Und sie hat doch gesprochen!

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Aligator

Mitglied
Meine Katze sieht zwar aus wie eine gewöhnliche, ist es aber nicht. Dieses Tier, das so einen unschuldigen Eindruck hinterlässt, hat es nämlich faustdick hinter den Ohren.

Alles begann an einem Samstagnachmittag vor drei Wochen. Ich kam gerade von der Arbeit, und ließ mich unsanft auf meinem Sofa nieder. Da vernahm ich eine seltsam hohe, aber dennoch irgendwie vertraute Stimme sagen: „He Alter, kannst dich mal etwas langsamer plotzen lassen? Ich krieg ja noch’ n Herzinfarkt!“
Unwillkürlich blickte ich in die Richtung der Stimme und sah in die zwei Augen meiner Katze, die meinen Blick erzürnt erwiderten. Da es bis dato ein anstrengender Tag gewesen war und es das Tier bisher vermieden hatte, mit mir auf verbalem Wege zu kommunizieren, beschloss ich, nicht weiter darauf zu reagieren. Die Gute hatte sich inzwischen mit einem unhörbaren Seufzen von mir abgewandt, um weiter zu dösen.
Irgendwie konnte ich aber dann doch keine Ruhe finden und fragte vorsichtig: „Ähm, hast das du gerade gesagt?“
Ihr genervtes „Nein“ beruhigte mich keineswegs. Ich ließ erst mal einen grandiosen Schrei fahren und rannte aus dem Zimmer. Als ich zitternd durch den Spalt der Türe linste, sah ich nur noch den hinteren Teil des Tieres, der sich in die Küche bewegte und vernahm noch: „Nirgends hat man Ruhe in dem Laden“.
Ich bin dann die nächsten Stunden so sitzen geblieben und hab erst mal nachgedacht. Irgendeiner war aus der Norm: Die Katz‘ oder ich. Da mir die Eventualität einer Abnormalität meinerseits eher unwahrscheinlich vorkam, legte ich also den Schwerpunkt meines Denkens in Richtung Superkatze. Schließlich wäre das sprechende Tierchen eine Art Sensation und Sensationen bringt meistens Bares. Aber wie war ich naiv gewesen, fiel mir da auf! Nach einem Fernsehauftritt kämen skrupellose Regierungsbeamte auf mich zu - natürlich in geheimer Mission, denn so viel mir bekannt ist, verbietet kein Gesetzt der Welt den Besitz eines sprechenden Tieres - und weg wär die Katz'. Ich würde betäubt werden und das Tier natürlich auch, es konnte ja schließlich auch eine Aussage machen. Danach würden sie meine Story vertuschen, die Katze aufschneiden und mich einweisen. Rosige Aussichten waren das nicht.
Als ich später in die Küche ging um einfach mal die Katze nach ihrer Meinung zu fragen, war sie gar nicht da. Es lag nur ein Zettel am geöffneten Fenster. Ach, schreiben konnte sie auch noch?
„Wen du dich beruhigt hast, kom ich wider, kan bei dem Geschrei nicht schlafen“.
„Ha“, sagte ich mir, „mit der Rechtschreibung hapert' s aber noch, dummes Tierchen.“
Am Späten Abend ist sie wieder eingetrudelt und wir haben uns erst mal richtig ausgesprochen. Sie hat mir bei der Gelegenheit den Spiegel vorgehalten, zeigte aber gar keine Einsicht, wenn ich was zu meckern hatte. Ich könne ja froh sein, dass sie überhaupt bei mir bliebe, schließlich gebe es bessere Behausungen für eine Katze ihres Niveaus. Na ja, aber es sah schon irgendwie drollig aus, als sie aus ihrem Schnäutzchen „Drecksbude“ fauchte. Ich konnte ihr nicht wirklich böse sein.

Am nächsten Tag hatte ich frei und ging gut gelaunt in die Küche, um mich mit meiner Katze zu unterhalten. Die saß auch schon vor dem Schrank, in dem das Katzenfutter lagerte und grinste mich an. „Guten Morgen, haste gut geschlafen?“ fragte ich erwartungsvoll.
Aber es kam keine Antwort. Ich fand das ziemlich unhöflich, mich so abblitzen zu lassen. Nach einer halben Stunde gab ich die Hoffnung auf. Ich hatte von freundlicher Konversation bis anschreien und letztendlich betteln alles versucht, erhielt aber nur ein halbes „Mau“ als Dank. Warum redete das Vieh nicht?
„Ich kann dir sagen, warum sie dir nicht antwortet: Sie ist eine Katze.“
„Danke, für den Hinweis“, wollte ich schon sagen, doch … zu wem überhaupt? Die Stimme kam aus der Ecke meiner Küche, aus Richtung des Toasters, der mich höhnisch anglotzte.
„Wie jetzt, heute du…?“
„ … aber nur so lange der Stecker drinsteckt. Wieso meinst du eigentlich, du wärst was Besseres? Nur du sollst die Fähigkeit zu sprechen besitzen, wenngleich deine eigene Spezies nicht mal damit aufhören kann, sich selbst zu bekriegen? Wir Toaster gehen weitaus humaner miteinander um, oder hast du schon mal gehört, das ein Toaster seinesgleichen ermordet hat?“
Ich musste zugeben, dass er wirkliche Totschlag-Argumente auf Lager hatte. Überhaupt hat mir mein Toaster dann richtig die Augen geöffnet. Ich kam mehr sehr elend vor, mit meiner selbstgerechten Art und zusammengebastelten Realität. Für alle meine Probleme hatte er eine simple Lösung parat und mit meinem Seelenleben kannte er sich ebenfalls gut aus. Toasti, so durfte ich ihn nennen, gab später zu, ein paar Semester Psychologie auf einer Elektrogeräteuniversität studiert zu haben.

Wie Sie sich nun sicherlich schon selbst denken können, habe ich mich die nächsten Tage noch mit anderen Gegenständen unterhalten, darunter waren unter anderem mein Milchkaffee, eine Frau auf der Fernsehzeitschrift und ein englischer Nabelfussel, namens George.
Meine Wohnsituation hat sich mittlerweile auch verändert. Ich lebe jetzt in einer tollen 30 Mann-WG. Viele von meinen Mitbewohnern haben ganz ähnliche Erfahrungen gemacht. Aber, bitte verstehen Sie mich jetzt nicht falsch, ich glaube, der eine oder andere ist ein bisschen gaga. Das bleibt aber unter uns! Jedenfalls gibt es am Donnerstag immer Spaghetti. Somit ist die Welt wieder in Ordnung.
Aber meine Katze, die hat kein Wort mehr gesprochen und das finde ich wirklich, wirklich nicht nett von ihr!



