Trotzdem

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Vera-Lena

Mitglied
Trotzdem

Die Armee der Lichtlosen ist angetreten.

Ausgeklügelte Lügen
tropften
in
ihr
hungriges
Herz.

Der heilige Krieg lockte sie.

Nun sind Leid, Qual und vergossenes Blut
ihre Nahrung,
Besitzgier ihr Ansporn.

Wie wollen sie zurückfinden
in Gefilde, in denen zeitweilig
Barmherzigkeit und Großmut
aufflammen. Weit sind sie dem entfremdet.

Dennoch, ein winziges Pünktchen,
eine einzige Zelle ihres Selbst
sehnt sich dorthin.

Aber das ist nicht mehr ihre Wahrheit.

Die Sterne erschauern bei ihrem Anblick,
senden ihnen trotzdem ihr Licht.
 
Anna-Lena,
sehr beeindruckend Dein Gedicht über jene entmenschlichten Krieger. Ich fürchte, sie werden nicht in die Gemeinschaft zurückfinden können, da die ihnen vermutlich auch nie die notwendige Geborgenheit bieten konnte. Sie werden den eigenen und/oder den Tod ihrer Feinde suchen ...
Es erscheint mir ausweglos...
Gruß
Karl
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Karl,

im Großen und Ganzen ist es tatsächlich so, wie Du es befürchtest. Einzelne Personen sind aber doch zurückgekehrt, weil sie sich abgestoßen gefühlt haben von dem, was dort geschieht, und sich das auch vorher überhaupt nicht so vorstellen konnten.

Es ist das traurigste vom Traurigen! Ich musste es mir von der Seele schreiben.

Danke für Deinen Kommentar und Deine Bewertung.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
das innere Dilemma der frommen Seelen

Die Armee der Lichtlosen ist angetreten.

Ausgeklügelte Lügen ...
Könnte es sein, daß Du mit harten Urteilen beginnst, anstatt zu beobachten, darzulegen, wahrzunehmen und die Sache selbst in sich und aus sich "sprechen" zu lassen? Das ist doch, meine ich, das Wesentliche der Lyrik: nicht die Selbstwahrnehmung des Betrachters ("Betroffenheit"), sondern Wahrnehmung des Fremden, Unvertrauten, Verstehen des "Bösen" und "Widerwärtigen", bekennender Spiegelblick der Ehrlichkeit, schonungslos gegen den eigenen Zorn, den reflektierten.
Ich will nicht gleich sagen, mit Urteilen anzufangen sei Vor-urteil, Vor-Ver-Urteilung (statt eines Aufscheinenlassen der Wahrheit in Zurückhaltung und Nüchternheit). Aber die Gefahr besteht hier.
Ein frommer Mensch, wie Du doch wahrscheinlich bist, ist natürlich besonders entsetzt über die Frömmigkeit religiös motivierter Krieger. Ein schlimmes Dilemma, ein Rechtfertigungskrieg tief drinnen in der Seele. Da liegt eine dramatische Spannung. Da urteilt man lieber, der andere sei eben nicht fromm, sondern auf Lügen hereingefallen. Ja, so urteilt der Pharisäer, der im Besitz der Wahrheit ist.
 
D

Die Dohle

Gast
... eine zugewandte Anklage, das ist schön. Hallo Vera Lena, Freunde findet man nicht in der Art, wer setzt sich schon gerne zwischen die Stühle, und doch ist es ein gangbar respektabler Weg, dem Irrsinn die Stirn zu bieten. Ich bin sehr beeindruckt, will aber den Text noch ein bisschen wirken lassen ...

lg
die dohle
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo, Mondnein,

woher willst Du denn wissen, auf welche Informationen sich dieser Text stützt?

Ich pflege nicht über Dinge zu schreiben, über die ich keine zuverlässigen Kenntnisse habe.

Gruß
Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo Dohle,

danke für Deinen Kommentar!

Zu dem Sitzen zwischen den Stühlen möchte ich Folgendes sagen: In meinem Bücherschrank steht der Koran neben der Bibel.

