ARIIOOL
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In Zuge der Nachbearbeitung meines Manuskripts hat es nun auch dieses Kapitel erwischt. Die fehlende Hintergrund Geschichte erschwert das Verständnis,
und der Text ist noch immer im Rohformat. Aber mit ein wenig Nachsicht geht er als eigenständige Kurzgeschichte durch.
Texas 2051
Noch vor wenigen Monaten wäre es ein ganz normaler Sonntag geworden, an dem Rob Tucker in Fredericksburg Texas Hill Country wie jeden Morgen sein Frühstücks-Budweiser auf der Veranda seines Farmhauses genossen hätte. Tucker hatte diese Rituale geliebt. In Fredericksburg bestand damals alles aus Ritualen. Wenn er seinen riesigen Toyota Pick Up auf dem Weg zur neu aufgebauten Texaco Station durch die Innenstadt bugsierte, reihte sich üblicherweise ein Ritual an das nächste.
Heute Morgen rang er mit sich, sein Haus zu verlassen.
Andererseits, seit er die Fenster mit schweren Brettern vernagelt und der Strom endgültig ausgefallen war, gierte es ihn nach Licht. Strom … ja, das hatte er gründlich verkackt. Auf jeder Farm im Umkreis von tausend Meilen gab es ein Windrad. Sein Windrad hatte den letzten Herbststurm nicht überstanden, lag wie ein toter Vogel zusammengekrümmt auf dem nahen Hügel. Dabei war er Vorsitzender im örtlichen Home Defense Department gewesen. Alles weg … verfluchter Bullshit, dachte er zum hundertsten Male.
Rob Tucker war in der Gegend ein Vorbild gewesen. Nicht unbedingt, was seine Manieren anging oder wie er seine Farm führte. Nein, seine insgeheime Leidenschaft war der Weltuntergang. Der würde kommen; und dann musste man vorbereitet sein, war sein Lieblingsspruch gewesen.
Er war gekommen, aber auf eine äußerst unfaire Art.
Die beiden Vorhängeschlösser an dem schweren Garagentor waren gut geölt. Das er eine Handpumpe an dem Tank montiert hatte, der wie eine riesige Raupe in dem spärlichen Licht zu erkennen war, erfüllte ihn kurz mit Genugtuung. Der Zeiger auf dem milchigen Display zitterte dicht über dem roten Bereich. Alles ging zur Neige, selbst sein Vorrat an Budweiser, und das schien ihm Grund genug, noch einmal dort hin zu fahren, wo sich früher Fredericksburg befand.
Er mochte jedes Mal vor Ergriffenheit heulen, wenn er das sonore Geräusch des Pickups durch das offene Fahrerfenster hörte. Die Garage war seine Kirche und der aufsteigende Dunst der Abgase war der Weihrauch.
Der Feldweg war wieder frei, die liegengebliebenen Wohnmobile verschwunden. Dicht hinter dieser Stelle lag die Farm des alten Morales. Die verkohlten, wie schwarze Finger in den grauen Himmel ragenden Pfeiler des Viehstalls waren das Werk von Rob Tucker. Das schrille Brüllen der verhungernden Tiere war schlimm gewesen, aber der anschließende Gestank von verwesenden Tierleibern war nicht auszuhalten gewesen.
Zur rechten Seite lag ein weites Feld, niemand hatte sich die Mühe gemacht, den Mais zu ernten. Ein zerzaustes gelbes Meer aus Blättern, das irgendwann an den Highway grenzte.
Die Vogelschwärme waren verschwunden. Es müssen Vögel gewesen sein, obwohl ihr rhythmisches Auf und Ab, mit dem sie damals über dem Highway tanzten, an stoische Maschinen erinnerte.
Verschwunden … verschwunden, irgendwann war es einfacher geworden, darüber zu sprechen, was noch da war.
Da und dort vergessene Bauklötze von Riesen, die bunten Gebäude der Shopping Center, ausgehöhlt und sinnlos.
Wer war der Feind gewesen, der Amerika an seiner empfindlichsten Stelle getroffen hatte? Wo waren die Trucks geblieben, die früher stündlich für Nachschub gesorgt hatten, für volle Regale und Mägen?
