Uns ist gegeben keine Stätte zu ruhen

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Mandelbaum

Mitglied
Hallo Ralf,
der Text hat durch die Bearbeitung gewonnen, auch gefällt mir die Überschrift viel besser als "Bettgeflüster" - Hölderlin sei gedankt - und dir natürlich auch :)
Ich habe noch einige "technische" Anmerkungen:

Und so entschlossen wir uns einen gemeinsamen Hausstand zu gründen, um festzustellen [blue]Komma[/blue] auf welch festem Fundament unsere Beziehung tatsächlich stand.
Ich hatte es schon von weitem erblickt. Und obschon es nur am Rande meiner Wahrnehmung gelegen [blue](wirklich gelegen?)[/blue] hatte -
Immerhin, die Matratzen waren hart, und so war entschieden [blue]Komma[/blue] auf welcher Ruhestätte ich die Zukunft verbringen sollte.
Du weißt schon, je nach dem [blue]Komma[/blue] wo`s sich besser ….“
Dachte nur die ganze Zeit an die stundenlangen vorbereitenden Gespräche mit ihr , ob wir diesen Schritt wagen sollten, dachte an ihre lächelnden Augen und ihre immer stets [blue](immer oder stets-ein Wort dieser Art ist ausreichend)[/blue] bejahende Antwort, dachte an das viele Geld das ich für dieses schwarze Ungetüm bezahlt hatte, und dachte dann wieder an nichts.
„ Wäre doch schade um das Bett“, sagte er, als wir zu dritt im Schlafzimmer standen und uns überlegten [blue]Komma[/blue] aus welchem der drei Fenster es sich am Morgen besser herausschauen ließe.
„ Und außerdem ist es schwarz! In ihm werde ich an verregneten Sonntagen viele dunkle Poems [blue](heißt das nicht Poeme?) [/blue]schreiben.“
Ich habe deinen Text gern gelesen.;)
Liebe Grüße,
Mandelbaum
 
R

Rose

Gast
Hallo Ralf,

amüsante Geschichte über das Leben eines Bettes und dessen "Bewohner". Gern gelesen.

Blumige Grüße
Rose
 
Lieber Ralf,

das ist ja eine köstliche Geschichte.

So verließ auch das Bett, das nie einen richtigen Platz in ihrer Wohnung gefunden hatte, die beiden, und suchte sich einen neuen Schläfer.
Herrlich! Und dann der Schluss, einfach lustig. :)

Schläfrigen Gruß,
Estrella
 

Ralf Langer

Mitglied
Uns ist gegeben auf keiner Stätte zu ruhen

Katja war die große Liebe meines Maschinenbaustudiums.
Sie, solide in der Buchhaltung von Möbel Unger, und ich ,ebenso brav, täglich unterwegs zwischen den Hörsälen der Schützenbahn, dem Hauptsitz der Essener Maschinenbauabteilung, und den fensterlosen Übungsräumen der Hochschule .
Alles war so, wie es sein sollte.
Und so entschlossen wir uns einen gemeinsamen Hausstand zu gründen, um festzustellen, auf welch festem Fundament unsere Beziehung tatsächlich stand.
Es war der Tag vor der ersten gemeinsamen Nacht.
Das letzte Möbelstück, das Bett, stand endlich im Schlafzimmer. Die Monteure hatten das zwei Meter mal zwei Meter große Stück zusammen geschraubt. Ich hatte von meinem spärlichen Geld nur dies eine Möbel für unsere erste Wohnung zur Verfügung stellen können, hatte zähneknirschend die letzten tausend D-Mark in bar dem Spediteur in die Hand gedrückt, und schaute nun ,mittlerweile wieder etwas entspannt, Katja dabei zu, wie sie mit gekonnten Kniffen die Tagesdecke und Tageskissen in Ordnung brachte.
Dieses Bett.
Ich mußte an unseren ersten gemeinsamen Besuch im Möbelhaus denken:
Ich hatte es schon von weitem erblickt. Und obschon es nur am Rande meiner Wahrnehmung gelegen hatte - eben eines von vielen Ausstellungsstücken - war mir intuitiv bewußt, dass dieses schwarze Stück Eisen mit der blutroten Tagesdecke und den ebenso roten Kopfkissen mit Rosenapllikationen, nicht in Fage kam.
Aber Katja hatte sich verliebt.
Was sollte ich machen?
Ihr Vater, ein zu ansehnlichem Reichtum gekommener Schrotthändler, hatte, wie selbstverständlich, die komplette Wohnungseinrichtung finanziert.Da wollte ich nicht mit kleinlichen Bedenken im Wege stehen, und versuchte also, während wir auf dem Stück Probe lagen, meiner Freude Ausdruck zu verleihen.
Immerhin, die Matratzen waren hart, und so war entschieden, auf welcher Ruhestätte ich die Zukunft verbringen sollte.

