Unperfekt

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brndmtzk

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"In 50 Metern links abbiegen"
Ein reichlich impulsiver Tastendruck brachte die Frau im Navi zum Verstummen.
Die Stimme, mit der man nicht diskutieren konnte und die immer alles besser wußte brachte ihn zuverlässig in Rage. Selbst wenn es nur eine Stimme aus einem elektronischen Dingsbums war. Doch die wahre Quelle seines plötzlichen Ärgers war das Eingeständnis, wieder einmal auf die Hinweise eines Fremden hereingefallen zu sein. 'Geben Sie an ihrem Navi am besten den Markt ein. Ist für Fremde schwer zu finden.'. Eine selbstsichere Stimme. Eine ohne Selbstzweifel. Man spürte sofort, dass der Mann recht hatte, dass es gar nicht anders sein konnte. Er war gar nicht auf den Gedanken gekommen selbst auf eine Karte zu schauen. Dann hätte er es sich die Schmach ersparen können die letzten 5 km Geradeausfahrt mit der Hilfe eines Navis zu absolvieren.
Verärgert übersah er den von rechts kommenden BMW, der hier eigentlich Vorfahrt gehabt hätte. Aber die Kunst eines zufriedenen Lebens besteht darin, eigene Fehler zu ignorieren. Er hatte den BMW schon wieder vergessen als er in der Parklücke stand.
Er war zu zeitig. Gut so. Gemächlich stieg er aus und sah sich um.
Das Rathaus, eine Sparkasse, eine Kirche. Was man so von einem Marktplatz erwartet. Aber keine richtigen Geschäfte. Eine Apotheke, ein Café, ein paar unscheinbare Kneipenschilder, ein Fotostudio. Das war's.
Wie erwartet: ein Kaff. Ein menschenleeres Kaff.
Obwohl er nur eine halbe Stunde benötigt hatte, er war noch nie hier gewesen. Kleinstädte lagen ihm nicht. Zu viel Mief, zu wenig Abwechslung, zu viele Menschen, die sich zu gut kannten.
Er war das einzige menschliche Wesen hier. Immerhin gab es einige Bäume, was die Tristesse der großen Pflasterfläche etwas milderte.
Vor der Sparkasse parkten einige Autos. Nichts was seinen Skoda aus dritter Hand zu sehr deklassiert hätte.
Die Mittagshitze trieb ihm den Schweiß auf die Stirn. Aus verborgenen Regionen seiner Psyche machte sich eine unterschwellige Aggressivität in ihm breit. Die Hitze lag ihm nicht. Der Job, um den es hier ging auch nicht. Und vor allem störte ihn, dass er diesen Job brauchte. Denn er war inzwischen ganz unten angekommen.

Manchmal sind winzige Dinge, an denen man sich festhalten kann. Für den Mann mit dem Skoda war es ein Etui mit Visitenkarten. Er zog es aus der Tasche seines Leinensakkos, dass er sich trotz der Hitze übergeworfen hatte. Sein Daumen strich über das Mäppchen. Schwarzes, genarbtes Leder. Deutsche Nobelfirma. Ein Geschenk seiner Kollegen nachdem die Nachricht von seiner Entlassung die Runde machte. Nicht aller Kollegen. Auch nicht offiziell überreicht, sondern in privater Runde. Niemand wollte riskieren in den Verdacht des Symphatisantentums zu geraten. Er verstand das.
Getrieben von der irrationalen Befürchtung ein unbekanntes Phänomen hätte die Schrift auf seinen Visitenkarten über Nacht zum Verblassen gebracht zog er eine heraus.

Frank Preller
Ermittlungen & Personenschutz

Beruhigt steckte die Karte ins Etui und dieses wieder in die Tasche.
Ein schwabbeliger Typ in karierten Bermudas und einem verschwitzten T-Shirt verließ den Döner-Laden auf der anderen Straßenseite. In seiner billigen Plastiktüte steckte eine unförmiger, in Alufolie gewickelter Klumpen. Watschelnd bog er um eine Hausecke und verschwand.
'Es geht also doch noch weiter runter' dachte Preller. Sein Ärger verflog. Er war schließlich Profi. Meistens jedenfalls.

