Unter Beobachtung 16. Teil

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Sonja59

Mitglied
Unter Beobachtung
Teil 16

79
Mitten in der Nacht wurde Erika unruhig. Leise schlich sie sich aus dem Zimmer. Sie hatte ein unbestimmtes, ungutes Gefühl und wollte nach ihrer Tochter sehen. Als sie das Schlafzimmer betrat, war Annes Bett leer und der Raum verwüstet. Sie bekam einen riesigen Schreck, lief raus auf den Gang und klopfte an den Türen der Männer. Immer wieder rief sie dabei laut: „Anne ist verschwunden und das Zimmer verwüstet!“ Dann lief sie zurück zu ihrem Mann und weckte auch ihn. Alle waren sofort alarmiert.
Uwe rannte zum Parkplatz und berichtete kurz darauf, dass die Wagen und ihr Roller noch da wären.
Pitt schaltete das Licht auf der Terrasse an und sie suchten, nach Anne rufend, alles ab.
„Abduls Boot liegt nicht mehr am Steg!“, schrie Jens vom hinteren Teil der Terrasse nach vorn.
„Scheiße“, meinte Pitt entsetzt. „Sie ist aufs Meer raus.“ Er wandte sich an Annes Eltern. „Ihr bleibt bitte hier am Telefon, sollte sie sich melden.“ Dann rief er Uwe zu, er solle die Headsets holen.
Als Jens im vorderen Teil der Terrasse ankam, war auch Uwe mit den Headsets wieder aus seinem Zimmer zurück. Er drückte eines davon Annes Vater in die Hand. „Kannst du damit umgehen?“, fragte er.
Walter nickte schnell und machte es sich auch schon am Ohr fest. „Was habt ihr vor, Jungs?“, wollte er wissen.
„Wir werden Anne suchen und zurückbringen“, antwortete Jens knapp.
„Aber wo wollt ihr sie auf dem Meer finden?“, fragte Erika ängstlich.
„Lasst das unsere Sorge sein“, beruhigte Pitt das Paar. „Wir bringen sie euch und Andy wieder zurück. Und wenn wir bei der Suche das ganze Meer umwälzen, den Küstenschutz und die Marine einschalten müssten. Wir bringen sie wieder zurück. Das versprechen wir.“
Und schon liefen die vier Männer mit schnell zusammengepackten Rucksäcken zum Parkplatz.
Mit quietschenden Reifen fuhr der silberne Toyota davon.
„Ich glaube nicht, dass Anne abgehauen ist, so wie das Schlafzimmer aussah“, gab Thomas zu bedenken, während sie in Richtung Ahmeds Haus fuhren.
„Ich auch nicht. Aber sollten wir das ihren Eltern sagen? Die haben so schon Angst genug“, antwortete Jens.
„Und warum habt ihr dann Walter ein Headset gegeben? Da bekommt er doch auch alles mit?“, wollte Pitt wissen.
„Nein, er hört nur das, was wir wollen. Es ist eines von den separat geschalteten Geräten, das ich ihm in die Hand gedrückt habe. Wir können ihn zwar immer hören, aber er uns nur, wenn wir ihn direkt zuschalten. Also achtet darauf“, erklärte Uwe.
Die Männer nickten alle verstehend.
Da sie Ahmed schon auf dem Weg zu ihm angerufen hatten, stand er bereits vor der Tür und drängte sich schnell mit in den Wagen. Auch Rashid holten sie ab und mussten eng zusammenrücken, damit er auch noch mit ins Auto passte.
„Wir nehmen die >El Warda<“, entschied der Kapitän noch während der Fahrt zum Hafen. „Die ist schneller, wurde am Abend erst voll aufgetankt und hat auch noch das Radar und Sonar von euch an Bord, als ihr das letzte Mal mit ihr unterwegs wart. Sebi hat es nicht abbauen lassen und wird sicher nichts dagegen haben, wenn wir sie nutzen.“
„Guter Einfall, Rashid“, sagte Jens nach hinten. „Hast du aber auch den Zündschlüssel dafür?“
„Nein. Aber ich kann sie kurzschließen“, antwortete der alte Kapitän. Jens sah im Rückspiegel, wie Rashid dabei grinste und nickte ihm zu.
Im Hafen angekommen, sprangen Rashid und Ahmed rasch aufs Boot.
Während die Männer die Leinen lösten, schaltete der Kapitän den Starter kurz. Als alle an Bord waren, nahm die >El Warda< schnell Fahrt auf.
Thomas setzte sich sofort vor den Radarschirm und überprüfte, ob in der Nähe Schiffe in Bewegung waren.
Jens nahm sein Handy und wählte die Nummer von Doktor Mechier. Er berichtete ihm, was vorgefallen war und was sie vorhatten.
„Wartet mal“, sagte der Arzt. „Ich habe hier gerade Sebi neben mir sitzen. Ich gebe ihn euch gleich mal.“
Kurz darauf meldete sich Sebastian und er erfuhr von Jens alles Wichtige. „Habt ihr zufällig das Peilgerät dabei, welches Andy und ich genutzt haben?“, fragte er. Dann erklärte er, dass er von Andreas wusste, dass Anne den kleinen Peilsender als Maskottchen an ihrem Bauchnabelpiercing trug und der noch aktiv sein dürfte.
„Nein, haben wir nicht dabei. Wir wüssten auch nicht, wo Andy das Gerät hat. Meins habe ich nicht mehr, weil die Operation beendet war“, gab Jens zu.
„Okay, fahrt an den Steg vom Palast ran und holt mich dort ab. Ich bringe euch das Teil“, rief Sebastian in den Hörer und legte auf. Er sah Abdul ernst an. „Doc, ich brauche deine Hilfe. Wir müssen schnell heimfahren und den Jungs helfen. Ich weiß, dass ich noch schwach auf den Beinen bin. Brauchst mich also nicht dran erinnern. Aber hier geht es um Anne.“
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, liefen die beiden Männer zum Mercedes von Doktor Mechier.
Abdul gab ordentlich Gas, um schnell zum Palast zu kommen. Da angekommen, lief Sebastian, ohne auf Erika und Walter zu achten, den Gang entlang zu den Räumen von Anne und Andreas. Systematisch durchsuchte er alle Sachen, bis er gefunden hatte, wonach er suchte. „Doc, schnappe dir dein Zeug, wir werden bestimmt schon am Steg erwartet“, rief er dann laut.
Doch Abdul hatte seine Arzttasche bereits in der Hand. Schnell liefen die beiden Männer über die Terrasse, die Treppe nach unten bis zum Ende des Stegs und sprangen auf das Boot, welches sofort wieder Fahrt aufnahm. Noch bevor Erika und Walter die Steinpalisade erreicht hatten, um nach ihnen zu sehen, fuhr die >El Warda< bereits aus der Bucht.
Verwirrt und ängstlich sah sie ihren Mann an.
„Lass mal, Schatz. Ich denke, die Jungs wissen genau, was sie tun und werden unsere Tochter, wie versprochen, zurückbringen. Du hast selbst gesagt, dass diese Männer etwas Besonderes sind. Bestimmt fährt sie mit dem Boot nur etwas durch die Gegend, um sich abzulenken“, versuchte Walter seine Frau zu beruhigen. Dabei hatte er aber selbst große Angst um seine Tochter.

