Tod und Teufel

Sensiro

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Es war wieder einer dieser Abende, die er gar nicht mochte. Er war alleine. Er hatte aber auch keine Lust schon wieder bis tief in die Nacht und den nächsten Morgen unterwegs zu sein. Er öffnete die Bar seines großen schweren Eichenschrankes und holte die Wodkaflasche raus, nachdem er den Whiskey ja heute schon leer gemacht hatte. Er nahm noch ein Glas und schlurfte mit seinen alten Filzpantoffeln über das Parkett seines Wohnzimmers durch das Eßzimmer in die Küche. Dort öffnete er den Eisschrank und nahm die beiden letzten Eiswürfel heraus. Er machte sich gar nicht die Mühe, das Wasser wieder aufzufüllen, denn er wußte, daß er ohnehin schneller trinken würde, als es gefriert. Er schloß den Eisschrank und drehte sich zum Fenster. Draußen lief gerade ein Pärchen vorbei. Arm in Arm. Plötzlich stelle sie sich vor ihn, nahm ihn in den Arm und sie küßten sich. Es war zwar schon dunkel, aber durch den sanften Schein der Straßenlaterne erkannte er das noch. Der Mann nahm die Frau nun auch in seine Arme, hob sie hoch und drehte sich einmal mit ihr um die eigene Achse. Dann gingen sie weiter.
Längst verblaßte Gefühle stiegen wieder in ihm hoch. Gefühle, die schon 15, nein 20 Jahre alt waren. „So lange schon?“, fragte er sich. „Wie schnell die Zeit vergeht, mein Gott!“ Schnell trank er sein Glas aus und lief nun behende zurück in sein Wohnzimmer, um sich schnell nachzuschenken. Doch dieses Gefühl wurde nicht besser, selbst, als er das zweite Glas hinunterstürzte. Nur wärmer wurde es ihm. Er ging – wieder mit vollem Glas – zu seiner Stereoanlage und legte eine CD ein. Nicht die, die er eigentlich wollte, denn die konnte er nicht finden in Mitten dieses Haufen von sich überlagernden Silberscheiben auf seinem Musikschrank. Er drehte die Musik laut auf und bewegte sich zu seinem Sessel. Es war ein großer, gemütlich aussehender Ledersessel mit hohen Armlehnen. Er drehte aber ab und dämpfte erst das Licht, das ihm nun so seltsam grell erschien. Er ging wieder zum Sessel. Und ließ sich in ihn fallen, stand aber gleich wieder auf, denn er hatte vergessen, sich eine der Zigarren aus der Kiste auf dem Tisch zu nehmen. Den längst überfüllten Aschenbecher stellte er neben sich auf die Armlehne. Als er das Streichholz anzündete wandten sich seine Gedanken wieder in die Vergangenheit, die gute alte Zeit, die nicht mehr kommen würde. Bilder liefen wie Filme vor seinen Augen ab und wurden jäh unterbrochen durch die Schmerzen, die durch das Feuer am inzwischen heruntergebrannten Streichholz hervorgerufen wurden.
Mit dem nächsten Streichholz passierte das nicht und er nahm einen ersten Zug seiner Zigarre. Er lehnte sich zurück und starrte auf den großen Fernseher, der gegenüber seines Sessels stand. Der Fernseher war aber nicht an, wie man denken sollte. Er starrte einfach nur auf ihn.
Hörte er etwas? Das Telefon vielleicht? Er stand auf und drehte sie Musik leiser. „Hmmm, wohl nichts.“ Er wollte gerade die Musik wieder lauter drehen, als er die Türglocke nun deutlich vernahm. „Besuch? Wer sollte mich denn heute besuchen. Oder wieder der Nachbar wegen der lauten Musik?“ Er lief zur Haustür und öffnete sie. Vor ihm Stand ein Mann. Er hatte den Rücken zu ihm gekehrt. Er trug einen viel zu großen langen schwarzen Mantel mit einer Kapuze, so daß er auch den Kopf nicht erkennen konnte. „Ja?“ Die Person drehte sich langsam um. Die Kapuze reicht ihm weit in sein Gesicht hinein, so daß Lukas das Gesicht des fremden noch immer nicht erkennen konnte. Deshalb schaltete er nun das Licht vor seiner Tür ein. Er erschrak, als er erkannte, wer vor ihm stand, stolperte einen oder auch zwei Schritte zurück: „Was wollen sie?“ Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben, seine Augen weit aufgerissen. „Es ist Zeit“, sagte die dunkle und seltsam sanfte Stimme des Fremden. Lukas ließ sein Glas fallen, an dem er sich soeben noch krampfhaft festhielt. Er wußte genau, was das bedeutete, schließlich war es ja der Tod, der vor ihm stand.
