tote sprache

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wüstenrose

Mitglied
Hallo Perry,

an deinem Gedicht sprach mich auf Anhieb das Kurze, Kompakte an, aus dem ich Ruhe und Gefasstheit herauszuhören meinte.

Bei all dem hab ich eigentlich nicht viel vom Inhalt verstanden. Nach etwas Googelei würde ich den Inhalt in einer freien Übertragung wie folgt wiedergeben (kann hiermit auch völlig falsch liegen, es ist halt mein Versuch, dein Gedicht zu erfassen):

tote sprache

die bilder werden mehr
breiter die ränder leiser
die lieder im freien raum

die farben werden fahler
modrig die düfte rauer
der wind auf grasnarbenhöhe

die lichter werden trüber
dunkler die schatten lauter
das scharren darunter


Was ist der Hintergrund, dass du dich hier des Lateinischen bzw. Englischen bedienst? Das Motiv für diese Herangehensweise erschließt sich mir nicht.

Auch der Zusammenhang mit der Überschrift erschließt sich mir nicht.

Dessen ungeachtet spricht mich dein Gedicht sehr an, insbesondere der unaufdringliche Tonfall, die knappe Darstelung gefallen mir; die Bilder, die mal ein Mehr und mal ein Weniger benennen, stehen nebeneinander, greifen ineinander, verschmelzen fast, während der eigentliche Kurs der dargestellten Bewegung nur eine Richtung kennt.

lg wüstenrose
 

Perry

Mitglied
Hallo wüstenrose,

ja ich habe hier wohl etwas viel hineingepackt, trotzdem hast Du die Intention des Textes gut herausgespürt.
Die Grundstimmung ist -der Jahreszeit geschuldet- eine Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit (des Lebens).
Der Titel reflektiert das Latein als "tote Sprache", was durch die Einstreuung der Wörter
externus (Gehörgang)
causam (Gelände)und
subsoil (Untergrund)
gespiegelt wird.
Stilistisch habe ich versucht, vor allem lautmalerisch zu arbeiten.
Danke für dein Hineinspüren und
LG
Manfred
 

Monochrom

Mitglied
Hi,

mir gefällt das gut.

Strophe Eins fällt gegenüber den beiden anderen Betrachtungen als Impression etwas aus dem Rahmen, aber fügt sich dann ein, denn es ist in meinem Empfinden dieses von innen nach außen lauschen, das sich hinwenden von der Impression zur Betrachtung.

In den "Rändern" schwingt dann noch vieles, das in diesem Text gar nicht hermetisch zu sein braucht, mit.

Klasse,

Bis denn,
Monochrom
 

Perry

Mitglied
Hallo Monochrom,

freut mich, dass Dich die Zeilen ansprechen konnten.
In die Dinge, die uns umgeben hineinlauschen, ist für mich die Basis lyrischen Schreibens.
Danke fürs Reinschauen und LG
Manfred
 
Lieber Manfred,
obwohl Dein Gedicht ein eher kurzes ist, habe ich ein wenig gebraucht, um mich einzulesen. Immerhin ist es Dir gelungen einen Text mit dem Titel "Tote Sprache" lebendig zu präsentieren.
Mir gefällt er.
Gruß
Karl
 

Perry

Mitglied
Hallo Karl,

danke fürs Hineinfühlen.
Mit toten Sprachen ist es wie mit toten Dingen, um sie zum Leben zu erwecken braucht es etwas Muse.
LG
Manfred
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
die lieder im externus
"externus" ist "der äußere". medizinisch vielleicht ein gehörgang, aber so viel ich weiß, ist "medizinisch" keine tote sprache, sondern eine praktisch genutzte, also lebendige. in der "toten sprache" latein hätte das wort eine lebendige endung, es lautete dann "externo". nun ist es allerdings toter nominativ: tot, weil aus dem zusammenhang gerissen, isoliert, hingepappt.
der wind im causam
was "causam" mit gelände zu tun hat, ist mir unbekannt; hier statt des lateinischen ablativs oder des deutschen dativs (nach "im") einen akkusativ zu setzen, ist so zusammenhanglos und tot wie der nominativ oben. ermordete syntax. "causa" heißt grund, ursache, juristischer fall und manches mehr. "grasnarbenhöhe"? warum nicht gleich "teebeutel"? oder "grausam"? oder sonst was sinnloses?
das scharren im subsoil
untergrund, nun ja, welche tote sprache auch immer das sein mag.
 

