unbeschwingt

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offenbar will meine heisere stimme

ihr echo nicht länger hören

dabei vermisst sie längst meinen lieblingssong

aber noch streift sommerwind

rauschend das gezweig



rabenkrähen versammeln sich zu ihren chorgesängen

wieder läutet die glocke der friedhofskapelle

das vorläufige ende war

auch diesmal kein vorläufiges

krähen nehmen überm vertrockneten kiefernwald

umgehend den luftkampf auf

mit dem roten milan



nur die amseln schweigen seit tagen
 

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Mitglied
Großartiges Gedicht, Karl Feldkamp!

Wenn ich jetzt mal vom Text auf mich und dann von mir auf das LI schließen müsste, würde ich fragen: Long Covid?
Ein zäher Sommer - allerdings! Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. :cool:

Aber vielleicht liege ich ja auch voll daneben - nur hier kann ich mich dermaßen identifizieren (und vor allem der Titel und die erste Strophe haben mich dort hingelenkt), dass es diese Interpretationsmöglichkeit für mich mit einschließt.
Das Gedicht ist aber ganz auch in jeder anderen möglichen Lesart wunderschön!

Sehr gerne gelesen!

LG,
fee




PS: allen, die - wie ich - mit Long Covid Husten und Heiserkeit seit Wochen rumwursteln, wünsche ich hier mal gute Besserung bei der Gelegenheit!
 
Hallo fee,
natürlich habe ich mich sehr über deine positive Kritik gefreut. Allerdings bin ich bisher von Covid verschont geblieben. Mich haben bei diesem Text mehr meine Altersempfindungen geleitet. Aber - soweit mir Infizierte erzählt haben - sind gewisse Gefühle (Hilflosigkeit, Schwäche etc.) offenbar mit den meinen vergleichbar. Und das bestätigst du ja auch.
Danke dir
Karl
 

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....Allerdings bin ich bisher von Covid verschont geblieben. Mich haben bei diesem Text mehr meine Altersempfindungen geleitet.
Dann mögest du auch weiterhin davon verschont bleiben, lieber Karl!

Altersempfindungen - darauf habe ich dank einer chronischen Schilddrüsenunterfunktion auch schon einen Vorgeschmack haben dürfen. Je nach hormoneller Einstellung fühle ich mich manchmal meinem Alter entsprechend, dann wieder viel älter. Und auch meine Singstimme hat darunter gelitten. Ich kann das also auch von da her gut nachempfinden. Auf jeden Fall fasst dein Gedicht das sehr gelungen mit dieser leisen, versöhnlichen Melancholie in Worte. Das hat mich sehr berührt. Ich danke dir dafür.

LG,
Claudia
 
Zuletzt bearbeitet:

molly

Mitglied
Hallo Karl,

ja, aus Deinem Gedicht kann jeder etwas mitnehmen. Ich kenne Alterempfindungen, dennoch gilt:

"aber noch streift sommerwind rauschend das gezweig".

So beschwingt wie Krähen und Milane möchte man doch ab und zu noch sein. Bei meinen Beobachtungen habe ich festgestellt, dass der rote Milan vor der Krähenschar flieht.
Danke für Dein schönes Gedicht
molly
 

anbas

Mitglied
Hallo Karl,

ich war gleich beim Thema "Alter". Das Gedicht ist, wie ich finde, sehr gelungen. Ich entnehme den Zeilen Wehmut, etwas Sorge aber vor allem auch eine gewisse Gelassenheit und Bereitschaft, sich dem zu stellen, was da kommen mag. - Wirklich gut gelungen.

Liebe Grüße

Andreas
 



 
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