Unbrauchbares Stück


Im Laufe des langen sibirischen Winters entwickelte der fünfjährige Sascha eine ganz besondere Tugend- Hilfsbereitschaft.

Allen kam sie zu Gute, außer unserem Kater Wasjka- dem wäre diese neue Entwicklung beinah zum Verhängnis geworden. Es geschah am Nachmittag, ich war am Spülen, da hörte ich, wie unsere alte Nähmaschine mit Windgeschwindigkeit über den Stoff gejagt wurde. Jeder von uns wusste, dass es in dieser Situation besser wäre, um das Nähzimmer einen großen Bogen zu machen. Mama und die Nähmaschine hatten ein ganz besonderes Verhältnis miteinander. Die Nähmaschine litt, im wahren Sinne des Wortes, unter Altersschwäche und streikte nach Strich und Faden und Mama versuchte es ihr auszutreiben. In solchen Erziehungsmomenten biss Frau Mama die Zähne zusammen und drehte mit voller Kraft am Nähmaschinenrad. Dieser Kampf dauerte so lange bis Mutters Wut abgeflacht war oder die Nähmaschinennadel abbrach. Klug handelte der, wer Mutter noch eine gute halbe Stunde nach diesem Krieg in Ruhe ließ. Als die Luft rein war, ging ich in den besagten Raum, um das von Mama angefangene Kleid zu Ende zu nähen. Hinter mir, auf dem schwarzen Sofa schlief unser Kater, ein ausgewachsenes stattliches Männchen. Dieses Haustier war stinkfaul, sogar die wildeste Nähmaschinenraserei konnte ihn nicht aus der Ruhe bringen. Den ganzen lieben langen Tag lag er auf dem Sofa und verließ seinen Platz nur in ganz besonderen Fällen. So ein Fall war zum Beispiel das Fressen , oder wenn sein Frauchen ihm mit ihrem Schlappen sehr unsanft eins über die Rübe zog. Dabei bekam der Kater dann zu hören, dass er ein Faulenzer sei und die Mäuse könnten ihm ruhig über die Schnauze laufen, er wäre auch dann noch zu faul, um sie zu fangen. Reglos ertrug ,,Wasjka“ diese beleidigende Äußerungen- nach dem Motto ,, in ein Ohr rein , ins andere raus“.

Inzwischen war Sascha ins Zimmer gekommen und spielte mit seinem Spielzeug, dabei imitierte er lautstark eine Autofahrt. Von Zeit zur Zeit hob ich den Blick von der Nähmaschine und schaute durchs Fenster. Der Frühling war deutlich zu sehen, der Schnee schmolz, lange Eiszapfen hingen von den Dächern und irgendwo in der Nähe sang eine Katze, mit großer Hingabe ein Hochzeitslied. Im Halbschlaf hatte auch Wasjka diese herrlichen Laute wahrgenommen. Wahrscheinlich stellte er sich dieses schöne Geschöpf mit den aufregenden grünen Augen auf seinem Sofa vor. Der Kater versuchte die Braut zu beeindrucken, in dem er mit dem Schwanz wedelte und mit seiner Männlichkeit protzte. Der Arme! Er wusste gar nicht, wie arm er doch dran war, wie schlecht es um sein bestes Stück stand!

Verdächtig still war es im Zimmer geworden, ich drehte mich um. Sascha, der sein Spielzeug zur Seite gelegt hatte und mit einer einsatzbereiten Schere ausgestattet war, hatte sich an den Kater herangeschlichen und hielt ihn scharf im Visier. Auf meinen fragenden Blick meinte er: ,,Wasjka hat einen Darm zu viel, dieses unbrauchbares Stück fällt immer aus ihm raus."
Von dieser Last wollte Sascha ihn nun befreien.
 



 
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