Kaum, dass er auf dem Boot war, schaltete Sebastian das Peilgerät ein und schaute auf den kleinen Monitor, auf dem ein grüner Lichtpunkt blinkte. „Ich habe sie!“, rief er laut auf Arabisch zu Rashid hoch aufs Oberdeck. „Halte den Kahn auf Nord-Ost-Kurs und gib vollen Power!“ Sebastian war blass und von der großen Blutspende noch geschwächt.
Uwe sorgte dafür, dass er reichlich zu trinken bekam, sich, während sie unterwegs waren, etwas hinlegen und ausruhen konnte, damit er zu Kräften kam und wieder halbwegs fit war, sollte er gebraucht werden. Er übernahm von ihm das kleine Peilgerät und kletterte hoch zu Rashid, wo schon Pitt und Jens standen. Abdul blieb bei Sebastian im Salon. Während Ahmed über Funk versuchte, die Küstenwache zu erreichen.
Thomas untersuchte in der Zwischenzeit das Tauchequipment, das von den Touristen an Bord gelassen wurde, und freute sich darüber, dass die frisch gefüllten Pressluftflaschen bereits am Abend an Bord gebracht worden waren. „In die Anzüge wird kaum einer von euch reinpassen, sollte es nötig sein“, gab er dann laut bekannt. „Aber der Rest ist gut zu gebrauchen. Die Flaschen sind alle voll.“
„Das hört man doch gern“, kam von Pitt zurück, der mit den anderen auf dem Oberdeck hinter dem Kapitän stand. „Sebi führt eben seine Tauchbasis super gut.“
„Turmfalke, geh ans Radar und sag uns, ob du schon was darauf siehst. Ich will wissen, wie schnell und wie groß das Schiff ist, auf dem sich Anne befindet oder ob sie noch auf Abduls Boot ist“, meldete sich Jens zu Wort, der mit dem Fernglas vor Augen das Meer in Richtung des Peilsignals absuchte.
Sofort schaltete Uwe den Sonarschirm ein, den sie damals auf der Armatur am Steuerpult eingebaut hatten. Rashid sah immer wieder kontrollierend auf das Peilgerät mit dem blinkenden Lichtpunkt und korrigierte daraufhin seinen Kurs, nachdem er gefährlichen Riffen und Ergs, die sich in diesem Gewässer überall befanden, ausweichen musste. Er überlegte sich weiter blitzschnell den sichersten und kürzesten Weg. Der alte Kapitän kannte das Meer in dem Abschnitt wie seine Westentasche und konnte auch aus den Wellen lesen, um gefährlich flache Stellen von Riffdächern oder Strömungen zu erkennen.
„Ich habe die Küstenwache endlich dran“, meldete sich Ahmed. Schnell lief Jens nach unten und übernahm, Ahmed kurz dankend, das Mikrofon. Als er hörte, wen er dran hatte, meldete er sich mit Dienstrang und vollständigen Namen, dann bat er darum, den diensthabenden Offizier oder Kapitän sprechen zu dürfen. Dabei betonte er, dass es sich um einen dringenden Notfall handelt. Ein leises Knacken war im Lautsprecher zu hören. Wenig später meldete sich eine ihm bekannte Stimme. Kurz begrüßten sich die beiden Männer, dann schilderte Jens dem Kapitän schnell die Situation und gab die ungefähre Position ihres Zieles bekannt. Er erklärte, dass sie allerdings noch keine genauen Koordinaten nennen konnten, da sie es selbst bisher nicht auf ihrem kleinen Radar, sondern nur auf dem Peilgerät sehen konnten.
Es dauerte eine Weile, bis sich der Kapitän wieder meldete. Er berichtete, dass er Befehl gegeben habe, mit seinem Schiff die angegebene Position anzusteuern, aber sie ebenfalls nichts auf dem Radarschirm erkennen konnten. Dazu gab der Kapitän die geschätzte Ankunftszeit am Ziel an. Jens schaute auf seine Uhr und rechnete kurz nach. Dann sagte er leise, eher zu sich selbst: „Sie sind zu weit weg. Wir benötigen jemanden, der eher da sein kann.“ Danach meldete er sich wieder laut und vereinbarte mit dem Kapitän, regelmäßig in Verbindung zu bleiben.
„Wie wäre es mit den Marineschnellbooten?“, schlug Abdul vor, der dem Gespräch gelauscht hatte. „Die könnten schneller da sein.“
Gerade als Jens antworten wollte, meldete sich Uwe übers Headset. „Hier Mauersegler, ich glaube, wir haben Abduls Boot vor uns ausgemacht. Aber Annes Peilsender ist ganz wo anders.“
Sofort lief Jens nach oben. Er nahm das Fernglas mit Nachtsichtmodus, welches Uwe ihm reichte und schaute in die gezeigte Richtung. „Okay, fahren wir hin und schauen uns das erst einmal an“, entschied er.
Als sie an dem kleineren Boot längsseits gegangen waren, sprang Pitt als erster aufs Deck. Noch bevor Thomas und Uwe folgen konnten, schrie er laut auf: „Achtung Sprengfallen! Bleibt, wo ihr seid, Jungs! Es reicht völlig zu, dass ich da voll hineingetappt bin.“
Schon zum Sprung bereit, stoppten die beiden Männer mitten in der Bewegung. Sofort richtete Jens den Lichtstrahl des Suchscheinwerfers direkt auf das Deck von Abduls Boot und lief vom Oberdeck schnell nach unten. Auch Sebastian und Abdul kamen aufs Deck gelaufen und schauten zu Pitt rüber. Sie entdeckten dünne, kreuz und quer gespannte Drähte, die im Lichtschein glänzten, und einfache Tretminen, die aber weiß angepinselt wurden, sodass man sie nicht auf den ersten Blick erkennen konnte. Und genau auf solch einem Teil war Pitt mit einem Fuß gelandet, aber zum Glück auch sofort stehen geblieben.
„Gebt mir meinen Gurt mit dem Werkzeug rüber und fahrt weiter. Ich komme hier schon allein zurecht. Ich komme nach, wenn noch genug Sprit in der Nussschale ist. Sonst lest ihr mich auf dem Rückweg hier auf“, sagte Pitt leichthin.
Sie wussten, dass sie keine andere Wahl hatten, wenn sie Anne erreichen und retten wollten. Uwe band Pitts Taschengurt an ein Seil und schwenkte es vorsichtig zu ihm hinüber. Nach dem dritten Versuch konnte Pitt es endlich fangen. Er machte den Gurt los und winkte seinen Freunden locker zu. Er legte den Gurt fest um die Hüfte, zog seine kleine Stablampe hervor und schaute verschmitzt lächelnd zu seinen Kameraden rüber. „Wir hören und sehen uns“, sagte er übers Headset. „Nun macht euch endlich vom Acker.“
Nur ganz langsam, um nicht unnötig Wellen zu schlagen und damit Abduls Boot zum Schwanken zu bringen, nahm die >El Warda< wieder Fahrt auf. Die Männer sahen besorgt dem immer kleiner werdenden Boot nach, bis es nur noch als weißer Punkt in der Dunkelheit zu erkennen war und es dann ganz in der Nacht verschwand.
Langsam kam der grün blinkende Lichtpunkt auf dem Peilgerät ihrer eigenen Position näher. Doch die Männer konnten noch immer kein anderes Boot oder Schiff auf dem Radarschirm ausmachen. Nur Abduls kleine Jacht, welche schon weit hinter ihnen lag, war am äußersten Rand darauf zu erkennen.
Jens ging ans Funkgerät und fragte leicht nervös werdend an, ob das Küstenschutzboot schon etwas auf ihrem Radar sehen konnte. Der Kapitän gab die Koordinaten von zwei entdeckten Zielen durch. Rasch kontrollierte Jens die Daten und musste feststellen, dass es sich dabei um ihres und Abduls Boot handelte. Schnell gab er diese Erkenntnis an den Kapitän durch und beendete die Funkverbindung unzufrieden. „Jungs kommt runter zur Krisensitzung“, sagte er nach einigen Überlegungen über sein Headset. „Rashid soll weiter auf Annes Signal zufahren und Ahmed die Augen offen halten.“ Sekunden später versammelten sich die Männer im Salon.
„Ich befürchte, wir werden Anne nicht über Wasser finden“, begann Jens. „Alles deutet darauf hin, dass sie oder ihr Signal nicht an der Wasseroberfläche, sondern darunter ist. Denn der Küstenschutz hat nur uns und Abduls Boot auf dem Schirm. Doch laut dem Peilsignal müsste mehr zu sehen sein. Also machen wir uns auf einen Nachtspaziergang im Meer gefasst.
Den wenigsten von uns dürften die Anzüge hier an Bord passen, die etwas vor Unterkühlung schützen könnten, weil die Klamotten für kleinere Leute gedacht sind. Laut Sabi wohl eine reine Frauengruppe. Aber trotzdem helfen uns die fremden Tauchausrüstungen an Bord ein Stück weiter, was besser ist als nichts. Wir haben gelernt, aus Scheiße Bonbon zu machen, also tun wir das auch jetzt. Ein vielleicht größeres Handicap ist, wir haben keine Tauchcomputer, sondern nur unsere Taucheruhren. Also taucht danach und auch nach Gefühl. Achtet auf eure Tiefe und die Tauchzeit. Macht so viele Dekostopps wie möglich beim Auftauchen. Dazu kommt, wir haben keine Unterwasserlampen und keine Funkverbindung untereinander“, fasste er zusammen. „Aber das ist nichts, womit wir nicht zurechtkommen könnten, denn wir sind alle gut ausgebildet.
Was mir mehr Kopfzerbrechen bereitet, ist: Sollte es sich um ein U-Boot handeln, haben wir mit dem, was wir bei uns haben, keine Möglichkeit, da einzudringen, wenn sie uns nicht gerade die Tür offen lassen. Wir könnten uns nur anheften und hoffen, dass uns jemand zu Hilfe kommt. Oder wir improvisieren, so wie schon oft, und lassen uns etwas Gutes einfallen.
Wir wissen nicht, in welchem Zustand sich Anne befindet, wissen aber sehr wohl, dass sie schwanger ist. Und ich möchte nicht nur darauf hingewiesen haben, weil uns sonst Andy den Kopf abreißt, wenn ihr oder dem Baby etwas passiert, sondern weil wir selbst in die Pflicht genommen sind. Ihr kennt die Regel selbst, dass das Leben der Mutter vor dem des ungeborenen Kindes steht, so wie wir es gelernt haben. Ich setze dies hiermit außer Kraft. Für uns sind beide Leben gleich wichtig.
Also werden wir darauf achten und genau danach handeln. Auch wenn es dabei unser Leben kosten sollte.
Sebi, du bist davon ausgenommen. Du musst dich selbst um deine Familie kümmern. Außerdem bist du von der Blutspende noch zu geschwächt. Da gilt klar und deutlich Andys Gesetz“, sagte Jens streng. „Macht euch schon mal mit dem Equipment vertraut und bleit es vorsichtshalber schon mal aus. Ich will, dass wir innerhalb von fünf Sekunden im Wasser sind, wenn es so weit ist.“ Dabei schaute er nacheinander in die Gesichter der Männer, die ihm daraufhin zunickten.
Keiner der Freunde dachte auch nur ansatzweise daran, dass ihre Freundin vielleicht schon nicht mehr leben könnte. Für sie stand fest, dass die Kerle, die sie entführt hatten, sich nicht so viel Mühe machen würden, wenn sie sie hätten umbringen wollen. Denn das hätten sie schon im Palast tun können.
„Okay Jungs, dann finden wir endlich Anne und nehmen uns die Kerle vor, die sie entführt haben. Ich bin dann der eine, dem ein solches Mädchenkondom passen dürfte, wenn ich ihn auch über die Schultern nicht zubekommen werde. Also verwechselt mich nicht mit anderen Froschmännern, denen wir vielleicht begegnen“, sagte Thomas frech, dabei grinsend.
Die Männer erhoben sich. Jeder von ihnen wusste, was er zu tun hatte.
„Und was soll ich machen?“, fragte der Arzt unsicher, als Jens gerade aus dem Salon gehen wollte.
„Du bist unsere Lebensversicherung, Doc. Halte einfach alles für einen Notfall, auch für Tauchunfälle und unsere Schrammen, bereit. Ich glaube nicht, dass die Kerle uns nur kitzeln wollen, so wie sie dein Boot vermint haben. Wenn es zum Notfall kommen sollte, dann haben Anne und Sebi Vorrang vor uns anderen. Das ist sehr wichtig für uns. Bitte vergiss das nicht“, sagte Jens ernst und ging raus aufs Deck, um für sich das Tauchequipment zusammenzustellen, das er für sich benötigte. Dabei bemerkte er, dass der Wellengang zugenommen hatte. Voller Sorge dachte er an Pitt, der allein auf Abduls Boot stand und all die Zünder, noch dazu im Dunklen, entschärfen musste, um sich wieder bewegen zu können.
Eine blöde Welle von der Seite, ein Straucheln von Pitt und das war’s, dachte er. Am liebsten hätte er ihn sofort übers Headset angefunkt. Aber er wusste, dass sich sein Freund voll auf seine Arbeit konzentrieren musste und er nur dabei stören würde. Besorgt schaute er noch einmal in die Richtung, wo er Pitt auf dem Boot vermutete. Dann ging er wieder nach oben.
Mit den anderen Männern beobachtete er gespannt das Peilgerät und achtete dabei auch auf das Sonar.
„Tommy, wie viele volle Pressluftflaschen hast du gezählt?“, wollte Jens noch einmal wissen.
„Mit den Reservetanks sind es siebenundzwanzig Alu- und vier Stahlflaschen á zwölf Liter mit 200 bar gefüllt.“
„Wie viele davon mit Nitrox?“, fragte Jens weiter.
„Sechs Alu und die vier Stahl. Mit zweiunddreißiger Mischung“, antwortete Thomas präzise.
„Okay, dann sorge dafür, dass wir die normale Pressluft zuerst nehmen. Ich weiß nicht, wie tief wir müssen. Das Nitrox heben wir für eventuelle Dekostopps auf“, entschied Jens.
„Dafür habe ich schon gesorgt, Seile liegen bereit und Ahmed weiß Bescheid“, gab Thomas kurz zurück.
Danach lief Jens wieder nach unten in den Salon. „Doc, Andy hatte mir erzählt, dass ihr eine mobile Dekokammer auf einem der Sanitätsschnellboote habt. Ist das richtig?“, fragte er, kaum, dass er ankam. Abdul nickte ihm zu. „Kannst du das Boot vielleicht herkommen lassen, sodass es in unserer Nähe ist, wenn wir auftauchen?“
„Ja, das ist möglich“, antwortete Abdul, kurz die Zeit überschlagend. „Wir könnten es schon längst hier haben.“
„Danke, Doc. Aber damit würden wir die Kerle nur unnötig aufschrecken. Im Moment werden sie sich bestimmt freuen, dass wir Idioten nur allein auf einer kleinen Nussschale ran geschaukelt kommen. Aber genau das ist unser Trumpf. Denn die wissen nicht, dass auch die Marine und der Küstenschutz hierher unterwegs sind.“
„Wann soll das Sanitätsschiff starten?“, wollte Abdul wissen.
„Lasse es in Bereitschaft. Es reicht zu, wenn sie mit Vollgas starten, sobald wir im Wasser sind“, entschied Jens. Der Arzt nickte ihm zu und nahm auch schon sein Handy zur Hand. „Oh und noch was, Doc“, sagte Jens lächelnd, als er gerade gehen wollte. „Wenn’s knallt, dann ziehe den Kopf ein, gehe in Deckung und schaue hinterher auf die Wasseroberfläche. Vielleicht wackelt dann ja doch noch der eine oder andere von uns.“
„Ich hasse euren Galgenhumor“, erwiderte Abdul und zeigte deutlich, wie widerlich er das fand.
Doch Jens ging nur lächelnd und abwinkend zurück aufs Oberdeck.
Die >El Warda< kam ihrem Ziel immer näher. Auf dem Radar war jedoch nichts Neues zu erkennen. Das Sonar hingegen zeigte große Tiefen an. Sie entdeckten ein für die Natur zu gleichmäßig geformtes Gebilde auf dem Monitor.
Rashid hatte bereits den Schiffsmotor abgeschaltet und ließ das Boot mit der ablandigen Strömung und dem Rest an Schwung über diese Stelle gleiten.
Alle sahen sich noch einmal genau das Bild auf dem Sonarschirm an und verglichen es mit dem Peilsignal von Anne.
Kurz bevor die >El Warda< direkt darüber stand, liefen die vier Freunde zum Deck, legten ihre persönliche Ausrüstung und zusätzlich das fremde Equipment an.
„Gut Jungs, dann lasst uns baden gehen und unsre Anne hochholen“, rief Jens laut, damit es alle hören konnten. „Wir gehen auf Rashids Signal hin schnurgerade runter.“ Nacheinander bekam er von seinen Kameraden das Okay-Zeichen. Kurz darauf hörten sie das Signalhorn. Sie sprangen von der Plattform aus ins Wasser und verschwanden sofort in den dunklen Tiefen.

