Süße Angst

lietzensee

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Süße Angst​

Natürlich spürst du gleich, dass hier etwas nicht stimmt. Trotzdem trittst du einen Schritt näher. Einen zögernden Schritt trittst du heran und starrst auf den Tümpel. Die Luft ist warm. Sie klebt auf der Haut. Das Laubwerk zu üppig und unnatürlich grün. Du hast Angst. Das ist gut. Das Gewehr hängt über deiner Schulter. Man hat dich hierher gebracht, wie viele andere vor dir auch. Fern deiner Heimat, fern von dem, was dir vertraut ist. Hier bist du fremd. Schweiß tropft aus dem Helm in deinen Nacken. Einen weiteren Schritt machst du auf das Ufer zu. Aber die Erscheinung verschwindet nicht. Du siehst sie klarer in der dunstigen Luft. Zwischen Lotus und Wurzeln hebt sich der Kopf einer Frau aus dem Wasser.
Du siehst ihren Mund und den feuchten Hals. Ein Vogel schreit. Algen kleben in ihrem schwarzen Haar. Du hast Angst, schöne Angst. Aber du trittst näher. Du bist wagemutig, wie jeder Mann, der tötet und seine Angst zu unterdrücken gelernt hat. Das Wasser ist schwarz. Ihr Schlüsselbein schimmert. Dein Herz schlägt schneller und der feuchte Boden schmatzt unter deinen Füßen. Sollst du nach ihr greifen, sollst du fliehen? Da hörst du hinter dir einen Pfiff. Das ist der Sergeant. Der soll deinen Rücken decken, doch jetzt wird auch er gleich sehen, was du ganz für dich allein haben willst, den Ansatz ihrer Brust. Andere Angst steigt in dir auf. Die Angst ist süß. Du willst schneller sein und deine Stiefel versacken im Morast. Du stürzt kopfüber.
Im trüben Wasser greifen deine Hände dann nicht das, was du erwartet hast. Neue Angst durchzuckt dich, gewaltige, ungekannte Angst, süß wie Sirup, während ich dich mit meiner Kralle hinab ziehe. Zusammen versinken wir, während das fleischige Anhängsel auf meinem Rücken wieder unter der Oberfläche abtaucht. Deine Angst wird mich nähren, über Wochen. Bis ich alles aus dir gesaugt habe. Ein paar Blasen im schwarzen Wasser, mehr wird nicht bleiben. Erst dann wird es Zeit werden, meinen Köder wieder nach oben zu schieben.
 
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lietzensee

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Hallo Franklyn,
vielen Dank für deine Antwort. Ich war eine Weile von der Leselupe weg, darum die späte Antwort. Gewähr war ein dummer Fehler, danke fürs Finden!
Du hast es schon getroffen, es geht um ein Monster, dass einen Frauenkörper als Köder verwendet. Den Soldaten habe ich auftreten lassen, weil ich jemanden wollte, der sich durch eine fremde u beängstigende Umgebung bewegt. Ich bin halt auch mit vielen amerikanischen Filmen aufgewachsen. Freut mich jedenfalls, dass es dir gefallen hat.

Viele Grüße
lietzensee
 



 
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