Wie kam es dazu? Seit vielen, vielen Jahren bin ich in der Stadt in der ich wohne, in einem christlich-islamischen Gesprächskreis. Auf diese Weise ist es geschehen, dass ich mehrere fromme Moslems zu meinen persönlichen Freunden zähle. Gerade diese Menschen haben sich öffentlich geäußert und das mörderische Vorgehen der Moslems, die ein Kalifat gründen wollen und den Koran dafür missbrauchen, verurteilt.

Natürlich gibt es im Koran eine Stelle, die sich auf den Heiligen Krieg bezieht, aber die lässt sich hier eben nicht anwenden.

Insofern weiß ich mich mit diesem lyrischen Text auf festem Boden und fühle mich nicht zwischen den Stühlen.
Dass andere das anders sehen, muss ich in Kauf nehmen.

Danke noch einmal für Deine Worte!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Ja nun, das gibts halt auch.

woher willst Du denn wissen, auf welche Informationen sich dieser Text stützt?
Ich behaupte nicht, zu wissen, auf welche Informationen sich Dein Text stützt. Das hat mit meiner Frage nicht das Geringste zu tun.
Entweder ist Dein "Text" ein Diskussionsbeitrag in einer heißen Diskussion, in der zur Zeit alle frommen Menschen stehen, oder es ist ein Gedicht.
Wenn es ein Diskussionsbeitrag ist, dann fehlt ihm genau das, was ihm allein Überzeugungskraft geben kann: In der Sprache des Diskussions-Gegners bzw. -Partners zu sprechen. Jede Diskussion, sei sie wissenschaftlich, sei sie meinungsaustauschend, sei sie wertend, erfordert das Eintauchen in die Sprache, die Begriffe, die Grundannahmen des Anderen, wenn man denn überhaupt verstanden werden will. Wenn ich dem anderen unterstelle, auf Lügen hereingefallen zu sein, verweigere ich mich der gemeinsamen Sprache. Dann ist es nichts als eine verkappte Kriegführung. Wenn ich dem Gegner vorwerfe, er sei nur auf Lügen hereingefallen, entziehe ich ihm die Möglichkeit, mich zu verstehen. Wenn ich ihn überzeugen will, muß er mich verstehen dürfen, in seiner Sprache.

Wenn es aber ein Gedicht ist, dann steht es für sich, in ästhetischer Distanz: Das lyrische Ich kann dann verfluchen und schimpfen, verachten und verurteilen, ohne überzeugen zu müssen. Es ist dann eine Rolle auf der Bühne, bedenkenswert, eine verselbständigte Maske, ist irgendein Traumbild - vielleicht anrührend, vielleicht erschütternd, vielleicht verrückt, vielleicht auch nur komisch. Der Hörer denkt: Ja, das gibts halt auch, dieses zornige Nichtüberzeugenwollen. Man muß ja nicht den "Anderen" oder gar den "Feind" überzeugen, solange man viele, viele Freunde hat, die am gleichen Stammtisch oder im gleichen Zuschauerraum sitzen. Alle gerecht und zornig. Das tut gut (ohne gut zu sein).
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
bismi 'llahi ar-rachmani ar-rachimi

Du bist eine gute Seele, Vera-Lena, daran zweifle ich nicht im geringsten.
Und in der Tat bin ich ziemlich ratlos, was die sich heilig dünkenden "Krieger" angeht. Ich suche die Koranstellen, die sie widerlegen. Manches findet der Sucher ja sofort, vor allem die 113 Surenanfänge, in denen der Rezitator sich auf Gott nicht als auf einen Rächer, sondern auf den "allbarmherzigen Erbarmer" beruft. Und die überaus häufige Klausel "denn er ist der Allmächtige, Allweise", mit der in der Regel gerade die (jeweils vorher aufgeführten) "gerechten" Härten und Konsequenzen mit realistischer Nachsicht zurückgenommen werden, widerspricht jeder menschlichen Anmaßung, die Wahrheit besser zu kennen und das Gesetz gerechter durchsetzen zu wollen als der Allweise.
Aber es genügt nicht, das zu wissen und zu lesen, deshalb bin ich ratlos; die Gefahren nicht nur für Jesiden, Christen und Schiiten, sondern besonders auch für die Alewiten, sind groß, da drohen weitere Massaker.
Ich denke, in der Sicht dieser Gefahren stimmen wir völlig überein.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Mondnein,

danke, dass Du Dir so viel Zeit genommen hast, die Dinge noch einmal zu überdenken.

