Tristesse oder Alles normal

Heillos die Seelen gestört,
klingelnde Kassen das große
Ereignis, auf deutschen Straßen
wird deutsch gestorben

Leben aus dritter Hand,
das TV mit falscher Romantik
und echten Lügen, selbst die
S-Bahn gnadenlos unpünktlich

Die Ämter mit preußischem
Rumgeschnauz, wer Fremde nicht
mag, ist das Volk, da sind wir
uns doch mal einig

Die Nation kauft bei
Aldi ein, es wird gespart, dass
es quietscht, wer auf sich hält,
informiert sich bei BILD

Anscheinend alles normal,
(das ist doch wohl noch erlaubt),
stoisch versickern die Stunden,
und immer der nämliche Gilb

Hallo Fettauge,
schön, dass du wieder zu uns zurückgefunden hast. Und so schnell!
Dein Gedicht gefällt mir aber diesmal dennoch nicht.

Heillos die Seelen gestört,
klingelnde Kassen das große
Ereignis, auf deutschen Straßen
wird deutsch gestorben

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Wieso sind klingelnde Kassen ein großes Ereignis?

Leben aus dritter Hand,
das TV mit falscher Romantik
und echten Lügen, selbst die
S-Bahn gnadenlos unpünktlich

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TV ist die Abkürzung von Televison, es kann also nur [blue]die[/blue] TV heißen. Ich kann auch nicht nachvollziehen, warum die Unpünktlichkeit der S-Bahn auf das lügenhafte (?) Fernsehprogramm Einfluss nimmt.

Die Ämter mit preußischem
Rumgeschnauz, wer Fremde nicht
mag, ist das Volk, da sind wir
uns doch mal einig

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Diese Versgruppe ist für mich soweit ok, obwohl preußisches Rumgeschnautz([blue]e[/blue]) nicht zwingend Einfluss auf Fremdenhass nehmen muss.

Die Nation kauft bei
Aldi ein, es wird gespart, dass
es quietscht, wer auf sich hält,
informiert sich bei BILD

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Mmh. Quietscht es bei dir im Kopf, wenn du sparst? Eine ungewöhnliche Vorstellung ... jetzt kommen allerdings die BILDleser ins Spiel, die - gut informiert - das nächste Mal bei REWE kaufen werden. Oder auch nicht.

Anscheinend alles normal,
(das ist doch wohl noch erlaubt),

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Gehst du davon aus, dass das sog. Normale erlaubt und erwünscht ist? Selbst dies würde ich als Fortschritt empfinden, wenngleich sich die Kriterien für Normalität ja aus den verschiedensten Quellen speisen ...

Die letzten beiden Verse

stoisch versickern die Stunden,
und immer der nämliche Gilb

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versöhnen mich etwas mit diesem Sammelsurium allgemein gefasster Klagen, sonst hätte ich den Text anders bewertet.

Freundliche Grüße
orlando

Hi Orlando

das ist aber nett, dass du diesen Text deiner Aufmerksamkeit widmest. Nein, hier geht es nicht um einen ästhetisch teetrinkenden Meister, hier geht es um knallharte innerdeutsche Tatsachen, mit denen du dich offensichtlich nicht so recht anfreunden kannst - eben weil du sie, wie schon der Titel sagt, für völlig normal hältst. Das leuchtet mir ein, und so danke ich dir für das Interesse, das du trotzdem aufbringst, den für deine Begriffe unterirdischen Text zu begutachten. Ich will nicht ins einzelne gehen, von deinem Standpunkt aus kannst du den Text gar nicht anders als geäußert begreifen, ich habe da Verständnis. Und das ist gut so, ich verfolge mit diesem Text ja auch keinerlei Absicht, vielleicht nur ein wenig Nachdenken über unsere heutige "Normalität", und auch dazu gehört schon eine Menge Mut. Übrigens, was TV angeht, so gehe ich von der englischen Form "the TV" aus, und die ist Neutrum und nicht Feminimum.
Schon Mark Twain verstand nicht, warum eine Zahnbürste im Deutschen einen femininen Artikel mit sich herumschleppt.

Einsprengsel

In sprachlichen Angelegenheiten ist der DUDEN eine echte Hilfe.
Aber ein falscher Artikel ist im Grunde nur eine Kleinigkeit; gern kann ich diese unter "dichterischer Freiheit" subsumieren. Gemeinsam mit Mark Twain, dem Träger eines Schnauz(?).
Was allerdings mein letztes Gedicht damit zu tun, entzieht sich meiner Fantasie.

