Liebe Julia,
danke für Dein Interesse an diesem Text! Wenn Du den Inhalt nicht aufdröseln kannst, wird es anderen Lesern vielleicht auch so ergehen. Eigentlich wollte ich noch warten, ob mir jemand eine Interpretation schreibt, aber ich bin ja auch nicht immer die Geduldigste. Also fange ich jetzt mal an.
Ich glaube, der wichtigste Hinweis ist die Tatsache, dass das Lyri [blue]ein Mann[/blue] ist.
[blue]Der verjährte Fahrplan wurde nicht erneuert[/blue] Der Mann war schon längere Zeit nicht mehr in Krakau.
[blue]Züge brausen tinnitusartig durch das Innenohr[/blue] immer, wenn diese Ohrgeräusche lauter werden, stellt der Mann sich vor, dass er in einem Zug nach Krakau sitzt.
[blue]nach Krakau geht es in die Abgeschiedenheit[/blue] Hier ist ein Bezug zur Wirklichkeit. In Krakau ist in mancherlei Hinsicht wirklich die Zeit stehen geblieben. Es gibt dort Menschen, die nie dorthin gehen, wo sie ihr Ziel nicht zu Fuß erreichen können. Alles Andere ist für sie tabu. Als 5jähriges Kind habe ich das auch noch also 1943 in einer Kleinstadt in der Mark Brandenburg erlebt, insofern weiß ich, das es so etwas gibt und wie ein solches Leben aussieht. Aber weil es das in Krakau teilweise bis heute gibt, liegt für mich diese Stadt irgendwie am Rand der Welt, also in der [blue]Abgeschiedenheit[/blue]
Der Mann war also vor Jahren in Krakau und hatte dort eine Begegnung mit Jelisaweta, die nicht so verlaufen ist, wie er sich das wünschte. Es gab wenig sprachlichen Austausch:[blue] Worte in Konserven stehen dort herum zwischen den Arkaden[/blue] aber der Mann erinnert sich noch an alles, was er Jelisaweta gerne gesagt hätte.
[blue]eine verstummte Welt äußert sich in den Ritzen des Steinpflasters[/blue]wenn der Mann sich vorstellt, dass er wieder auf dem Markt in Krakau steht, dann wird sein ganzes damaliges Empfinden für ihn mit ganzer Kraft wieder spürbar.
Er stellt sich vor, dass er, von ihr gänzlich unerwartet, (denn sie hat ihn ja vielleicht inzwischen vergessen,) vor ihr steht. Er sieht vor seinem inneren Auge ihr Erstaunen, und er denkt, dass sie ihn nach nichts befragen wird, weil er ihr vielleicht nicht so viel bedeutet hat, wie sie ihm.
Er denkt auch, dass sie inzwischen in allerlei Verpflichtungen eingebunden sein wird, eine Familie begründet hat usw. Deshalb [blue]tastet er nach der Rückfahrkarte[/blue] Er will sich nicht in ihr Leben drängen.
[blue]Du hast nichts zu fürchten[/blue]
Solche Phantasien hat er.
Liebe Julia, so habe ich das gemeint.
Dir ganz liebe Grüße!
Vera-Lena