Ja, es ist so traurig, wie Du es jetzt schreibst und ein Ausweg ist leider auch nicht in Sicht.

Genau deshalb musste ich diesen Text hier reinsetzen. Sich mitteilen zu dürfen, ist doch so ein klein wenig tröstlich und Antworten zu erhalten, tröstet ebenfalls, obgleich es an den Dingen nichts ändert.

Danke für Deinen durchdachten und einfühlsamen Kommentar!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo in die Runde, einige Gedanken zum Thema:

Aus meiner Sicht handelt es sich bei den beklagten Brüdern & Schwestern um ziemlich schlaue gewalttätig soziopathisch verpeilte Geister, zumindest, was deren Führungselite betrifft. Diese Leute sind zudem zutieftst frustriert-destruktiv gewickelt. Solche Menschen definieren ihren Selbstwert, ihre Idendität nicht aus ihrer Person selbst heraus, sondern betrachten ihre Mitmenschen als autenthischen Teil ihrer Persönlichkeit, die sie entprechend gestalten. Das Du wird essentiell als Surrogat gewissermaßen benützt, wobei vorhandene, die Persönlichkeit schützende Grenzen des Gegenüber systematisch und absichtvoll eingerissen und zerstört werden.

Ist es unter der trauten Zweisamkeit schon außerordentlich schwierig, heil zu bleiben in der Beziehung zu solchen Menschen, so wird es nahezu immer richtig gefährlich, werden solche Leute unreflektiert mit Macht ausgestattet.
Es nützt nichts, solche Leute zu hassen, diese Emotion ist pure Lebensenergie für diese Geister.

Nichtsdestotrotz, es sind Wesen, -es gibt gottseidank nicht allzuviele von dieser Sorte, wie andere auch. Für mich treiben diese Kollegen die Frage, wie Frieden, Freiheit zu bewerkstelligen wäre in einer radikalen kompromisslosen Weise auf die Spitze: Wie gehen wir mit Grenzen um, wie mit Macht? Wen statten wir weshalb mit welcher Qualität von Macht aus? Ist es möglich, eigene Verantwortung in fremde Hände zu delegieren, wenn ja, wie? uswusf. Ich gebe zu bedenken, Bin Laden ans Kreuz zu nageln, liefert noch keine Einsicht in die Zusammenhänge. Es verschafft höchstens ein bisschen Zeit, bis zu dessen Wiedergeburt: IS, Boko Haram, HogeSa ...

Aus dieser Sicht gefällt mir der hier gezeigte Text sehr, da der, die respektvolle Haltung pflegend, die Türe öffnet, dem Grauen mutig ins Herz zu blicken, um es zu verstehen und zu lernen damit umzugehen. Evtl., wenn nötig mit dem Gewehr in der Hand noch, das Ziel jedoch wird sein, das Gewehr einst nicht mehr zu benötigen, da wir verstanden haben werden. Das Leben wird schöner sein, auch unter uns Gewöhnlichen, da wir uns ein Stück weniger unreflektiert zu Lakaien/Surrogaten degradieren lassen werden.

lg
die dohle
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo Vera Lena,
mit "zwischen den Stühlen" meinte ich, Deine Sicht öffnet den Weg zu den Menschen zugewandten Einsichten. Die werden den Fahnenträgern hüben UND drüben vermutlich nicht allzusehr gefallen ...

lg
die dohle
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo Dohle,

herzlichen Dank für die gelungenen Formulierungen zu Deinem Verständnis dieses Textes!
Ich fühle mich vollständig verstanden.

Das "zwischen den Stühlen" habe ich jetzt auch mitgekriegt, Auch hier gebe ich Dir Recht.

Wir leben in einem dunklen Zeitalter. Seuchen, Naturkatastrophen könnten schon ausreichen, die Welt in Angst und Schrecken zu versetzen.