80
Bereits als sie auf zwanzig Meter abgesunken waren, hörten sie das Singen von Delfinen. Zu Beginn nahmen sie es nicht richtig wahr und reagierten nicht, sondern konzentrierten sich darauf, dicht beieinanderzubleiben, um so an ihr Ziel zu gelangen. Aber die Stimmen wurden immer lauter. Plötzlich spürten die Männer, wie sich glatte Körper zwischen ihre kleine Gruppe drängten. Schnell wurde es ihnen bewusst, dass es die Delfine sein mussten, die sie gerade noch gehört hatten. Anfangs reagierte keiner von ihnen auf die Tiere. Doch dann wurde es Sebastian klar, dass es Andys Tümmler sein musste, die so beharrlich versuchten, mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Schnell zog er an der Flosse seines Vordermannes, der das Zeichen für „Halt“ sofort an den nächsten weitergab. Als sich die Taucher im Kreis angeordnet hatten, holte Uwe ein Knicklicht aus seiner Tasche, aktivierte es und hielt es zwischen sie. Das wenige Licht reichte, dass alle Sebastians Handzeichen, die er mit beiden Händen gab, sehen konnten und verstanden.
Als sie wieder die Körper der Tiere neben sich spürten, griffen sie nach den dargebotenen Finnen und die Delfine trugen sie schneller in die Tiefe, als sie es allein geschafft hätten.
Die Tümmler hielten vor einer erleuchteten Plexiglaskugel an. Die Taucher sahen darin Anne, gefesselt zusammen gesackt auf einem Stuhl sitzen. Sie schien zu schlafen.
Sofort reagierte Jens und gab an jeden seiner Jungs unterschiedliche Zeichen. Die Männer verteilten sich um die Kugel, um sie zu sichern. Thomas tauchte langsam drumherum und betrachtete sich alles ganz genau. Er ließ sich auch nicht davon stören, als sich die ersten Angreifer in Form von gut ausgerüsteten Tauchern näherten und seine Freunde angriffen.
Immer wieder mischten sich die Tümmler in die Einzelkämpfe ein, gingen mit ihren Körpern dazwischen oder zogen neue Angreifer an ihrer Ausrüstung zurück.
Als Thomas genug gesehen hatte, zog er sein Messer und mischte sich mit in das Getümmel des Kampfes. Dabei gab er seinen Kampfgefährten, so er die Gelegenheit dafür hatte, Handzeichen. Diese besagten, dass Anne in der Kuppel nicht mehr viel Luft hat und sie verdrahtet sei. Das machte die Freunde wütend. Sie kämpften um vieles verbissener und mobilisierten all ihre Kräfte. Sie waren so in Einzelkämpfe verwickelt, dass sie nicht mitbekamen, woher die ganzen Taucher eigentlich kamen.
Als Jens seinen Angreifer abgeblockt hatte, nutzte er die kurze Kampfpause, tauchte zu Sebastian und gab ihm Zeichen, sich an der Kugel umzusehen und herauszufinden, wie Anne geholfen werden konnte. Schon im nächsten Moment stürzte er sich auf einen der Taucher, der Sebastian von hinten anzugreifen versuchte.
Seine ehemaligen Kampfgefährten hielten Sebastian, so gut es möglich war, den Rücken frei. Und immer wieder gingen die Delfine dazwischen und wehrten ihrerseits die Angreifer ab.
Endlich hörten die Freunde die Geräusche von starken Schiffsmotoren über sich. Als sich daraufhin die angreifenden Taucher zurückziehen wollten, ließen es die Tümmler nicht zu, sondern hielten sie fest und bissen sogar mit ihren starken Kiefern gefährlich zu.
Kurze Zeit später, nachdem die Motorengeräusche verstummt waren, tauchten die ersten Marinetaucher an der Glaskugel auf.
Während sich die meisten von ihnen in den bis dahin ungleichen Kampf einmischten, folgten drei der Männer dem Zeichen von Sebastian. Sie schlossen die zusätzlich mitgebrachten Pressluftflaschen an die Außenventile der Kapsel an, um die Frau darin weiter mit Luft zu versorgen.
Immer mehr Marinetaucher griffen in den Kampf ein und drängten die Angreifer zurück. Wie die Freunde bemerkten, waren die Delfine plötzlich verschwunden, als wären sie nie da gewesen.
Noch bevor das unter einem Riffdach versteckt liegende feindliche U-Boot verschwinden konnte, gelangten sie und ihre ägyptischen Kameraden während des Rückzugs der Angreifer mit durch die Luftschleuse ins Innere. Nacheinander stürmten sie die einzelnen Sektionen bis zum Befehlsstand.
Als Jens und seine Männer sahen, dass die Kampfschwimmer das U-Boot unter Kontrolle hatten, liefen sie zurück zur Schleuse und tauchten wieder ab, obwohl sie wussten, dass sie nur noch sechzig bar in ihren Pressluftflaschen hatten. Doch sie vertrauten darauf, dass Ahmed und Rashid ihnen volle Flaschen herunterschicken würden.
Genau so war es auch. Knapp über der beleuchteten Kuppel, in der Anne lag, hingen an zwei Seilen vier neue Flaschen. Gekonnt, als würden sie nie etwas anderes tun, wechselten die drei ihre Flaschen und brachten die Vierte zu Sebastian, der mit den drei Marinetauchern noch immer um die Kapsel kreiste.
Nachdem die Männer ihm beim Wechsel der Pressluftflasche geholfen hatten, gab er die Handzeichen der für sie abgewandelten Gebärdensprache, dass sie Anne nicht mit der Kapsel hochbekommen würden. Er zeigte auf den gefundenen Sprengsatz, der an einen Außendruckmesser gekoppelt war und sofort auf Druckveränderungen reagieren würde. Doch die Ausstiegsluke befand sich oben.
Den Männern war klar, dass sie nur in die Kuppel kommen könnten, wenn diese vollständig mit Wasser geflutet war. Damit hatten sie ein großes, fast unlösbares Problem. Denn sie kamen nicht an Anne heran.
Weitere Kampfschwimmer trafen an der Kuppel ein und brachten zusätzliche Pressluftflaschen mit.
Jens schaute auf den Tauchcomputer eines der Marinetaucher und wusste, dass sie auf zweiundfünfzig Meter waren. Er sah auf seine Uhr und errechnete grob die Nullzeit. Die Dekompressionspausen würden verdammt lang werden.
Sie hatten keine Anzüge und würden mit Unterkühlungen rechnen müssen. Und doch war es noch nicht klar, wie sie Anne da raus und sicher nach oben bekommen sollten.
Am liebsten wäre es den Freunden, wenn sie die Frau in der Kuppel an die Wasseroberfläche bringen könnten. Doch dazu müssten sie die Sprengladung entschärfen können, die aber im Inneren der Kuppel angebracht und somit für sie nicht erreichbar war.
Jens entschied, dass Sebastian mit Thomas, der ziemlich schwer verletzt war, die Dekopausen beachtend, auftauchen sollte.
Von Uwe und Jens beobachtet und von Marinetauchern begleitet begannen die beiden ihren langsamen Aufstieg.
Uwe ließ sich von zwei ägyptischen Kampfschwimmern für sich und Jens, die mit Gefangenen nach oben gingen, die Unterwasserlampen geben.
Dann konzentrierten sie sich auf die Kuppel. Uwe legte sein Jackett ab, behielt den Atemregler im Mund und schob sich, die Weste mit der Pressluftflasche nachziehend, unter die knapp über dem Meeresgrund verankerte Kuppelkonstruktion. Gründlich betrachtete er sich so den unteren Teil und leuchtete dabei jeden noch so kleinen Winkel aus. Als er auf der anderen Seite wieder hervorkam, strahlte er mit der Lampe ins Innere der Kapsel auf den Boden.
Jens seinerseits tauchte dicht heran und drückte seine Maske direkt vor die dicke Plexiglasscheibe, um genau zu sehen, wohin Uwe den konzentrierten Lichtstrahl richtete. Dann nickten sich die Freunde einander verstehend zu.
Im Boden war unscheinbar und halb verdeckt ein Kreis zu erkennen. Jens vermutete, dass es sich dabei um eine zugeschweißte Luke handelte. Damit hatte Uwe vielleicht eine Einstiegsmöglichkeit entdeckt. Uwe winkte einen der ägyptischen Taucher zu und versuchte ihm mit Handzeichen klarzumachen, dass sie ein Unterwasserschweißgerät brauchten. Der Marine verstand sofort und tauchte langsam zur Wasseroberfläche zurück. Jens richtete sich in der Zwischenzeit an andere Taucher in seiner Nähe und zeigte ihnen an, dass sie mehr Luft brauchten.
Über der Kapsel sahen sie die nächsten vier Pressluftflaschen, die ihnen ihre Freunde geschickt hatten. Nur würden die bei dem, was sie vorhatten, nicht reichen.
Als sie die Flaschen abnahmen, entdeckten sie an dem Seil die Briefingtafel. Doktor Mechier hatte ihnen eine Nachricht geschickt. Die Männer lasen, dass auf dem Marineboot eine Dekompressionskammer wäre und das Sanitätsboot mit der zweiten Druckkammer gerade eingetroffen sei. Er fragte an, ob er mit irgendetwas helfen könnte. Uwe ergriff den Stift, der an der Tafel hing, und schrieb auf die Rückseite, dass Sebastian und Thomas, beide verletzt, auf dem Weg nach oben waren und sie hier unten dringend jede Menge Pressluftflaschen und Nitrox brauchten. Abdul solle es bitte den Marines mitteilen. Und ganz unten hin, schrieb er noch:

