Über die Rheinbrücke bei Köln (Kirchner,1914)

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Wir fahren nachts nach Köln ein
im Abteil da sind wir ganz allein.
Und mir scheint als führe aus dem Rhein
ein Schicksal ein in unser Schweigen,
das jemand auf ein Blatt geschrieben hat
der keine Zeit für Liebe hatte.

Als sänke es kreiselnd in Dein fernes Schauen
in Deine müdgeliebten Augenschläge.
Als veredele die Frauenbrauen
das versunkene Rheingold, als läge
plötzlich ein Raunen von römischen Zeiten
in unserem Schweigen.

Unter dem dunkelblauen Hut
sinkt aus Deinem müdgeliebten Augenschwunge
salzig die Träne auf die Zunge,
mit der du die vollen Lippen benetzt.
Du schrickst, als habe Dich ein Traum verletzt.
Ein dunkelblauer Traum.

Und wie ein guter Tropfen Blut,
prunkt dir die Wunde blauer Glut gerade in den Augenschein,
in die Schwärze der Brücke über den Rhein. Und
über uns, da ziehen grüne Papageien
heim zu ihren Schlafesbäumen.
Wo in den dunkelblauen Rhein
sie sinken alle ein, die Schreie der
grünen Papageien.
Ihr Echo ein Wiedererinnern
in Träumen.

Überall an Deinem schönen Munde,
pulsiert die Glut einer Schicksalsstunde.
Aufgestiegen aus Vorstellung und Träumen.
Und so gebenedeit von dem Zwielichterschein,
fahren wir schweigend ein,
nach Köln. Und über den dunkelblauen
Rhein.

Die Häuserschluchten
fluchen
in das monotone Einrasten der Räder
am Berührungspunkt der Eisen.
Und wohin die Trommelschläge dieser Wägen
auf den Gleisen auch verweisen,
zerquetschen die Schläge,
verwaisen die Wege
die selbsternannten Quacksalbereien,
Rutengänger, ausgehöhlte Heilerlein
im Schlund der römischen Stadt.

-,Weil sie kein Mitleid hat
mit den -Ismen und Lügen.
Den Phrasendreschereien.
Mit keinem
dieser ungewollten Komiker
Sie sind alle Selbstverleugner
Spiegelschmierereienzeuger!

Du seufzt und legst die Hand an die Scheibe.
Du alleine bist echt.
ich verliere mich wieder ins Glas, ich treibe
hilflos in das Nachtgeflecht
des Rheins, der seine Wogen bricht
wie Kinderleiber
brechen
ohne Liebe.

Dann wieder trifft dein Blick mich, spritzt mich
in das Abendlicht
als scheinte ich, als triebe ich auf allen Wegen
Wandelnd wie in einem Segen
Ein gewesener Verleugner.
Ein gewollter Komiker.
Dem man seine Phrasendreschereien
verzeihen
konnte.
Der echter werden konnte
in diesen schweigsamen Stunden
mit dir.

Da ist es wieder.
Dein Gesicht unter dem dunkelblauen Hut
und dein Pantherinnenmut.
Die sündige, seufzende, melancholische Glut
in deinen Augen.
Du bist so gut.
Wozu soll ich dir jemals
taugen.

Lass mich noch einmal von deinen Lippen Träume saugen!
Denn das Ende der Brücke naht.
Und die nächtliche Stadt
ist wie ein Blatt.
Auf das uns jemand hingeschrieben hat,
der keine Zeit für Liebe hatte.
 
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