Unkorrigiertes Gedankengut

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L.emma

Mitglied
Familienstress?

Zu aller-erst einmal, ich liebe meine Eltern sehr. Doch kann ich auch nicht abstreiten, dass sie so manches Mal der pure Stress sind. Im letzten Jahr ist dummerweise passiert, was passieren musste. Sie sind alt geworden. Ihre körperlichen Marotten haben zugenommen, was im 70ten und fast 70ten Lebensjahr wohl zu erwarten war. Nun muss ich natürlich erwähnen, dass sie - was das betrifft -auf hohem Niveau meckern, oder meckerten?
Doch für mich ist das noch der bei weitem erträglichste Alterungsprozess. Der stetige Verlust ihrer und dadurch auch meiner Nerven, nagt wesentlich mehr an mir. Früher konnte ich mich auf sie verlassen, nun ist es in Stresssituationen andersherum. Das mag in meinen stabilen Phasen gut gehen, doch da ich trotz meiner Jugend kränklicher als meine Eltern bin, führt es zu Konfliktsituationen.
Es wirkt fast, als würde mein Vater immer noch versuchen, dauerhaft das Zepter fest in der Hand zu halten, obwohl dieses sich unbemerkt und schleichend in einen Krückstock gewandelt hat. Er beginnt damit, Situationen falsch einzuschätzen und sich bei dem Versuch, „seine“ Frauen als alternder Patriarch zu schützen, furchtbar lächerlich zu machen. So wird aus einem schönen Abend im Sizilien Urlaub schnell ein Streit. Vorzugsweise mit mir, da meine Mutter aufgrund ihrer Harmoniesucht und ihrer eigenen Gebrechen nicht zur Verfügung steht. Aber ich sollte mich nicht beschweren. Immerhin hat die Veränderung der Situation und Rollen, bei mir einen Lernprozess angestoßen.
Ja, ich habe gelernt mich selbst zu verteidigen, zu meiner Meinung zu stehen und darauf zu vertrauen, dass ich es manchmal eben doch besser weiß.

Kneipen. Ruhepol, Inspiration oder doch nur Alkohol?

Wieder einmal sitze ich mit meinem zweiten Bier an einer Bar. Darüber sinnierend: „Warum?“ Wahrscheinlich, weil mir zu Hause so oft die Motivation fehlt, zu schreiben, zu leben, zu reden. Doch draußen, allein, ohne Störung, ohne Ablenkung, geht es.
Nicht, dass ich nur unter Alkoholeinfluss arbeitsfähig wäre, aber irgendwo muss das Klischee von Schriftstellern und Alkoholkonsum herkommen. Auch ich merke immer wieder, dass die wohl beliebteste legale Droge, mein Hirn durchaus zum Denken animiert. Doch ist mit Sicherheit nicht alles Gold was glänzt, auch das frisch gezapfte Bier nicht.
So merke ich, wie der leichte Nebel meine Sinne trübt und gleichzeitig meine Lebenslust anspornt. Ich beginne, mich langsam aber sicher nicht mehr nutzlos zu fühlen, obgleich sich meine Situation nicht geändert hat. Gefährlich? Mit Sicherheit, da mir die Alkoholsucht schon vom Tresen her zuzwinkert. Aber schätzen wir nicht alle ein wenig Gefahr? Zumindest solange sie nicht wahrlich bedrohlich wirkt.
Ich spüre, wie ich beginne es zu genießen. Den Moment, die Zuversicht. Das Schreiben fällt mir so leicht, wie lange nicht. Die Worte fließen aus mir heraus, auch wenn nicht jedes Sinn ergibt, vor allem für einen nüchternen Geist. Es stellt sich die Frage, ob ich die Grenze heute überschreite oder doch nur anstupse. Dennoch sitze ich und lausche, den Gesprächen, den Geräuschen. Ich erlange das, was ich so lange verzweifelt gesucht habe. Inspiration. Natürlich drängt sich mir der Gedanke auf, wie viel davon echt ist und was bleibt, aber darauf eingehen möchte ich nicht. Denn ist Illusion und Fantasie nicht mein größtes Gut?

Auf den Kater gekommen

So, nun ist es bei mir dummerweise anders, als bei meiner Schwester, die ein süßes schwarzes Katerchen als neuen Mitbewohner hat. Ich bekomme von meinem eigenen Kater keine Schmuseattacken, sondern Kopfschmerzen, Übelkeit und allgemeines Unwohlsein.
Ja, wie schön so ein volltrunkener Abend ist, den Morgen danach hingegen könnte ich mir sparen. Ich sitze also wieder einmal auf dem Sofa und lasse mir zum hundertsten Mal die Worte „Nie wieder Alkohol!“, durch den Kopf gehen. Ist immerhin besser, als wäre es mein Frühstück, auch das ist mir natürlich schon des Öfteren passiert.
Nun gut, als mittlerweile geübte Kater-Halterin kenne ich Hausmittelchen, um diesen erträglicher zu machen. Wenn Bewegung nur nicht so anstrengend wäre. Aber dafür hat man doch liebevolle Bekannte, die sich aufopferungsvoll um einen kümmern. Nicht alleine zu sein hat so seine Vorteile. Selbst wenn es bedeutet, mein leicht schlechtes Gewissen niederringen zu müssen, aber keine Sorge, darin bin ich gut. Auch ist es hilfreich, dass mir, während ich wie ein Kater zusammen gerollt bin, mein Köpflein gestreichelt wird. Vielleicht ist mein Kater ja doch nicht das schlimmste Haustier? Zumindest solange er mir doch irgendwie zu Schmuseeinheiten verhilft.
Mit anderen Worten, genießt die schönen Dinge des Lebens, selbst während Katerbesuchen.
 
Zuletzt bearbeitet:

molly

Mitglied
obwohl dieses sich unbemerkt und schleichend in einen Krückstock gewandelt hat.:)
Hallo L.emma,

Hat Spaß gemacht Deine Geschichte zu lesen, auch wenn ich nicht glaube, dass die Eltern plötzlich alt werden, nur weil sie 70 sind. Ja ja, die Alten sind manchmal nervig, wenn sie im Alter nicht gelassen sein können.

Viele Grüße
molly
 



 
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