„Jetzt schon?“
„Wer hat mich denn eben in Gedanken herbeigewünscht?“
„Das war aber doch nur so ein Gedanke“, versuchte er abzuwiegeln, „Kann ich Dich denn Dein Kommen nicht irgendwie vergüten? So wie einen Feuerwehreinsatz, der umsonst geschieht. War ja jetzt auch nur falscher Alarm.“ Er zückte sofort seinen prall gefüllten Geldbeutel.
„Es gibt nur eine Währung, in der man meinen Einsatz bezahlt.“ Dabei deutete der Tod mit seiner knochigen Hand auf die Sense in seiner Hand, die Lukas bis dahin gar nicht aufgefallen war. Es war fast so, als wäre sie eben erst erschienen.
„Aber was kann ich denn nur tun? Es war doch nur ein Irrtum!“, fing er an zu weinen und sank langsam auf seine Knie. Bittere Tränen, rannen sein Gesicht herunter, die aber niemand sehen konnte, da seine Hände sein Gesicht nun vergruben. „Mama, Mama ...“, schluchzte er vor sich hin.
Der Tod betrachtete dieses Häufchen Elend. Nicht, daß es das erste Mal gewesen wäre, daß da einer kommt und es ihm nun leid tut, ihn gerufen zu haben. Als Nächstes würde er wohl um sein Leben bitten und betteln. „Steh auf und komm!“ Er streckte seine Hand nach im aus.
Lukas sah nach oben aus seinem verheulten Gesicht. Er wollte gerade aufgeben und ihm verzweifelt seine Hand reichen, als er plötzlich „Halt!“ sagte.
Wenn der Tod nun Augen gehabt hätte, hätte er sie wohl verdreht, ahnend, was nun kommen sollte. „Was denn noch?“
Lukas stand auf. „Du mußt doch mit mir spielen! Ja, genau. Man halt doch die Möglichkeit mit dem Tod um sein Leben zu spielen. Das hab ich mal gelesen. Es ist doch so, nicht?“
Der Tod war überrascht, denn das hatte er nicht erwartet. Er nickte, denn Lukas hatte recht. „Ja, dies ist ein alter Brauch, der mehr und mehr in Vergessenheit geraten ist. Wahrscheinlich wohl deswegen, weil noch kein Mensch gegen mich gewonnen hat.“ Der Tod freute sich, denn das war eine willkommene Abwechslung. Immer nur dieses Jammern und Klagen. Und nun endlich jemand, der wieder mit ihm spielen wollte.
Auch Lukas freute sich. Denn das Glücksspiel war seine große Leidenschaft. Es war auch der Grund für seinen Wohlstand. Und für seine Einsamkeit, aber daran dachte er jetzt nicht. „Na dann ist ja heute Premierenabend“, sagte Lukas schelmisch. Weg war all die Angst und machte Platz für seine Selbstsicherheit, die er immer verspürte, wenn es darum ging zu spielen. „Entschuldige, ich bin unhöflich, komm doch herein!“ Er drehte sich zur Seite und wieß mit der Hand herein.
Der Tod lief an ihm vorbei. Lief? Er schwebte wohl eher, so wie er an ihm vorbeiglitt. „Ich komme gleich nach. Ich mache nur die Sauerei schnell weg“, und beugte sich hinunter, um das Glas aufzuheben, das soeben noch aus seiner Hand gefallen war.
Er nahm das Glas mit ins Wohnzimmer, wo der Tod schon auf ihn wartete. Dort ging er wieder zur Bar und schenkte sich einen Bourbon ein, wie er es immer tat, wenn er spielte. Er nahm auch gleich den Würfelbecher mit, den er ebenfalls in der Bar aufbewahrte. „Mach es Dir doch gemütlich“, sagte er fast vergnügt, „Was wird gespielt?“
„Drei Würfel. Gewürfelt wird abwechselnd. Insgesamt drei Runden. Wer die höhere Augenzahl hat, gewinnt die Runde. Ich lege immer vor. Du bist frei, wenn Du eine Runde gewinnen kannst.“, sagte der Tod, während er sich setzte. Sie saßen sich nun gegenüber. Lukas hätte dem Tod nur zu gerne in die Augen gesehen, wie er es immer tat, wenn er mit jemandem spielte. Das ging wohl nicht, war aber auch nicht schlimm. „Ja?“, fragte er ungläubig, „Na, Du machst es mit ja einfach,“ grinste Lukas breit.
