Triumph und Wissenschaft

putorius

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I
Es war ein Sonntag im Herbst. Monroe trat seine bereits gerauchte Zigarette tief in die unschuldige Erde hinein. Etwas entfernt stand Wilson und nahm vor der Kulisse der Brandruine das Protokoll des Nachtwächters auf. Auf der anderen Seite standen die Polizeiwagen, die das Gelände vor Neugierigen abschirmten. Officer DeLorka hatte alle Hände voll zu tun.
„Bitte. Es gibt hier nichts zu sehen.“
Monroe zog mißmutig die Schultern hoch und warf einen flüchtigen Seitenblick auf das Ehemalige Institut, von dem nur noch die Grundmauern vorhanden waren und brummte matt zu sich selbst: „Das sehe ich.“ Inzwischen war Wilson mit seiner Befragung fertig. Er kam direkt auf Monroe zu und steckte auf dem Weg den Block in seine Jakettasche. Er lächelte immer. Das hatte dazu geführt, daß er auch noch Lachfalten auf dem Gesicht hatte, auch wenn er vor Wut kochte. Er schob sich die randlose Brille auf die Nase und schlug Monroe beim vorübergehen kameradschaftlich an die Schulter. „Wächst noch am Boden fest, Grießgram.“
Monroe drehte sich zu ihm um und hob drohend den Zeigefinger. „Wie oft...“
„Äh, Äh. Komm jetzt.“ Wilson war beim Auto stehen geblieben und schwenkte den Arm. „Das mußt du dir anhören, Grießgram. Die Geschichte von dem Alten ist ein Brüller.“
Wilson hatte sich bereits hinters Steuer seines schwarzen Ford gesetzt. Spring kurz rein, Grießgram. Wenn du willst, setze ich dich auch zu Hause ab. Dann mußt du nicht noch erst ins Büro fahren. Ist das ein Argument oder nicht?“ fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu.
Das Innere des Wagens offenbarte eine nicht enden wollende Anzahl an Getränkehaltern. Als ob der Van nicht schon genug ab Werk vorzuweisen hätte, waren noch gut ein Dutzend weitere notdürftig angebracht worden. Etwa zehn waren mit halbvollen Kaffeebechern belegt. Monroe ließ sich auf den Beifahrersitz fallen und sah seinem Kollegen in die wasserblauen Augen. „Und?“
„Das reißt dich vom Hocker. Sandwich?“ Er streckte ihm ein Schinkenbrot entgegen, das er aus einem Ablagefach herausgezaubert hatte.
„Nein, danke.“
„Na egal. Falls du Kaffee willst, der eine im Gooner’s-Becher müßte noch leicht lau sein. Den habe ich mir geholt, als der Einsatzbefehl kam.“ Wilson zog umständlich den Block aus der Tasche und schlug das Deckblatt zurück. „Philips, der Nachtwächter, sagt, daß das Feuer an allen Stellen gleichzeitig ausgebrochen sei.“ Sein Ton verlangsamte sich nachdenklich. „An allen gleichzeitig. Nicht an einer, wie dem Heizungskeller etwa, was zu vermuten wäre.“
„Ein Kurzschluß scheidet aus?“
„Mit Sicherheit. Brandstifter sind da eine plausiblere Erklärung.“ Wilson lachte kurz auf.