Rob Tucker war auf alles vorbereitet gewesen. Vorräte, gute Waffen, ein kleiner Bunker, der vielleicht sogar eine heftige Druckwelle aushielt. Doch wenn der wahre Feind nicht bald einmarschierte, war nichts mehr da zum Erobern. Dann gab es nur noch diese hirnverbrannten Ingenieure und Wissenschaftler, die alles daransetzten, Amerika in eine grüne Oase zu verwandeln.
Von den Chinesen, den Russen gesteuert, was zum Teufel wusste man schon, was sich hinter dieser Bewegung versteckte.
Fredericksburg kündigte sich mit einem unscheinbaren Straßenschild an. Einschusslöcher verschiedenster Kaliber verteilten sich wie schwarze Käfer über dem verblichenen Namenszug. Der Vorort war einem von meterhohen Fichten durchzogenen Wald gewichen. Er lenkte vorsichtig seinen Pick-up durch das hohe Gras. Ein stelziger Wasserturm stand wie ein einsames, verrostetes Denkmal auf der einzigen Anhöhe und bot einen Orientierungspunkt. Von hier waren es früher keine Meile bis zum Stadtzentrum gewesen.
Stadtzentrum … Das Zentrum der Stadt war einer riesigen Glaskuppel gewichen, in der von außen nicht viel zu erkennen war. Etliche Röhren quollen wie Spinnenbeine in alle Himmelsrichtungen hinaus und verschwanden in der Erde. Hier gab es nichts zu bekämpfen, nichts zu holen. Hier wurde die Invasion vorbereitet – Rob war sich dessen sicher. Wenn er sich die Mühe machte, die Kuppel zu umrunden, käme er zu den verlassenen Gebäuden des unteren Wohnviertels. Ihre Bewohner waren irgendwohin aufgebrochen, waren aufgestanden, durch die Türen auf die Straße getreten und schienen auf einer Art Pilgerfahrt unterwegs zu sein – zu Fuß, im Anzug oder Pyjama, in teuren Lederschuhen oder barfuß, ganz nach Laune. An Rob Tucker war dieser Impuls vorübergezogen. Vielleicht war seine Farm zu abgelegen für die unsichtbaren Strahlungen aus Peking oder Moskau – was wusste er schon?
Rob Tucker setzte den Pick-up zurück und seine Reifen zerfurchten das Gras mit tiefen Narben. Er würde Morgen wiederkommen und dann hier aufräumen. Endlich sein Sturmgewehr und die anderen Dinge mitbringen, die seit langem in seinem Waffenschrank auf ihren letzten Dienst warteten.
Er hatte schlecht geschlafen; eigentlich hatte er die halbe Nacht auf der Veranda verbracht, weil er es in seinem Haus nicht aushalten konnte. Draußen war es besser geworden – ob es an dem warmen Wind oder dem monotonen Zirpen der Zikaden lag, war ihm egal. Hauptsache raus, weg von der Übelkeit erregenden Bedrohung, die sich eingeschlichen hatte und von ihm Besitz ergreifen wollte. Der Morgen brachte keine Erleichterung; es wurde schlimmer. Seine Hand zitterte, während er den Deckel der Budweiser zu den anderen in den Ausguss warf. Der Waffenschrank, der wie ein buddhistischer Hausschrein zwischen den beiden zugenagelten Südfenstern thronte, erschien ihm plötzlich wie ein Fremdkörper – ein riesiger Mückenstecker, der unsichtbar irgendein Gift verströmte. Und er war die Mücke, die plötzlich die Aufmerksamkeit von etwas Größerem erregt hatte. Keuchend stürzte er durch die Vordertür auf die Veranda; das Insektengitter schwang noch eine Weile wie ein Winken hinter ihm her. Der nur bedingt menschenähnliche Bot, der keine halbe Stunde später über die staubige Zufahrt auf ihn zu gestelzt kam, hatte Verstärkung mitgebracht. Ein Truck in den Farben der Regulation stand wie eine rote Mauer vor der Farmzufahrt. Dann zerfiel der Truck in einen Schwarm fliegender Maschinen, und das Kreischen ihrer Sägen und rotierenden Bohrer vermischte sich mit Rob Tuckers Schreien.
und der Text ist noch immer im Rohformat. Aber mit ein wenig Nachsicht geht er als eigenständige Kurzgeschichte durch.