'Hoffentlich hat das Restaurant eine Klimaanlage' war sein nächster Gedanke. Vom besten Haus am Patz, nein, sogar der Stadt -so sein Client- sollte man das erwarten können.
Aber wo verbarg es sich? An der Ostseite sollte es sein. Er sah kein Restaurant, nur einen hässlichen, hellgrauen Klotz im Nachwende-Stil. Ein abgebautes Ladenschild hatte einen Schmutzrand und einige Löcher im Putz hinterlassen. Über den Fenstern zeugten schwarze Streifen von der unterirdischen Qualität des Baus. Aber links davon, in einer Seitenstraße, standen einige Sonnenschirme. Eine schwarze M-Klasse parkte davor. Sein Auftraggeber?
Gemächlich setzte er sich in Bewegung.
Er hatte Glück. "Bistro am Markt" stand über der Tür. Schild und Eingang gingen auf die Seitenstraße, unsichtbar von seinem Parkplatz aus.
Das Innere ließ ihn wieder zweifeln. Ein Tresen wie in einer Eisdiele, nur ohne Eis. Statt dessen standen Blumentöpfe hinter dem Glas. Eine dürre, sommersprossige Kellnerin sah ihn desinteressiert an.
"Guten Tag. Ich bin mit einem Herrn Fink verabredet."
Mit der menschlichen Motivation ist so eine Sache. Manch einen motiviert das Verlangen nach Bier so sehr, dass er dafür sogar einer geregelten Arbeit nachgeht. Und ein anderer nimmt stundenlange Bahnfahrten, mieses Wetter und erhebliche finanzielle Aufwendungen in Kauf nur um 22 Männern in kurzen Hosen dabei zuzusehen wie die einen Ball über den Rasen treten. Bei der Kellnerin war es die Erwähnung des Herrn Fink, die sie plötzlich erstrahlen ließ. Ihre schmalen Lippen erblühten zu einem Lächeln. Sie hätte fast attraktiv gewirkt wäre da nicht plötzlich diese unterwürfige Körperhaltung gwesen. Von einem Moment auf den anderen wirkte sie eine Handbreit kleiner.
"Ja bitte, hier entlang. Herr Fink erwartet sie."
Preller zweifelte daran, dass dieser Raum wirklich ein Restaurant hatte werden sollen. Riesige Fenster auf beiden Seiten öffneten den Durchblick von der Straße bis in den Innenhof. Einige Raumteiler kämpften gegen die Weite des Raums und ertrotzten drei blickgeschützte Nischen. Auf eine davon steuerte die Kellnerin schnell und mit gebeugten Schultern zu.
"Herr Fink, ihre Verabredung."