Ein heißer Tee wäre jetzt auch nicht schlecht.

Dahinter malte er einen Smiley. Dann zog er zweimal kurz am Seil und die leeren Flaschen mit samt der Tafel nahmen ihren Weg nach oben.
Mit den beiden zusätzlichen Flaschen, die für Sebastian und Thomas gedacht waren, ließen sie sich die wenigen Meter wieder zur Kuppel absinken. Sie schlossen sie an das Außenventil der Luftversorgung für die Kapsel an und drehten die erste Stufe am Flaschenhals langsam auf, sodass die Luft nicht mit zu hohem Druck in den Innenraum gedrückt wurde.
Die Schallwelle einer Explosion, die nicht weit entfernt stattgefunden hatte, wurde schnell durchs Wasser getragen und war ohrenbetäubend laut für die Taucher zu hören, dass es danach als Folge des Knalltraumas noch lange in ihren Ohren klingeln und pfeifen dürfte.
Jens und Uwe sahen sich erschrocken an und schlossen dann verbittert die Augen. Sie dachten sofort an Pitt und es schien ihnen den Hals zuzuschnüren. Ihr Luftverbrauch stieg dabei rasant an.
Als ein Taucher mit dem angeforderten Schweißgerät neben ihnen auftauchte, hatten die beiden noch immer mit ihren Gefühlen und ihrer Trauer zu kämpfen. Doch da war auch noch Anne, um die sie sich kümmern mussten, also machten sie weiter.
Uwe übernahm das Schweißgerät. Der Taucher reichte ihm eine Maske mit speziell abgedunkelten Schutzgläsern, dann verschwand er wieder und andere Taucher kamen mit neuen Pressluft- und Nitroxflaschen.
Jens umkreiste die Kapsel. Er suchte den Innenraum der Kugel nach Messgeräten ab. Dabei schaute er von allen Seiten durch die dicken Plexiglasscheiben.
An der Wand hinter Anne konnte er eine Tafel mit verschiedenen Anzeigen erkennen. Er versuchte die beste Stelle zu finden, von der aus er die Anzeigen der Instrumente sicher ablesen konnte. Endlich fand er, was er suchte. Ein Manometer, welches über einen Sensor den Innendruck der Kapsel maß und anzeigte. Jens beobachtete, wie sich der Zeiger langsam bewegte. Er nickte Uwe zufrieden zu und zeigte ihm vier Finger. Sein Freund sorgte dafür, dass die Luft von vier weiteren Pressluftflaschen über das Ventil in die Kuppel geleitet wurde. Dann gab Jens das Okayzeichen und kam zu Uwe zurück.
Sie hatten den nötigen Druckausgleich geschaffen, den sie brauchten, um für Anne gefahrlos über die Bodenplatte in die Kuppel zu gelangen.
Die beiden Männer wechselten noch einmal ihre Flaschen und nickten sich zu. Uwe nahm seine Tauchermaske ab und reichte sie seinem Freund. Dafür setzte er die Maske mit den dunklen Gläsern auf, rückte sie zurecht und blies sie aus, bis alles Wasser daraus entwichen war. Jens steckte Uwes Taucherbrille in der Zwischenzeit sicher in die Tasche seiner Tarierweste. Er half ihm aus dem Jackett, das Uwe wieder hinter sich her ziehen musste, da unter der Kuppel nicht genug Platz war. Jens ließ sich neben den Kuppelstützen flach auf den Grund sinken, schob seinem Freund das Schweißgerät zu und öffnete auf Uwes Zeichen die Druckgasflaschen. Wenig später war der grell flackernde Lichtschein ringsum der Kapsel zu sehen.
Nur langsam fraß sich der Schneider durch die alte Schweißnaht im Stahl. Nach einer Weile und der Hälfte der geschafften Arbeit schob sich Uwe erschöpft unter der Kuppel hervor. Vorsichtshalber wechselten sie wieder ihre Pressluftflaschen, die ihnen zwei Marinetaucher gebracht hatten.
Einer der Marinetaucher übergab ihnen wieder die Schreibtafel. Es war eine Nachricht von Doktor Mechier. Er forderte sie auf, ihren Tauchgang sofort abzubrechen und die Marines weiter machen zu lassen.
Jens wischte das kopfschüttelnd weg und schrieb zurück:

Doc, mach dir keine Sorgen, wir sind ohnehin voll in der Sättigung. Für einen normalen Aufstieg bereits zu lange unten. Es spielt also keine Rolle mehr. Wir müssen nicht andere Taucher zusätzlich gefährden. Bei unserer Sättigung bräuchten wir mehrere Tage zur Dekompression im Wasser. Und das ist schlecht möglich. Also halte die Dekokammern für Anne und uns frei. Auch deshalb können uns hier die Marinetaucher nur mit kurzen Tauchgängen unterstützen. Denn den Platz benötigen wir dann wirklich für uns. Und das dringend!