„Du wirst schon sehen!“ Der Tod nahm den Becher mit den drei Würfeln und drehte den Würfelbecher um. „Heb ihn auf!“, wie der Tod Lukas an. Lukas nahm den Becher vorsichtig nach oben und schaute darunter. „Vier? Vier! Das soll alles gewesen sein!“, verspottete er den Tod, „Da hatte ich aber schon mehr erwartet. Ich hatte ja schon insgeheim etwas Angst, als Du sagtest, noch niemand hätte gegen Dich gewonnen. Aber ich schätze da hast Du wohl etwas geflunkert.“ Er zwinkerte ihm dabei mit einem Auge zu. „Das wird ja einfacher, als ich dachte.“
„Ja, glaube das nur. Aber kein Mensch hat bislang gewonnen.“
Lukas schaute etwas irritiert auf, während er den Würfelbecher in die Hand genommen hatte und zu seinem Wurf ansetzen wollte. „Was willst Du? Sieh es doch ein, in wenigen Sekunden ist Deine Glückssträhne endgültig vorbei. Und ich werde jedem von diesem Brauch erzählen, den ich kenne. Und daß Du so ein miserabler Spieler bist“ , sagte er verärgert und mit Verachtung, denn nichts regte ihm mehr auf, als einen Spieler, der meinte, er sei unbesiegbar.
Er stülpte den Würfelbecher auf den Tisch und wollte gerade den Becher wieder hochheben. Der Tod legte aber seine kalte Hand auf die von Lukas und starrte mit seinen Augenhöhlen in die Augen seines Kontrahenten. „Meinst Du? Dann hast Du auch sicher nichts gegen eine Zusatzwette?“
„Aber sicher nicht. Was soll der Einsatz sein?“
„Wenn Du gewinnst hast Du einen Wunsch frei, egal welchen. Aber wenn ich gewinne, mußt du die nächsten zehntausend Jahre meine Sense schärfen, jede Minute. Mein alter Schleifer ist in zehn Jahren fertig und kann wiedergeboren werden. Er war genauso ein Thor wie Du.“
„Wiedergeburt...“, stockte Lukas während der Tod ihm zunickte, „Ja, sicher gehe ich die Wette ein. Wer hat denn die guten Karten? Oh, Entschuldigung, Würfel!“ Er grinste wieder breit. Sein Herz machte einen Sprung vor Freunde, als er sich vorstellte, was er mit dem Wunsch alles anstellen könnte. Geld, Frauen, alles bis zum Abwinken. Doch er wurde nachdenklich, das war nicht, was er sich wünschte. „Wirklich jeden Wunsch?“, versicherte er sich nochmals.
„Ja, jeden, außer Unsterblichkeit. Schließlich muß ich auch zu meinem Recht kommen, irgendwann.“
„Du kannst auch Tote wieder freigeben?“
„Das steht in meiner Macht!“
„Gut!“ Die alten Gefühle von vorhin kamen wieder in ihm auf, doch diesmal nicht mit Schmerz, sondern mit hoffnungsvoller Erwartung.
Der Tod nahm seine Hand von Lukas‘. Er hob den Becher eifrig nach oben. Und – er glaubte seinen Augen nicht – es kam eine Drei zum Vorschein. „Das gibt’s doch nicht!“, brachte Lukas nur hervor.
„Beruhige Dich! Du hast ja noch zwei Versuche“, sagte der Tod in überlegenem Ton.
Der Tod würfelte nochmals. Und wieder erschien zwei Mal die Eins und eine Zwei auf den Würfeln.
„Ha! Dein Glück kann ja nicht ewig vorhalten.“ Er schaute den Tod genau an, während er den Würfelbecher schüttelte und versuchte auszumachen, was der Tod gerade dachte, ob er nervös war. Nichts, keine Regung von ihm zu erkennen. Wie auch? Keine Muskeln, keine Mimik.
Die Würfel fielen und Lukas konnte diesmal den Becher schnell aufdecken. Dann nahm er nervös einen großen Schluck aus seinem Glas, denn schon wieder hatte er nur einen Einser - Drilling gewürfelt. „Na komm, mach das noch einmal und ich werfe keine Drei“, provozierte er den Tod nun. Doch der sagte gar nichts und würfelte.
Lukas durfte wieder den Becher aufheben. „Teufel! 17!“ Er stand auf, nahm die Flasche und schenkte sich erst gar nichts nach, sondern trank direkt aus ihr.