Preller benutzte seinen unergründlichen, ausdruckslosen Dienstblick. Ihm gefiel nicht, was er sah. Hipsterbart im grauen Seidenanzug. Seit vorigen Jahr Hassobjekt Nr. 1. Gab es für diese Typen eine Fabrik? Scheinbar emotionslos reichte er seinem Gegenüber die Hand. Ein Schlaffi. Weiche Haut, manikürte Fingernägel, kraftloser Händedruck. Wortlos nahm er Platz.
"Schön dass sie gekommen sind." Er erkannte die Stimme wieder. Ihre beinahe hypnotische Wirkung war jetzt noch intensiver als am Telefon. Doch solange Preller sich im Griff hatte konnte er auf seine Emotionen herabsehen wie ein Außenstehender. Er konnte sie nicht beeinflussen aber er schaffte es, sich nicht von ihnen steuern zu lassen. So nahm er amüsiert wahr, dass ein Teil von ihm diese Begrüßung für aufrichtig hielt.
Fink winkte die Kellnerin mit einer energischen Handbewegung heran, ohne sie dabei anzusehen. "Was trinken sie?"
Für einen Moment zögerte Preller. Wollte Fink einen Profi oder nur einen harten Kerl? Er entschied sich für die erste Variante und bestellte ein Wasser.
Fink streifte die ihn immer noch bewundernde Kellnerin nur mit einem kurzen Blick und sagte, mit dem Blick auf Preller, der noch in der Karte blätterte, "Wie immer".
Preller blickte hoch und lächelte die in selige Träume versunkene Bedienung freundlich an. Er verspürte das Bedürfnis dem unhöflichen Verhalten seines Gegenübers etwas entgegen zu setzen. So wurde aus seiner Bestellung ein kurzes Gespräch über die Küche, den Koch, die Qualität von Seefisch im Flachland und Steaks vom Galloway. Schließlich bestellte er, ohne Gewissensbisse, letzteres. Fink schien es sich ja leisten zu können.
"Sie sind ja ein Feinschmerker Herr Preller. Das hätte ich gar nicht gedacht."
Preller antwortete ausweichend. Keine Konfrontation jetzt. Sein Kontostand war deutlich niedriger als der Monat lang.
Für Fink schien das ausreichend Smalltalk gewesen zu sein. Er kam zur Sache.
"Herr Preller, ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden. Ich werde ihnen mein Problem schildern, sie überlegen während des Essens und sagen hinterher ja oder nein. Ok?"
Das klang zielstrebig. So reden Erfolgsmenschen. Sie sagen, was sie wollen und sie sagen es so als hätte der andere eine Wahl. Vielleicht hätte ein anderer an Prellers Stelle die auch gehabt, aber ihm blieb nur übrig jetzt schon ein freundliches 'Ja' zu üben.
Finks Geschichte klang ganz normal. Es gab da einen 'Geschäftsmann' der mit Fink eine Unterredung führen wollte. Fink sollte abends in dessen Lokal kommen. Preller konnte sich vorstellen was für ein 'Geschäftsmann' und was für ein Lokal das sein würden. Spekulationen über die Art des Geschäfts verbot er sich.
Bevor er etwas fragen konnte brachte die Bedienung das Essen. Preller griff zum Besteck. Er brauchte Zeit zum Nachdenken. Die Sache klang simpel, aber sein Instinkt witterte Gefahr. Er kaute ohne etwas zu schmecken.
Fink stocherte auf seinem Antipasti-Teller herum und schob sich eine Olive in den Mund. Preller spürte den kalten Blick seines Gegenübers. Ihm war nicht wohl bei der Sache, aber er fand auch keinen Ansatzpunkt für einen Verdacht.
"Haben Sie Ärger mit diesem Menschen?" Naheliegend, aber trotzdem ein Schuss ins Blaue. Scheinbar beiläufig musterte er Fink. Dessen körperliche Reaktion würde jetzt mehr verraten als seine verbale Antwort. Doch Fink ließ sich nichts anmerken. Problemlos spießte er eine widerspenstige Olive auf und blickte Preller ebenso beiläufig an wie dieser ihn.
"Probleme, keinen Ärger. Einer meiner Mitarbeiter beging einen Fehler, der Herrn Ozan Geld gekostet hat. Und nun möchte dieser Herr, dass ich ihm das Geld überbringe und mich bei ihm entschuldige. Die Türken haben da recht altmodische Vorstellungen." Aus Finks Stimme sprach Verärgerung, aber keine Aggression und keine Angst. Preller nickte zustimmend in der Hoffnung, Fink damit zu weiteren Äußerungen zu animieren. Aber der stieg nicht darauf ein und schwieg. Für einige Minuten kauten beide still vor sich hin. Überaschend brach Fink dann das Schweigen.
"Haben Sie eigentlich eine Waffe?"
Erstaunt, fast erschrocken legte Preller sein Besteck ab. "Was für eine Waffe?"
"Na eine Pistole, oder einen Revolver. Als Personenschützer dürfen Sie doch bestimmt eine tragen. Und einem ehemaligen Polizisten wird man doch keinen Waffenschein verweigern, oder?"
Prellers unangenehme Vorahnungen verstärkten sich. In diesem Moment war er entschlossen auf den Auftrag zu verzichten. Doch bevor er etwas sagen konnte kam ihm Preller zuvor.
"Wenn sie eine haben dann lassen sie sie zu Hause. Ozan ist ein Geschäftstermin, nichts weiter. Wenn auch ein etwas ungewöhnlicher. Ich will einen Begleiter, keinen Revolverhelden. Haben Sie das verstanden?"
Preller beruhigte sich etwas. Verärgert nahm er wahr, dass er für einen Moment die Kontrolle über seine Körpersprache verloren hatte. Zweimal tief in den Bauch einatmen entspannte seine Muskeln wieder.
"Ich habe keine Waffe." Das war gelogen, aber Fink musste nicht alles wissen. Einen kleinen Teleskopschlagstock und einen Elektroschocker würde er schon mitnehmen. Seine Pistole lag seit seiner Entlassung unberührt in einer Stahlkassette im Küchenschrank. Und dort würde sie auch bleiben.
In diesem Moment summte Finks Smartphone. Sich entschuldigend stand er auf und ging in Richtung Ausgang. Preller beschloss, nicht auf ihn zu warten und genoss jetzt sein Steak. Fink war zwar nicht zu durchschauen, aber er schien es nicht auf eine Konfrontaion anzulegen.
In sein Essen vertieft nahm er den Schatten neben sich erst spät wahr. "Verzeihen Sie bitte." Die Bedienung stand unterwürfig neben ihm. Erst als er sie anschaute sprach sie weiter. Herr Fink ließe sich entschuldigen, ein plötzlicher Termin. Er solle sein Essen genießen. Und abends um 9 bei Herrn Fink sein, die Adresse währe ihm wohl bekannt. Und falls er noch etwas richtiges trinken wolle, er solle sich eingeladen fühlen.
Prellers Stimmung verdüsterte sich wieder. So war er noch nie abserviert worden. Missmutig aß er auf und verschwand. Von der Sommersprossigen keine Spur. Der schwarze Mercedes war auch weg.