Texas 2051
Noch vor wenigen Monaten wäre es ein ganz normaler Sonntag geworden, an dem Rob Tucker in Fredericksburg Texas Hill Country wie jeden Morgen sein Frühstücks-Budweiser auf der Veranda seines Farmhauses genossen hätte. Tucker hatte diese Rituale geliebt. In Fredericksburg bestand damals alles aus Ritualen. Wenn er seinen riesigen Toyota Pick Up auf dem Weg zur neu aufgebauten Texaco Station durch die Innenstadt bugsierte, reihte sich üblicherweise ein Ritual an das nächste.
Heute Morgen rang er mit sich, sein Haus zu verlassen.
Andererseits, seit er die Fenster mit schweren Brettern vernagelt und der Strom endgültig ausgefallen war, gierte es ihn nach Licht. Strom … ja, das hatte er gründlich verkackt. Auf jeder Farm im Umkreis von tausend Meilen gab es ein Windrad. Sein Windrad hatte den letzten Herbststurm nicht überstanden, lag wie ein toter Vogel zusammengekrümmt auf dem nahen Hügel. Dabei war er Vorsitzender im örtlichen Home Defense Department gewesen. Alles weg … verfluchter Bullshit, dachte er zum hundertsten Male.
Rob Tucker war in der Gegend ein Vorbild gewesen. Nicht unbedingt, was seine Manieren anging oder wie er seine Farm führte. Nein, seine insgeheime Leidenschaft war der Weltuntergang. Der würde kommen; und dann musste man vorbereitet sein, war sein Lieblingsspruch gewesen.
Er war gekommen, aber auf eine äußerst unfaire Art.
Die beiden Vorhängeschlösser an dem schweren Garagentor waren gut geölt. Das er eine Handpumpe an dem Tank montiert hatte, der wie eine riesige Raupe in dem spärlichen Licht zu erkennen war, erfüllte ihn kurz mit Genugtuung. Der Zeiger auf dem milchigen Display zitterte dicht über dem roten Bereich. Alles ging zur Neige, selbst sein Vorrat an Budweiser, und das schien ihm Grund genug, noch einmal dort hin zu fahren, wo sich früher Fredericksburg befand.
Er mochte jedes Mal vor Ergriffenheit heulen, wenn er das sonore Geräusch des Pickups durch das offene Fahrerfenster hörte. Die Garage war seine Kirche und der aufsteigende Dunst der Abgase war der Weihrauch.
Der Feldweg war wieder frei, die liegengebliebenen Wohnmobile verschwunden. Dicht hinter dieser Stelle lag die Farm des alten Morales. Die verkohlten, wie schwarze Finger in den grauen Himmel ragenden Pfeiler des Viehstalls waren das Werk von Rob Tucker. Das schrille Brüllen der verhungernden Tiere war schlimm gewesen, aber der anschließende Gestank von verwesenden Tierleibern war nicht auszuhalten gewesen.
Zur rechten Seite lag ein weites Feld, niemand hatte sich die Mühe gemacht, den Mais zu ernten. Ein zerzaustes gelbes Meer aus Blättern, das irgendwann an den Highway grenzte.
Die Vogelschwärme waren verschwunden. Es müssen Vögel gewesen sein, obwohl ihr rhythmisches Auf und Ab, mit dem sie damals über dem Highway tanzten, an stoische Maschinen erinnerte.
Verschwunden … verschwunden, irgendwann war es einfacher geworden, darüber zu sprechen, was noch da war.
Da und dort vergessene Bauklötze von Riesen, die bunten Gebäude der Shopping Center, ausgehöhlt und sinnlos.
Wer war der Feind gewesen, der Amerika an seiner empfindlichsten Stelle getroffen hatte? Wo waren die Trucks geblieben, die früher stündlich für Nachschub gesorgt hatten, für volle Regale und Mägen?
