Teichhaiku I

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G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo Walther,

keine Kritik zum Haiku als solchem – nur mein erster Eindruck beim Lesen:

Ich würde (auch unter Aufopferung von 5-7-5) „Seerosenblatts“ zum „Seerosenblattes“ machen, das läse sich leichter. Die fünf Silben der letzten Zeile enthalten schon viermal den Buchstaben „s“ – gönn dem Leser einen klitzekleinen Einschub.

Gruß Ciconia
 

Walther

Mitglied
Hi Ciconia,

danke fürs reinlesen und deinen hinweis, der etwas für sich hat. ehrlich gesagt wollte ich der unsäglichen 5-7-5 debatte ausweichen. :) ich überleg's mir also ernsthaft, ihn aufzugreifen.

lg W.
 

HerbertH

Mitglied
Lieber Walther,

ein Gartenteich ist ein ideales Thema für Haikus :). Und diese malt mit wenigen Worten schöne Bilder, mit dem richtigen Schuss Nachdenklichkeit.

Ich denke, wenn ein 5-7-5 natürlich zum Rhythmus passt und nicht 'formstarr' oder gekünstelt daherkommt, braucht man um 5-7-5 auch keinen Bogen zu machen. Es muss halt alles passen beim Haiku, und das erfordert viel Erfahrung. Aber wem sage ich das ;)

Liebe Grüße

Herbert
 

Walther

Mitglied
Guten morgen, Herbert,

danke für deinen eintrag. haikuschreiben gehört für mich zu den schwierigsten übungen. es ist eine falsche sicht der dinge, haiku könne man leicht erstellen. sie sind auch immer ausgangspunkt erbitterter auseinandersetzungen. das liegt daran, daß es eigentlich klare regeln gibt, was ein gutes haiku ist und was nicht - aber jeder meint, sich nicht daran halten zu müssen.

5-7-5 ist ein guter anhaltspunkt zu beginn, weil die kürze des texts zu maximaler verdichtung führen soll. man tut sich am anfang leichter, diesen rahmen zu füllen. auch die trennung in zwei teile (oder auch sichten) kann helfen. später kann man beides überwinden, wenn man sonst sich an die vorgabe der absoluten zurückhaltung hält und völlig unkommentiert beschreibt. das ist gegen die westliche art der realitätsrezeption. wir kommentieren immer, und eigentlich ist so gut wie jedes haiku, das kommentiert, statt nur zu beschreiben, was da ist, danebengegangen.

haiku sind sehr nüchterne texte. gefühlig ist nicht ihre sache.

in diesem sinne meinen dank. da ich meist selbst an diesen rahmenvorgaben scheitere, gibt es nur sehr wenige versuche, bei den ich mir die publikation getraue. es sind im jahr vielleicht drei bis fünf. den meisten haiku-dichtern möchte ich diese zurückhaltung ebenfalls nachhaltig anempfehlen. sie täten sich, den lesern und der form einen großen gefallen damit.

lieber gruß Walther
 
G

Gelöschtes Mitglied 20370

Gast
Kröte, Molch, toter Fisch...wird das Haiku nicht überfrachtet?
Mein erster Gedanke

Seerosenblatt
aus seinem Schatten
Fischflossen



Das Todesthema im Haiku ist allerdings sehr problematisch. Vergessen wir nicht, Haiku war ursprünglich ein 'lustiges' Gedicht!

Es grüßt
DOSchreiber
 

Walther

Mitglied
Hi DOSchreiber,

danke für deinen eintrag. das haiku als "lustiges gedicht" entstammt deiner einbildung. es ist das haikumoment, auf das es ankommt. hier verweist es auf die nähe des lebens zum tod, ohne daß sie genannt wurde. du hast mit deiner bemerkung selbst den beweis geliefert, daß man das gesehene "versteht".
es ist also nichts überfrachtet.
dein bild ist nicht korrekt. der schatten des seerosenblatts fiel auf den toten fisch, die kröte saß links und die molche lagen rechts und weiter vorne auf dem grund. es waren drei von insgesamt sechs, die zu sehen waren.
der autor schreibt, was er sieht. das ist seine aufgabe, wenn er einen haiku verfaßt. der rest ist die aufgabe des lesers.
dein haiku ist konstruiert, meines erlebt.

lg W.
 

Walther

Mitglied
Lieber DOSchreiber,

zur freundlichen souveränität von über 25 jahren aktiver mitgliedschaft in der deutschen haikugesellschaft etc. pp. gehört, mein bestes zu geben, daß die, die es brauchen, über das schreiben guter haiku ebenso freundlich aufgeklärt werden.

du brauchst das, und zwar sehr. vielleicht hörst du mal bescheiden zur abwechslung zu und lernst. das kann man auch als deutschmeister mit abschluß noch.

es sei denn, du wärst lehrer. ein lehrer lernt meist nix mehr, wenn er sein examen gemacht hat - weil er per defitionem alles besser weiß. das ist ein sich zäh haltendes vorurteil, das leider so gut wie täglich bestätigung findet.

aber bei dir ist das ab jetzt anders, und du bestätigst die ausnahme von dieser regel. damit ich endlich von diesem vorurteil abstand nehmen kann.

lg W.
 



 
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