Später, viel später, nach einen durchgrübelten Nachmittag machte sich Preller wieder auf den Weg.
Die Adresse hatte ihn per SMS ereicht. Diesmal verzichtete er auf das Navi und fand sich irgendwo in der Stadt vor einem Einfahrt-Verboten-Schild wieder. Zu einer Unterhaltung mit der Frau im Navi wollte er sich nicht herablassen, er hasste Sprachsteuerung. Doch sein Ärger stieg noch weiter als er die kleinen Tasten auf dem Touchscreen verfehlte. 'Bleib ruhig, du bist ein Profi' meditierte er auf dem Rest der Strecke vor sich hin. Noch zwei Stunden Arbeit und der nächste Monat wäre gesichert.
Gerade noch pünktlich parkte er vor dem Finkschen Anwesen. Die Bezeichnung Haus wäre untertrieben gewesen. Einsehen konnte er das Grundstück nicht, eine hohe Hecke verbarg die Sicht, bot aber gleichzeitig einen Eindruck von dessen Größe. Tief atmend und langsam ging er zur Pforte. Bevor er auf den Klingelknopf drücken konnte summte etwas und das Tor neben ihm schwang auf. "Kommen sie gleich hier herüber." Fink stand in der geöffenten Tür seines SUV und steckte sein iPhone wieder ein. "Tolle Erfindung. Mit dem Ding kann ich das ganze Haus steuern."
Wortlos schlenderte Preller zur Beifahrertür und wollte einsteigen. Fink reichte ihm einen Autoschlüssel: "Sie fahren." Sie stiegen ein und fuhren los. Fink dirigierte ihn mit knappen Anweisungen aus der Stadt heraus auf eine Umgehungsstraße. Preller verlor bald die Orientierung. Nur an der Spitze des angeleuchteten Schlossturms konnte er grob die Richtung abschätzen. Ihm schien, als würden sie eine komplette Runde um die Stadt drehen. Fink bestätigte ihm dies. "Quer durch die Altstadt ist es ein Krampf, auch abends. Vor allem wenn man sich nicht auskennt."
Preller vermutete, dass Fink nicht unbedingt gesehen werden wollte. "Wir hätten auch meinen Wagen nehmen können, der ist unauffälliger."
"Nein, ein wenig Eindruck müssen wir schon machen."
Es waren seine letzten Worte bis zum Ziel.