Liebe Grüße
orlando

Hi Orlando

ich danke dir herzlich für dein aufklärerisches Wirken, du gibst dir wirklich alle Mühe. Noch weiter recht viel Erfolg.

Einsprengsel

Alles normal

Ein wie ich finde nicht gelungenes Gedicht. Es sind zu viele Banalitäten aufgereiht - beim Lesen frage ich mich: Wann kommt denn das, was über die vage Gedankenwolke hinausgeht, die fast jeder im Kopf hat? Du zählst Elemente einer zerstörerischen Realität auf, doch das weiß ja nun fast jeder - und nun?! (Das "nämliche gilb" am Schluss wirkt eher verharmlosend.) - Da gibt es bei Dir andere Reichtümer zu finden. Herzlichen Gruß, Jutta

oh, Fettauge!

Hallo Einsprengsel

Hieße der Titel nur Tristesse und verzichtete auf den Zusatz - oder Alles normal- hätte ich da nichts zu beanstanden.
Dein Gedicht beschreibt glaubwürdig, das was ich mir unter Tristesse vorstelle.

auf deutschen Straßen wird deutsch gestorben, da erschließt sich mir der Tristesse Zusammenhang aber nicht.

Ich kann mir auch vorstellen, dass jemand der in solch einer freudlosen Stimmung gefangen ist, meint, dass Alles überall auch so, also normal ist. Deshalb finde ich, ist diese LyrIch Aussage innerhalb des Gedichts stimmig.

Die aneinandergereihten Gedanken und wie die Dinge betrachtet werden, atmen eine fast ansteckende Depression, Freud- und Mutlosigkeit aus.

dir einen lieben Gruß
Label

Hi Juttavon

du störst dich an den Banalitäten - das ist doch Absicht von mir, es muss banal sein, was ich beschreibe, und es muss auch bei jedem (zumindest den meisten) im Kopf sein, sonst wäre es doch nicht banal und letztlich normal. Was hättest du denn gern – Massensterben von Ausländern auf der B 96, eine S-Bahn ohne Räder oder Totalaussterben der BILD-Leser? Dumm, dass man es nicht jedem rechtmachen kann, jeder hat eben andere Vorstellungen von Tristesse und sogenannter Normalität. Ich bedaure, dass dir das, was mir aufgefallen ist in unserer Gegenwart, so gar nicht gefällt. Und genau das, liebe Juttavon, war meine Absicht mit diesen Zeilen, dass eben das banale Normale zur Norm geworden ist und wir uns gar nicht mehr wundern.

Einsprengsel

Tristesse

Hi Label

ich grüße dich, du großer Entlarver. Qualität lässt sich eben nicht verleugnen. Der Zusammenhang von Tristesse und deutschem Tod auf deutschen Straßen (siehe Maut) erschließt sich dir nicht? Übrigens: Tristesse = Traurigkeit, Düsternis, Langeweile.

Solche Dinge zu bemerken, sie aufzugreifen, gehört zum Ehrenkodex jedes Schreibenden, denke ich. Neben all der überströmenden Liebe für all das Gute und Schöne, von dem wir hier ja überreichlich haben. Gut, wenn du beim Lesen das Gefühl hattest, das ist nicht die Welt, in der man leben möchte. Bleibt bloß Auswandern. Aber wer weiß, ob sich die dortige von der hiesigen Tristesse nicht nur graduell unterscheidet. Man lässt es also und schreibt statt dessen ein Gedicht, eines wie dieses.

Einsprengsel

Liebe Einsprengsel

die Entlarvende war in diesem Falle Heidrun

Tristesse, eben WEIL das Traurigkeit, Düsternis, Langeweile, bedeutet, ist das etwas, was man überall hin mit nähme. Da hülfe auch kein Auswandern, es sei denn, dass die fremde Umgebung wieder die Neugier auf die Welt weckte und derjenige nicht von vornherein alles als bekannt und deshalb langweilig, abtäte.
Lebensumstände können natürlich Trostlosigkeit bewirken. Aber wie bei einem gebrochenen Bein, ist Heilung möglich.

Und damit Solche Dinge zu bemerken, sie aufzugreifen, gehört zum Ehrenkodex jedes Schreibenden, denke ich. hast du absolut recht.

lieber Gruß
Label

Tristesse

Ach ja, Orlando hat mich enttarnt? Gar nicht mitgekriegt. Na, dann hat sie gute Kontakte oder eine gesegnete Erfurcht vor meinem Dichterwerk.

Einsprengsel