THANATOS

Manfred Ach

Mitglied
Thanatos


Als ich ihn zum ersten Mal sah, war ich noch ein Kind. Auch er hat sich seitdem sehr verändert. Damals sah ich ihn noch mit schwarzem Umhang, Degen und Dreispitz, wie er zu mir herauflächelte mit einem Gesicht aus Kalk, wenn ich oben im Fliederbaum saß und Ruten schnitt. Damals kam er nur selten und sprach kaum ein Wort. Erst später, als ich mit ihm auf dem Dachboden wilde Streiche ersann, blieb er länger. Auch hatte sein Gesicht eine frischere Farbe, seine Gesten waren lebendig und seine Sprache heftig und wortreich. Ich zählte ihn damals zu meinen besten Gefährten.

In den letzten Jahren aber war er so oft und unvermutet aufgetaucht, dass ich mich von ihm belästigt fühlte. Aber ich konnte es nicht ändern. Er blieb beharrlich an meiner Seite, auch als ich mich mit ihm überwarf. Ich drohte, ich schrie, ich verfluchte ihn, aber er zeigte sich ungerührt.

Seine Anwesenheit schwächte mich, ich fühlte mich seltsam erschöpft unter seinem Blick. Ich wurde krank. Ich fürchtete um mein Leben. Aber immer wieder kam er, häufiger als je zuvor, und das Gesicht voll ernster Wildheit. Er sprach nur wenig, verhalten, aber mit erschreckender Bestimmtheit.

Seit einiger Zeit lässt er sich nicht mehr blicken, taucht nicht mehr auf. Das besagt jedoch nicht, dass er verschwunden ist. Erst kürzlich machte er sich wieder bemerkbar, indem er mir ein Fotoalbum in die Hände spielte. Alte Fotos, auf denen ich gut lachen hatte. Bei genauem Hinsehen kann man ihn deutlich erkennen.
 

Renee Hawk

Mitglied
Hallo Manfred,

interessante Geschichte. Hat mir gut gefallen. Mich hat der Titel neugierig gemacht, weil ich Thanatos als machtbesessenes Individium aus einer Zeichentrickserien kenne, natürlich verknüpft man dann.
Deine Geschichte entspricht nicht dem Thanatos dem ich hoffte zu begegnen, was mir gefallen hatte, denn er war anders und doch ebenso machtvoll in seiner Erscheinung.

liebe Grüße
Reneè
 
Eine Gänsehautgeschichte.
Unterschwellig und dabei nicht oberflächlich!
Und mit einem gelungenen, zu der Stimmung der Story passenden Schlußbild: Fotos, auf denen ich gut lachen hatte.

Wirst du R.Hawk aufklären, oder willst du, daß er selber drauf kommt?
 

Renee Hawk

Mitglied
Hallo Doktorchen,

auch wenn ich eine Frau bin, heißt es noch lange nicht das ich den Inhalt und die Aussage der Geschichte nicht verstanden habe *gg*. Ich erklärte, weshalb ich diese Geschichte las und das ich positiv überrascht war, dass es keine Anlehnung an eine amerikanische Zeichentrickserie ist.

Auch jetzt beim zweiten/dritten durchlesen ist immer noch das gleiche Gefühl von Unbehagen in mir. Ich finde, dass dieser Effekt ein sehr guter ist und das die Geschichte wirklich gelungen ist.

liebe Grüße
Reneè
 
Hallo Renee!
Tut mir leid, daß das so rüberkam!
Ich wollte eigentlich den Autoren anpieksen und fragen, ob er nicht antworten will auf deine Fragen?(Er scheint ein Nickerchen zu halten.)
Aber wer weiß, wozu dieser Fauxpas von mir gut war.
Vielleicht werden wir zwei ja dadurch aufeinander aufmerksam?
Nochmals, nichts für ungut.
 

Renee Hawk

Mitglied
Hallo Doktorchen,

nichts für ungut, so langsam gewöhnt man sich daran als Mann durch die Internetwelt geschleust zu werden. Es bringt auch durchaus Vorteile, so kann ich doch den ein oder anderen Text aus der Sicht der Männlichkeit schreiben ohne als Autorin geoutet zu werden. Oder besser gesagt, ich versuche es manchmal.

Bei erozuna habe ich schon deinen Namen gelesen, du bist mir nicht unbekannt *gg*.

liebe Grüße
Reneè
 

Manfred Ach

Mitglied
Lieber DocDigitalis

Danke für deinen Kommentar.
Warum ich auf Renees Fragen nicht geantwortet habe?
Weil sie gar keine Fragen gestellt hat.
Liebe Grüße an euch beide,
Manfred
 



 
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