Jens gab die Tafel dem Taucher zurück, dann übernahm er die Schutztauchermaske von Uwe und löste ihn bei der Schweißarbeit ab.
Uwe schaute in die Kapsel. Zufrieden stellte er fest, dass sich der niedrige Wasserstand, des durch die teils bereits offene Schweißnaht eingedrungenen Wassers, darin konstant hielt.
Nachdem er gesehen hatte, dass Jens nur noch ein kleines Stück zu schneiden brauchte, rutschte er mit unter die Kuppelkonstruktion, um ihm zu helfen, die schwere kompakte Luke abzunehmen und unter der Kapsel hervorzubekommen.
Beide stöhnten auf, als die schwere und heiße Stahlluke auf ihren Oberkörpern landete. Sie mussten all ihre Kräfte mobilisieren, um sie anzuheben und wegzuschieben. Dann schoben sie sich nacheinander durch die Öffnung in die Kapsel. Beide gingen als Erstes zu Anne und kontrollierten ihre Vitalwerte und atmeten erleichtert auf.
Anschließend durchtrennte Jens die Fesseln an ihren Fußgelenken, die jetzt im Wasser standen. Vorsichtig tastete er das verletzte Bein ab, zog einen kleinen Kasten, der da stand heran und legte es darauf ab, damit sich der Verband nicht weiter voll Wasser saugen konnte. Es würde auch so schon reichen, wenn sie dann ins Wasser musste.
Uwe zerschnitt die Seile, womit ihre Arme und Hände hinter der Stuhllehne gefesselt waren. Die Fesseln waren so festgezogen worden, dass sie ihre Gliedmaßen regelrecht abgeschnürt hatten.
Beide rieben ihre Handgelenke, Arme und Handflächen, damit sie wieder durchblutet wurden, denn sie waren bereits leicht blau angelaufen. Jens tastete erneut nach Annes Halsschlagader und war zufrieden.
„Aber was hat sie, warum wird sie nicht wach?“, fragte Uwe besorgt.
Jens zuckte mit den Schultern. „Vielleicht ein Betäubungsmittel. Ich weiß es nicht. Wir können ihr aber wegen des Babys auch nichts von unserem Zeug geben“, antwortete er und fügte leise, aber sehr grimmig hinzu: „Wenn die Bande Anne und dem Baby was getan haben, dann erdrossle ich jeden einzelnen der Kerle eigenhändig.“
Uwe versorgte ihre Handgelenke, wo sich die Fesseln tief in die Haut eingeschnitten hatten und bluteten. Als er zu Jens aufsah, um ihn zu fragen, wie sie Anne am sichersten zur Wasseroberfläche bringen könnten, blieb ihm jedes weitere Wort im Hals stecken und er zeigte auf die Tafel hinter ihm.
„Eine LCD-Anzeige hat sich aktiviert“, stellte Jens trocken fest, „Warum überrascht mich das jetzt nicht?“ Er beugte sich zur Sprengladung und suchte nach dem Zünder.
Uwe versuchte in der Zwischenzeit den Tauchern, die neugierig in die Kapsel schauten, klarzumachen, dass sie alle auftauchen und auf ihre Schiffe zurückkehren sollten, dabei zeigte er auf den Sprengstoff und die rückwärts zählende LCD-Anzeige. Die Taucher hatten sofort verstanden und verschwanden Richtung Wasseroberfläche.
„Sind unsere Freunde auf dem Heimweg?“, fragte Jens leise.
„Ja, da sie nicht in die Nullzeiten gekommen sind, dürften sie in spätestens zehn Minuten an Bord ihrer Boote sein. Warum fragst du?“
„Weil wir ein Problem haben“, antwortete Jens vollkommen ruhig.
„Und das wäre?“, wollte Uwe wissen.
„Wir können das Ding zwar entschärfen“, meinte Jens und grinste dabei. „Aber nicht in der kurzen Zeit, die uns der kleine Wecker hier bis zum großen Knall vorgibt“, dabei zeigte er auf die Anzeige mit den rot leuchtenden Zahlen.
„Scheiße, das heißt Zähne zusammenbeißen und durch“, stellte Uwe fest und spielte dabei auf die Schmerzen an, die bei ihrer Sättigung unweigerlich sofort auftreten, wenn sie viel zu schnell auftauchen, wozu sie nun aber gezwungen waren. „Und Anne?“, fragte er dann besorgt.
„Sie ist dem hohen Druck dank des normalen Luftdrucks in der Kuppel noch nicht so lange ausgesetzt gewesen. Sie müsste noch über der Nullzeit liegen. Es sollte also kein Problem geben. Trotzdem müssen wir uns beeilen“, antwortete Jens und grinste Uwe an, als er weitersprach: „Also machen wir uns aus dem Staub. Nur wenigstens einer von uns muss oben noch die Kraft haben zu schreien, dass alle Schiffe schnellstens aus dem Gefahrenbereich verschwinden müssen. Ab jetzt haben sie alle nur noch dreißig Minuten dafür Zeit und wir benötigen auch noch etwas davon, um Anne hier rauszufädeln und hochzubringen. Das heißt, wenn der Wecker richtig läuft und nicht auf einmal schneller wird, was ich bald vermute. Dann gibt es hier nen mächtigen Knall und schöne hohe Wellen.“
Ohne noch etwas zu sagen, schob sich Uwe durch die Öffnung im Boden. Bevor er abtauchte, wünschten sich die Freunde grinsend eine fröhliche Folter.

81
Nachdem Uwe sein Mundstück platziert hatte, gab er das Zeichen, dass er bereit war. Jens schob Anne vorsichtig, mit den Beinen voraus durch die Luke, wo Uwe sie übernahm.
Bevor ihr Kopf unter Wasser kam, setzte Jens ihr schnell noch die Schweißertauchermaske auf. Dann zog Uwe sie langsam durch die Öffnung und steckte ihr sofort seinen Oktopus zwischen die Zähne, betätigte kurz die Luftdusche und kontrollierte besorgt, ob sie selbstständig weiter atmete. Ein erleichtertes Lächeln war in seinen Augen zu sehen, als die ersten Luftblasen aus dem Atemregler Richtung Wasseroberfläche perlten.
Er zog sie noch etwas zur Seite, um Jens Platz zu machen. Dann nahmen sie Anne in ihre Mitte und zogen ihre Tarierwesten seitlich mit sich. Nachdem sie endlich unter der Kuppel hervorgekrochen waren, zog Jens eilig sein Jackett über und übernahm sie wieder. Im schnellen Wechsel schob er ihr dann sacht seinen zweiten Atemregler zwischen die Lippen, drückte ebenfalls zuvor kurz die Luftdusche, damit kein Wasser mehr in ihrem Mund war, an dem sie sich sonst beim ersten Atemzug verschlucken könnte.
Uwe zog seine Weste über und schloss die Klettverschlüsse so fest wie möglich. Dann nickten sie sich beide zu und schauten mit eher gemischten Gefühlen hoch zur Wasseroberfläche, die gerade von den ersten Strahlen der Sonne durchbrochen wurde. Sie sahen die Schatten der Bootsrümpfe und atmeten noch einmal tief durch. Dann nahmen sie Anne in ihre Mitte. Genau achteten sie auf die Luftblasen, die in gleichmäßigen Abständen aus ihrem Atemregler strömten, und beobachteten, wie sich ihr Brustkorb hob und senkte. Gerade als sie wieder auszuatmen begann, nickten sie sich kurz zu und bliesen gleichzeitig mit dem Inflator ihre Westen mit Luft auf, rissen ihre Bleigewichte ab und ließen sie in den Sand sinken. Zusätzlich beschleunigten sie ihren Aufstieg noch mit kräftigen Flossenschlägen und achteten darauf, weiter auszuatmen. Nichts davon hatte etwas mit einem kontrollierten Notaufstieg zu tun. Doch sie hatten keine Zeit zu verlieren, sie mussten Anne aus dem Wasser in Sicherheit bringen, bevor der ganze Sprengstoff in der Kuppel explodierte.

Wie Sektkorken schossen Uwe und Jens mit Anne in ihrer Mitte an die Wasseroberfläche, wo sie wieder tief einatmeten. Beide Männer fanden noch die Kraft, um ihre Freunde laut schreiend vor der Explosion zu warnen, dass sie mit den Schiffen verschwinden müssen.
Männer in Neoprenanzügen sprangen ins Wasser, um ihnen zu helfen und sie so schnell wie möglich aufs Boot zu bringen, denn keiner von ihnen wäre dazu noch aus eigener Kraft fähig gewesen, hinzuschwimmen.
Uwe und Jens wandten sich vor Schmerzen, trotzdem bestanden sie darauf, dass Anne, die von alledem nichts mitbekommen hatte, sondern noch immer ohnmächtig war oder schlief, sofort mit Doktor Mechier in die Dekompressionskammer kam.
Das Sanitätsschnellboot hatte nur eine kleine Druckkammer. Die zwar für zwei Personen reichen würde, aber nicht, wenn ein Arzt den Patienten betreuen musste. Doch sie sind nun mal alle drei auf das Sanitätsboot gebracht worden, da es ihnen am nächsten war.
Eiligst nahmen die Boote Fahrt auf, um aus dem Gefahrensektor zu gelangen, als die erste Explosionswelle die vier Schiffe auch schon tüchtig durchschüttelte.
Darauf folgten in kurzen Abständen noch drei weitere Detonationen, die das Meer aufbrodeln ließen.
Total durchgefroren, von Krämpfen und Schmerzen geschüttelt, sahen die beiden Männer auf ihre Uhr.
Jens zog sich schwerfällig die Sauerstoffmaske vom Gesicht und atmete dabei schwer. „Na, sagte ich doch. Die Kerle sind sogar zu blöd, ’nen simplen Wecker richtig einzustellen“, brachte er schwach heraus.
Beide saßen an die Bordwand gelehnt und durch Lähmungserscheinungen keiner Bewegung mehr fähig und grinsten sich mit schmerzverzerrten Gesichtern an.
Kurz darauf musste sich Jens mehrfach übergeben und Uwe schrie laut auf vor Schmerzen, die er kaum mehr aushalten konnte. Noch bevor das Schiff der Marine längsseits kam, um die Männer in ihre Dekompressionskammer zu übernehmen, wurden beide ohnmächtig.