Im Türrahmen stehend lächelte ich leise vor mich hin.
„Lass gut sein Kati“, sagte ich, “wir können den endgültigen Platz für das Bett ja noch im Laufe der Nacht herausfinden. Du weißt schon, je nach dem, wo`s sich besser ….“
Katja hatte sich neben mich gestellt.
„Ganz schön düster“, sagte sie.
Ich erwiderte nichts. Sie hatte es gewollt.
Und so blickte ich nur schweigend auf das monströse Stück.
"Das wird schon", sagte ich sanft, " wart`s nur ab!"

Stunden später stand ich wieder im Türrahmen und meine Welt zerbröselte.
Katja saß auf der Bettkante und weinte.
Taschentücher lagen verstreut auf dem Parkettboden und meine von mir so sorgfältig ausgedachte Zukunft lag ebenso zerknüllt dazwischen.
„Ich glaube, es ist einfach zu früh“, wiederholte sie sich, und sagte immer wieder:
„Was soll ich denn tun?“
Ich sagte nichts.
Dachte nur die ganze Zeit an die stundenlangen vorbereitenden Gespräche mit ihr , ob wir diesen Schritt wagen sollten, dachte an ihre lächelnden Augen und ihre stets bejahende Antwort, dachte an das viele Geld das ich für dieses schwarze Ungetüm bezahlt hatte, und dachte dann wieder an nichts.
Eigentlich wollte ich auch nur weinen. Aber es gelang mir nicht. So wartete ich im Türrahmen auf ein Wunder, auf einen schönen letzten Satz, auf irgendetwas, das geschehen könnte.
Da aber nichts geschah, bin ich dann einfach gegangen.

Ich kam bei Paul, einem Kommilitonen von mir, unter.
Er hatte etwas, das ich dringend benötigte:
Ein freies Zimmer.
Eigentlich eher die Winzigkeit von einem Zimmer. Viel zu klein für das Bett. Für eine halbe Stunde nur stand es in diesem Raum.
Immer wenn ich hinein wollte, mußte ich über das Stahlgestänge am Kopfende steigen, um dann mit einem kleinen Sprung an den Schreibtisch zu gelangen.
Also baute ich es wieder ab und entschloss mich davon zu trennen.
So kam es zu meinem Bruder.
Der hatte gerade sein Architekturstudium, das ihm von seiner Freundin Iris und ihrem Einkommen als Bankkauffrau wohlwollend finanziert worden war, beendet.
Jetzt kam auch er ins Geld und so hatten sie beschlossen in eine größere Wohnung zu ziehen.
„ Wäre doch schade um das Bett“, sagte er, als wir zu dritt im Schlafzimmer standen und uns überlegten, aus welchem der drei Fenster es sich am Morgen besser herausschauen ließe.
Gut zwei Jahre haben die beiden das Bett hin und her geschoben.
Bei jedem meiner spärlichen Besuche stand es an einem anderen Platz.
Einen endgültigen Standort dafür hatten sie nie gefunden.
Dann machten sie einen langen Urlaub in Übersee:
Transamerikanische Eisenbahn!
In der Hochebene Perus sprach Iris viel über die nächsten Schritte.
Sprach von Hochzeit, von Kindern, von der biologischen Uhr, die in ihr tickte.
Mein Bruder sprach wenig. Er dachte an seine Kinder:
An all die Häuser, die er noch bauen wollte, und an Urlaubsziele, die zu zweit angenehmer zu bereisen waren.
Ihre letzten Weihnachten verbrachten die beiden in einem romantischen Hotel an der Magellanstraße. Der Wind stürmte, die See toste, als mein Bruder Iris zum Fest einen einsamen Flug zurück in die Heimat schenkte.