Für Preller hatten Häuser eine Seele. Sie sprachen zu ihm. Grasbüschel am Fundament, die abgeblätterte Farbe der Haustür, der Geruch im Flur, alles verriet ihm etwas über dessen Bewohner auch ohne diese jemals gesehen zu haben. Das Haus, vor dem sie jetzt hielten, sprach nicht, es schrie ihn an. "Verschwinde" rief es. Doch jetzt war es zu spät. Fink und Preller traten durch die schmale Tür, die stabiler war als sie aussah, in den Gastraum. Er erkannte das Prinzip. Links eine lange Bar mit einigen Hockern, die rechts nur wenig Platz ließen. Man kam nur nacheinander in den hinteren Bereich. Der öffnete sich nach dem schmalen Eingang nach beiden Seiten. Hinter den Ecken konnten böse Überraschungen lauern. Aus unsichtbaren Lautsprechern dudelte orientalische Musik.
Ein dürres Bürschchen mit Spitzbart stand am Ende des Tresens. Sein ausdruckloser Blick streifte Fink nur kurz, blieb dann aber an Preller hängen. Als der den Barkeeper erreichte stoppte ihn ein gelangweiltes "Du nicht!"
Preller kannte die Spielregeln. Er blieb stehen. Es hätte auch keinen Sinn gemacht weiter zu gehen, denn kaum hatte Fink die eigenliche Gaststube erreicht, schob sich ein vierschrötiger, reichlich verfetteter und genau so hässlicher Typ in den Durchgang und versperrte Preller den Weg. Trotz seiner Hässlichkeit schien ihm sein Körper zu gefallen, denn er trug nur ein schmutziges Achselhemd und verwaschene Jeans. Stolz schob er seinen Bauch in Prellers Richtung. So konnte der immerhin abschätzen dass sein Gegenüber keine größeren Waffen mit sich herumtrug. Also keine wirkliche Gefahr. Abwiegelnd die Hände hebend trat er zwei Schritte zurück. Näher am Ausgang fühlte er sich wohler. Im Falle aller Fälle könnte er Fink sowieso nicht helfen, denn der stand jetzt, eingekeilt zwischen zwei jüngeren, deutlich besser gekleideten Typen vor einem der Tische im Hintergrund.
Preller konnte das Gespräch nicht verstehen. Aber in dem breiten Spiegel hinter den Schnapsflaschen der Bar konnte er das Gesicht von 'Herrn Ozan' sehen. Er kannte ihn nicht, den Typ, den er verkörperte aber schon. Ein Offizier in der Armee des organisierten Verbrechens. Alt genug, um ausreichend Erfahrung zu haben. Zu hoch aufgestiegen um sich selbst die Finger schmutzig machen zu müssen, aber nicht weit genug oben um vor dem Staatsanwalt wirklich sicher zu sein. Einer der laut bellte, manchmal auch biss, aber keiner der sein Opfer fraß. Fink drohte keine echte Gefahr, auf jeden Fall nicht hier und nicht heute. Vielleicht ein kleiner, aus Versehen etwas zu kräftiger Boxhieb, einige ernst klingende Drohungen, die Vorführung eines scharfen Messers, weiter nichts. Er gönnte Fink die Anspannung und die Angst.
Er entspannte sich. So fiel ihm die Rolle des desinteressierten Begleiters wesentlich einfacher. Er lächelte dem Barkeeper freundlich zu. Seine Augen schweiften dabei über die Flaschen hinter dessen Rücken. Dabei erhaschte er in der verspiegelten Rückwand immer mal einen Blick auf Fink und Ozan. Fink gestikulierte heftig, Herr Ozan lächelte verständnisvoll. Plötzlich, ganz pötzlich, verfinsterte sich jedoch seine Miene. Preller drehte sich vorsorglich um. Fink deutete gerade in seine Richtung, Ozan's verärgerter Blick folgte Finks Handbewegung. Gleichzeitig lauschte er aufmerksam Finks Vortrag. Für einen Moment huschte ein brutaler Ausdruck über Ozans Gesicht, doch Sekunden später legte sich seine Aggressivität. Preller drehte sich wieder weg. Im Spiegel beobachtete er wie Fink in die Innentasche seines Sakkos griff und und einen dicken, braunen Umschlag hervor zog. Er wollte einen Schritt in Richtung Ozan machen, aber einer der beiden Bodygards trat ihm in den Weg und nahm den Umschlag an sich. Fink trat wieder zurück, während der gegelte Schwarzhaarige das Geld zählte. Wortlos nickte er seinem Herren zu. Der strahlte nun wieder wie ein frisch gebadetes Baby, scheinbar unfähig auch nur einen bösen Gedanken zu haben.
Preller konnte das Gesicht von Fink nicht sehen. Dessen Körpersprache verriet ihm aber genug. Als hätte er einen Elefanten auf den Schultern getragen der nun heruntersprang. Preller war, als könnte man die Sorgen, die von Fink abfielen, auf dem Boden aufschlagen hören. Sich mehrmals verbeugend bewegte er sich rückwärts in Richtung Ausgang.
Der hässliche Dicke, der immer noch im Weg stand, machte sich einen Spaß daraus, den rückwärts gehenden Fink auflaufen zu lassen. Doch eine kurzer, scharfer Blick von Herrn Ozan ließ in schuldbewußt bei Seite treten.
Jetzt sah Preller auch die Erleichterung in Finks Gesicht. Er selbst setzte seine "Ich bin hart und böse"-Miene auf, so als hätte nur er die Situation gerettet.
Er ließ Fink den Vortritt, winkte dem Barkeeper nochmal lässig zu und verließ erleichtert das Lokal.