Als sie wieder zu sich kamen, lagen sie auf Liegen, in Wärmedecken gehüllt, vom Schiffsarzt betreut in der Überdruckkammer und hatten je eine Kanüle in ihrer Armbeuge, deren Schlauch zu einem Tropf führte. Jens erkannte das besorgte Gesicht von Sebastian an einem der Bullaugen. Er schaute ihn an und fragte leise nach Pitt.
Sebastians Mimik verfinsterte sich, als er mit dem Kopf schüttelte, dann betätigte er die Wechselsprechanlage. „Tommy und ich waren noch im Wasser, bei unserem letzten Dekompressionsstopp, als wir die Explosion hörten. Nach dem Auftauchen erzählte uns Abdul, dass eines der Schnellboote nach wenigen Minuten dort eintraf. Aber sie haben trotz gründlicher Suche und sofortigen Einsatz von Tauchern nur ein paar Trümmerstücke von Abduls Boot, der ›Lady‹, gefunden, sonst nichts“, berichtete er traurig. Die Freunde sahen sich schweigend und erschüttert an, dann drehte Jens betroffen sein Gesicht zur Wand.
„Und was ist mit Tommy?“, fragte Uwe leise.
„Der Doc hat dafür gesorgt, dass er von einem Sikorsky H-3 Sea King abgeholt wurde. Der Hubschrauber hat ihn ins Lazarett geflogen. Sieht aber gut aus“, antwortete Sebastian. Er hatte bemerkt, dass Jens die Sache mit Pitt ganz besonders mitnahm. Immerhin waren sie die besten Freunde und hatten die meiste Zeit zusammen gedient. Um etwas abzulenken, erzählte er weiter: „Abdul sitzt bei Anne in der Dekokammer. Sie ist zwar noch bewusstlos, aber der Doc meint, ihr und dem Baby geht es gut. Warum sie noch schläft, kann er erst nach den Laborbefunden bestimmen. Vorher will er ihr keine Injektionen und Medikamente geben. Er ist mit seinem Sanitätsschnellboot schon weit vor uns, um mit ihr schnell ins Lazarett zu kommen. Annes Eltern sind informiert und mit Andys Wagen auf dem Weg zur Klinik.“
Als Uwe sich aufsetzen wollte, drückte ihn der Arzt sanft an den Schultern zurück auf die Liege und schüttelte tadelnd mit dem Kopf.
„Was ist jetzt los? Seit wann darf man in einer Deko nicht aufstehen und sitzen? Ist ja mal etwas ganz Neues“, beschwerte sich Uwe und versuchte es erneut. Doch der Arzt zwang ihn abermals, nun mit etwas mehr Nachdruck und ernstem Gesicht, zurück.
Wieder betätigte Sebastian den Knopf der Wechselsprechanlage. „Tut mir leid, Jungs“, sagte er, „aber es ist wirklich besser, wenn ihr liegen bleibt und auf den Arzt hört. Ihr habt Typ II der Dekompressionskrankheit, ganz kurz vor Stufe III erwischt, seid also froh, dass ihr noch lebt und wackeln könnt. Vielleicht habt ihr es bei eurer starken Unterkühlung noch nicht mitgeschnitten“, erklärte er, „doch ihr habt auch schwere Verletzungen davon getragen. Außerdem habt ihr euch, um die Sammlung komplett zu machen, bei den Schweißarbeiten mörderisch den Pelz verbrannt. Sieht nicht appetitanregend aus. Der nette Onkel Doktor hat euch ordentlich mit Morphin vollgepumpt, deshalb seid ihr weitestgehend schmerzfrei.“
„Klasse, genau das wollte ich jetzt noch hören“, meinte Jens, noch immer das Gesicht zur Wand gedreht. „Sebi ich will wissen, was das für Kerle sind und warum die das getan haben. Also lass mich hier raus.“
„Das liegt nicht in meiner Macht. Und selbst wenn, so würde ich es nicht tun. Aber keine Sorge, Boss, wir heben sie für dich auf. Jeden Einzelnen von ihnen bekommst du zwischen deine Finger. Dafür haben wir schon gesorgt. Du kannst sie alle haben. Jeden Einzelnen von ihnen. Und solange, bis du wieder auf dem Damm bist, werden sie in ihrem eigenen Saft schmoren. Das hat Oberstleutnant Kebier versprochen. Also werde erst einmal wieder gesund“, sagte Sebastian ernst. Durch eine Druckschleuse reichte er ihnen zwei große Flaschen Wasser, die zusätzlich mit für sie wichtigen Elektrolyten angereichert waren.
„Sorry, Jungs, aber ich muss gehen, man erwartet mich“, verabschiedete sich Sebastian lächelnd und wurde, was seine Freunde nicht sehen konnten, von zwei Matrosen gestützt weggeführt.
Der ägyptische Schiffsarzt half den Männern beim Trinken und musste lächeln, als sie dabei ihre Gesichter verzogen, weil das Zeug nicht gerade gut schmeckte.
Doktor Mechier war durch die lange, anstrengende Operation am Vortag und den gleich darauffolgenden nächtlichen Einsatz müde und erschöpft. Er ließ sich immer wieder gekühltes Wasser durch die Druckluftschleuse reichen und nutzte es, um sich zu erfrischen und so munter zu halten. Er goss es über seine Handgelenke, über ein Tuch, das er sich dann in den Nacken legte, und befeuchtete sein Gesicht. Als das Boot endlich im Militärhafen angekommen war und festgemacht hatte, reichte er geschlossene Reagenzgläser, mit Blutproben von Anne, durch die Schleuse. Sofort wurden die Proben von den Soldaten ins Labor gebracht. Wenig später erhielt er die Ergebnisse der Tests, wonach er endlich handeln konnte.
Sebastian meldete sich über Funk und informierte den Arzt, dass er von Jens erfahren hat, dass Anne nur kurze Zeit dem höheren Druck ausgesetzt war und somit die Dekompressionszeit für sie herabgesetzt werden kann. Darüber war Doktor Mechier froh, trotzdem wollte er lieber sichergehen und entschied sich für das volle Programm. Er wies sein Personal über die Wechselsprechanlage an, Andreas nichts davon zu erzählen, sobald er aufwachte. Annes Eltern sollten noch zurückgehalten und erst aufs Boot gelassen werden, wenn er es sagt. Er zählte auf, was er alles an Medikamenten und medizinischen Instrumenten benötigte. Dann bat er darum, dass die Gynäkologin sofort an Bord vor die Dekompressionskammer kommen und sich bei ihm melden sollte.
Schwester Hatifa bat er, für Anne ein paar wärmere Sachen zum Anziehen zu besorgen und so schnell wie möglich vorbeizubringen. Denn da Anne stark unterkühlt und ihre Kleidung nass war, sah Abdul sich gezwungen, sie auszuziehen, bevor er sie in Wärmedecken gewickelt hatte.
Dann erkundigte er sich nach dem Zustand des mit dem Hubschrauber eingelieferten Patienten und gab auch für ihn weitere Behandlungsanweisungen.
Über eine Funkverbindung war er mit dem Schiffsarzt, der bei seinen anderen beiden Männern in der Dekompressionskammer saß, verbunden und erkundigte sich nach ihnen. Er bat darum, immer auf dem Laufenden gehalten zu werden.
Abdul versorgte und verband Annes Bein in Ruhe und kümmerte sich um die Einschnitte der Fesseln an ihren Handgelenken. Auf jede mögliche Reaktion gefasst und vorbereitet verabreichte er die einzelnen Injektionen, um Anne aus der tiefen Bewusstlosigkeit zurückzuholen.
Nur langsam wurde seine Patientin wach. Abdul wartete geduldig ab und kontrollierte dabei ständig ihre Vitalwerte. Noch während sich Anne in der Aufwachphase befand, meldete sich die Gynäkologin über die Wechselsprechanlage. Abdul konsultierte die auf ihrem Gebiet erfahrene Ärztin, um sicherzugehen, dass mit Mutter und Kind alles in Ordnung war. Er bat sie, wenn auch nur über die Wechselsprechanlage bei der Untersuchung zu assistieren und hilfreiche Ratschläge zu geben.
Noch bevor Anne richtig wach wurde, war die Untersuchung abgeschlossen und beide Ärzte waren sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Abdul bedankte sich bei seiner Kollegin und wartete geduldig, bis Anne die Augen aufschlug.
Als sie ihn verwirrt ansah, wünschte er ihr fröhlich einen guten Morgen. Er reichte ihr, etwas verlegen, die neue Kleidung, die Hatifa für sie besorgt hatte, und drehte sich weg. Während Anne sich die wärmenden Sachen überstreifte, erzählte der Arzt ihr, was vorgefallen war. Dabei ließ er allerdings ein paar Details weg.
„Es ist okay Doc, kannst dich ruhig wieder rumdrehen“, sagte sie, nachdem sie sich auch das Sweatshirt übergestreift hatte.
Abdul überprüfte noch einmal ihren Puls, legte ihr die wärmende Decke um und befestigte die Enden so, dass sie am Körper hielt. „Deine Eltern sind da“, sagte er und informierte sie, dass Andreas noch nichts von dem Vorfall weiß, und er ihn damit vorerst verschonen möchte.
Anne nickte verstehend. „Und wann kann ich hier aus der Büchse raus?“, fragte sie dann.
In frühestens drei Stunden. So lange musst du es mit mir altem Knochen noch aushalten und kannst mit deinen Eltern nur über die Anlage sprechen und sie an den Fenstern sehen.
„Gut, Doc. Mit dir doch gern. Dann machen wir es doch so“, sagte sie fröhlich, wieder putzmunter und umarmte ihn.
Anne bemerkte aber auch gleich, wie müde und erschöpft der Arzt war. Sie forderte ihn besorgt auf, sich doch etwas hinzulegen und drängte ihn zur Liege. Kaum, dass Abdul sich hingelegt hatte, war er auch schon eingeschlafen. Um ihn nicht zu wecken, deckte sie ihn ganz sacht zu. Dann sah sie ihre Eltern, wie sie voller Sorge durch eines der kleinen Fenster zu ihr hineinschauten. Sie winkte ihnen fröhlich zu und bat sie mit Handzeichen, dass sie das Telefon der Wechselsprechanlage nutzen sollten, um mit ihr zu sprechen. Besorgt erkundigte sich Erika danach, wie sie sich fühlte.
„Gut, Mom, macht euch keine Sorgen. Mir ist es nur noch etwas kalt. Aber sonst ist alles in bester Ordnung. In drei Stunden bin ich hier raus. Dann kann ich zu Andy“, sagte Anne lächelnd.
Weder sie noch ihre Eltern ahnten etwas davon, was in der Nacht und den Morgenstunden wirklich vorgefallen war. Walter bemerkte zwar das geschäftige Treiben auf dem Marineschiff, welches gerade neben dem Sanitätsschnellboot festgemacht hatte, und fragte sich besorgt, wo die Männer abgeblieben waren, die auf die Suche nach Anne gegangen waren und sie auch gefunden hatten.
Sonst wäre sie nicht mit dem befreundeten Arzt allein hier. Er war sich sicher, dass etwas vorgefallen war, sonst wäre seine Tochter jetzt nicht in dieser Kammer und der Arzt wäre nicht auf der Liege vor Erschöpfung eingeschlafen.
Außerdem wären sonst bestimmt ihre Freunde hier. Nur war nicht einer der Männer da. Doch das und seine Befürchtungen behielt er in dem Moment lieber für sich. Er ahnte, dass Abdul Anne nur das gesagt hatte, was für sie im Augenblick gut und wichtig war.
Walter schaute immer wieder unauffällig zu dem größeren Schiff rüber, wo Ärzte, Sanitäter und Soldaten, mit ernsten Gesichtern, auf dem Deck entlang liefen.
Verletzte, gefesselte Männer wurden unter strenger Bewachung vom Schiff gebracht und schnell abtransportiert.
Danach folgten Soldaten von Sanitätern gestützt oder auf Tragen liegend, von Ärzten begleitet.
Sosehr sich Walter darüber freute, seine Tochter gesund und in Sicherheit zu wissen, so sorgte er sich doch um die Männer, die in der Nacht aufgebrochen waren, um sie zu suchen.
Was ist da bloß passiert? Fragte er sich, nachdem er die vielen Verletzten auf dem Marineschnellboot gesehen hatte. Hatte das überhaupt etwas mit Anne zutun? Oder war es nur ein dummer Zufall? Wo waren die Freunde von Andreas und seiner Tochter?
Nachdem sie eine Weile mit Anne gesprochen hatten und beruhigt waren, dass es ihr auch wirklich gut ging, versprachen die Eltern sie am Nachmittag abzuholen, wenn sie da schon wieder heimdurfte. Kurz darauf wurden Erika und Walter vom Boot zurück zum Wagen begleitet.

