Totgeschrieben - 32. Detektivin

xavia

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32. Detektivin

Toni ermittelt

Vollkommen entnervt schloss Toni die Tür hinter Frau Hinderlich, die gar nicht gerne wieder gehen wollte. Als Toni sich mit dem Hund herausredete, der nun bald mal vor die Tür müsse, versprach Frau Hinderlich, zu Hause nachzusehen, ob sie nicht doch eine Adresse von Jonas im Ausland habe. Toni könnte ja morgen zu ihr zum Tee kommen, sie würde auch neue Haferkekse backen, die Toni ja so gerne esse.
[ 5] Rudolf freute sich offensichtlich auf den Spaziergang und draußen strahlte die Sonne vom Himmel. Toni stand aber nicht der Sinn nach Sommerfreuden; sie wollte gehen und nachdenken. So lief sie eilig an den blumengeschmückten Vorgärten vorbei und gelangte zu den Wiesen am Fluss, wo bereits viele Sonnenhungrige ihr Lager aufgeschlagen hatten. Rudolf lief hierhin und dorthin und ließ sich manchmal von Fremden streicheln, während Toni überlegte, was sie tun konnte, um Licht in das Dunkel zu bringen.
[ 5] Die Mörderin in ihrem Buch war ungeschoren davongekommen, immerhin sollte es ja ein perfekter Mord sein. Toni fragte sich, ob Dirk Hansen ebenfalls ermordet worden war. Sie hatte die Frauen in Petes Bistro gefragt, es hatte keinen Verdacht gegeben, also hatte man ihn sang- und klanglos eingeäschert. Nun konnte man ohnehin nichts mehr beweisen.
[ 5] Oder doch? Ihre einzige Chance schien zu sein, der Täterin eine Falle zu stellen, wie in einem Agatha-Christie-Roman. Sie wollte unbedingt wissen, ob Layla den Doktor ermordet hatte und wenn ja, was ihr Motiv gewesen ist und wie sie es angestellt hatte. Ob sich alles so zugetragen hatte wie in ihrem Roman. In dem Fall würde sie sich schuldig fühlen, denn sie sah den Moment, in dem sie beschlossen hatte, den Roman-Arzt sterben zu lassen, noch ganz genau vor ihrem inneren Auge.
[ 5] Sie wünschte sich, Layla wäre unschuldig. Sie musste es herausfinden, um ihren Frieden mit dieser Angelegenheit zu machen. Aber sie musste es geschickt angehen, denn Layla war klug, die ließ sich nicht so leicht hereinlegen. Falls sie die Mörderin war, konnte sie in Versuchung kommen, ihre Mitwisserin zu beseitigen.
[ 5] Toni setzte sich ins Gras und beobachtete Rudolf, der gerade mit zwei Kindern spielte. Ein Mädchen, etwa acht und ein Junge, vielleicht zwei Jahre jünger, warfen einander einen bunten Plastik-Ball zu. Rudolf lauerte in der Mitte zwischen den beiden und wenn der Ball an seinem höchsten Punkt war, sprang er, so hoch er konnte, und schnappte danach, mit dem Jubel der Kinder belohnt. Toni befürchtete, dass er den Ball irgendwann erwischte. Der sah nicht so robust aus wie der, den Sarah neulich mitgebracht hatte. Dann passierte es: Der Junge verfehlte den Ball, der im Gras landete, und sofort war Rudolf zur Stelle. Toni hielt den Atem an, machte sich schon auf das Geschrei der Kinder gefasst. Da schubste Rudolf den Ball mit der Nase zu dem Jungen hin, nahm wieder seine Position zwischen den Kindern ein und blickte erwartungsvoll auf den Jungen, der den Ball hielt. – Was für ein Hund!
[ 5] Sie legte sich mit einem Seufzer der Erleichterung ins Gras und ihre Gedanken kehrten zurück zu ihren Mord-Ermittlungen. Wenn sie Layla zu verstehen gab, dass sie wusste, was passiert war, und diese daraufhin versuchte, auch sie zu vergiften, dann hätte sie sie überführt. Aber konnte sie sich darauf verlassen, dass das Gift, ebenso wie in ihrem Roman, in weißen Konfekt-Kügelchen sein würde? Wenn es im Tee wäre, hätte sie verloren. Oder sie tauschte die Tassen, bevor sie trank. Und wenn Layla das vorhersehen und ihr den unvergifteten Tee hinstellen würde? Oder sie fragte sie direkt. Immerhin waren sie Freundinnen und Freundinnen erzählten sich doch alles, oder?
 



 
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