Aber ein Gedicht ist natürlich den Partikularbedürfnissen eines Einzellesern nicht verpflichtet.
Bedürfnisse, lieber Sufnus,
können durchaus gestillt, befriedigt oder erfüllt werden müssen, zum Beispiel "Hunger" und "Luft". Denen dienen Pflichten.
Die Frage ist diskussionswürdig: ob das "Verstehen" im Gepräch ein Bedürfnis zum Antrieb hat, und ob die Gesprächspartneroffenheit "verpflichtet" ist, von der gemeinsamen Gesprächsgrundlage auszugehen.
Das hängt von dem Willen ab, selbst wiederum verstanden zu werden. Eine Pflicht, die nur freiheitsvermittelt "läuft".
Sind Gedichte gesprächsimmanent? Ja, auf jeden Fall. Wie alle Literatur und alle sprachlich vermittelten Gedanken überhaupt. Ich sehe keine Ausnahmen, nicht einmal das Telephonbuch steht außerhalb der Kommunikations-Wechsel der Individuen, die es erarbeiten und die es nutzen.
Aber da gibt es den ästhetischen Rand der Musik, vergleichbar der puren Ästhetik orientalischer Teppiche und abstrakter Bilder. Da gewinnt "Verstehen" eine Bedeutung, die erörtert oder analysiert werden müßte, wenn man das "Verstehen" verstehen wollte. Eien philosophische Untersuchung, die mich schon mein Leben lang reizt, auch über ein langes Studium von Kant und seinen Folgen hinaus.
Auf der Gegenseite hat das "Verstehen" einen Rand in den Strukturanalysen der Mathematiker und Glasperlenspieler (wie Novalis in den "Lehrleingen zu Sais"): ich habe noch nicht rausgefunden, wie sich algebraische Terme zu den "Prädikationen der Subjekte" = "Sätze" verhalten, was das Gleichheitszeichen im Vergleich mit der Kopula der Prädikatsnominalsätze bedeutet usw.
Zurück zum bügelnden Lyri des Gedichtes oben: Vielleicht hört es beim Bügeln Musik, Tschaikowskis Klavierkonzert, und fragt sich, wie das Thema eigentlich metrisch zu "hören" (zu "verstehen"?) ist:
a |H c H d |C h A gis |E ...
oder
|A h C h |D c H a |Gis e ...
gemeint ist: wo die Betonung eigentlich liegt - hier sind die Großbuchstaben (H, H, C A, E im oberen Beispiel und A, C, D, H, Gis im unteren) nach den "Taktstrichen" | als betonte Töne geschrieben), denn es kann auf beide Weisen gehört bzw. getanzt werden.
Eine Verständnisfrage, die aber mit "Prädikation eines Subjektes" kaum abgedeckt werden kann. Natürlich kann man auch in die Partitur schauen, die ich aber leider nicht habe. Wobei zu beachten ist, daß Komponisten wie Beethoven und Brahms es lieben, den Hörer an der Nase herumzuführen.
grusz, hansz