tiresias

5,00 Stern(e) 2 Bewertungen
  • Ersteller Gelöschtes Mitglied 15780
  • Erstellt am
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
tiresias


hörst durch die grüsze des nachbarn
du was er die letzte nacht
geträumt hat er hat es vergessen
nun färbt es den stimmen klang

die satz melo die seiner worte
verkündet dir bohrende schuld
magneten der karmischen zukunft
verlocken ihn busze zu tun

zu tränken den durst nach vergebung
zu nähren den hunger auf sein
sucht leid zu erfahren der junge
erfahrung zu leiden – die sucht

und hört in dem stimm klang orakel
im euch zu geworfenen grusz
die zukunft der stadt – vor verkündet:
die pest nach dem tode der sphinx
 

Tula

Mitglied
Hallo Hansz
Schon inhaltlich, ein sehr origineller, ansprechender und spannender Text.
Ich belas mich eben eingehender mit Hinsicht auf das mythische Original. Den letzten Vers kann ich dahingehend noch nicht konkret deuten. Eine Deutung muss der Vers auch nicht unbedingt haben, schon weil das Orakel unverständlich bleiben 'muss'. Man könnte sich als moderne Variante der Sphinx durchaus das politische Ende einer gewissen Dame vorstellen. Wer weiß schon, was wirklich nach ihr kommt. An Pestgeschwūren fehlt es schon jetzt nicht.

LG
Tula
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Nun ja, Tula,

- zuerst einmal Dankeschön! - gerade der letzte Vers macht aus dem Allgemeinen des unbewußten Sprachhintergrunds eines jeden Kurzdialogs, und sei es die lakonische morgenliche Begrüßung, eine Orakelsituation, und zwar - erst mit diesem letzten Vers, wenn nicht schon mit dem Titel - die Orakeldialogspannung zwischen Oidipous und Teiresias, den beiden Personen in "Oidipous Tyrannos" von Sophokles.

Das läßt sich umdrehen: Der letzte Vers überträgt, wenn man die vorherige Erzählung vom Schuldschatten in der Begrüßungsintonation als Hauptgewicht der vier Strophen liest, die spezielle Schuldentwicklung des "Hinkefuß" auf das Allgemeine: wo ein Psychoanalytiker oder ein Kriminalkommissar bei der Analyse oder im Verhör die unter der Klangoberfläche verborgenen Informationen ausliest. Oder wo der Leser ein Gedicht interpretiert.

Noch mal Dankeschön,
grusz, hansz
 



 
Oben Unten