Monroe blickte zu der Ruine hinüber, von der sich gerade die Feuerwehrfahrzeuge davonmachten. „Frustrierte Wissenschaftler? Irgendwelche Kündigungen in den letzten Wochen?“
„Gut, daß du mich daran erinnerst, Grießgram.“ Wilson sah nach dem Telefax, das sich direkt hinter dem Beifahrersitz befand und schüttelte den Kopf. „Die in der Zentrale scheinen noch in Wochenendstimmung zu sein.“ Er griff zum Autotelefon und tippte eine sechsstellige Nummer ein. „Ja, ich bin es. Frank Wilson. Wo bleibt eigentlich die Liste, um die ich euch vor einer guten Stunde gebeten hatte?“ Pause. „Alles klar, danke.“ Er hängte den Hörer wieder ein. „Kein Hinweis darauf. Keine Kündigungen in den letzten drei Monaten, keine dubiosen Neuzugänge im selben Zeitraum.“
„Dann muß es ein anderes Motiv geben.“ Eine Eingebung erhellte plötzlich Monroes Gedanken. „Der Nachtwächter!“
Wilson nickte zufrieden. „Die Feuerwehr mußte den Mann aufwecken, als sie eingetroffen war. Er war eingeschlafen und hatte das Feuer nicht bemerkt. Jeder an seiner Stelle würde die gleiche Aussage machen. Ein Feuer entsteht nicht von einer Sekunde zur anderen. Ich hoffe, er hat eine gute Brandschadenversicherung, die auch Beträge oberhalb von 100 Millionen Dollar begleicht.“
Die Sonne ging im Rückspiegel auf. Die Neugierigen hatten sich damit abgefunden, keine Informationen zu bekommen und verzogen sich langsam. Am Ort des Geschehens war Ruhe eingekehrt. Der Kaffee war wirklich noch lau. Es war ein guter Hinweis auf die innere Stimmung, wenn man den kalten Kaffee eines Kollegen trank. Die Überreste des Instituts rauchten ungeachtet dessen still in den anbrechenden Sonntag.

II
Dienstag. Monroe saß auf der Terrasse und genoß die letzten warmen Tage des Jahres. Er las in einem dicken Schmöker. Neben sich eine Tasse Kaffee, vor sich der beruhigende Ausblick in den Garten. So ließ es sich leben. Konnte ein freier Tag angenehmer verlaufen?
In diese selbstgefällige Idylle platzte das Telefon hinein. Monroe zuckte zusammen und knallte mißmutig das Buch auf den Gartentisch. Nach einigen Schritten war er im Haus und am Telefon. „Ja?“
„Hey Grießgram. Ich bin es. Wilson. Du glaubst nicht, was Danson gerade für einen Fall bearbeitet. Ich habe es nur durch Zufall erfahren.“
„Schieß los“, knurrte Monroe.
„Drei Häuserbrände in der Nacht von Samstag auf Sonntag. Aber das beste kommt noch. In den Häusern wohnten die drei führenden Professoren des Instituts. Die Familien konnten sich retten, von den Wissenschaftlern fehlt hingegen jede Spur.“
Und das Headquarter hält es nicht für notwendig, uns diese Übereinstimmung mitzuteilen?“
„Offenbar nicht. Als ich Chief Barrels darauf angesprochen habe erhielt ich ein Achselzucken und eine Krawattennadel, wenn ich nicht mehr davon sprechen würde.“
Monroe nickte. „Ich verstehe. Wir ermitteln also wieder auf eigene Faust. Wann nehmen wir frei?“
„Da ich weiß, daß du heute den Sonntag ausgleichst, habe ich für heute freigenommen. Ich hol dich ab. Beeil dich aber, ich bin schon an der Kreuzung zur Harralds-Avenue.“ Es klickte in der Leitung, dann war es still.
„Du Hund!“
Drei Minuten später stand Monroe vor der Tür und funkelte finster den schwarzen Van an, der um die Ecke bog. Er stoppte direkt an der Auffahrt zur Garage. Durch die dunkelgetönten Scheiben konnte Monroe sehen, wie Wilson ihm zuwinkte. Er stieg ein und bekam beim Schließen der Tür einen ordentlichen Schwall kalten Kaffee auf die Hose.
„Tut mir leid, Jack. Ich vergeß’ immer die Becher zu entsorgen. Aber der Kaffee von Wellby’s Inn ist so dünn, daß er mit Sicherheit keine Flecken hinterlassen wird.“
„Tröstlich.“
Zwanzig Minuten später standen sie vor einer Brandruine. „Prof. Dick Thommers“, verkündete Wilson als sei er der Fahrer eines Touristenbusses. „Leiter der Forschungsabteilung. Komm, wir gehen rein.“
„Warum denn das jetzt?“
„Weiß ich auch noch nicht. Vielleicht haben die Jungs von der Spurensicherung eine Kleinigkeit übersehen. Schließlich sind wir die einzigen, die von der Parallele wissen.“
„Denkst du“, stellte Monroe sarkastisch fest.
