Tante Hildes Papagei

Monika M.

Mitglied
Tante Hildes Papagei


Jahrelang lebte ich alleine in meiner kleinen Mansardenwohnung und nie hatte ich das Gefühl, dass mir etwas fehlte, schon gar nicht ein Haustier. Doch als dann plötzlich meine Tante Hilde starb, wurde ich an ein Versprechen erinnert, welches ich vor vielen Jahren gegeben hatte. Mit einem Mal war ich Besitzer eines Papageis!
Lore hieß der Vogel, den ich bis dahin nur einige Mal bei meinen seltenen Besuchen gesehen hatte. Mein ganzes Wissen über seine Haltung beschränke sich zu diesem Zeitpunkt darauf, dass man ihr besser nicht zu nahe kam, wenn man alle seine Finger noch heil und gesund brauchte. Doch ich hatte Tante Hilde nun einmal versprochen für den Vogel zu sorgen, wenn sie nicht mehr da sein sollte, und solche Versprechen muss man halten.
Am ersten Tag verhielt Lore sich noch ausgesprochen ruhig. Sie saß verloren auf ihrer Stange, beachtete ihr Futter nicht und gab nur manchmal ein heiseres Seufzen von sich. Insgeheim war ich erleichtert, doch meine Illusion von einem ruhigen Zusammenleben währte nur diesen einen Tag lang.
Schon am nächsten Morgen begriff ich, dass nun Lore die Führung in meinem Haushalt übernommen hatte. Sobald der Morgen graute wurde ich von ihrem ohrenbetäubenden Gekreische geweckt. Die ersten Wochen glaubte ich noch, ihr das abgewöhnen zu können. Ich zog alle Vorhänge zu, hing ein dunkles Tuch über ihren Käfig, ja ich stellte sogar die Uhren in ihrer Nähe zurück. Doch all das half nichts!
Sie beruhigte sich erst, wenn ich noch halb im Schlaf und vom Schreck betäubt ins Zimmer taumelte. Dann wurde sie ruhig und amte das sanfte Gurren einer Taube nach.
Überhaupt war Lore ein Genie im Nachahmen von Geräuschen. Einmal, als ich ihr eine Standpauke halten wollte, wurde ich laufend vom Klingeln des Telefons gestört. Erst beim vierten Mal, immer wieder klang mir das Freizeichen in den Ohren, begriff ich, wer der Anrufer wirklich war.
Es bereitete Lore keinerlei Mühe das Telefon täuschend ähnlich nachzuahmen, auch Hundegebell und das Geräusch eines Staubsaugers gehörten zu ihrem vielseitigen Repertoire.
Bald hatte Lore mich soweit, dass ich sie überall in der Wohnung mitnahm. Sie saß morgens auf meiner Stuhllehne und schaute mir beim Frühstücken zu. Wenn ich kochte, wollte sie in der Küche sein, und auch Fernsehen schien ihr Spaß zu bereiten. Vergaß ich sie einmal, erinnerte mich ihr durchdringendes Geschrei schnell an meine Pflichten.
Kam ich abends nach Hause, erwartete sie mich schon.. Sie schlug mit den Flügeln und rannte auf ihrer Stange entlang. Erst, wenn ich sie begrüßt hatte und sie auf meiner Schulter sitzen durfte, beruhigte sie sich und begann an meinem Ohr herum zu knabbern.
So gewöhnte ich mich allmählich an Lores Gegenwart. Allerdings vermieden es bald die meisten meiner Freude mich in meiner Wohnung zu besuchen. Seit Lore sie mit leeren Erdnussschalen beworfen und bewiesen hatte, dass sie außer etlichen Geräuschen auch ein beachtliches Maß an Schimpfwörtern beherrschte, sahen sie mich etwas seltsam an.
Darum fällt es sicher nicht schwer zu verstehen, warum ich all meine Überredungskünste brauchte, um eine Freundin dazu zu bewegen ein paar Tage auf Lore aufzupassen. Ich musste aus beruflichen Gründen verreisen und dies schien mir die beste Lösung. Marina war eine echte Tierfreundin, und so fuhr ich, nach etlichen gutgemeinten Ratschlägen, mit ruhigem Gewissen fort.
Es war geradezu paradiesisch. Ich erwachte morgens von dem sanften Läuten eines unaufdringlichen Weckers, konnte in aller Ruhe und ohne Störungen frühstücken, niemand biss oder krächzte mir ins Ohr. Und doch – mir fehlte irgendetwas!
Ich war regelrecht erleichtert, als das Seminar zu Ende ging, und ich nach Hause fahren konnte. Meine Freundin drückte mir nur wortlos meine Wohnungsschlüssel in die Hand. Ich sah noch die Pflaster auf ihrer Nase und um ihre Finger, dann rauschte sie auch schon davon.
Das alles ist nun schon drei Jahre her. Ich weiß längst, was ich damals vermisste, und es erstaunt mich gar nicht mehr, dass Lore sich so schnell in mein Herz geschlichen hat.
Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt den Tag früh zu beginnen. Manchmal klingt Lores Geschrei fast schon melodisch. Ich glaube nicht, dass Tante Hilde jemals geahnt hat, wie innig die Freundschaft zwischen ihrem Papagei und mir werden würde, doch sie wäre wohl sicher sehr froh darüber. Da bin ich mir sicher.
 

