Tagebuch eines Ungeborenen

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Ralf Langer

Mitglied
Hallo retep,
hab dank für deine Auseinandesetzung mit
diesem kurzen Stück.
Ich war beim schreiben bemüht,sehr kurz, etwas
lakonisch und sozusagen unaufgeregt zu sein.

wie ich sehe ist mir das etwas gelungen.
wünsche einen schönen tag
ralf
 
Z

zugast

Gast
Eine wirklich interessante Geschichte. Ungewöhnlich. Ich habe 8 Punkte vergeben.
 

nachts

Mitglied
Ich sollte dir nur einen Punkt geben.
Das wär der Neidpunkt ;-)
Ich finds immer beeindruckend wenn jemand mit wenigen Worten so etwas Dichtes schafft
Ob es nun deine eigene Geschichte ist oder nicht - sprachlich klasse umgesetzt - kein Wort zu viel, keins zu wenig und in der richtigen (lakonischen) spache die auch dem Gleichmut und dem Rationalen ( der Stimmung der Zeit) der Handlung gerecht wird.
Sapperlot!
LG Nachts
 
Lieber Ralf,

der Titel hat mich neugierig gemacht. Was hat ein Ungeborenes zu sagen? Ich dachte, dass es sich um eine Abtreibung handeln könnte. Doch, es ist ganz etwas anderes.

Der Text ist telegrammstilartig, kurz und knapp geschrieben. Erschütternde Aussagen werden nüchtern, präzise und unbeteiligt dargestellt, um den nötigen Abstand zu bewahren.

1955
Ein Aussteigen zweier junger Männer wird verhindert – Schicksal?

Sie leben schweigend weiter
Was für ein Satz! Enttäuschung, verpasste Chance, im alten Lebensrhythmus weiter machen müssen.

Einer von ihnen wird mein Vater werden
Eine großartige Idee, auf diese Art und Weise den zukünftigen Vater vorzustellen.

1963
Eine kurze Erläuterung über die OP der siebenjährigen Schwester. Alles scheint in Ordnung. Doch dann verstirbt sie, wegen einer Fehlbehandlung des Anästhesisten.

Meine Eltern haben den Tod mit dem Foto der Schwester in den Wohnzimmerschrank gestellt
Sie können den schweren Verlust nur durch Ausblenden bewältigen.

"Ein Kind muss her" würde ich erst hier einsetzen.

Während eines warmen Sommerabends an der See, mit romantischem Flair, wird ein neuer Erdenbürger gezeugt, voller Liebe und Sehnsucht nach einem Kind.


1967
Die Eltern kommen gerade so über die Runden, ein weiteres Kind ist nicht tragbar. Sie haben ja auch ihren Stammhalter, der ihr ganzer Stolz ist. Trotzdem verhüten sie nicht.

Und so bahne ich mir den Weg.
Ein Fehler im Abzählreim fruchtbarer und unfruchtbarer Tage, und ein bleicher Vollmond sind meine Geburtshelfer.
Ein Kind, nicht erwünscht, ein Versehen – bleicher Vollmond – Kälte, Lieblosigkeit.

Ich bin zutiefst berührt und beeindruckt von der Art, wie du die Geschichte präsentierst, lieber Ralf.

Ganz lieben Gruß,
Estrella
 
R

Rose

Gast
Hallo Ralf,

ich bin sehr gerührt von dieser im protokollstil geschriebenen Geschichte. Das Leben geht oft seltsame und tragische Wege. Danke, dass du uns daran teilhaben lässt.

Liebe Grüße
Rose
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo estrella, hallo rose,
habt dank fuer eure kommemtare.
in dieser geschichte ist das tatsaechliche leben des autors sehr stark verwoben.deshalb suchte ich nach einem schreibstil der von sich aus distanz zu dem erzaehlten schafft.
so kam es zu der telegrammartigen schreibe mit seinem lakonischen ton.
vor jahren hatte mein alter herr eine schweren unfall. aber es gelang ihm dem teugel von der schueppe zu springen.
als er nach der op schwer unter medikamenten gesetzt im bett lag, verwechselte er mich oft mit seinem jugendfreund und sprach mit mir ueber seinen versuch damals seinem leben mit der ausreise eine andere wendung zu geben.
ich glaube das ich bisher der einzige bin, der davon erfuhr. sein freund hat die geschichte mit ins grab genommen.
so recherchierte ich ein wenig meineigenes leben und dieser text entstand.
lg an euch
ralf
 

mavys

Mitglied
bruder

im grunde genommen ist es völlig wurscht wieviel autobiografisches in einen text einfließt. schön ist es als leser in eine stimmung hineingezogen zu werden. man fühlt, man fühlt mit und erschafft sich mit den worten eines anderen sein ganz eigenes bewusstsein, unabhängig vom inhalt. dass dir dass hier wundervoll gelungen ist, kann man gerne immer wiederholen, was ich hiermit tue.
Alles Liebe mavys
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Berührend in der Wortwahl, Verbesserungen wurden schon genug gemacht. Eigentlich ist das Wichtigste: Das Leben hat sich schlicht seinen Weg gebahnt!
LG Doc
 
G

Gelöschtes Mitglied 14616

Gast
Ein gutes und lesenswertes Stück Kurzprosa hat der Doc hier hervorgeholt. Danke dafür.

LG
Bernd
 

wüstenrose

Mitglied
auch ich kannte es noch nicht und find's klasse.
Da mich die Form reizt, frage ich mich zur Zeit öfters: "Was ist Kurzprosa?" / "Welche Darstellungsmöglichkeiten gibt es da?"
Dein Text, Ralf, gibt eine beeindruckende Antwort darauf.
Wenige Worte - und ganz viel gesagt! Ich glaube schon, dass das ein wichtiges Kriterium für Kurzprosa darstellt.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich freue mich sehr, dass noch mehr Autoren dem Kommentarpfad gefolgt sind!
LG Doc

@Wüstenrose: Kurzprosa ist in der Tat ganz schwierig zu definieren. Ralf Langer kommt ihr hier ziemlich nahe.
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo,

herzlichen dank für das hervorholen dieses textes.

ich versuche nicht eitel zu sein:
aber ich glaube auch, das es mir hier gelang eine sehr kurze geschichte zu erzählen, die über das szenische von kurzen texten hinausreicht.

der rest ist schweigen.

lg
ralf
 



 
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