Hörspielversion:
http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=i0GELjhl3yo
 
A

aligaga

Gast
Hallo Aligator mit nur einem Ell,

die Idee der sprechenden Tiere und Hausgeräte ist zwar nicht neu („Alice’s Adventures in Wonderland“ gibt’s seit 1865, und auch da sprechen Katzen und Gegenstände), aber es ließe sich gewiss etwas Neues daraus machen.

Leider belässt du es in deiner Geschichte, die wohltuend trocken und firlefanzlos, mithin gekonnt, geschrieben ist, bei den „Tatsachen“. So weit, so gut.

Schöner wäre es aber, wenn es dir gelänge, tatsächlich so etwas wie eine „Hausgemeinschaft“ entstehen zu lassen, in der Beziehungen eine Rolle spielen und das Ganze dadurch „stimmig“ wird, dass dem Protagonisten nach und nach bewusst wird, wie abhängig er seit Jahren von diesen Gegenständen ist und wie sie ihn ebenso lange manipulierten. Es sollte Gegenstände geben, die ihn lieben (sein Klodeckel vielleicht?), und solche, die ihn hassen – sein Kamm, sein Badeschwamm und seine Brille, die immer nur seinen Blick haben darf und sich immer wieder vergeblich vor ihm versteckt. Sie könne eine Schwäche für die Hauskatze haben …

Es kann dann gut oder böse enden. Gutes Ende: Der Protagonist nimmt beim Umzug alle mit, auch den Klodeckel. Böses Ende: Seine Freundin ahnt etwas, wird eifersüchtig und legt einen Zimmerbrand.

Oder so.

Gruß

aligaga, auch nur mit einem Ell
 

Aligator

Mitglied
Halli aligaga!
Deine Vorschläge fand ich sehr spannend, ich mag solchen Humor. Außerdem reizt mich das Fabelhafte, Wenn menschliches Verhalten und Erleben auf scheinbar unintelligente Objekte projeziert wird. Es würde wahrscheinlich ziemlich schwer werden, das auf deine Weise umzusetzen, ohne es auf die Leser nicht allzu grotesk oder albern wirken zu lassen.
Bei meiner Geschichte habe ich die Hochmut und Arroganz der Menschen versucht aufs Korn zu nehmen. Klar haben wir Potenzial, verschwenden es für aber fürs Supertalent etc.
Trotzdem danke für deine interssanten Ansätze.
Alis Gute und bis denn...
aligator
Ps mein Klodeckel würde mich bestimmt nicht so gern haben, aber egal
 
A

aligaga

Gast
Halo Alizwo,

vielleicht hab ich mich missverständlich ausgedrückt: Du hast keine "Geschichte" geschrieben, denn es passiert ja gar nix. Die Katze, der Toaster und die Sachen sagen was (irgend etwas ziemlich Banales), und das war's dann.

Das ist leider ein bisschen wenig, zumal, wie schon gesagt, die Ausgangsidee ja gar nicht Deine eigene ist.

Eine ebenso spannende wie witzige Beziehung zwischen den Gegenständen und ihrem Nutzer herzustellen, fände ich nicht so schwierig, wie du befürchtest.

Lass uns bei dem Klodeckel bleiben: er kennt alle Ärsche, die den Prot besuchen. Er sehnt sich nach Kontakt und ärgert sich deshalb über alle Stehbrunzer, die ihn einfach wegklappen. Der Prot macht das nicht. Er ist Sitzpinkler, und er verwendet nie mehr Klopapier, als unbedingt notwendig. Sein Hintern ist der allerweichste, da ist sich der Klodeckel mit dem Klopapierspender ganz einer Meinung. Der Seifenspender sieht das anders. Er mag nur zärtliche Frauenhände; der Klodeckel ist ihm zu weit unten angesiedelt, mit dem redet er nicht.

Am schwersten von allen hat's die Brille. Die muss jeden Dreck lesen, den sich der Prota reinzieht, auch das, was er selber schreibt und für Literatur hält. "Das ist ganz schrecklich", sagt sie zum Aschenbecher, neben den er sie hingelegt hat. "Es gibt viel Schlimmeres", gibt der zurück, "er drückt seine Stumpen immer in mir aus. Das machen nur Proleten. Thomas Mann hat nur feine Cigarren geraucht und sie nicht in mir zerquetscht, sondern still ausgehen lassen, wie es sich gehört."

Am Schluss würde ich die Freundin oder Frau des Prota plötzlich auch eine Stimme haben lassen. Nachdem sie das, was sie immer schon sagen wollte, endlich sagen durfte, wirft sie mit dem Aschenbecher nach dem Protagonisten, trifft aber das Stilleben an der Wand. Alle drei gehen zu Bruch: Der Aschenbescher, das Stilleben und die Beziehung. Schicht im Schacht!

Gruß

aligaga
 

Aligator

Mitglied
Hi alig.

Du hast dich doch ganz okay ausgedrückt :)
Die Tiere, Objekte in meiner Geschichte haben nicht diese Tiefe, es geht hier nicht um die Beziehung zwischen ihnen und dem Prot. So längere Dialoge find ich bei so einer Erzählung auch fehl am Platz. Es geht hier allein um den Prot, der unfreiwillig und durch seine Halus verursacht in seinen Grundfesten erschüttert wird. Am Schluss ist er zwar an der Gesellschaft gescheitert, findet seinen Sinn aber in den banalen Dingen wie Spaghetti. Weiß ach nicht ob das unbedingt so ein Fortschritt ist, aber das kann ja jeder selbst entscheiden.
Ich möchte nun wirklich nicht in so eine Verteidigungsstellung für meine Story gehen. Wenn du mir helfen willst, wie ich sie verbessern könnte, wo sie ausbaufähig ist oder wenn du sie einfach scheiße findest, dann go ahead, das interessiert mich!
Aber ich kann deine wirklich tollen Ideen - und die solltest schleunigst aufs Papier bringen - nicht in diese Geschichte einbringen, da dass dann mMn in eine ganz andere Richtung geht.
Und nochmal: das wird dann nicht so einfach werden. Gerade die Sache mit dem Toilettensitz. Aber du kannst mich gern eines Besseren belehren.