"Sie kennen jetzt den Weg?" Finks Stimme klang extrem aufgekratzt. Prellers Hoffnung auf einen entspannteren Umgansgton zerstob wie die Glut einer weggeworfenen Zigarette.
Ohne zu antworten setzte er sich wieder ans Steuer. Betont langsam fuhr er los. Fink kramte im Handschuhfach. Preller achtete nicht mehr auf ihn. Er fädelte sich durch die verwinkelte und zugeparkte Straße.
Fink hatte inzwischen gefunden, was er suchte, eine lederummantelte Taschenflasche. Geräuschvoll nahm er einen kräftigen Schluck.
"Ah, das tut gut. Das haben wir doch prima hinbekommen, oder nicht." Preller bereitete sich innerlich schon auf einen Schlag auf die Schulter vor aber Fink nahm statt dessen noch einen Schluck.
Zeit für ein wenig Kundenpflege. Preller nickte ernsthaft und bedeutungsvoll vor sich hin. "Ja, ich glaube auch. Es war eine gute Entscheidung mich mitzunehmen."
Fink lachte meckernd. "Richtig. Sie wissen ja gar nicht, wie richtig das war. Ich habe halt nur gute Ideen." Die Lösung seines Problems und der Alkohol nahmen ihm seine Hemmungen. "Na gib doch endlich mal Gas. Hier steht kein Blitzer."
Preller war schon bei 110. Trotzdem gab er Gas. Er wollte endlich sein Geld und dann weg von diesem Ekel.
Die Rückfahrt verlief deutlich schneller als die Hinfahrt. Trotzdem schaffte Fink, es seine Flasche zu leeren. Preller fand die Einfahrt zu Finks Haus auch ohne dessen schon leicht lallend gegebenen Hinweise und rollte direkt vor die Haustür.
"Lass ihn draußen, das ist bequemer." Preller hasste es, geduzt zu werden. Doch er brauchte das Geld und konnte Fink nicht verärgern, so kurz vor dem Ziel.
Fink stolperte, als er aus dem Wagen stieg. "Komm rein, du willst deine Kohle bestimmt nicht im Freien nachzählen." Damit hatte er recht.
Fink fuchtelte mit einem grauen Schlüsselanhänger vor einem Kasten neben der Haustür herum, die dann auch aufsprang. Preller folgte dem torkelnden Angeber ins Haus.

Er hatte schon einiges gesehen, aber das verschlug ihm nun doch den Atem. Das Entree war fast so groß wie sein eigenens Wohnzimmer. Zwei Stufen tiefer dehnte sich ein Salon aus, der über die gesamte Breite des Hauses zu reichen schien. Zu Prellers Verärgerung gesellte sich Neid. Aber sein Blick blieb professionell. Er überblickte den Raum. Edel aber kalt. Keine persönlichen Gegenstände. Keine Kissen, keine Blumen. Es schien keine Frau in diesem Haus zu geben.
Ein leises Klatschen lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf Fink. Der schlug einen dünnen Umschlag gegen seine linke Handfläche.
"Hier, ihr Honorar."
Preller griff nach dem Umschlag, den Fink plötzlich wegzog. Und beim zweiten Versuch erneut. Beim dritten mal war er vorbereitet. Seine Hand war da, wo Finks hinzuckte. Als wäre nichts gewesen öffnete er den Umschlag und zählte das Geld nach. Lauter abgegriffene Zwanziger. So kann man seine Wertschätzung auch ausdrücken.
"Na, stimmt alles?" Fink goss sich einen weiteren Drink ein. Preller nickte nur stumm. Und wandte sich zum Gehen.
"Wollen sie auch einen." Fink hielt inzwischen zwei Gläser in der Hand und streckte eines in Prellers Richtung.
"Nein danke, ich muss noch fahren."