„Ok. Sagen wir besser, wir sind die einzigen, die an beiden Tatorten waren.“ Mit diesen Worten sprang er aus dem Auto und verschwand in der erkalteten Ruine.
Monroe verdrehte kurz die Augen und folgte seinem Kollegen. Noch nach drei Tagen stach der beißende Geruch von verschmortem Kunststoff in seiner Nase. Hier war wirklich nichts mehr heil geblieben. Sogar das Gras des Gartens war verbrannt. Alles deutete auf eine enorme Hitzeentwicklung hin. Er konnte Wilson in einiger Entfernung einen Absatz erklimmen sehen. Dieser Mann mußte eine Metallnase haben. Monroe entschied daher, das ehemalige Haus zu verlassen, um sich seinen Geruchssinn zu erhalten. Er schlenderte zu der Gartenbegrenzung auf der Rückseite des Anwesens. Das gelblich verfärbte Gras knirschte unter seinen Schuhen, als wäre es gefroren. Allerdings beachtete er das nicht.
Er lehnte sich an den Holzzaun, der das Grundstück eingrenzte. Wilson kletterte noch immer im Haus herum. Weiß der Teufel, was er dort zu finden erhoffte.
Monroe wurde unsanft aus seinen Gedanken gerissen, indem der Zaun unter seinem Gewicht urplötzlich nachgab und er eine unsanfte Bekanntschaft mit dem Boden machte. Er fluchte und rieb sich den Ellbogen. Dann setzte er sich auf und sah sich den Zaun beleidigt an. Monroe stutzte, als er es bemerkte. Ungläubig nahm er einen der heimtückischen Holzpfähle in die Hand und sah ihn sich ganz genau an. Er nahm einen weiteren Pfahl in Augenschein und trat leicht mit dem Fuß dagegen. Der Holzpfahl brach ohne großen Widerstand auseinander und zersprang in tausend Stücke, als er aufschlug. Jetzt betrachtete er sich das Gras etwas genauer. Er kniete sich auf den Boden und bog einen der gelben Grashalme mit dem Finger nach hinten. Es brach mit einem kaum hörbaren klick nach hinten ab.
Mit einem lauten Schrei rief er Wilson zu sich.
„Was ist denn los, Grießgram. Du schreist, als hättest du ein Gespenst gesehen.“
„Vielleicht habe ich das auch. Und ich hoffe, du siehst es auch.“
„Sprichst in Rätseln, Freund.“
„Dann schau mal hier!“ Monroe nahm einen weiteren Holzpfahl und reichte ihn Wilson. „Schau dir die Bruchstelle an.“
Wilson nahm das Holz entgegen und drehte in den Händen. „Es ist hohl“, stellte er mit einem leichten Anflug von Verwunderung fest.
„Nicht hohl“, korrigierte ihn Monroe. „Ausgebrannt. Das Holz ist verbrannt. Allerdings von innen nach außen.“
„Das ist unmöglich - das ist verrückt!“
„Wenn du es nicht glaubst, bitte. Sieh her!“ Monroe trat gegen den unschuldigen Zaun. Er zerbrach in einer hellgrauen Aschewolke in kleine Teile. Wilson stand fassungslos daneben.
„Wie ist das möglich?“
„Das wüßte ich auch gerne. Außerdem scheint dem Gras jegliche Feuchtigkeit entzogen worden zu sein.“
„Es ist Herbst...“
„Schau dir das Gras doch an. Es ist trockener als Knäckebrot.“
Wilson überzeugte sich selbst davon und sah ihn fassungslos an, wobei er jedoch noch zu lächeln schien. „Was bedeutet das?“
„Frag mich nicht. Hast du im Haus etwas entdeckt?“
„Nichts was auch nur annähernd deiner Entdeckung gleichkommt.“
„Was schlägst du vor, Frank?“
„Sehen wir und die anderen Häuser noch an.“

III
Mittwoch. Monroe und Wilson saßen in ihrem Büro und wälzten Akten. Sie tranken den Kaffee direkt aus der Kanne und hatten kalte Chickenwings neben sich auf dem Tisch. Von draußen fiel heller Sonnenschein durch die halb heruntergelassenen Jalousien. Aus dem kleinen alten Kofferradio schepperte ein zum Klassiker gewordener Discohit aus den Siebzigern.
