trotzdem

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poetix

Mitglied
Hallo Ralf,
dein Gedicht erinnert mich an jenes, das du in deinem Kommentar zu meinem Gedicht "Sein und Vergehen" geschrieben hast. Bitte sei mir nicht böse, wenn ich sage, dass mir diese vorige Version besser gefallen hat. Das Heraklitsche Motiv ist hier natürlich auch noch vorhanden, aber jetzt kommen doch andere Aspekte dazu, die ein bisschen ablenken. Motiviert durch den Nil kommt man zu Ägypten, der Wüste...Natürlich in sich auch logisch. Und der Nil ist ja auch schon ein Symbol und daher wichtig. Also kann ich das Gedicht auch in seiner jetzigen Form verstehen und es gefällt mir.
Viele Grüße
Christoph
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo poetix,

erst einmal danke für deinen kommentar. wie du dir sicherlich vorstellen kannst, empfinde ich es anders.

in diesem stück,tritt für ich mein eigentlicher gedanke erst hervor.

thanx

ralf
 

Ralf Langer

Mitglied
trotzdem - leben ist strömen.
ein weißer, ein blauer nil,
die quellen - vergessen -
ruft eine stimme :"nihil",

zum trotz: im tempel von theben,
in memphis an der säule des ptah,
chiffren in steinen, auf stelen
deuten etwas das ist, etwas das wahr

bleibt: - trotz dem strömen
höre der wüste zu:
nichts ist einfach - ein sich gewöhnen,
an die stunde, die frage: wozu.
 
O

orlando

Gast
Hallo Ralf,
tief im Grunde der Dichtung herrscht Klarheit. Auch Ordnung.
Entwickelt sich die innere und nicht die äußere Dimension, nehmen das Unverständnis der anderen und das eigene Schweigen zu. Dies ist nicht lösbar - wir haben uns schon öfter darüber ausgetauscht.
Dein metrisch untadliger Text spricht in einem einzigen Satz zu mir, dessen Gefüge schlicht anmutet, sich gleichwohl durch den Einschub der zweiten Strophe / Textgruppe (hier etwas strittig ;)) und durch das Nebeneinander der Trotz-Wiederholungen apart rundet.
Übrig bleiben die Fragen aller Fragen: was bleibt und wozu? Die Antwort gibt uns auch Christa Wolf indirekt, bezogen auf Kleist:
Kein Ort. Nirgends.

Ein großArtiges Gedicht.

LG, Orlando

P.S.: Wenn du mal mit Benn fertig bist, empfehle ich dir die intensive Beschäftigung mit Rimbaud, der an all dem litt - und schließlich schwieg. Der hat nur vier Jahre gewirkt und trotzdem die Lyrik revolutioniert (nach Baudelaire).
Unsre Jungs, George und Benn, arbeiteten auf seinen Schultern: Natürlich kann niemand im Nichts anfangen.
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo orlando

"tief im Grunde der Dichtung herrscht Klarheit. Auch Ordnung.
Entwickelt sich die innere und nicht die äußere Dimension, nehmen das Unverständnis der anderen und das eigene Schweigen zu"

bemerkenswert analysiert.

ich gehe meinen weg - in die isolation?

hier dies stück, gefällt mir - wie soll ich sagen - weil wortklang und bildhaftigkeit meiner meinung nach- in einem musikalischen sinn - harmonieren.

der trotz - ist und wird - in meinem dasein ein dreh und angel punkt. er ist das, was ich dem unabänderlichen - in den weg stelle.

lg
ralf

p.s.
rimbaud und baudelaire werde mich auch um diese beiden bemühen, vielleicht noch mallarme. aber mein französisch ist sehr eingerostet.
 
O

orlando

Gast
Lass mich noch kurz auf deinen Kommentar antworten, bevor ich mich in die selbst verordnete Pause begebe. -
Mallarmé, ein Dichter, der tatsächlich nur nach Baudelaire und Rimbaud erfahrbar ist, geht es um die suggestive, nicht zwangsläufig verstehbare Lyrik (dunkle Dichtung). Fraternisierung mit dem Leser kommt nicht mehr zustande.
Das Nichts - um auf deinen Text zurückzukommen - wird auch von Mallarmé ontologisch verstanden, als Wegstreben von der Realität hin zur Idealität (eigentlich platonisch gedacht).
Jener sagte einmal: "Die göttliche Umsetzung, um derentwillen der Mensch existiert, verläuft in der Richtung vom Faktum zum Ideal."
Allerdings bleibt er in den Bezeichnungen zur Idealität recht ungenau.
Erst in der negativen Benennung (le néant / das Nichts) macht er einen konsequenten, ja extremen Schritt in die Linie, die von Baudelaire und Rimbaud bereits vorgezeichnet war.
Mallarmé sieht das Verhältnis zwischen "seinem" Nichts und der Sprache als Existenzfrage des Dichters.
Insofern sind wir2 zumindest ziemlich mallarmé. ;) - Populär werden wir dadurch wohl nicht ...
Mach`s gut mein Lieber,
wir lesen uns
 



 
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