Grüße
Alig.
 

herziblatti

Mitglied
Hallo Aligator, ich habe mich amüsiert, auch beim zweiten Mal lesen :) Gut geschriebene Geschichte, der Feinschliff fehlt noch. Die Einleitung braucht es nicht, der vermittelte Einstieg wäre ausreichend. Du könntest prägnanter werden, Füllwörter weglassen, und ein paar Ungenauigkeiten präzisieren, Beispiel
Alles begann an einem Samstagnachmittag vor drei Wochen. Ich kam gerade von der Arbeit, und ließ mich unsanft auf meinem Sofa nieder. Da vernahm ich eine seltsam hohe, aber dennoch irgendwie vertraute Stimme sagen: „He Alter, kannst dich mal etwas langsamer plotzen lassen? Ich krieg ja noch’ n Herzinfarkt!“
Absatz davor weglassen.
Am Samstag Nachmittag vor drei Wochen, ich kam gerade von der Arbeit, warf mich auf mein Sofa, da vernahm ich eine [strike]seltsame[/strike] hohe Stimme (die ich nie zuvor gehört hatte, mir aber dennoch seltsam vertraut war): "He Alter, kannst dich mal ... und so weiter.
Je öfter man die eigenen Geschichten schleift, desto präziser schreiben sie sich später - scheinbar - automatisch, meiner Erfahrung nach :) LG - herziblatti
 

Paloma

Mitglied
Hallo Aligator,

deine Geschichte finde ich amüsant und sie hat mich gut unterhalten. Danke dafür.
Mir gefällt es nicht, als Leser direkt angesprochen zu werden, das wirkt auf mich immer etwas belehrend – das kannst du aber getrost unter Geschmackssache verbuchen.
Ansonsten stimme ich Herzi zu, ein bisschen straffen und an manchen Stellen ein bisschen genauer werden.

Liebe Grüße
Paloma
 

Aligator

Mitglied
Hallo Herziblatti!

Ich habe mich sehr über dein Feedback gefreut. Außerdem habe ich richtig Lust bekommen, mir das Ding nochmal vorzunehmen. Deine Vorschläge werden mir da sehr weiterhelfen.
Es ist eine ältere Geschichte von mir und ich bin echt froh, sie reingestellt zu haben.

Grüße vom
Aligator und seiner Katz


Hallo Paloma!

Auch dir ein herzliches Dankeschön fürs Lesen und Kommentieren! Du hast recht, dieses "Wies Sie sich denken können ..." ist wirklich doof. Fliegt raus.
Außerdem schick ich sie ins Fitness-Studio und geb ihr nur noch die Hälfte vom Katzenfutter.

Gegrüßt seist du!
Aligator
 

Aligator

Mitglied
Alles begann an einem Samstagnachmittag vor drei Wochen. Ich kam gerade von der Arbeit und ließ mich unsanft auf meinem Sofa nieder. Da vernahm ich eine hohes Stimmchen, das sagte: „He Alter, geht' s auch etwas langsamer? Ich krieg ja noch’ n Herzinfarkt!“
Unwillkürlich blickte ich nach rechts, mitten in die Augen meiner Katze. Da es bis dato ein anstrengender Tag gewesen war und es das Tier bisher vermieden hatte, mit mir auf verbalem Wege zu kommunizieren, beschloss ich, gar nichts zu tun. Die Gute hatte sich inzwischen mit einem Seufzen von mir abgewandt, um weiter zu dösen.
Doch konnte ich keine Ruhe finden und fragte vorsichtig: „Ähm, hast das du gerade gesagt?“
Ihr genervtes „Nein“ beruhigte mich keineswegs. Ich ließ erst mal einen grandiosen Schrei fahren und rannte aus dem Zimmer. Als ich zitternd durch den Spalt der Türe linste, sah ich nur noch den hinteren Teil des Tieres in die Küche verschwinden. „Nirgends hat man Ruhe in dem Laden“, kam noch.
Ich bin die nächsten Stunden so sitzen geblieben und hab nachgedacht. Irgendeiner war aus der Norm: Die Katz‘ oder ich.
Nach einigem Abwägen blieb nur eine plausible Erklärung übrig: Das Tier hatte sich aus irgendeinem Grund der menschlichen Sprache bemächtigt. Warum auch nicht? So etwas konnte doch vorkommen.
Ich guckte nochmal vorsichtig - keine Spur von der Mietze.
Es konnte ja durchaus sein, dass sie schon länger sprechen konnte, es mir aber verheimlicht hatte. Aber wozu? Was sollte diese Geheimnistuerei? Ich hätte es doch akzeptiert. Wahrscheinlich wäre es nicht mal so ein Schock für mich gewesen.
Ich erschrak. In der Küche geschepperte es, ein Topf ging zu Boden.
"Scheiße!", drang an mein Ohr. Dann wieder Stille. Wie sollte das nur weitergehen?
Ich atmete tief durch, stand auf und ging in die Küche, um die Katze nach ihrer Meinung zu fragen.
Doch da lag nur ein Zettel am offenen Fenster.
„Wen du dich beruhigt hast, kom ich wider, kan bei dem Geschrei nicht schlafen“.
„Ha“, sagte ich mir, „mit der Rechtschreibung hapert' s aber noch, dummes Tierchen.“
Spät abends ist sie dann eingetrudelt und wir haben uns erst mal richtig ausgesprochen. Sie hat mir bei dieser Gelegenheit den Spiegel vorgehalten, zeigte aber keine Einsicht, wenn ich zu meckern hatte. Ich könne ja froh sein, dass sie überhaupt bei mir bliebe, schließlich gebe es bessere Behausungen für eine Katze ihres Niveaus. Na ja, aber es sah schon irgendwie drollig aus, als sie „Drecksbude“ fauchte. Ich konnte ihr nicht wirklich böse sein.

Am nächsten Tag beschloss ich krank zu machen und ging gut gelaunt in die Küche, um mich mit meiner Katze zu unterhalten. Da saß sie auch schon vor dem Schrank mit dem Katzenfutter. „Guten Morgen, gut geschlafen?“, fragte ich erwartungsvoll.
Aber es kam keine Antwort. Ich fand das ziemlich unhöflich von ihr. Nach einer halben Stunde gab ich' s auf. Ich hatte alles versucht, um mit dem Tier gehobene Katzenkonversation zu führen, erhielt aber nur ein halbes „Mau“ als Dank. Warum redete das Vieh nicht?
„Ich kann dir sagen, warum sie dir nicht antwortet: Sie ist eine Katze.“
Die Stimme kam aus der Ecke meiner Küche, aus Richtung des Toasters, der mich höhnisch anglotzte.
„Wie jetzt, heute du…?“
„ … aber nur so lange der Stecker drinsteckt. Wieso meinst du eigentlich, du wärst was Besseres? Nur du sollst die Fähigkeit zu sprechen besitzen, wenngleich deine eigene Spezies nicht mal damit aufhören kann, sich selbst zu bekriegen?"
Was fiel dem denn ein?
"Wir Toaster gehen weitaus humaner miteinander um, oder hast du schon mal gehört, das ein Toaster seinesgleichen ermordet hat?“
Ich musste zugeben, dass er wirkliche Totschlag-Argumente auf Lager hatte. Überhaupt hat mir mein Toaster dann richtig die Augen geöffnet. Ich kam mehr sehr elend vor, mit meiner selbstgerechten Art und zusammengebastelten Realität. Für alle meine Probleme hatte er eine simple Lösung parat, er machte nicht mal vor meinem Seelenleben halt. Toasti, so durfte ich ihn später nennen, gab zu, ein paar Semester Psychologie auf einer Elektrogeräteuniversität studiert zu haben.