Gerade, als er sich wieder setzten wollte, läutete es an der Tür. „Moment bitte. Und keine Sorge, ich komme schon wieder.“
„Wohin wolltest Du denn auch schon flüchten?“, antwortete der Tod trotzig.
Er ging zur Tür und ein seltsamer Geruch stieg in seine Nase. Es roch irgendwie verbrannt. Als er die Tür öffnete brannte ein stechender Geruch in seiner Nase und seine Augen fingen an zu tränen. Schwefel, keine Frage. Nachdem er sich die Augen gewischt hatte und wieder sehen konnte, fiel er in Ohnmacht.
Der Tod, der auch den Geruch vernommen hatte und hörte wie Lukas umfiel, kam ums Eck zum Flur und sagte empört: „Was machst Du denn hier?“
Der Teufel, der Lukas gerade ins Wohnzimmer tragen wollte, blieb stehen. Er grinste: „Hast Du denn nicht gehört, wie er nach mir gerufen hat?“
„Blödsinn! Geflucht hat er!“, erwiderte der Tod scharf.
„So? Und Dich hat er sich ja auch von ganzem Herzen gewünscht nehme ich an.“
„Und was willst Du nun?“
Der Teufel kam nun ins Wohnzimmer und legte Lukas in seinen Sessel, sah auf den Tisch und entdeckte die Würfel. „Ach, Du machst mal wieder Dein Spielchen mit den Würfeln. Na, da wundert mich ja gar nicht, daß er mich gerufen hat. Wohl wieder die 4-3-4-3-17-Nummer, ja?“
Der Tod schwieg.
„Dann kann ich Dir sagen, was ich machte. Ich würfle für ihn, damit er eine Chance hat.“
„So, so, die gleiche Chance wie all die anderen armen Seelen, die nichtsahnend auf Dein Angebot eingegangen sind und nun pausenlos von Dir gequält werden, ja?“, explodierte der Tod.
„Sie haben alle gewußt, an wen sie ihre Seele verkauft haben“, sagte der Teufel unschuldig schauend.
„Aber gesagt, was das bedeutet, oder ihnen einen Vorgeschmack auf das, was sie erwartet hast Du nicht. Du weißt doch genau, daß diese Einfaltspinsel sich die Hölle gar nicht vorstellen können.“
„Ja, aber Du kennst doch den Chef. Er hat allen den freien Willen gegeben. Also lassen wir ihn entscheiden!“
Lukas kam langsam wieder zu sich, aber er glaubte nicht, was seine Augen ihm darboten. Auf der rechten Seite saß der Tod und auf der linken Seite stand ein rotes Männchen mit Pferdefuß, langem Schwanz und Hörnern auf der Stirn. Kein Zweifel, es mußte der Teufel sein.
„Tod und Teufel!“, sagte er benommen und fing an zu lachen.
„Was ist so komisch?“, fragte der Tod.
„Na, was kann jetzt noch großartig kommen? Das jüngste Gericht vielleicht?“, lachte er weiter.
„Mach Dich nicht darüber lustig!“, schrie ihn der Teufel zusammen, „Du hast ja nicht die Arbeit! - Aber lassen wir das.“
Ein wenig verängstig sah er sich um. „Warum bist Du eigentlich hier?“, sah er den Teufel an.
Der Teufel sah den Tod an und meinte: „Ich schätze da haben wir einen echten Alzheimer - Patienten“, drehte sich dann fragend zu Lukas, „Wer hat mich gerufen?“
Er mußte wieder grinsen: „Ach, hätte ich gewußt, daß das so einfach ist“, ernst werdend, „Manuela!“ Er wartete auf die Türklingel.
Der Tod schaute ihn fast mitleidsvoll an: „Das gilt nicht für Menschen.“
„Ich hab’s geahnt. Blödes Spiel!“
„A pro pos Spiel“, warf der Teufel ein, „Kommt nun Dein dritter Wurf? Ich meine, immerhin kannst Du nur mit einer achtzehn gewinnen.“
„Danke für die Belehrung, aber das weiß ich selbst“, sagte Lukas mürrisch.
„Du brauchst nicht verärgert zu sein, ich will Dir doch nur helfen. Ich bin ein guter Spieler. Besser als der Tod. Ich habe in Vergangenheit schon öfter gegen ihn gespielt. Und ich habe nie gegen ihn verloren.“
„Aha“, sah Lukas den Tod an, „Noch nie verloren, wie?“
„Ich sagte gegen keinen Menschen“, berichtigte der Tod ihn.
Lukas wendete sich wieder zum Teufel: „Und warum willst Du mir helfen? Ich meine, Du bist nicht gerade als der große Wohltäter der Menschheit bekannt.“