Wie traurig, wenn dem noch vom Menschen inszenierte Grausamkeiten hinzugefügt werden!

Wer soll in kürzester Zeit befähigt sein, das ganze Leid aufzufangen? Supertraurig finde ich auch, dass es so viele elternlose Kinder unter den Flüchtlingen gibt.

So werden wir tapfer weiter durch dieses Leben schreiten, das Übel beim Namen nennen und dort helfen, wo es uns möglich ist.

Danke für Deinen Kommentar!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Solche Menschen definieren ihren Selbstwert, ihre Idendität nicht aus ihrer Person selbst heraus, sondern betrachten ihre Mitmenschen als autenthischen (sic!) Teil ihrer Persönlichkeit, die sie entprechend gestalten
was Dir, Dohle, ja niemals in den Sinn käme, jedenfalls nicht beim Schreiben solcher Sätze. Denn Du bist ja im Besitz der Wahrheit, und das unterscheidet Dich von denen ...
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Mondnein,

so ganz abwegig scheint mir das aber nicht zu sein, was Dohle da schreibt.

Einen Säugling kann man nur am Leben erhalten, wenn man ihn als einen Teil seines Selbst empfindet zu einem gewissen Prozentsatz jedenfalls. Warum eilt die Mutter auch noch dann ins Kinderzimmer, wenn sie bemerkt, dass ihr spielendes Kind plötzlich so still geworden ist? Wie oft steht sie im richtigen Augenblick da, um das Kind vor einem Unfall zu schützen.

Wichtig ist dann später der Abnabelungsprozess und zwar für beide Seiten. Wie oft misslingt der.

Aber noch schlimmer ist es, wenn das neu in die Welt gekommene Wesen hauptsächlich als störend empfunden wird, weil die Eltern nicht die Zeit haben, sich auf ihre Kinder zu konzentrieren.

Aus solchen Situationen formen sich später möglicherweise Persönlichkeiten, die ... Den Rest kannst Du Dir denken.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
Liebe Vera-Lena! Du hast Dohle offensichtlich ganz anders verstanden als ich. Vielleicht besser als ich, das wäre schön.
Ich hatte eher den Eindruck, ihm genüge es nicht, seinen Feind "ans Kreuz zu nageln" und er suche nach einer heftigeren "Antwort". In dieser Richtung suche ich aber nicht.
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Mondnein,

sicher wird Dir Dohle auch noch selbst antworten. Ich habe Ihn aber so verstanden wie Karl Feldkamp es auch schon geschrieben hat, nämlich dass es diesen Leuten an Geborgenheit fehle.

Liebe Grüße
Vera-Lena
 
D

Die Dohle

Gast
"...was Dir, Dohle, ja niemals in den Sinn käme, jedenfalls nicht beim Schreiben solcher Sätze. Denn Du bist ja im Besitz der Wahrheit, und das unterscheidet Dich von denen ..."

Dein Zitat, hallo mondnein.
Wär schade, diesen Text mit einem Excurs darüber zuzumüllen, ob Wahrheit überhaupt Besitz sein kann, insbesondere meiner.

Meine Ausführungen fußen auf Erfahrungen der persönlichen Art und solchen, die sich ohne weiteres durch harte medizinische Fakten untermauern lassen. Es ging mir darum zu zeigen, ein Psychopath, verantwortungsvoll mit Macht ausgestattet, kann ein Segen sein. IS ist verantwortungslos mit Macht ausgestattet. Von Leuten die vermutlich ebenso verantwortungslos mit Macht ausgestattet sind. Mein verhaltensauffälliger Nachbar erschießt so lange keine Menschen, so lange der kein Gewehr in die Hände bekommt. Adolf Hitler fiel nicht vom Himmel. Er wurde von der überwältigenden Mehrheit der deutschen Bevölkerung u.A. in Amt und Würden gebracht. Auflehnung war möglich: Siehe Mössingen 1933, der einzige Widerstand weit und breit damals.
Evtl. kommt jetzt ein bisschen mehr Licht in meine o.g. Ausführungen, hoff ich wenigstens. Vera-Lena hat entsprechend meiner Absicht rezipiert.

lg
die dohle
 



 
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