Rob Tucker war auf alles vorbereitet gewesen. Vorräte, gute Waffen, ein kleiner Bunker, der vielleicht sogar eine heftige Druckwelle aushielt. Doch wenn der wahre Feind nicht bald einmarschierte, war nichts mehr da zum Erobern. Dann gab es nur noch diese hirnverbrannten Ingenieure und Wissenschaftler, die alles daransetzten, Amerika in eine grüne Oase zu verwandeln.
Von den Chinesen, den Russen gesteuert, was zum Teufel wusste man schon, was sich hinter dieser Bewegung versteckte.
Fredericksburg kündigte sich mit einem unscheinbaren Straßenschild an. Einschusslöcher verschiedenster Kaliber verteilten sich wie schwarze Käfer über dem verblichenen Namenszug. Der Vorort war einem von meterhohen Fichten durchzogenen Wald gewichen. Er lenkte vorsichtig seinen Pick-up durch das hohe Gras. Ein stelziger Wasserturm stand wie ein einsames, verrostetes Denkmal auf der einzigen Anhöhe und bot einen Orientierungspunkt. Von hier waren es früher keine Meile bis zum Stadtzentrum gewesen.
Stadtzentrum … Das Zentrum der Stadt war einer riesigen Glaskuppel gewichen, in der von außen nicht viel zu erkennen war. Etliche Röhren quollen wie Spinnenbeine in alle Himmelsrichtungen hinaus und verschwanden in der Erde. Hier gab es nichts zu bekämpfen, nichts zu holen. Hier wurde die Invasion vorbereitet – Rob war sich dessen sicher. Wenn er sich die Mühe machte, die Kuppel zu umrunden, käme er zu den verlassenen Gebäuden des unteren Wohnviertels. Ihre Bewohner waren irgendwohin aufgebrochen, waren aufgestanden, durch die Türen auf die Straße getreten und schienen auf einer Art Pilgerfahrt unterwegs zu sein – zu Fuß, im Anzug oder Pyjama, in teuren Lederschuhen oder barfuß, ganz nach Laune. An Rob Tucker war dieser Impuls vorübergezogen. Vielleicht war seine Farm zu abgelegen für die unsichtbaren Strahlungen aus Peking oder Moskau – was wusste er schon?
Rob Tucker setzte den Pick-up zurück und seine Reifen zerfurchten das Gras mit tiefen Narben. Er würde Morgen wiederkommen und dann hier aufräumen. Endlich sein Sturmgewehr und die anderen Dinge mitbringen, die seit langem in seinem Waffenschrank auf ihren letzten Dienst warteten.
Er hatte schlecht geschlafen; eigentlich hatte er die halbe Nacht auf der Veranda verbracht, weil er es in seinem Haus nicht aushalten konnte. Draußen war es besser geworden – ob es an dem warmen Wind oder dem monotonen Zirpen der Zikaden lag, war ihm egal. Hauptsache raus, weg von der Übelkeit erregenden Bedrohung, die sich eingeschlichen hatte und von ihm Besitz ergreifen wollte. Der Morgen brachte keine Erleichterung; es wurde schlimmer. Seine Hand zitterte, während er den Deckel der Budweiser zu den anderen in den Ausguss warf. Der Waffenschrank, der wie ein buddhistischer Hausschrein zwischen den beiden zugenagelten Südfenstern thronte, erschien ihm plötzlich wie ein Fremdkörper – ein riesiger Mückenstecker, der unsichtbar irgendein Gift verströmte. Und er war die Mücke, die plötzlich die Aufmerksamkeit von etwas Größerem erregt hatte. Keuchend stürzte er durch die Vordertür auf die Veranda; das Insektengitter schwang noch eine Weile wie ein Winken hinter ihm her. Der nur bedingt menschenähnliche Bot, der keine halbe Stunde später über die staubige Zufahrt auf ihn zu gestelzt kam, hatte Verstärkung mitgebracht. Ein Truck in den Farben der Regulation stand wie eine rote Mauer vor der Farmzufahrt. Dann zerfiel der Truck in einen Schwarm fliegender Maschinen, und das Kreischen ihrer Sägen und rotierenden Bohrer vermischte sich mit Rob Tuckers Schreien.
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