"Na, na. Einer macht doch nichts. Das ist extra guter Stoff. Hundertzwanzig die Flasche. Nach dem Glück, dass sie heute hatten sollten sie sich einen gönnen."
"Nun, Glück haben ja vor allem sie gehabt. Ich habe nur meinen Job gemacht."
Fink kicherte albern. Er war inzwischen stark betrunken. "Wenn Sie wüssten. Wenn Ozan nicht so gute Laune gehabt hätte und ich ihm nicht erfolgreich Honig ums Maul geschmiert hätte, dann wären sie fällig gewesen."
Preller gab nichts auf das Gebrabbel. Aber er hatte jetzt sein Geld, da konnte er sich eine Spitze nicht verkneifen. "Jetzt kann ich es ihnen ja sagen. Ich hätte mich für sie ganz bestimmt nicht an die Front geworfen. Wäre es brenzlig geworden, dann wäre ich verschwunden."
Fink lachte schallend los. "Das hätten sie wohl kaum geschafft. Ich habe sie Ozan als meinen vertrottelten Mitarbeiter vorgestellt. Der angeblich an dem ganzen Schlamassel schuld war. Ein Fingerschnips von ihm und der Barkeeper hätte sie getasert."
Preller fuhr zusammen. Hatte er sich so austricksen lassen? Von dieser windigen halben Portion? Das Blut schoss ihm ins Gesicht. Drohend ging er einen Schritt auf Fink zu. "Was haben Sie gemacht?"
"Nun regen sie sich mal nicht so auf. Ich hatte alles im Griff. Ich hätte uns schon beschützt." Kichernd griff er unter sein Jackett. "Hier, mein eigener Problemlöser. Von Ozans Konkurrenz gekauft." Er hielt plötzlich eine Pistole in der Hand. "Da, fang. Die ist echt." Mit einer unsicheren Handbewegung warf er die Waffe in Prellers Richtung. Der fing sie mit beiden Händen ab. Eine alte, abgegriffene russische Makarow. Am Anfang seiner Ausbildung bei der Polizei, noch vor der Wende, hatte er auch so eine.
Ganz automatisch wollte er die Waffe entladen und erbleichte. Die Pistole war durchgeladen und entsichert!
"Sie Idiot. Die Pistole ist ja nicht mal gesichert. Wenn sich nun ein Schuss gelöst hätte?"
"Hätte hätte Fahradkette. Hat er aber nicht." Plump ließ er sich in einen Sessel fallen.
"Sie langweilen mich. Gehen sie doch endlich. Die Pistole können auf das Sidebord legen."
Blitzartig flutete Adrenalin durch Prellers Körper. Er hatte dieses Gefühl nur einmal erlebt. Vor einem Jahr, als ihn dieser hinterhältige Staatsanwalt vor versammelter Mannschaft ins Messer laufen ließ. Damals hatte er sich beherrscht. Genutzt hatte es nichts, seine Job war er trotzdem los. Da hätte er dem Kerl auch ein paar verpassen können. 'Scheiß auf die Beherrschung' dachte er sich jetzt.
Fink rappelte sich wieder aus seinem Sessel hoch und versuchte sich in einer drohenden Pose. "Sie sind ja immer noch da. Los, raus jetzt, sie haben ihr Geld."
Preller hielt die Pistole in der linken Hand. Lässig richtete er sie auf den krakelenden Fink. Dann drückte er mit dem rechten Daumennagel auf den Abzug.
Der Knall war kurz und laut. Fink flog in den Sessel. Der Schuss hatte ihn genau ins Herz getroffen.
Preller ließ die Waffe fallen.
Er wusste, es gibt keine perfekten Mord. Aber auch keine perfekten Polizisten.
Ohne den Blick von Finks totem Körper zu nehmen zog er sein Handy aus der Tasche um den tödlichen Unfall zu melden.
 