„Da hast Du wohl recht. Aber es ist nur ein bescheidener Preis: Deine Seele. Na ja, was wäre von mir auch sonst zu erwarten gewesen?“
„Meine Seele?“ Lukas schwieg eine ganze Weile. „Hmmm, unsere Wette gilt aber weiter, nicht wahr?“, wendete er sich an den Tod.
Der Tod schüttelte verzweifelt den Kopf: „Ja, sicher Du armer Tropf.“
Lukas überlegte noch einen Augenblick und fragte den Teufel noch einmal, ob ihm der Sieg wirklich sicher sei, worauf der Teufel antwortete: „Du kennst doch meine Zahl, oder?“
Lukas war überzeugt: „Das ist es mir wert!“.
„Siehst Du, er gar nicht weiter gefragt“, grinste der Teufel den Tod an. Der Tod sagte nichts und starrte nur fassungslos auf Lukas.
Der Teufel nahm die Würfel und den Becher: „Der Teufel würfelt, das weiß jede Hex, 666.“
„Du bist ein miserabler Dichter!“, sagte der Tod.
„Aber ein genialer Würfelspieler“, entgenete der Tod, noch bevor der den Becher hochgehoben hatte. Die Würfel kamen kurz darauf zum Vorschein und der Teufel sah zu Lukas: „Du hast gewonnen!“
„Ja, die Ewigkeit in der Hölle. Tusch! Ich hoffe, Du hast Asbestunterwäsche“, wendete sich der Tod ab und wollte gehen.
„Halt!“, schrie Lukas dem Tod zu, „Den Wunsch! Schon vergessen?“
„Ach ja, stimmt. Warte, ich hole sie Dir. Das ist doch Dein Wunsch?“
„Nein.“, antwortete Lukas trocken.
Der Tod stutze einen Augenblick und dachte bei sich: „Na, das kann ja nur noch schlimmer werden.“
„Du sagtest alles außer Unsterblichkeit?“
„Ja“
„Nun, wenn das so ist, dann komm mal her.“ Der Tod kam auf Lukas zu und Lukas flüsterte dem Tod etwas ins Ohr. Der Tod sah erst Lukas an und klopfte ihm auf die Schulter: „Du bist ein Spieler. Und was für einer! Aber ich hoffe, daß Dir das eine Lehre sein wird!“
„Ja, ganz sicher!“
„Das war das erste Mal, daß ich gegen den Teufel verloren habe und es wahrlich eine Freude war zu verlieren.“ Der Tod sah den verwirrten Teufel an und fing an, laut zu lachen. Sein Lachen hallte noch lange nach, selbst als der Tod schon längst verschwunden war.
„Was?“ Der Teufel haßte es, ausgelacht zu werden. „WAS?“
„Och, ich habe mich gerade wieder von Deiner Liste gestrichen“, lächelte Lukas ihn an.
„Liste, gestrichen? Sag, sonst werde ich mir bei Deiner Seele besonders Mühe geben!“ schrie ihn der Teufel an wobei ein kleiner Feuerball aufstieg und es wieder arg nach Schwefel roch.
„Das mit dem Mühe geben kannst Du Dir auch sparen“, lachte Lukas nun. Der Teufel nahm seinen Dreizack und richtete ihn auf Lukas. „Halt!“, schrie dieser, „Meine Seele gehört nicht mehr Dir, denn die habe ich mir vom Tod zurückgewünscht!“
Der Teufel stand ganz starr da, wußte gar nicht, was er sagen sollte. Und wieder dampfte Schwefeldampf aus seinen Ohren, als er begriff, was passiert war. „Du Betrüger! Du Falschspieler! Warte ab, in einem späteren Leben kriege ich Deine Seele schon noch. Und dann wird es Dir Leid tun bis in alle Ewigkeit!“
„Vielleicht, aber ich werde Dich bis in alle Ewigkeit nur noch lachen müssen, wenn ich Dich sehe, also laß Dich lieber nicht mehr blicken“, feixte Lukas.
Eine große Schwefelwolke stieg auf und der Teufel verschwand.
Lukas sah sich in seiner Wohnung um. An der Stelle, an der eben der Teufel noch stand, waren zwei große Brandflecken auf dem Läufer. Und überhaupt sah es ganz furchtbar aus in der Wohnung. Überall leere Flaschen , Klamotten, Papier, Gläser. Lukas grinste: „Dem Teufel von der Schippe gesprungen und dem Tod ein Schnippchen geschlagen! Ja, das sollte das letzte aller Spiele werden und genau das wird es sein.“
Der Glückliche nahm zuerst die Würfel und die angefangene Bourbonflasche und warf sie in den längst überfüllten Mülleimer, bevor er sich anschickte, den Rest der Wohnung aufzuräumen.
 

