Tagebuchbriefgedicht I

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  • Ersteller Gelöschtes Mitglied 15780
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G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ich schrieb Dir, Skarabäa, einen Brief. Ich schrieb ihn
Zwei Tage lang auf ein Quadrat von weißem Leinen
Ich schrieb mit weichen Haaren, harten Borstenpinseln -
Das heißt: ich wischte erst und kratzte später Spuren
In Schicht um Schicht auf Schicht geschichtete Geschichte

Zuerst ward alles rosig eingefärbt - ein Haut-Ton
Man nennt ihn Inkarnat - drauf sprüht' ich bunte Punkte
Und zog Spiralen rund herum, umkreiste Felder
Wie Fische, die den weiten Bögen eingegliedert
Gut eingeschmiegt, gepaßt-gefaßt, wie Perlmutt glänzen
Ein allzu bunt geflecktes Farb- und Formgewimmel
Verwirrend und ermüdend für Betrachteraugen,
Die einen Schwerpunkt, Fluchtpunkt, eine Mitte suchen

So ging ich dieser Brut von außen an den Kragen
Mit Himmelblau umrahmt' ich erst und tauchte schließlich
Mit wilden Wirbeln ein in diesen Schwarm der Fische
Ließ Inseln hier und dort und Blätter, Fetzen gelten
Als lichte Zwischenräume, Mond und Muschelsplitter,
Gestirne ozeanischer Geburten: "Mondnein",
Ja, Sofja, so soll dieses blaue Nachtstück heißen
Denn so, als Mond-Nein kennst Du, Sonn'-ja, mich, den Hans-Dein
 
O

orlando

Gast
Ihr anderen all`,
ich kann nur jedem empfehlen, sich das Mondnein-Tryptichon auf der angegebenen Homepage (Profil) anzuschauen.
Erst durch diese phantastischen Bilder erschließt sich das Gedicht aus meiner Sicht ganz & gar.

Letzteres gefällt mir ebenfalls gut - bis auf die beiden letzten Verse ... die mich qualitativ etwas herunterziehen.
Andererseits handelt es sich um ein Briefgedicht; da "darf" man sicherlich einmal so verfahren.

Die schöne, kluge Sofja war hoffentlich ebenso angetan wie ich und hat einen Atelierbesuch nicht ausgeschlagen. Hoffe ich jedenfalls für dich, Hansz. ;):)

Herzliche Grüße
orlando
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Danke, danke und danke!

Liebe Heidrun, Du bist ein Schatz!
 

rogathe

Mitglied
Sind so viele Worte ...

Meine Gedanken hierzu:

Tagebuch-Bild-Gedicht

Ich schrieb Dir, Skarabäa, einen Brief,
zwei Tage lang auf feinstes weißes Leinen
mit weichen Haaren, harten Borstenpinseln.
Erst wischte ich und kratzte später Spuren
In jede Schicht geschichtete Geschichte.
Auf Inkarnat-Grund sprüht' ich bunte Punkte
und zog Spiralen rund um Areale,
in deren weiten Bögen eingeschmiegt
wie Perlmutt Fische glänzen.
Ein bunt geflecktes Farb- und Formgewimmel.
Umrahmte es mit Himmelblau und tauchte
mit wilden Wirbeln in den Fischschwarm ein,
ließ Inseln wachsen hier - dort Blätter, Fetzen gelten
als lichte Zwischenräume, Mond und Muschelsplitter,
Gestirne ozeanischer Geburten: "Mondnein",
Ja, Sonja, so soll dieses blaue Nachtstück heißen
Denn so, als Mond-Nein kennst Du, Sonn'-ja, mich,
den Hans-Dein.


LG rogathe
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Danke, Rogathe! Hab's gelesen, hab's wahrgenommen, was Du weglassen würdest: vor allem erklärende Parenthesen würdest Du streichen: und den vermiedenen genauen Namen hast Du einfach "wiederhergestellt". Ja, gibt mir eine Art Lesevertiefung.
 



 
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