Die nächsten Tage traf ich noch weitere interessante Gesprächspartner in meiner Wohnung. Da war der Milchkaffee, der es nicht leiden konnte, rechts herum gerührt zu werden, die Frau auf der Fernsehzeitschrift, die sich beschwerte, dass ich ihr einen Schnurrbart verpasst hatte, was mir im Nachhinein auch wirklich peinlich war, und ein englischer Nabelfussel, namens George.

Meine Wohnsituation hat sich mittlerweile auch verändert. Ich lebe jetzt in einer tollen 30 Mann-WG. Viele meiner Mitbewohner haben ganz ähnliche Erfahrungen gemacht, auch wenn das meiste Schwachsinn und total unrealistisch ist. Schon richtig krank. Die armen Kerle ...
Jedenfalls gibt es donnerstags immer Spaghetti. Da ist die Welt wieder in Ordnung.
Aber meine Katze, die hat kein Wort mehr gesprochen und das finde ich wirklich, wirklich nicht nett von ihr!



Hörspielversion:
http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=i0GELjhl3yo
 

Aligator

Mitglied
Alles begann an einem Samstagnachmittag vor drei Wochen. Ich kam gerade von der Arbeit und ließ mich unsanft auf meinem Sofa nieder. Da vernahm ich eine hohes Stimmchen, das sagte: „He Alter, geht' s auch etwas langsamer? Ich krieg ja noch’ n Herzinfarkt!“
Unwillkürlich blickte ich nach rechts, mitten in die Augen meiner Katze. Da es bis dato ein anstrengender Tag gewesen war und es das Tier bisher vermieden hatte, mit mir auf verbalem Wege zu kommunizieren, beschloss ich, gar nichts zu tun. Die Gute hatte sich inzwischen mit einem Seufzen von mir abgewandt, um weiter zu dösen.
Doch konnte ich keine Ruhe finden und fragte vorsichtig: „Ähm, hast das du gerade gesagt?“
Ihr genervtes „Nein“ beruhigte mich keineswegs. Ich ließ erst mal einen grandiosen Schrei fahren und rannte aus dem Zimmer. Als ich zitternd durch den Spalt der Türe linste, sah ich nur noch den hinteren Teil des Tieres in die Küche verschwinden. „Nirgends hat man Ruhe in dem Laden“, kam noch.
Ich bin die nächsten Stunden so sitzen geblieben und hab nachgedacht. Irgendeiner war aus der Norm: Die Katz‘ oder ich.
Nach einigem Abwägen blieb nur eine plausible Erklärung übrig: Das Tier hatte sich aus irgendeinem Grund der menschlichen Sprache bemächtigt. Warum auch nicht?
Ich guckte nochmal vorsichtig - keine Spur von der Mietze.
Vielleicht war es so, dass sie schon länger sprechen konnte, es mir aber verheimlicht hatte. Aber wozu? Was sollte diese Geheimnistuerei? Ich hätte es doch akzeptiert. Mit mir kann man doch reden.
Ich erschrak. In der Küche geschepperte es, ein Topf ging zu Boden.
"Scheiße!", drang an mein Ohr. Dann wieder Stille. Wie sollte das nur weitergehen?
Ich atmete tief durch, stand auf und ging in die Küche, um die Katze nach ihrer Meinung zu fragen.
Doch da lag nur ein Zettel am offenen Fenster.
„Wen du dich beruhigt hast, kom ich wider, kan bei dem Geschrei nicht schlafen“.
„Ha“, sagte ich mir, „mit der Rechtschreibung hapert' s aber noch, dummes Tierchen.“
Spät abends ist sie dann eingetrudelt und wir haben uns erst mal richtig ausgesprochen. Sie hat mir bei dieser Gelegenheit den Spiegel vorgehalten, zeigte aber keine Einsicht, wenn ich zu meckern hatte. Ich könne ja froh sein, dass sie überhaupt bei mir bliebe, schließlich gebe es bessere Behausungen für eine Katze ihres Niveaus. Na ja, aber es sah schon irgendwie drollig aus, als sie „Drecksbude“ fauchte. Ich konnte ihr nicht wirklich böse sein.

Am nächsten Tag beschloss ich krank zu machen und ging gut gelaunt in die Küche, um mich mit meiner Katze zu unterhalten. Da saß sie auch schon vor dem Schrank mit dem Katzenfutter. „Guten Morgen, gut geschlafen?“, fragte ich erwartungsvoll.
Aber es kam keine Antwort. Ich fand das ziemlich unhöflich von ihr. Nach einer halben Stunde gab ich' s auf. Ich hatte alles versucht, um mit dem Tier gehobene Katzenkonversation zu führen, erhielt aber nur ein halbes „Mau“ als Dank. Warum redete das Vieh nicht?
„Ich kann dir sagen, warum sie dir nicht antwortet: Sie ist eine Katze.“
Die Stimme kam aus der Ecke meiner Küche, aus Richtung des Toasters, der mich höhnisch anglotzte.
„Wie jetzt, heute du…?“
„ … aber nur so lange der Stecker drinsteckt. Wieso meinst du eigentlich, du wärst was Besseres? Nur du sollst die Fähigkeit zu sprechen besitzen, wenngleich deine eigene Spezies nicht mal damit aufhören kann, sich selbst zu bekriegen?"
Was fiel dem denn ein?
"Wir Toaster gehen weitaus humaner miteinander um, oder hast du schon mal gehört, das ein Toaster seinesgleichen ermordet hat?“
Ich musste zugeben, dass er wirkliche Totschlag-Argumente auf Lager hatte. Überhaupt hat mir mein Toaster dann richtig die Augen geöffnet. Ich kam mehr sehr elend vor, mit meiner selbstgerechten Art und zusammengebastelten Realität. Für alle meine Probleme hatte er eine simple Lösung parat, er machte nicht mal vor meinem Seelenleben halt. Toasti, so durfte ich ihn später nennen, gab zu, ein paar Semester Psychologie auf einer Elektrogeräteuniversität studiert zu haben.