Perry

Mitglied
Hallo Mondnein,

ja so ist das, wenn man ohne Kenntnis der Sprache mit lateinischen Begriffen jongliert.
Da werde ich wohl nacharbeiten müssen.
Danke für die Hinweise.
LG
Manfred
 

Perry

Mitglied
tote sprache

die bilder werden mehr
breiter die ränder leiser
die lieder in caput meum

die farben werden fahler
modrig die düfte rauer
der wind in aperte aere

die lichter werden trüber
dunkler die schatten lauter
das scharren in subsoil
 

Perry

Mitglied
tote sprache

die bilder werden mehr
breiter die ränder leiser
die lieder in caput meum

die farben werden fahler
modrig die düfte rauer
der wind in aperte aere

die lichter werden trüber
dunkler die schatten lauter
das scharren in subsoil
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
vielleicht richtiger so:

die bilder werden mehr
breiter die ränder leiser
die lieder [blue]in cap[/blue][red]ite meo [/red]

die farben werden fahler
modrig die düfte rauer
der wind [blue]in ae[/blue][red]ther' aperto[/red]

die lichter werden trüber
dunkler die schatten lauter
das scharren [blue]in sub[/blue][red]solido[/red]
 

Perry

Mitglied
Hallo Mondnein,

danke für die fachliche Unterstützung, solche "Feinheiten" gibt ein Internetübersetzer leider nicht her. :)
LG
Manfred
 

Walther

Mitglied
Hi Perry,

mondnein liegt mit seinen anmerkungen und verbesserungen, was das latein angeht, völlig richtig. daher empfehle ich die übernahme seiner vorschläge.

darüberhinaus liegt auch wüstenrose richtig. du mußt als annotation eine übersetzung der lateinische sequenzen liefern, sonst verstehen das nur eingeweihte (die lateiner also - oder auch latriner, wie man sie etwas despektierlich nennt).

lg W.
 

Perry

Mitglied
Hallo Walther,

ich tendiere dazu, dass Lyrik nicht immer bis zum Letzten nachvollziehbar sein muss. Aber Du hast natürlich Recht, dass Anmerkungen hier hilfreich wären. Vielleicht gelingt es mir den Text so hinzubekommen, dass sich das Lateinische sinngemäß von selbst ergibt, bzw. nur als Klammervermerke mitschwingen.
Danke fürs Interesse und LG
Manfred
 
O

orlando

Gast
Lieber Perry,
für mich ist ist das Gedicht eigentlich gut, aber eben nicht ganz. Die lateinischen Verbesserungsmöglichkeiten benannte mondnein bereits, ich selber verdichtete mehr (Eleganz):

die bilder werden
breiter die ränder leiser
die lieder in capite meo

die farben fahler
modrig die düfte rauer
der wind in aether' aperto

die lichter trüber
dunkler die schatten lauter
das scharren in subsolido
Mmh?
Schön, dass du wieder in der LL aufgetaucht bist. :)
orlando
 

Perry

Mitglied
Hallo Orlando,

ich greife deinen Vorschlag gerne auf, allerdings brauche ich zum Sinnerhalt das "mehr" in der ersten Strophe.
Danke und LG
Manfred
 

Perry

Mitglied
tote sprache

die bilder werden
mehr breiter die ränder
leiser die lieder in capite meo

die farben fahler
modrig die düfte rauer
der wind in aere aperto

die lichter trüber
dunkler die schatten lauter
das scharren in subsolido
 



 
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