So verließ auch das Bett, das nie einen richtigen Platz in ihrer Wohnung gefunden hatte, die beiden, und suchte sich einen neuen Schläfer.
Ich hatte zu dieser Zeit mein Studium geschmissen und schlug mich als Kellner durch die Gelsenkirchener Kneipenszene.
Ingo war mein neuer Seelenverwandter geworden.
Existentialist.
Er schrieb wunderbar verschrobene Gedichte, die ich nur selten verstand, trank schwarzen Kaffee und liebte überhaupt und in allen Maßen, das Unglück und das Alleinsein.
„ Das Bett sieht doch noch aus wie neu“, sagte er, nachdem wir es in kleine Teile zerlegt, durch das enge Treppenhaus der Steigerwohnung hinauf in den dritten Stock, in seine Dachwohnung mit Schräge getragen hatten.
„ Und außerdem ist es schwarz! In ihm werde ich an verregneten Sonntagen viele dunkle Poems schreiben.“
Ich wollte es glauben.
Dann lernte Ingo Susanne kennen. Eine Logopädin mit großen Brüsten, die ihn, wie er sagte, an die Urmutter erinnerte, nach der wir Männer uns alle sehnten.
Er schrieb weniger und noch seltener bekam ich ihn zu Gesicht.
Irgendwann trank er keinen Kaffee mehr und sprach über die Gefahren des Rauchens und des Trinkens, bis er schließlich beides aufgab.
Zum Ende unserer Zeit schulte er um und wurde Pharmareferent.
Einmal rief er mich noch an. Das war etwa ein halbes Jahr, nachdem wir uns das letzte Mal gesehen hatten.
Er sprach von Hochzeit. Alles wäre schon geplant. Trauung auf der Schüngelberghalde. Ein Pastor wäre auch schon gefunden. Frei-evangelische Kirche. Die Beste von allem, sagte er.
Dann Flitterwochen in Donaueschingen.
„ Und“, erkundigte ich mich,“wo ist das Problem?“
Er lachte. Das Problem war, seine Zukünftige wusste noch nichts von ihrem Glück. Es lag an der richtigen Gelegenheit, die noch nicht gekommen sei, und ob nicht ich vielleicht einmal mit Susanne…
Ich hatte aufgelegt.
Zwei Wochen später habe ich Ingo dann zum allerletzten Mal gesehen. Er saß in unserer alten Stammkneipe am Tresen, war blau wie tausend Russen und rauchte wie ein Schlot.
Susanne hatte ihn verlassen.
Sie hatte die Gelegenheit des Heiratsantrages genutzt um sich von Ingo zu trennen. Er hätte sich so sehr verändert. Gar nicht mehr der Mann den sie geliebt hatte.
Also war sie zu ihrem Ex zurückgekehrt.
Die Woche drauf verschwand Ingo in die neuen Bundesländer. Wie ich hörte, soll er jetzt Schultornister von Scout verkaufen.

So kam ich letztlich doch noch zu meinem Bett.
Ich war inzwischen Geschäftsführer in einem Szene - Lokal, wohnte in der alten Wohnung meines Bruders und war glücklicher Single.
Ich hatte das Bett, auf einen Impuls hin, einfach aus Ingos ehemaliger Wohnung herausgeholt und mir ins Schafzimmer gestellt.
Es war eine unruhige Nacht. Im Traum sah ich immer wieder drei Frauen auf der Bettkante sitzen, die abwechselnd schimpften und weinten.
Gereizt stand ich mitten in der Nacht auf und legte mich zum Schlafen auf das Ledersofa im Wohnzimmer.
Am Morgen habe ich dann den Sperrmüll bestellt.
 

Ralf Langer

Mitglied
Hallo Mandelbaum,
hab dank für deine Überarbeitung.
Poems oder Poeme. Ich denke Ingo würdees englisch also poems
ausprechen.

lg
ralf
 
R

Rose

Gast
Na klar, Ralf!

Zwischen Blumen und Stroh
und die Sterne scheinen mir sowieso ...

Kornfeldige Grüße
Rose
 



 
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