Die nächsten Tage traf ich noch weitere interessante Gesprächspartner in meiner Wohnung. Da war der Milchkaffee, der es nicht leiden konnte, rechts herum gerührt zu werden, die Frau auf der Fernsehzeitschrift, die sich beschwerte, dass ich ihr einen Schnurrbart verpasst hatte, was mir im Nachhinein auch wirklich peinlich war, und ein englischer Nabelfussel, namens George.

Meine Wohnsituation hat sich mittlerweile auch verändert. Ich lebe jetzt in einer tollen 30 Mann-WG. Viele meiner Mitbewohner haben ganz ähnliche Erfahrungen gemacht, auch wenn das meiste Schwachsinn und total unrealistisch ist. Schon richtig krank. Die armen Kerle ...
Jedenfalls gibt es donnerstags immer Spaghetti. Da ist die Welt wieder in Ordnung.
Aber meine Katze, die hat kein Wort mehr gesprochen und das finde ich wirklich, wirklich nicht nett von ihr!



Hörspielversion:
http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=i0GELjhl3yo
 

herziblatti

Mitglied
Hallo aligator, die Überarbeitung, gut gemacht :) nur noch ein Verbesserungsvorschlag: der letzte Satz ist, wie er dasteht, überflüssig. Entweder ein Knallersatz, wie: sie spricht nicht mehr, schaut mich nur noch stumm an, jeder dieser Blicke ein stummer Vorwurf mit fünf Durchlägen (etwas besser formuliert als dieser Vorschlag, wenn´s geht!!), oder einfach weglassen.
Und: ich kann mich an dem Text immer noch freuen, grins - herziblatti
 

Aligator

Mitglied
Alles begann an einem Samstagnachmittag vor drei Wochen. Ich kam gerade von der Arbeit und ließ mich unsanft auf meinem Sofa nieder. Da vernahm ich eine hohes Stimmchen, das sagte: „He Alter, geht' s auch etwas langsamer? Ich krieg ja noch’ n Herzinfarkt!“
Unwillkürlich blickte ich nach rechts, mitten in die Augen meiner Katze. Da es bis dato ein anstrengender Tag gewesen war und es das Tier bisher vermieden hatte, mit mir auf verbalem Wege zu kommunizieren, beschloss ich, gar nichts zu tun. Die Gute hatte sich inzwischen mit einem Seufzen von mir abgewandt, um weiter zu dösen.
Doch konnte ich keine Ruhe finden und fragte vorsichtig: „Ähm, hast das du gerade gesagt?“
Ihr genervtes „Nein“ beruhigte mich keineswegs. Ich ließ erst mal einen grandiosen Schrei fahren und rannte aus dem Zimmer. Als ich zitternd durch den Spalt der Türe linste, sah ich nur noch den hinteren Teil des Tieres in die Küche verschwinden. „Nirgends hat man Ruhe in dem Laden“, kam noch.
Ich bin die nächsten Stunden so sitzen geblieben und hab nachgedacht. Irgendeiner war aus der Norm: Die Katz‘ oder ich.
Nach einigem Abwägen blieb nur eine plausible Erklärung übrig: Das Tier hatte sich aus irgendeinem Grund der menschlichen Sprache bemächtigt. Warum auch nicht?
Ich guckte nochmal vorsichtig - keine Spur von der Mietze.
Vielleicht war es so, dass sie schon länger sprechen konnte, es mir aber verheimlicht hatte. Aber wozu? Was sollte diese Geheimnistuerei? Ich hätte es doch akzeptiert. Mit mir kann man doch reden.
Ich erschrak. In der Küche geschepperte es, ein Topf ging zu Boden.
"Scheiße!", drang an mein Ohr. Dann wieder Stille. Wie sollte das nur weitergehen?
Ich atmete tief durch, stand auf und ging in die Küche, um die Katze nach ihrer Meinung zu fragen.
Doch da lag nur ein Zettel am offenen Fenster.
„Wen du dich beruhigt hast, kom ich wider, kan bei dem Geschrei nicht schlafen“.
„Ha“, sagte ich mir, „mit der Rechtschreibung hapert' s aber noch, dummes Tierchen.“
Spät abends ist sie dann eingetrudelt und wir haben uns erst mal richtig ausgesprochen. Sie hat mir bei dieser Gelegenheit den Spiegel vorgehalten, zeigte aber keine Einsicht, wenn ich zu meckern hatte. Ich könne ja froh sein, dass sie überhaupt bei mir bliebe, schließlich gebe es bessere Behausungen für eine Katze ihres Niveaus. Na ja, aber es sah schon irgendwie drollig aus, als sie „Drecksbude“ fauchte. Ich konnte ihr nicht wirklich böse sein.

Am nächsten Tag beschloss ich krank zu machen und ging gut gelaunt in die Küche, um mich mit meiner Katze zu unterhalten. Da saß sie auch schon vor dem Schrank mit dem Katzenfutter. „Guten Morgen, gut geschlafen?“, fragte ich erwartungsvoll.
Aber es kam keine Antwort. Ich fand das ziemlich unhöflich von ihr. Nach einer halben Stunde gab ich' s auf. Ich hatte alles versucht, um mit dem Tier gehobene Katzenkonversation zu führen, erhielt aber nur ein halbes „Mau“ als Dank. Warum redete das Vieh nicht?
„Ich kann dir sagen, warum sie dir nicht antwortet: Sie ist eine Katze.“
Die Stimme kam aus der Ecke meiner Küche, aus Richtung des Toasters, der mich höhnisch anglotzte.
„Wie jetzt, heute du…?“
„ … aber nur so lange der Stecker drinsteckt. Wieso meinst du eigentlich, du wärst was Besseres? Nur du sollst die Fähigkeit zu sprechen besitzen, wenngleich deine eigene Spezies nicht mal damit aufhören kann, sich selbst zu bekriegen?"
Was fiel dem denn ein?
"Wir Toaster gehen weitaus humaner miteinander um, oder hast du schon mal gehört, das ein Toaster seinesgleichen ermordet hat?“
Ich musste zugeben, dass er wirkliche Totschlag-Argumente auf Lager hatte. Überhaupt hat mir mein Toaster dann richtig die Augen geöffnet. Ich kam mehr sehr elend vor, mit meiner selbstgerechten Art und zusammengebastelten Realität. Für alle meine Probleme hatte er eine simple Lösung parat, er machte nicht mal vor meinem Seelenleben halt. Toasti, so durfte ich ihn später nennen, gab zu, ein paar Semester Psychologie auf einer Elektrogeräteuniversität studiert zu haben.