82
Als sich für Anne die Luke der Dekompressionskammer öffnete, war auch Doktor Mechier wieder wach. Gemeinsam wollten sie zu Andreas gehen. Der Arzt bestand darauf, dass sich Anne vorsichtshalber von ihm im Rollstuhl schieben ließ und er zuerst allein zu Andreas möchte. Er versprach, sie nachzuholen, sobald er mit ihm gesprochen hatte.
Geduldig wartete Anne vor dem Zimmer, als Abdul die Tür hinter sich schloss.
Der Arzt warf einen prüfenden Blick auf die an den Patienten angeschlossenen Überwachungsgeräte. Er kontrollierte den Durchlauf der Infusion, zog einen Stuhl heran und setzte sich neben das Bett seines Freundes. „Andy, wie geht es dir?“, fragte er leise und legte eine Hand, prüfend auf die Stirn des Mannes, dessen Gesicht kreidebleich war.
Langsam öffnete Andreas, der bis dahin geschlafen hatte, die Augen und sah in das müde Antlitz des Arztes. „Danke, Doc. Irgendwie werde ich nicht so richtig wach. Fühle mich noch etwas benommen.“ Abdul lächelte und nickte ihm zu. „Wir hatten Glück. Du bist dem Tod gerade noch mal von der Schippe gesprungen. Du hast mir vielleicht einen Schrecken versetzt“, gab Doktor Mechier zu.
„Wieso, Doc? Ich denke, es war nur so ein wenig verknorpeltes Narbengewebe wegzuschnippeln“, sagte Andreas schwach.
„Ja, so hatten wir es vor. Nur leider ist es nicht ganz so gelaufen, denn es setzten plötzlich starke Blutungen ein, als wir dich gerade zugenäht hatten. Es hat eine Weile gedauert, bis wir den Blutungsherd gefunden hatten und ihn stoppen konnten“, erklärte Abdul. „Junge, du wärst mir auf dem Tisch fast verblutet“, versuchte er Andreas klarzumachen, wie ernst es war.
Andreas lächelte den Arzt an. „Da hatte ich wohl einen kleinen Schutzengel mit roten Ringelsöckchen und kurzem Hemdchen bei mir sitzen, was?“, versuchte er zu scherzen.
„So könnte man es auch sagen. Aber ich glaube eher, es war eine ganze Kompanie von Schutzengeln, die bei dir alle Hände voll zu tun hatten“, antwortete Abdul und versuchte dabei zu lächeln, was ihm aber gründlich misslang. „Anne ist draußen. Ich habe ihr nichts davon erzählt. Es ist allein deine Sache, ob sie es erfahren soll oder nicht“, sagte er dann und stand auf.
Andreas bemerkte, dass der Arzt ganz erschöpft war und ihn wohl noch etwas bedrückte. Doch als er Abdul darauf ansprach, winkte der nur ab und tat er so, als hätte er es nicht gehört.
Wieder vor der Tür half Abdul Anne aus dem Rollstuhl, zog ihr die Ärmel des Sweatshirts, noch etwas über die dünnen Verbände an den Handgelenken, ermahnte sie nochmals, dass Andreas sich nicht aufregen dürfe und verschwand dann schnell. Auf ihn wartete viel Arbeit, sodass er eigentlich nicht wusste, wo er anfangen sollte. All seine deutschen Freunde und einige seiner Marines benötigten gleichermaßen seine Hilfe.
Jens und Uwe lagen noch in der Dekompressionskammer. Doch sobald sie dort raus konnten, mussten sie sofort intensiv behandelt werden. Thomas kam mit seinen Verletzungen, nachdem er von seinen Kollegen in einer Notoperation wieder zusammengeflickt wurde, auf die Intensivstation. Sebastian befand sich derzeit im Operationssaal.
Nachdem Abdul bei Thomas vorbeigeschaut und sich über den Zustand von Sebastian erkundigt hatte, ging er in sein Büro. Er wollte wenigstens ein, zwei Stunden schlafen, um wieder fit zu sein, wenn die beiden Männer aus der Dekompressionskammer kamen und er die Behandlung von Jens übernehmen konnte, während sein Kollege und Stellvertreter sich um Uwe kümmern würde.

Kaum dass er sich in dem bequemen Sessel zurückgelehnt hatte, klingelte sein Telefon.
Widerwillig griff Doktor Mechier zum Hörer. „Ja, Mechier hier. Was gibt es denn?“, fragte er leise und hörte in den Apparat. Wie von der Tarantel gestochen, sprang er auf. „Ich bin sofort da!“, schrie er in den Hörer und rannte auch schon aus dem Zimmer über die Gänge zum Ausgang und von da aus mit schnellen Schritten bis runter zum Hafengelände.
Ein Wachmann hatte ihm gemeldet, dass ein kleines Fischerboot im Militärhafen festgemacht hat. Sie hätten einen schwer verletzten Mann im Meer treiben sehen, der von Delfinen umkreist und oben gehalten wurde. Der Mann habe mit letzter Kraft verlangt, nicht ins Krankenhaus, sondern zum Marinestützpunkt ins Lazarett gebracht zu werden.
Als der Arzt, völlig außer Atem am Hafenbecken ankam, sah er schon von weiten, wie Matrosen einen leblosen Körper von den Fangnetzen, auf denen er lag, aus dem kleinen Fischerboot hoch zur Kaimauer hoben. Vorsichtig wurde der Mann von ihnen auf eine bereitstehende Trage gebettet.
Abdul lief an den Schiffen vorbei bis zu dem Boot. Schon von ferne schrie er: „Wo habt ihr den Mann aufgelesen? Wo genau war das?“
„Hinter Giftun trieb er auf dem Wasser“, rief ein alter Fischer, der nur noch ein paar Zahnstummel im Mund hatte.
„Dann kann es nicht Pitt sein“, murmelte der Arzt traurig. „Selbst als guter Schwimmer könnte er nicht so weit gekommen sein. Die Entfernung ist zu groß.“ Trotzdem lief er schnell weiter. Auch wenn es nicht Pitt war, so benötigte doch auch dieser Mann seine Hilfe. Er bedankte sich bei den Fischern und rannte sofort den Matrosen nach, die bereit mit der Krankentrage losgelaufen waren.
Ohne dass Abdul sich den Mann erst genauer angesehen hatte, entschied er: „Bringt ihn in den Behandlungsraum zwei. Ich sehe ihn mir gleich an.“
Ihm reichte zu, was er so kurz gesehen hatte. Denn das Blut sickerte bereist durch das dem Verletzten gerade erst über gelegte Laken und tropfte von den Fingern der Hand, die über den Rand der Trage hing.
Auf dem Weg zum Behandlungszimmer begegnete er auf dem Gang einem Kollegen und zwei Sanitätern. Er forderte sie auf, ihm sofort zu folgen.
Geübt betteten die Sanitäter, gemeinsam mit den Matrosen, den Verletzten von der Trage auf den Behandlungstisch um. Als Doktor Mechier an den Mann herantrat und das Laken abnahm, schaute er in das blutverschmierte Gesicht des Schwerverletzten.
Das Gesicht wie auch sein gesamter Körper waren aufgedunsen und stark unterkühlt. Dieser Mann musste viele Stunden im Wasser zugebracht haben.
Als Doktor Mechier dann noch einmal genauer hinsah, glaubte er es erst nicht. Er musste erneut hinsehen. Routiniert und schnell entfernte er mit Tupfern vorsichtig den Schmutz und das Blut aus dem Gesicht des Mannes und schaute ihn wieder genau an.
Trotz der Schwellungen und mehrerer Schnittwunden in dem aufgedunsenen Gesicht war er sich sicher. Es war eindeutig Pitt Dressler, den er da vor sich hatte. Ein kurzes Lächeln hob seine Mundwinkel, dann wurde er sofort wieder ernst und konzentrierte sich weiter auf seine Arbeit, um dem Freund zu helfen.
Nach vier Stunden konnten sie ihn in ein Wärmebett gelagert auf die Intensivstation bringen.
Doch Doktor Mechier hatte noch keine Zeit zum Verschnaufen. Der Schiffsarzt, der mit Uwe und Jens in der Dekompressionskammer auf dem Marineboot saß, meldete sich bei ihm über das Telefon. Er informierte ihn darüber, dass sich der Gesundheitszustand von Flottillenadmiral Arend rapide verschlechtert, und jetzt einen kritischen Zustand erreicht hätte.
„Ist er ansprechbar?“, wollte Abdul wissen. Doch der Schiffsarzt verneinte das. Abdul sah auf die Uhr und stellte fest, dass die beiden Männer noch mindestens über drei Stunden in der Dekompressionskammer bleiben mussten. Er wusste, wie nahe sich Jens uns Pitt standen und welche Auswirkungen Trauer auf einen schwer verletzten Menschen haben konnte. Also überlegte er angespannt, dann traf er eine Entscheidung und meldete sich wieder bei dem Schiffsarzt.
„Mir ist es ziemlich egal, wie Sie es anstellen, Oberleutnant, aber wecken Sie mir den Jungen sofort auf. Sagen Sie ihm nur immer wieder auf Deutsch die Worte – Pitt lebt. Achten Sie dabei auf seine Reaktionen und erst wenn Sie eindeutig sehen, dass er es verstanden hat, kann er von mir aus weiterschlafen. Aber wirklich nur dann. Ist das klar? Haben Sie mich verstanden? Ich komme gleich selbst vorbei.“
„Jawohl, Professor Doktor Mechier, ich habe verstanden“, antwortete der Schiffsarzt, seinem Vorgesetzten und hing den Hörer wieder ein.
Er kontrollierte erst die Vitalwerte von Uwe, der schlief und war damit zufrieden. Dann wandte er sich Jens zu. Er legte einen zweiten Zugang auf den Handrücken des Mannes und injizierte ihm nacheinander verschiedene Mittel. Leicht schlug er auf die Wangen des Patienten und sprach ihn immer wieder an. Er spritzte ihm kaltes Wasser ins Gesicht, bemüht, den Mann wach zu bekommen. Nach einer Weile kam Jens langsam zu sich. Der Arzt begann ihn an den Schultern zu rütteln und schlug wieder auf seine Wangen. Dann setzte er eine weitere Injektion. Endlich sah Jens dem Arzt direkt in die Augen.
„Pitt lebt“, sagte der Schiffsarzt, so wie ihm aufgetragen wurde, auf Deutsch. Doch Jens schien es noch immer nicht zu verstehen. Er sah den Arzt nur aus gläsernen Augen an.
„Pitt lebt“, sagte der Arzt erneut, nun aber etwas lauter. Er verstand selbst kein Deutsch, aber er wiederholte die Worte, die ihm sein Vorgesetzter aufgetragen hatte, immer wieder.
„Pitt lebt!... Pitt lebt!“ Er zog den Patienten an den Schultern hoch und stützte seinen Kopf.
„Eiyoua, Pitt lebt“, sagte er eindringlich und schaute den Patienten dabei genau an. Endlich reagierte der Mann.
„Pitt lebt?“, fragte Jens mit schwacher Stimme. Der Arzt nickte und wiederholte noch einmal die zwei Worte. Dabei sah er, wie sich die Augen seines Patienten aufhellten. Vorsichtig legte er den Mann wieder zurück aufs Kissen.
„Stimmt das? Pitt lebt?“, fragte jetzt auch Uwe, der von dieser Aktion munter geworden war.
„Ja Uwe, Pitt lebt“, hörte er Abduls Stimme aus dem Lautsprecher der Wechselsprechanlage. „Fischer haben ihn gefunden und hergebracht.“ Uwe drehte langsam seinen Kopf zum Bullauge, vor dem der Arzt stand und schaute ihm ins Gesicht.
„Wirklich, Doc?“, fragte er noch ungläubig. „Wie geht es ihm?“
Doktor Mechier lächelte Uwe zu. „Ja wirklich. Ich würde euch nie belügen“, antwortete Abdul. „Pitt liegt schon auf der Intensivstation. Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Ruht euch noch etwas aus. In drei Stunden kommt ihr hier raus, dann kümmere ich mich um euch. Ihr benötigt eure Kräfte noch.“ Dann schaute Abdul in Richtung von Jens. „Oberleutnant, wie sieht es aus? Hat Sie der Patient wirklich verstanden?“, fragte er besorgt nach.
„Ja, ich glaube schon.“
„Was heißt, Sie glauben schon?“, wollte Abdul wissen.
„Die Gesichtszüge des Patienten haben sich geglättet. Es sieht so aus, als würde er lächeln. Sein Puls wird wieder regelmäßiger“, erklärte der Schiffsarzt.
„Gut gemacht, Herr Oberleutnant. Geben Sie ihnen noch was gegen die Schmerzen und dann lassen sie die Männer schlafen, aber passen sie gut auf sie auf“, sagte Doktor Mechier erleichtert und ging zurück. Er hatte nicht mehr ganz drei Stunden Zeit, um sich etwas zu erholen und sich vorzubereiten. Damit er für seine beiden Freunde da sein konnte, wenn sie aus der Dekompressionskammer kamen.
Er entschied sich für eine kalte Dusche, um wieder fit zu werden. Frisch angezogen trank er einen starken Kaffee und aß schnell etwas. Er musste im Krankenhaus bei Kim anrufen, die da noch mit ihren Zwillingen lag. Lange überlegte er, wie er ihr es am besten beibringen konnte, dass ihr Mann bei ihm auf Station lag. Der Arzt atmete tief durch, dann wählte er die Nummer. Er erklärte der jungen Mutter alles in Ruhe und konnte sie schnell wieder beruhigen.
Danach bestimmte er die beiden OP-Teams und wies sie in ihre bevorstehende Arbeit ein. Der Arzt erkundigte sich erneut nach dem Zustand der drei Männer auf der Intensivstation und gab weitere Anweisungen für ihre Versorgung. Als die Zeit heran war, beorderte er zwei Krankenwagen zum Hafenbecken, um Jens und Uwe abzuholen. Obwohl es nur eine kurze Strecke vom Hafen bis zum Lazarett war, wollte er zusätzliche Infektionsrisiken, wegen der starken Verbrennungen, für die beiden vermeiden. Er veranlasste, dass sie mit Schutztüchern abgedeckt und nur vorsichtig transportiert werden sollten. Dann begab er sich zu seinem Operationsteam und wartete darauf, dass ihm Jens gebracht wurde, während das zweite Team Uwe übernehmen würde.
Abdul verlangte von seinen, ihm unterstellten Kollegen, über alles informiert zu werden und übergab deshalb dem Chirurgen des Teams ein Headset, welches er auf Dauerbetrieb geschaltet hatte, damit er mithören und zur Not auch eingreifen konnte.
Sechs Stunden später lagen die fünf Deutschen schlafend und akribisch überwacht in den Betten der Intensivstation des Lazaretts.
Anne, die nicht mit nach Hause wollte, als ihre Eltern sie am Abend abholen wollten, schlief neben Andreas in einem zusätzlich bereitgestellten Bett.
Die Sonne war bereits wieder aufgegangen und stand schon hoch am Himmel, als Abdul nach langen achtundvierzig Stunden, gänzlich erschöpft, die Vorhänge zuzog und sich in seinem Büro auf das Sofa legte.