„Übereinstimmungen?“
Wilson hob seinen Kopf über den Aktenberg und lächelte nur müde. „Fehlanzeige. Ich frage mich, wie es ein menschliches Wesen fertigbringen kann, innerhalb von drei Tagen soviel Dokumente anzufertigen, die von normalen Bränden handeln.“
„Ich frage mich, ob sie normal zu nennen sind, wenn man sie in letzter Sekunde aus dem Reißwolf angelt. Ich mußte dem Herrn vom Aktenvernichter eine Menge Geld bieten, damit ich den Stapel bekam. Zum Schweigen konnte ich ihn allerdings erst nach einem Spanferkel, einem Videorecorder sowie einer Dauerkarte fürs Baseball in der nächsten Saison bewegen. Ich hoffe, sie sind die Opfer wert.“
„Tut mir leid, aber ich denke nein. Das einzige, das an den Papieren verdächtig sein könnte, wäre die Tatsache, daß sie existieren. Nirgends steht etwas von merkwürdigen Brandspuren.“
„Aber alle drei Häuser zeigen die gleichen Spuren!“
„Das ist schon möglich, Grießgram. Aber nicht ein Hinweis deutet auf Anormalien hin. Bist du sicher, daß du alle Dokumente geholt hast?“
„Ich kann ja noch einmal schnell runtergehen und nachfragen, wenn es dich beruhigt..“
Zehn Minuten später erschien Monroe wieder. Er hatte einen dünnen Aktenstapel unter dem Arm und eine sehr finstere Miene im Gesicht. Er knallte die Papiere auf den eh schon überfüllten Schreibtisch. „Hier. Er hatte sich gedacht, daß sie eventuell von Wert sein könnten, da Top Secret darauf stand.“
„Wieviel wert?“ fragte Wilson mit einem breiten Grinsen.
„Ein Faß Wein, ein Wochenende in Paris, sowie Fahrräder für seine drei Kinder.“
„Wollen wir hoffen, daß sie es diesmal wert sind.“ Wilson nahm den ersten Ordner und blätterte kurz hindurch. Nach einigen Momenten hielt er inne und pfiff leise durch die Zähne. „Das sieht schon ein wenig anders aus. Ich denke, du schließt mal schnell die Tür ab und schaust dir das an.
Monroe tat, was ihm befohlen wurde, und überflog die ersten Zeilen. Seine Augen weiteten sich langsam aber unaufhörlich.

IV
Der Vollmond tauchte die Ruine des Instituts in silbernes Licht. Die Umrisse der ersten Abbruchmaschinen ragten in die Nacht. Obwohl sich Monroe seinen dicksten Pullover angezogen hatte, fror er erbärmlich. „Du findest hier eh nichts mehr, Frank. Gib’s auf.“
Der Lichtkegel von Monroes Taschenlampe fiel auf Wilson, der im Kellergeschoß des ehemaligen Instituts herumkroch. „Immerhin wissen wir jetzt, nach was wir zu suchen haben.“
„Nach einer Dose Astro-Cola oder was? Es ist sehr einfach, eine Fliegende Untertasse zu bauen. Da reicht auch schon ein beleuchteter Luftballon.“
„Ok. Dann erhitze mit deinem brennenden Luftballon einmal einen Baum derart, daß er von innen nach außen brennt.“
Monroe weigerte sich, die Unterhaltung fortzusetzen und hockte sich auf eine zusammengebrochene Wand. Sein Blick fiel auf ein Stuhlbein, das innen hohl war. In einem Anflug von verlorener Selbstbeherrschung trampelte er solange darauf herum, bis nur noch Puder übrig war.
Marsmenschen. Und Wilson glaubte auch noch daran. Das war mehr als deprimierend.