Marc Mx

Mitglied
Also... ähm... es hat mir durchaus Spaß gemacht, diese Geschichte zu lesen... Es sind da viele Details, die leicht und locker gut rüber kommen und ab und zu ist da eine Prise Humor... das ist okay...

NUR: Es fehlt der Spannungsbogen!

Vielleicht könntest Du damit anfangen, daß die Protagonistin ein schreckliches Erbe antreten muß und bis kurz vorm Ende dauernd darüber nachdenkt, wie sie diesen "Vogel" wieder los werden kann.

Wenn der Leser dann denkt, "Hey, was hast du denn? Der "Vogel" ist doch süß..." - wird er bis zum Ende bei der Stange gehalten! (Ich habe "ihn" nämlich liebgewonnen!)

Gruß
MarcPlanet.de
 

Fredy Daxboeck

Mitglied
*denkt tantchen hat genau gewußt, wem sie ihren papagei anvertrauen konnte . . . :D

hallo liebe monika

die story ist nett zu lesen . . . aber marc hat recht. es fehlt der spannungsbogen. sie ist zu sehr aufgezählt. vielleicht käme es besser rüber, wenn du mit deinen freunden beim kaffee sitzt und ihnen erzählst wie du zu lore gekommen bist, ein kleiner telefonanruf zwischendurch, ein paar kleine unartige wörter und vielleicht ein angriff von lore und das entsetzen der freunde. ab hier kannst du auf das ausbleiben deiner freunde zurückkommen und den abschnitt mit dem seminar erzählen

viele liebe grüße

fredy
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du erzählst sehr schön, aber die story klingt besser wenn du einen schritt danebentrittst und mit etwas abstand erzählst . . . ;)
 

Monika M.

Mitglied
Hallo Fredy, Hallo Marc,

danke für Eure Kritik. Ich habe im privaten Umkreis leider niemand, der meine Geschichten "vorab" lesen kann oder will. Dafür bin ich für jeden Hinweis zur Verbesserung dankbar.
viele Grüße
Monika
 
R

Rote Socke

Gast
Hallo Monika,

wirklich eine nette Geschichte ist Dir da gelungen.
Ich schließe mich auch den Meinungen von fredy und marc an.
Die erste Spannung beginnt mit: "Bald hatte Lore mich soweit..."
Dann erwartet der Leser aber im Folgenden noch weitere Überraschungen (Spannung) die dann aber nicht mehr kommt.

Vorschlag: Lass die Lore noch etwas anstellen, was einen Konflikt auslöst, der dann bereinigt wird und schließlich wieder am Ende zum Happy End führt.

Trotzdem ein schöner Text. :)

Gruss
RS
 

gladiator

Mitglied
Hallo Monika,

einige haben hier schon etwas zum Spannungsbogen geschrieben, dem muß ich nichts mehr hinzufügen. Mein zusätzlicher Tipp: Manchmal bringen Rhythmus und Melodie einiges an Spannung. Mehr kurze, prägnante, manchmal auch unvollständige Sätze würden dem Text mehr Tempo, Dynamik und Spannung geben. Bis jetzt liest es sich wie eine lustige Geschichte in Form eines Schulaufsatzes.

Zu Lore: Als Leidgeprüfter, der viele Jahre das Haus zeitweise mit zwei (!) Amazonen teilen mußte, von denen die eine ähnlich kämpferisch war wie Lore, kann ich nur sagen: So ist es und nicht anders!
Allerdings verteilen Papageien ihre Sympathie sehr selektiv. Während einige Mitglieder meiner Familie mit dem Vogel alles anstellen konnten, war ich das Objekt seines ganzen Hasses. Ich habe ihn die ganzen 10 Jahre nicht ein einziges Mal streicheln können...Trotzdem möchte ich keinen Tag mit ihm missen.
Das wäre vielleicht der Spannungsbogen und das letztlich Unerklärliche, das Du in Deinem Text zwar andeutest, aber nicht konsequent zuende führst.

Gruß
Gladiator
 



 
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