Feder

Mitglied
RITTER - TOD UND TEUFEL

Hallo Sensiro,

eine „heilsame“ Geschichte hast du da vor dem geistigen Auge entstehen lassen. Einen Inhalt, der nachdenklich stimmt.

Erfährt man das Glück des Lebens nur, wenn man rückhaltlos auf Fortunas Karte setzt? Wenn man frei ist von Ängsten?

Wahrscheinlich trifft es zu, wenn man mehr zu gewinnen hat, als zu verlieren – ein chaotisches, sinnloses Leben gegen ein aufgeräumtes. Ballastfreie Zukunft, damit ein Neustart möglich ist.

Ich möchte – aus der Geschichte heraus – im Titel eine weitere Person entstehen lassen, geboren durch den Lebensmut, den ich im Kern gefunden habe: den Ritter!
Somit entstand bei mir während des Lebens dieser Zeilen die Überschrift: Ritter, Tod und Teufel.

Der Ausgang stimmt den Leser positiv: Alles ist möglich! Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!

Lieben Gruß und einen schönen Sonntag,
dein Federchen
 
G

geli

Gast
Die Grundidee der Geschichte ist interessant. Nur finde ich, der Text ist viel zu lang. Das ständige Hin und Her zwischen Tod und Lukas und schließlich auch noch der Auftritt des Teufels hätte man kürzer und dennoch noch prägngant genug darstellen können.
 

Sensiro

Mitglied
Hallo, Federchen!

Ja, der Ritter als weitere Person im Titel. Keine Schlechte Idee. Aber was für einer. Armer Ritter? Glücksritter? Oder gar Raubritter? Als "edlen" Ritter kann ich den Protagonisten nicht bezeichnen, fehlen ihm doch die herausstechenden Eigenschaften dazu.

Mit dem Rücken zur Wand stand er, ja. Doch eines habe ich leider nicht ausreichend zur Geltung bringen können. Die schwere Entscheidung, kurz glücklich zu sein, um anschließend ewig zu leiden. Oder altes Glück alt bleiben zu lassen und die Vergangenheit zu akzeptieren und sich stattdessen der Gegenwart, bzw. der Zukunft zuzuwenden.

Ansonsten freut es mich, daß Dir die Geschichte gefallen hat.


Hi, Geli!

Mag sein, daß die Geschichte etwas lang sein mag, aber das erscheint mir unerläßlich. Besonders das Hin und Her zwischen Tod und Teufel. Streiten sich denn nicht beide um die arme Seele? Beide haben ihren eigenen Charakter. Und den wollte ich zum Ausdruck bringen.


Hallo, Flammarion!

Es freut mich auch hier Deinen Geschmack getroffen zu haben.

Einen schönen Abend allen drei Damen!
Sensiro
 

Feder

Mitglied
Hi Sensiro,
ich dachte eher an eine Kombination aus Glücksritter und Raubritter - das macht das Ganze rund und sympathisch :)!

Lb. Gruß,
dein Federchen
 



 
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