Der Wind kroch durch Monroes Kleider. Glücklicher Weise hatte er eine heiße Thermoskanne voll Kaffee gemacht. Unglücklicherweise hatte er sie zu Hause auf dem Küchentisch vergessen. In seiner Hosentasche fand er einen aufgeweichten warmen Müsliriegel, den er sich sofort genehmigte. Gerade als er über die Schokolade auf seinen Fingern fluchte, stellten sich seine Haare auf. Es dauerte eine Weile, bis er das bemerkt hatte. Dann war er jedoch augenblicklich bei der Sache. Als er die Hand an die Frisur hob, knisterte es leise und kleine Funken tanzten umher. Auch auf anderen Gegenständen leuchteten kleine Punkte auf. Monroe bemerkte, daß sogar die hartnäckigsten Insekten aufgehört hatten zu zirpen. Es war totenstill, bis ein leises Pfeifen durch die Nacht wehte.
„W...Wilson“, flüsterte er. Dann etwas lauter. „Wilson! Kommst du mal?“ Nichts. Keine Spur von seinem Kollegen. „Du machst dir einen Spaß mit mir, nicht? Ich habe keine Angst...“, log er.
Inzwischen war das Pfeifen in ein statisches Knacken übergegangen, aus dem nach und nach ein Brummen erwuchs. Jetzt sah er über dem ehemaligen Institutsparkplatz auf der Rückseite des Komplexes einen hellen weißen Punkt drei Meter über dem Asphalt strahlen. Es war, als sei ein Stern vom Himmel gefallen zu sein. Ungläubig und wie von einer unsichtbaren Kraft gelenkt trat er auf die Erscheinung zu, die jetzt etwa 20 Meter vor ihm in der Luft verharrte.
Dünne Blitze schlugen von dem kleinen Stern in den Asphalt. Der Wind, der eindeutig aus der Richtung von der Erscheinung herüberwehte, war zweifellos fremdartig und glich nichts, was Monroe kannte. Dann dehnte sich der Stern aus. Er wuchs in allen Richtungen. Als er etwa die Größe eines LKWs erreicht hatte, explodierte er geräuschlos in einer Flut von Haloerscheinungen und Regenbogen. Übrig blieb ein vollkommen schwarzes Loch von gut sechs Metern Durchmesser.
„Guter Himmel. Was ist das?“ Das war Wilson, dem die Geschehnisse nicht entgangen waren. Er stand neben Monroe und starrte geistesabwesend in das Schwarz.
Plötzlich erschien im unteren Bereich der Scheibe ein gelbes Sechseck. Die schwarze Scheibe schien nun etwas heller zu sein. Auch konnte man deutlich erkennen, daß es sich bei der Scheibe in Wirklichkeit um ein plastisches unregelmäßiges Gebilde von der Form einer überdimensionalen Kartoffel handelte. Feine Lichtbahnen huschten still über die Oberfläche.
Jetzt verschwand das Sechseck und gab den Blick auf einen Gang frei, der ins Innere des Gebildes führte. Im hinteren Bereich des Ganges stand eine dickliche Gestalt in einem silberfarbenen Raumanzug. Das Gesicht des Fremden wurde von einem verspiegelten Vollvisierhelm verborgen. Monroe und Wilson starrten indes wie gebannt auf die Szene.
Die Gestalt trat aus dem Gebilde auf den Asphalt und steuerte direkt auf die beiden fassungslosen Männer zu. In drei Metern Entfernung blieb die Gestalt stehen und sah sich um. Sie schien beinahe enttäuscht zu sein mit dem, was sie sah. Die Gesten waren allzu menschlich. Jetzt schien sie direkt zu den beiden Menschen zu blicken. Der Fremde verbeugte sich höflich und breitete die Arme aus.
Als sich Monroe und Wilson noch immer nicht rührten, drang eine verzerrte Stimme aus dem Helmlautsprecher zu ihnen. „Sind sie Prof. Dick Thommers, Prof. Emilio Cruzera oder Madeleine Richardson?“
„Also Madeleine Richardson sind wir bestimmt nicht!“ traute sich Wilson zu antworten. „Aber ihr Haus ist vor einigen Tagen in Flammen aufgegangen, genauso wie die Häuser der beiden anderen, sowie, ganz nebenbei, das Institut hinter uns. Aber das müßten Sie wohl am besten wissen.“
„Nicht!“ flüsterte Monroe. Du verärgerst ihn.“
Der Fremde sackte innerlich zusammen. Er ließ traurig den Kopf hängen und schüttelte ihn dabei langsam. „Schon wieder zu spät.“
„Was meinen Sie damit?“ fragte Wilson mutig.
