Tod unseres Sterns

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Ein Sturm wird aufkommen, hast du mir damals gesagt. So stark und gewaltig, dass er unsere Seelen in das Nirgendwo treiben wird.

Ich stehe an einem Zeitungsstand, irgendwo im Niemandsland und lasse mir von dem alten Verkäufer mit seinen traurigen Augen eine aktuelle Zeitung geben. Immerhin ist diese erst fünf Tage alt. Also für die Verhältnisse recht aktuell. Ich sehe mir die erste Seite an, doch ein starker Wind möchte mir dies austreiben. Neben kleinen Holzästen und Papierfetzen, treibt er auch feinen Sand gegen meinen Regencoat und gegen den blechernen Zeitungsstand. In meinem Wagen bekomme ich schließlich etwas mehr Schutz, vor dem aufziehenden Unwetter.
Doch als ich im Wagen zu lesen beginnen möchte, ziehen plötzlich tiefschwarze Wolken auf und nehmen mir das Tageslicht, dass ich zum Lesen benötige, da die Innenbeleuchtung kaputt ist.

Jetzt denke ich wieder an dich und beginne zu trauern. Mußte ich dich hier draußen verlieren? Hier in diesem öden Teil der Natur.
Ich habe dich in der staubtrockenen Wüste begraben. Du wolltest ja hier hinaus... um zu sterben, bevor alles aufhört.
Zuerst wollte ich dir nicht glauben. Doch ich war verliebt in dieses schöne und gleichzeitig starke und überzeugte Wesen. Ich mußte dir diesen Wunsch einfach erfüllen und dachte gleichzeitig, du seist verrückt geworden.
Dann standen wir uns gegenüber. Tief im leeren Niemandsland, mit hellbraunem, staubigen Boden unter unseren Füßen. Der Himmel verblaßte und ein mäßiger Wind zog auf, der deine Haare zum wehen brachte. Du umarmtest mich und wir küssten uns noch einmal.
In diesem Moment begriff auch ich. Das was du mir immer versucht hast zu sagen. Dessen Bedeutung wurde mir nun klar. Wie erlöst von meiner Einsicht, glittest du aus meinen Armen und schliefst ein, für immer.
Ich sah dich dort liegen. Als würde ich morgens neben dir aufwachen, so friedlich und ruhig sahst du aus. Versunken in deinen schönen Träumen.
Du hast dich erlöst.

Der Wind wird nun stärker. Er beginnt an meinem Wagen zu rütteln. Der Zeitungsstand, ein paar Meter neben meinem Wagen klappert ebenfalls schon bedrohlich in seiner blechernen Verkleidung. Der Besitzer steht vor seinem Kiosk im Sturm und sieht angsterfüllt in den dunklen Himmel.
Der nächste heftige Windstoß zerbricht den kleinen Eigenbau und treibt den Mann irgendwo, tief in die Wüste. Ich ziehe die Handbremse, doch der Wagen schiebt sich in Folge des Sturmangriffs dennoch ein paar Meter nach vorne.
Ich erkenne, dass sich nun das Ende von allem vor diese Welt gestellt hat und lege meine Zeitung beruhigt auf den Beifahrersitz, den du noch vor ein paar Stunden besetzt hattest.
Schließlich steige ich aus, klettere auf das Dach des alten Wagens, breite meine Arme aus und warte auf den Todesstoß des Sturms.

Wir alle haben dieses Ende verdient. Außer dir, mein Stern.
 



 
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