Die nächsten Tage traf ich noch weitere interessante Gesprächspartner in meiner Wohnung. Da war der Milchkaffee, der es nicht leiden konnte, rechts herum gerührt zu werden, die Frau auf der Fernsehzeitschrift, die sich beschwerte, dass ich ihr einen Schnurrbart verpasst hatte, was mir im Nachhinein auch wirklich peinlich war, und ein englischer Nabelfussel, namens George.

Meine Wohnsituation hat sich mittlerweile auch verändert. Ich lebe jetzt in einer tollen 30 Mann-WG. Viele meiner Mitbewohner haben ganz ähnliche Erfahrungen gemacht, auch wenn das meiste Schwachsinn und total unrealistisch ist. Schon richtig krank. Die armen Kerle ...
Jedenfalls gibt es donnerstags immer Spaghetti. Da ist die Welt wieder in Ordnung.
Meine Katze antwortet mir übrigens immer noch nicht. Wahrscheinlich nur, weil sie mir nichts entgegenzusetzten hat. Zumindest entnehme ich dies ihrem Blick.

Sie ist und bleibt mir ein angenehmer Gesprächspartner.



Hörspielversion:
http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=i0GELjhl3yo
 

Aligator

Mitglied
Alles begann an einem Samstagnachmittag vor drei Wochen. Ich kam gerade von der Arbeit und ließ mich unsanft auf meinem Sofa nieder. Da vernahm ich eine hohes Stimmchen, das sagte: „He Alter, geht' s auch etwas langsamer? Ich krieg ja noch’ n Herzinfarkt!“
Unwillkürlich blickte ich nach rechts, mitten in die Augen meiner Katze. Da es bis dato ein anstrengender Tag gewesen war und es das Tier bisher vermieden hatte, mit mir auf verbalem Wege zu kommunizieren, beschloss ich, gar nichts zu tun. Die Gute hatte sich inzwischen mit einem Seufzen von mir abgewandt, um weiter zu dösen.
Doch konnte ich keine Ruhe finden und fragte vorsichtig: „Ähm, hast das du gerade gesagt?“
Ihr genervtes „Nein“ beruhigte mich keineswegs. Ich ließ erst mal einen grandiosen Schrei fahren und rannte aus dem Zimmer. Als ich zitternd durch den Spalt der Türe linste, sah ich nur noch den hinteren Teil des Tieres in die Küche verschwinden. „Nirgends hat man Ruhe in dem Laden“, kam noch.
Ich bin die nächsten Stunden so sitzen geblieben und hab nachgedacht. Irgendeiner war aus der Norm: Die Katz‘ oder ich.
Nach einigem Abwägen blieb nur eine plausible Erklärung übrig: Das Tier hatte sich aus irgendeinem Grund der menschlichen Sprache bemächtigt. Warum auch nicht?
Ich guckte nochmal vorsichtig - keine Spur von der Mietze.
Vielleicht war es so, dass sie schon länger sprechen konnte, es mir aber verheimlicht hatte. Aber wozu? Was sollte diese Geheimnistuerei? Ich hätte es doch akzeptiert. Mit mir kann man doch reden.
Ich erschrak. In der Küche geschepperte es, ein Topf ging zu Boden.
"Scheiße!", drang an mein Ohr. Dann wieder Stille. Wie sollte das nur weitergehen?
Ich atmete tief durch, stand auf und ging in die Küche, um die Katze nach ihrer Meinung zu fragen.
Doch da lag nur ein Zettel am offenen Fenster.
„Wen du dich beruhigt hast, kom ich wider, kan bei dem Geschrei nicht schlafen“.
„Ha“, sagte ich mir, „mit der Rechtschreibung hapert' s aber noch, dummes Tierchen.“
Spät abends ist sie dann eingetrudelt und wir haben uns erst mal richtig ausgesprochen. Sie hat mir bei dieser Gelegenheit den Spiegel vorgehalten, zeigte aber keine Einsicht, wenn ich zu meckern hatte. Ich könne ja froh sein, dass sie überhaupt bei mir bliebe, schließlich gebe es bessere Behausungen für eine Katze ihres Niveaus. Na ja, aber es sah schon irgendwie drollig aus, als sie „Drecksbude“ fauchte. Ich konnte ihr nicht wirklich böse sein.

Am nächsten Tag beschloss ich krank zu machen und ging gut gelaunt in die Küche, um mich mit meiner Katze zu unterhalten. Da saß sie auch schon vor dem Schrank mit dem Katzenfutter. „Guten Morgen, gut geschlafen?“, fragte ich erwartungsvoll.
Aber es kam keine Antwort. Ich fand das ziemlich unhöflich von ihr. Nach einer halben Stunde gab ich' s auf. Ich hatte alles versucht, um mit dem Tier gehobene Katzenkonversation zu führen, erhielt aber nur ein halbes „Mau“ als Dank. Warum redete das Vieh nicht?
„Ich kann dir sagen, warum sie dir nicht antwortet: Sie ist eine Katze.“
Die Stimme kam aus der Ecke meiner Küche, aus Richtung des Toasters, der mich höhnisch anglotzte.
„Wie jetzt, heute du…?“
„ … aber nur so lange der Stecker drinsteckt. Wieso meinst du eigentlich, du wärst was Besseres? Nur du sollst die Fähigkeit zu sprechen besitzen, wenngleich deine eigene Spezies nicht mal damit aufhören kann, sich selbst zu bekriegen?"
Was fiel dem denn ein?
"Wir Toaster gehen weitaus humaner miteinander um, oder hast du schon mal gehört, das ein Toaster seinesgleichen ermordet hat?“
Ich musste zugeben, dass er wirkliche Totschlag-Argumente auf Lager hatte. Überhaupt hat mir mein Toaster dann richtig die Augen geöffnet. Ich kam mehr sehr elend vor, mit meiner selbstgerechten Art und zusammengebastelten Realität. Für alle meine Probleme hatte er eine simple Lösung parat, er machte nicht mal vor meinem Seelenleben halt. Toasti, so durfte ich ihn später nennen, gab zu, ein paar Semester Psychologie auf einer Elektrogeräteuniversität studiert zu haben.

Die nächsten Tage traf ich noch weitere interessante Gesprächspartner in meiner Wohnung. Da war der Milchkaffee, der es nicht leiden konnte, rechts herum gerührt zu werden, die Frau auf der Fernsehzeitschrift, die sich beschwerte, dass ich ihr einen Schnurrbart verpasst hatte, was mir im Nachhinein auch wirklich peinlich war, und ein englischer Nabelfussel, namens George.

