Hi Tula,
ich finde Deine Interpretation in Teilen recht treffend.
An anderer Stelle wundere ich mich, schreibe dies aber der Freiheit zu, dass die Bildsprache eines Gedichts durchaus offen sein darf und der Leser sich seine eigene Reflektion sucht.
Das Grinsen ist für mich die Teilnahmslosigkeit eines „Dabeiseins“, des Zuschauers, der keinerlei Aktion findet, der dem konstanten Trott beiwohnt, und sich (meistens nicht) bewusst ist, dass dieses Drängen und Suchen, der Fortschritt und die Konkurrenz, nicht eben nur positiv sind. Er klatscht, er grinst, aber er ahnt, dass der Tod dieses Streben begleitet.
Genau das ist der Wesenszug des Textes, der sich als nächsten inneren Punkt die „kleinen Tode“ sucht, die in diesem Zusammenhang nicht unbedingt sexuell, sondern als Endpunkte des Wettkampfes und der Konkurrenz stehen. Wenn irgendwo jemand reich ist, „gewonnen“ hat, ist irgendwo jemand gestorben, oder „arm“.
Nebenbei wird dann auch angeführt, dass die Sieger ebenfalls sterben.
Das lyr. Ich erkennt, dass das Kind ebenfalls dieses Lächeln, dieses dem „Lauf der Dinge“ beiwohnen, inne hat. Er hasst dieses Lächeln, in sich selbst, in seinem Kind, in den anderen.
Es verlässt ihn nicht, ebenso wie der Schatten im Auge, der, egal wohin der Blick geht, eben immer Begleiter ist, ein Schatten wird auf die Dinge geworfen, die für das lyr.Ich nicht schön sind, denn es wütet draußen der Sturm.
Deshalb auch das Bild der ersten Strophe: Das Rascheln der Blätter wird nicht als schön, sondern als negativ empfunden. Der Lauf wird als Stillstand empfunden, als Tätigkeit im „Auge des Sturms“, wo anscheinend alles in Ordnung ist.
Die letzte Strophe gibt wieder, dass das lyr.Ich alles gibt, um dem Kind eine gute Existenz, eine christlich Existenz zu bieten, doch es fürchtet um die unguten Anlagen des Menschen, die Gier, die Last, die Lust, die in jedem Menschen vorkommen, deshalb verharrt er im Auge des Sturms, wo anscheinend alles in Ordnung ist, er hört die alten Lieder, schwört auf den Fortschritt, und hofft auf Vergebung der Opfer, die er reißen musste, um seinen Platz zu erkämpfen.
Styx finde ich in diesem Zusammenhang ganz gut. Es ist der Ort, der zu diesem Text gut passt, und spiegelt wieder, dass im Jenseitigen etwas ähnliches droht, was bereits im Irdischen gilt.
Einen Ausweg suchen, diesen Wettlauf hinter sich lassen.
Es ist die Welt der Gegensätze, in der sich das lyr.Ich befindet, doch er als Zuschauer sieht dann den Läufer, der ebenfalls diesen Schatten in sich trägt. Es ist die Erkenntnis, dass es jedem so geht, dass jeder eine nicht näher zu benennende Feindschaft mit der Nähe zur Welt empfindet.
Das bedeutet, dass der Mensch vielleicht Rettung erfährt, wenn er sich frei macht von der Nähe, sich entfernt, die Bedeutung der Dinge, des Seins, verlässt.
Ich erhoffe mir hierbei eigentlich, dass ein Leser das Unbill dieser Verkettungen versteht, und sich sagt, dass all diese Dinge des Seins im Umkehrschluss vom Auge des Betrachters abhängen, und auch als schön und wichtig empfunden werde können. Wir sind in der Lage, aus Beobachtern zu Tätigen zu werden, und auch die Läufer können umhin ihren Lauf beenden, niemand ist verpflichtet, als kleiner Tod in der Welt zu agieren.
Soweit mal. An sich erkläre ich ungern Texte, vor allem meine eigenen, aber bei diesem macht es mir viel Spaß, nachzuspüren.
Danke fürs Lesen,
Monochrom