„Zu spät“, wiederholte der Fremde. „Oh übrigens. Ich vergaß, mich vorzustellen. Mein Name ist Jasax Inneda Farastax. Vorsitzender des Komitees zur Wiederherstellung der Rechte Terras mit Sitz auf Tecon III, Sektor des Gwannymerischen Direkts.“
„Wie bitte?“ fragte Monroe.
„Da ihr beide offenbar noch nie etwas vom KWRT gehört habt, muß ich mich ein wenig verständlicher Ausdrücken. Ich bin von den Guten.“ Er wies mit der behandschuhten Rechten auf die Überreste des Instituts für Teilchenphysik. „Das da waren die Bösen. Wir im POPCORE nennen sie einfach Fanatiker. Sie kommen vom Planeten 67+33Istnicht99 uns hassen die Menschheit.“
„Und deshalb jagen sie unschuldige Institute, einschließlich deren Professoren in die Luft?“ vergewisserte sich Monroe.
„Die Fanatiker versuchen zu verhindern, daß die Menschheit den Sternenantrieb entwickelt. Sie haben die Erde auch vor 20.000 Jahren mit dem ganzen Sonnensystem an den Rand der Galaxis versetzt, aber das ist eine andere Geschichte.“
Die beiden Menschen nickten still.
Monroe trat einen Schritt vor. „Wie schaffen es diese ...Fanatiker, daß wir diesen Sternenantrieb nicht entwickeln?“
„Das ist sehr einfach. Die Fanatiker haben vor einigen Jahren einen Spezialagenten auf die Erde geschickt. Sein Name war Einstein oder so ähnlich. Er hat eine Theorie vorgelegt, derzufolge unter anderem die Lichtgeschwindigkeit konstant und nicht zu übertreffen sei. Er schaffte es, alle Wissenschaftler der Welt davon zu überzeugen, und die Menschheit stieß so nie das Tor zu den Sternen auf. Dabei ist die Formel, die Sternenreisen ermöglicht sehr trivial. In der Formel steht unmißverständlich geschrieben, daß es ganz einfach ist, sich im Weltraum zu bewegen. Es ist wie radfahren. Ohne diese Formel sitzt die Menschheit auf ihrem Planeten fest und - das macht die Sache aus Sicht der Fanatiker interessant - Agent Einsteins Formel ist der Beweis, daß es keine intelligente Raumfahrt geben kann, da der Zeitfaktor zu gewaltig ist. Nun ja. In diesem Institut hier hatte man den Plan des Agenten Einstein durchschaut.
Ich bin zu spät gekommen. Wäre ich nur drei Tage früher aufgebrochen, hätte die Menschheit nächsten Sommer die Weltformel des Albrakastraffalzimoranxx gefunden.“
„Sie könnten sie uns verraten. Wir geben sie weiter“, bot sich Wilson an.
„Lieb gemeint, Mensch. Aber das Gefüge aus Raum und Zeit gehorcht höheren Gesetzen. Mein Auftrag hier ist fürs erste beendet und fehlgeschlagen. Ich werde nun verschwinden und dem teconischen Rat meinen Bericht abgeben.“ Der Außerirdische drehte sich um und ging zu seinem Raumschiff zurück.
„Eine Frage noch!“ rief ihm Monroe hinterher.
Jasax blieb stehen und drehte sich noch einmal um. „Ja?“
„Woher sprechen Sie unsere Sprache?“
„Nun ja.“ Er deutete mit dem Daumen auf sein Schiff. Meine ETIS und ich haben häufiger hier zu tun als ihr glaubt. Wer weiß - vielleicht sehen wir uns ja einmal wieder. Dann hoffentlich unter glücklicheren Umständen.“ Als er im Innern war, winkte er noch einmal zu den Menschen hinaus und das Raumschiff erhob sich, wie man es von außerirdischen Raumschiffen erwartete, geräuschlos in die Luft und jagte in den klaren Sternenhimmel, wo es schon bald verschwunden war.


Ende
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
die

geschichte gefällt mir, liest sich gut. überschaubar und gut gegliedert. man liest sich! lg
 



 
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