Meine Wohnsituation hat sich mittlerweile auch verändert. Ich lebe jetzt in einer tollen 30 Mann-WG. Viele meiner Mitbewohner haben ganz ähnliche Erfahrungen gemacht, auch wenn das meiste Schwachsinn und total unrealistisch ist. Schon richtig krank. Die armen Kerle ...
Jedenfalls gibt es donnerstags immer Spaghetti. Da ist die Welt wieder in Ordnung.
Meine Katze antwortet mir übrigens immer noch nicht. Wahrscheinlich nur, weil sie mir nichts entgegenzusetzten hat. Zumindest entnehme ich dies ihrem Blick, wenn wir mittwochabends skypen.

Sie ist und bleibt mir ein angenehmer Gesprächspartner.



Hörspielversion:
http://www.youtube.com/watch?feature=player_detailpage&v=i0GELjhl3yo
 

Aligator

Mitglied
Alles begann an einem Samstagnachmittag vor drei Wochen. Ich kam gerade von der Arbeit und ließ mich unsanft auf meinem Sofa nieder. Da vernahm ich eine hohes Stimmchen, das sagte: „He Alter, geht' s auch etwas langsamer? Ich krieg ja noch’ n Herzinfarkt!“
Unwillkürlich blickte ich nach rechts, mitten in die Augen meiner Katze. Da es bis dato ein anstrengender Tag gewesen war und es das Tier bisher vermieden hatte, mit mir auf verbalem Wege zu kommunizieren, beschloss ich, gar nichts zu tun. Die Gute hatte sich inzwischen mit einem Seufzen von mir abgewandt, um weiter zu dösen.
Doch konnte ich keine Ruhe finden und fragte vorsichtig: „Ähm, hast das du gerade gesagt?“
Ihr genervtes „Nein“ beruhigte mich keineswegs. Ich ließ erst mal einen grandiosen Schrei fahren und rannte aus dem Zimmer. Als ich zitternd durch den Spalt der Türe linste, sah ich nur noch den hinteren Teil des Tieres in die Küche verschwinden. „Nirgends hat man Ruhe in dem Laden“, kam noch.
Ich bin die nächsten Stunden so sitzen geblieben und hab nachgedacht. Irgendeiner war aus der Norm: Die Katz‘ oder ich.
Nach einigem Abwägen blieb nur eine plausible Erklärung übrig: Das Tier hatte sich aus irgendeinem Grund der menschlichen Sprache bemächtigt. Warum auch nicht?
Ich guckte nochmal vorsichtig - keine Spur von der Mietze.
Vielleicht war es so, dass sie schon länger sprechen konnte, es mir aber verheimlicht hatte. Aber wozu? Was sollte diese Geheimnistuerei? Ich hätte es doch akzeptiert. Mit mir kann man doch reden.
Ich erschrak. In der Küche geschepperte es, ein Topf ging zu Boden.
"Scheiße!", drang an mein Ohr. Dann wieder Stille. Wie sollte das nur weitergehen?
Ich atmete tief durch, stand auf und ging in die Küche, um die Katze nach ihrer Meinung zu fragen.
Doch da lag nur ein Zettel am offenen Fenster.
„Wen du dich beruhigt hast, kom ich wider, kan bei dem Geschrei nicht schlafen“.
„Ha“, sagte ich mir, „mit der Rechtschreibung hapert' s aber noch, dummes Tierchen.“
Spät abends ist sie dann eingetrudelt und wir haben uns erst mal richtig ausgesprochen. Sie hat mir bei dieser Gelegenheit den Spiegel vorgehalten, zeigte aber keine Einsicht, wenn ich zu meckern hatte. Ich könne ja froh sein, dass sie überhaupt bei mir bliebe, schließlich gebe es bessere Behausungen für eine Katze ihres Niveaus. Na ja, aber es sah schon irgendwie drollig aus, als sie „Drecksbude“ fauchte. Ich konnte ihr nicht wirklich böse sein.

Am nächsten Tag beschloss ich krank zu machen und ging gut gelaunt in die Küche, um mich mit meiner Katze zu unterhalten. Da saß sie auch schon vor dem Schrank mit dem Katzenfutter. „Guten Morgen, gut geschlafen?“, fragte ich erwartungsvoll.
Aber es kam keine Antwort. Ich fand das ziemlich unhöflich von ihr. Nach einer halben Stunde gab ich' s auf. Ich hatte alles versucht, um mit dem Tier gehobene Katzenkonversation zu führen, erhielt aber nur ein halbes „Mau“ als Dank. Warum redete das Vieh nicht?
„Ich kann dir sagen, warum sie dir nicht antwortet: Sie ist eine Katze.“
Die Stimme kam aus der Ecke meiner Küche, aus Richtung des Toasters, der mich höhnisch anglotzte.
„Wie jetzt, heute du…?“
„ … aber nur so lange der Stecker drinsteckt. Wieso meinst du eigentlich, du wärst was Besseres? Nur du sollst die Fähigkeit zu sprechen besitzen, wenngleich deine eigene Spezies nicht mal damit aufhören kann, sich selbst zu bekriegen?"
Was fiel dem denn ein?
"Wir Toaster gehen weitaus humaner miteinander um, oder hast du schon mal gehört, das ein Toaster seinesgleichen ermordet hat?“
Ich musste zugeben, dass er wirkliche Totschlag-Argumente auf Lager hatte. Überhaupt hat mir mein Toaster dann richtig die Augen geöffnet. Ich kam mehr sehr elend vor, mit meiner selbstgerechten Art und zusammengebastelten Realität. Für alle meine Probleme hatte er eine simple Lösung parat, er machte nicht mal vor meinem Seelenleben halt. Toasti, so durfte ich ihn später nennen, gab zu, ein paar Semester Psychologie auf einer Elektrogeräteuniversität studiert zu haben.

Die nächsten Tage traf ich noch weitere interessante Gesprächspartner in meiner Wohnung. Da war der Milchkaffee, der es nicht leiden konnte, rechts herum gerührt zu werden, die Frau auf der Fernsehzeitschrift, die sich beschwerte, dass ich ihr einen Schnurrbart verpasst hatte, was mir im Nachhinein auch wirklich peinlich war, und ein englischer Nabelfussel, namens George.

