim, eine menschliche bzw. tierische Tätigkeit oder Eigenschaft auf etwas Unbelebtes zu übertragen, das gibt einem Gedicht Würze, Leben. Das gehört zu den einfachsten Übungen. Zur verliebten Amsel habe ich ja schon was gesagt, ich setze sie bewusst zur (nenn es so) Banalisierung bzw. als Gegengewicht ein. Das Wort soll herausfallen, ins Auge fallen. Dass du, nicht nur du, so sehr am Wort hängst, verwundert mich eigentlich. Mir selbst ist die Aussage des Gedichts das Wesentliche, darüber würde ich viel lieber sprechen, die Technik empfinde ich eher als nachrangig. Natürlich spielt sie eine wichtige Rolle, und man soll sie auch nicht verachten, aber ich zum Beispiel probiere bei jedem zweiten Gedicht eine andere Technik, das richtet sich nach dem Inhalt, und beides, Inhalt und Form, müssen ja eine Einheit ergeben. Ob mir das aber gelingt - das hängt vom Wetter und vom lieben Gott ab. Aber wenn mir dies irgendwann mal wirklich gelingt, werde ich auf Wolke 7 schweben.
Nun hast du sicher eine ganze Menge Entgegnungen parat. Schreib sie mir, ich will sie gern beantworten. Und trotz allem, hab meinen allerherzlichsten Dank dafür, dass du dich so intensiv mit diesem Gedichtchen beschäftigt hast. Meinen herzlichsten Gruß an dich, Noel.

Hanna
 



 
Oben Unten