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ahorn

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Hallo brndmtzk,

deine Textlichkeit wie oft wunderbar, plastisch und nachfühlsam.

Aber Bitte! Was hältst du mit der Textkorrektur.
Ein Satz, ein Prädikat. Zwei Prädikate KOMMA nicht vergessen!
Habe dir ein paar Rechtschreibfehler und viele KOMMATA zurückgeworfen.
Außerdem stören dem Genuss deine Wortwiederholungen und Füllwörter.
Und Absätze, wie schön sind Absätze!



Ein reichlich impulsiver Tastendruck brachte die Frau im Navi zum Verstummen.
Die Stimme KOMMA mit der man nicht diskutieren konnte und die immer alles besser wusste brachte ihn zuverlässig in Rage.
Man spürte sofort KOMMA dass der Mann recht hatte, es gar nicht anders sein konnte.
Verärgert übersah er den von rechts kommenden BMW KOMMA der hier eigentlich Vorfahrt gehabt hätte.
Eine Apotheke, ein Café, ein paar unscheinbare Kneipenschilder, ein Fotostudio.
Immerhin gab es einige Bäume KOMMA was die Tristesse der großen Pflasterfläche etwas milderte.
Vom besten Haus am Platz, nein, sogar der Stadt‘
Manchmal sind winzige Dinge KOMMA an denen man sich festhalten kann.
Auch nicht offiziell überreicht KOMMA sondern in privater Runde. Niemand wollte riskieren in den Verdacht des Symphatisantentums zu geraten.
In seiner billigen Plastiktüte steckte eine unförmiger, in Alufolie gewickelter Klumpen.
Getrieben von der irrationalen Befürchtung ein unbekanntes Phänomen hätte die Schrift auf seinen Visitenkarten über Nacht zum Verblassen gebracht zog er eine heraus.
Schild und Eingang gingen auf die Seitenstraße, unsichtbar von seinem Parkplatz aus.
Manch einen motiviert das Verlangen nach Bier so sehr KOMMA dass er dafür sogar einer geregelten Arbeit nachgeht.
Preller zweifelte daran KOMMA dass dieser Raum wirklich ein Restaurant hatte werden sollen.
Ihm gefiel nicht KOMMA was er sah.
Weiche Haut, manikürte Fingernägel, kraftloser Händedruck. Wortlos nahm er Platz.
So nahm er amüsiert wahr KOMMA dass ein Teil von ihm diese Begrüßung für aufrichtig hielt.
Fink winkte die Kellnerin mit einer energischen Handbewegung heran KOMMA ohne sie dabei anzusehen.
Preller blickte hoch und lächelte die in selige Träume versunkene Bedienung freundlich an.
Sie sagen KOMMA was sie wollen und sie sagen es so als hätte der andere eine Wahl.
Einer meiner Mitarbeiter beging einen Fehler KOMMA der Herrn Ozan Geld gekostet hatte. Und nun möchte dieser Herr KOMMA dass ich mich bei ihm entschuldige und ihm den Verlust ersetze.
Verärgert nahm er wahr KOMMA dass er für einen Moment die Kontrolle über seine Körpersprache verloren hatte.
Das war gelogen KOMMA aber Fink musste nicht alles wissen.
Aber seine Pistole lag seit seiner Entlassung unberührt in einer Stahlkassette im Küchenschrank.
Später, viel später, nach einem durchgegrübelten Nachmittag machte sich Preller wieder auf den Weg.
Fink war zwar nicht zu durchschauen KOMMA aber er schien es nicht auf eine Konfrontation anzulegen.
Ihm schien KOMMA als würden sie eine komplette Runde um die Stadt drehen.
Preller vermutete KOMMA dass Fink nicht unbedingt gesehen werden wollte.
Das Haus KOMMA vor dem sie jetzt hielten KOMMA sprach nicht, es schrie ihn an.
Links eine lange Bar mit einigen Hockern KOMMA die rechts nur wenig Platz ließen.
Es hätte auch keinen Sinn gemacht weiter zu gehen KOMMA denn kaum hatte Fink die eigentliche Gaststube erreicht KOMMA schob sich ein vierschrötiger, reichlich verfetteter und genau so hässlicher Typ in den Durchgang und versperrte Preller den Weg.
Trotz seiner Hässlichkeit schien ihm sein Körper zu gefallen KOMMA denn er trug nur ein schmutziges Achselhemd und verwaschene Jeans.
Im Falle aller Fälle könnte er Fink sowieso nicht helfen KOMMA denn der stand jetzt, eingekeilt zwischen zwei jüngeren, deutlich besser gekleideten Typen vor einem der Tische im Hintergrund.
Er wollte einen Schritt in Richtung Ozan machen KOMMA aber einer der beiden Bodygards trat ihm in den Weg und nahm den Umschlag an sich. Fink trat wieder zurück KOMMA während der gegelte Schönling das Geld zählte.
Preller war KOMMA als könnte man die Sorgen, die von Fink abfielen KOMMA auf den Boden aufschlagen hören.
Der hässliche Dicke, der immer noch im Weg stand KOMMA machte sich einen Spaß daraus den rückwärts gehenden Fink auflaufen zu lassen.
Doch ein kurzer, scharfer Blick von Herrn Ozan ließ in schuldbewusst bei Seite treten.
Er ließ Fink den Vortritt, winkte dem Barkeeper noch mal lässig zu und verließ erleichtert das Lokal.
Ohne zu antworten KOMMA setzte er sich wieder ans Steuer.
Fink hatte inzwischen gefunden KOMMA was er suchte, eine lederummantelte Taschenflasche. Geräuschvoll nahm er einen kräftigen Schluck.
Ja, ich glaube auch KOMMA es war eine gute Entscheidung mich mitzunehmen.«
Sie wissen ja gar nicht KOMMA wie richtig das war.
Hier steht kein Blitzer.
Totzdem schaffte Fink es KOMMA seine Flasche zu leeren.
Fink stolperte KOMMA als er aus dem Wagen stieg.
Fink fuchtelte mit einem grauen Schlüsselanhänger vor einem Kasten neben der Haustür herum KOMMA die dann auch aufsprang.
Er hatte schon einiges gesehen KOMMA aber das verschlug ihm nun doch den Atem.
Zwei Stufen tiefer dehnte sich ein Salon aus KOMMA der über die gesamte Breite des Hauses zu reichen schien.
Beim dritten Mal war er vorbereitet. Seine Hand war da KOMMA wo Finks hin zuckte.
Preller nickte nur stumm.
Und wandte sich zum Gehen.
Nach dem Glück KOMMA dass sie heute hatten sollten sie sich einen gönnen.
Wenn Ozan nicht so gute Laune gehabt hätte und ich ihm nicht erfolgreich Honig ums Maul geschmiert hätte KOMMA dann wären sie fällig gewesen.
Wäre es brenzlig geworden KOMMA dann wäre ich verschwunden.
Ein Fingerschnipsen von ihm und der Barkeeper hätte sie ??getasert??.
Kichernd griff er unter sein Jackett.
»Hätte hätte Fahrradkette. Hat er aber nicht.« Mit diesen Worten ließ sich Fink in einen Sessel fallen.
Immer wieder Spaß
Ahorn
 

brndmtzk

Mitglied
Hallo Ahorn
danke für die Tips. Ich werde sie demnächst einarbeiten.
Ich bin halt kreativ, auch bei der Rechtschreibung ;-).
 



 
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