Meine Wohnsituation hat sich mittlerweile auch verändert. Ich lebe jetzt in einer tollen 30 Mann-WG. Viele meiner Mitbewohner haben ganz ähnliche Erfahrungen gemacht, auch wenn das meiste Schwachsinn und total unrealistisch ist. Schon richtig krank. Die armen Kerle ...
Jedenfalls gibt es donnerstags immer Spaghetti. Da ist die Welt wieder in Ordnung.
Meine Katze antwortet mir übrigens immer noch nicht. Wahrscheinlich nur, weil sie mir nichts entgegenzusetzten hat. Zumindest entnehme ich dies ihrem Blick, wenn wir mittwochabends skypen.
 

Aligator

Mitglied
Alles begann an einem Samstagnachmittag vor drei Wochen. Ich kam gerade von der Arbeit und ließ mich unsanft auf meinem Sofa nieder. Da vernahm ich eine hohes Stimmchen, das sagte: „He Alter, geht' s auch etwas langsamer? Ich krieg ja noch’ n Herzinfarkt!“
Unwillkürlich blickte ich nach rechts, mitten in die Augen meiner Katze. Da es bis dato ein anstrengender Tag gewesen war und es das Tier bisher vermieden hatte, mit mir auf verbalem Wege zu kommunizieren, beschloss ich, gar nichts zu tun. Die Gute hatte sich inzwischen mit einem Seufzen von mir abgewandt, um weiter zu dösen.
Doch konnte ich keine Ruhe finden und fragte vorsichtig: „Ähm, hast das du gerade gesagt?“
Ihr genervtes „Nein“ beruhigte mich keineswegs. Ich ließ erst mal einen grandiosen Schrei fahren und rannte aus dem Zimmer. Als ich zitternd durch den Spalt der Türe linste, sah ich nur noch den hinteren Teil des Tieres in die Küche verschwinden. „Nirgends hat man Ruhe in dem Laden“, kam noch.
Ich bin die nächsten Stunden so sitzen geblieben und hab nachgedacht. Irgendeiner war aus der Norm: Die Katz‘ oder ich.
Nach einigem Abwägen blieb nur eine plausible Erklärung übrig: Das Tier hatte sich aus irgendeinem Grund der menschlichen Sprache bemächtigt. Warum auch nicht?
Ich guckte nochmal vorsichtig - keine Spur von der Mietze.
Vielleicht war es so, dass sie schon länger sprechen konnte, es mir aber verheimlicht hatte. Aber wozu? Was sollte diese Geheimnistuerei? Ich hätte es doch akzeptiert. Mit mir kann man doch reden.
Ich erschrak. In der Küche schepperte es, ein Topf ging zu Boden.
"Scheiße!", drang an mein Ohr. Dann wieder Stille. Wie sollte das nur weitergehen?
Ich atmete tief durch, stand auf und ging in die Küche, um die Katze nach ihrer Meinung zu fragen.
Doch da lag nur ein Zettel am offenen Fenster.
„Wen du dich beruhigt hast, kom ich wider, kan bei dem Geschrei nicht schlafen“.
„Ha“, sagte ich mir, „mit der Rechtschreibung hapert' s aber noch, dummes Tierchen.“
Spät abends ist sie dann eingetrudelt und wir haben uns erst mal richtig ausgesprochen. Sie hat mir bei dieser Gelegenheit den Spiegel vorgehalten, zeigte aber keine Einsicht, wenn ich zu meckern hatte. Ich könne ja froh sein, dass sie überhaupt bei mir bliebe, schließlich gebe es bessere Behausungen für eine Katze ihres Niveaus. Na ja, aber es sah schon irgendwie drollig aus, als sie „Drecksbude“ fauchte. Ich konnte ihr nicht wirklich böse sein.

Am nächsten Tag beschloss ich krank zu machen und ging gut gelaunt in die Küche, um mich mit meiner Katze zu unterhalten. Da saß sie auch schon vor dem Schrank mit dem Katzenfutter. „Guten Morgen, gut geschlafen?“, fragte ich erwartungsvoll.
Aber es kam keine Antwort. Ich fand das ziemlich unhöflich von ihr. Nach einer halben Stunde gab ich' s auf. Ich hatte alles versucht, um mit dem Tier gehobene Katzenkonversation zu führen, erhielt aber nur ein halbes „Mau“ als Dank. Warum redete das Vieh nicht?
„Ich kann dir sagen, warum sie dir nicht antwortet: Sie ist eine Katze.“
Die Stimme kam aus der Ecke meiner Küche, aus Richtung des Toasters, der mich höhnisch anglotzte.
„Wie jetzt, heute du…?“
„ … aber nur so lange der Stecker drinsteckt. Wieso meinst du eigentlich, du wärst was Besseres? Nur du sollst die Fähigkeit zu sprechen besitzen, wenngleich deine eigene Spezies nicht mal damit aufhören kann, sich selbst zu bekriegen?"
Was fiel dem denn ein?
"Wir Toaster gehen weitaus humaner miteinander um, oder hast du schon mal gehört, das ein Toaster seinesgleichen ermordet hat?“
Ich musste zugeben, dass er wirkliche Totschlag-Argumente auf Lager hatte. Überhaupt hat mir mein Toaster dann richtig die Augen geöffnet. Ich kam mehr sehr elend vor, mit meiner selbstgerechten Art und zusammengebastelten Realität. Für alle meine Probleme hatte er eine simple Lösung parat, er machte nicht mal vor meinem Seelenleben halt. Toasti, so durfte ich ihn später nennen, gab zu, ein paar Semester Psychologie auf einer Elektrogeräteuniversität studiert zu haben.

Die nächsten Tage traf ich noch weitere interessante Gesprächspartner in meiner Wohnung. Da war der Milchkaffee, der es nicht leiden konnte, rechts herum gerührt zu werden, die Frau auf der Fernsehzeitschrift, die sich beschwerte, dass ich ihr einen Schnurrbart verpasst hatte, was mir im Nachhinein auch wirklich peinlich war, und ein englischer Nabelfussel, namens George.

Meine Wohnsituation hat sich mittlerweile auch verändert. Ich lebe jetzt in einer tollen 30 Mann-WG. Viele meiner Mitbewohner haben ganz ähnliche Erfahrungen gemacht, auch wenn das meiste Schwachsinn und total unrealistisch ist. Schon richtig krank. Die armen Kerle ...
Jedenfalls gibt es donnerstags immer Spaghetti. Da ist die Welt wieder in Ordnung.
Meine Katze antwortet mir übrigens immer noch nicht. Wahrscheinlich nur, weil sie mir nichts entgegenzusetzten hat. Zumindest entnehme ich dies ihrem Blick, wenn wir mittwochabends skypen.
 



 
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