Merkwürdiges, vielleicht nicht wirklich merk-würdiges Abseits der Diskussion.
Ralf, Du bist ein alter Hase und weißt ganu genau, daß die Dichter in der Leselupe in der Regel keinen Verlag haben, keine Kommunikation (mindestens) von Lektor und Autor, sondern nur 1. sich selbst, das kann man Einsamkeit nennen, und 2. die Handvoll Lesersterninnen der Lelu.
Nun handelt es sich hier um kommunikative Akte, bei denen die Handvoll Leser frei ist, in die vorgeschlagenen Sprachkunstwerke einzutauchen, um sie zum Leben zu erwecken. Wenn es Gedichte sind. Erste Lesersternin ist immer die Autorsternin. Denn natürlich steht auch die scheinbar einsame Dichterseele in der Auseinandersetzung der Gedanken, die per se kommunikativ sind. So, wie die Leserseele, die per se kommunikativ ist, und dies in einem Ausmaß, daß sie mitgestaltet, mitschafft am Gedicht.
Die Autorenseele muß dann damit leben, daß die Interpretationen andere Richtungen nehmen und andere Türen öffnen, als das Auto des Taxifahrers, das auf dem Parkplatz der Leselupe abgestellt wird.
Also das mit der "Blume" sieht nett aus, aber es ist kein Versuch, das Auto des Autors zu steuern. Es ist nicht einmal ein Wettrennen. Es ist eine andere Kiste.
Zu diesem Gedicht:
Kosmen
sprechblasengroß
mit dem gestohlenen
Gesicht meiner Comicbuchhelden
Ich bin wahrscheinlich nicht der einzige, der hier Sprechblasen imaginiert, sie sind ja auch genannt. Ungewöhnlich, daß die Gesichter auf der Seifenhaut liegen, und warum sind sie "gestohlen"? Nun ja, der gelesene Comic ist "nicht von mir". (Es sei denn, er hat als Gedicht die Mitwirkunsseite der Leserimagination, s.o.)
Kosmen-Kugeln, ein altes Bild.
Ein schräges Prädikat. Verläßt auch die Blasenmetapher, bricht das Bild.
Wenn es am Rande des Verstehens positioniert ist, da, wo der Leser Fragen hat, kann es einen surrealistischen Faktor hineinkreuzen.
Das wäre nicht wirklich neu, denn Surrealismen mischen seit nunmehr hundert Jahren die Dichtung auf. Siehe die Reflexions-Reflexions-Reflexion zu Ivan Blatny hier weiter unten.
Später im Bad
den Stöpsel ziehen und vergessen
dass die Fische durchscheinend sind
wenn du tief genug tauchst.
Hier kehrt die Parabel wieder zur Blasenmetapher zurück. Und hat einen naturalistischen Einschlag, wenn man sich daran erinnert, daß Tiefseefische schon mal durchsichtig sind. Auf metaphorischer Ebene, also da, wo es nicht bloß Wasserluftbläschen sind, die da hochperlen, sondern die Sprechblasen von darin gespiegelten Comic-Ikonen, läßt es sich als Selbstbespiegelung der Sprachtransparenz im poetischen Versen verstehen. Why not.
Mit der Ironie, daß der Dichtermund nicht den Ozean gleich "tief" austrinken will, sondern das Wasser abläßt. Trocken. "Kannst du vergessen", wie der Jargon cool understatet.
So langsam gefällt es mir, immer besser.