Bereits nach vierzehn Tagen sah sich Doktor Mechier gezwungen, die sechs Freunde zu entlassen, da sie kaum noch zu halten waren und die ganze Station durcheinander zubringen drohten.
Mit der Auflage, zum regelmäßigen Verbandswechsel zu ihm zu kommen und sich aber auch wirklich zu schonen, ließ er sie in den Palast bringen, wo er immer ein Auge auf sie haben konnte, wenn er daheim war.
Nur Jens bestand darauf, direkt zu Oberstleutnant Kebier gebracht zu werden. Er wollte endlich mit den Verhören der Männer beginnen. Abdul war nicht gerade begeistert davon, doch er konnte ihn nicht abhalten.
Kim war, bis es Sebastian wieder besser ging und er nicht mehr den Rollstuhl benötigte, mit den Zwillingen in den Palast gezogen. Anne und ihre Eltern freuten sich darüber, sie und die Babys bei sich zu haben, und nahmen Kim gern einiges an Arbeit mit den Zwillingen ab.


83
Die ganze Zeit, in der die sechs Freunde im Lazarett lagen, sprach niemand von den Ereignissen, die in jener Nacht geschehen waren. Sie waren einfach nur froh, dass keiner von ihnen dabei ums Leben gekommen war.
Zu Hause im Palast wurden die Männer herzlich von Annes Eltern, den beiden Frauen und dem gesamten Personal empfangen.
Abdul hatte darauf bestanden, dass sie die Rollstühle nutzen sollten, bis es ihnen besser ging, obwohl sie eigentlich alle wieder versuchen wollten zu laufen. Doch Mechier hatte es strengstens verboten und sie nur unter dieser Bedingung aus dem Lazarett entlassen. Und sie hatten ihm versprochen, sich daranzuhalten.
„Willkommen im Paradies für Rollstuhlfahrer“, sagte Andreas mit vor Sarkasmus triefender Stimme, als die Männer gemeinsam auf die große Terrasse rollten. „Eigentlich sollte heute unsere Hochzeit sein“, meinte er dann etwas traurig.
„Hey, mach dir nichts draus. Da hast du es eben noch vor dir und kannst es dir noch mal überlegen“, stichelte Thomas.
„Klar, habe ich es da noch vor mir. Aber anders überlegen werde ich es mir ganz bestimmt nicht. Doch Annes Eltern müssen bald wieder zurück. Wer weiß, wie lange es dauert, bis sie wieder Urlaub machen können. Denn wir möchten sie schon bei der Hochzeit dabei haben“, antwortete Andreas und zog Anne auf seinen Schoß.
Von hinten kam Walter auf sie zu. „Wie sieht es aus, Junge?“, fragte er. „War dein Angebot, dass wir hier bei euch leben können, wirklich ernst gemeint?“
Anne und Andreas sahen sich an und drehten sich danach zu Walter um. „Natürlich war das ernst gemeint“, sagten sie beide gleichzeitig.
„Gut, dann werden Mutter und ich übermorgen abreisen.“
Erschrocken schauten sich Anne und Andreas an, dann blickten sie abwechselnd zu Erika und Walter.
„Aber ihr wolltet doch noch eine Woche länger bleiben“, meinte Anne etwas verwirrt und wurde traurig.
„Stimmt, mein Mädchen“, gab Walter zu, „aber da wir feststellen mussten, dass man euch nicht allein lassen kann, ohne dass einer von euch oder ihr beide Blödsinn macht, haben Mutter und ich beschlossen, dass ich mein Amt niederlege und in den Ruhestand trete. Es wird Zeit, Jüngeren eine Chance zu geben. Wir müssen also heim, damit ich meine Amtsgeschäfte ordentlich übergeben kann und Mutter wird auch ihren Job kündigen und eben in Frührente gehen. Außerdem muss auch noch etwas zusammengepackt werden. Denn alles wollen wir nun auch nicht aufgeben. Da gibt es so viele persönliche Dinge, von denen man sich nicht trennen möchte. Je älter man wird, desto schwerer wird so etwas“, erklärte der Vater. „Sobald wir alles erledigt haben, kommen wir zurück. Das heißt, wenn ihr das wirklich wollt.“ Dabei nahm er seine Frau in den Arm und küsste sie auf die Stirn.
Andreas und Anne jubelten.


84
Als Jens bei Oberstleutnant Kebier eintraf, wurde er schon von ihm erwartet. Er begrüßte den Flottillenadmiral herzlichst. „Schön, dass es dir wieder besser geht. Ich habe den Braten für dich warm gehalten“, sagte er grinsend, während er Jens in sein Büro schob. Er nahm ihm gegenüber am Konferenztisch Platz, nachdem er eine dicke Mappe von seinem Schreibtisch geholt hatte.
„Was hast du für mich, Mahmud?“, fragte Jens ernst.
„Zwölf der Kerle konnten wir nur noch tot bergen. Aber dreiundzwanzig Mann, die in Einzelzellen schmoren, warten schon auf dich.“
„Wow, doch so viele. Hatten sie in der Zwischenzeit Kontakt zueinander?“, wollte Jens wissen.
Mahmud schüttelte mit dem Kopf. „Nein, sie hatten nicht die geringste Chance dazu“, antwortete der Oberstleutnant und schob die Mappe über den Tisch. „Hier, suche dir einen von ihnen zum warmwerden aus und ich lasse ihn sofort ins Verhörzimmer bringen.“
Jens zog die Mappe näher an sich heran und begann interessiert darin zu blättern. Mit einem Mal stoppte er und nahm die Mappe in die Hand. Sorgfältig las er sich die Seite durch.
Er betrachtete das Foto, das am oberen Rand des Bogens angeheftet war, genauer. Dann zog er das Blatt heraus und schob es dem Oberstleutnant zu. „Den hier möchte ich gern als Ersten“, sagte Jens entschlossen auf Arabisch. Ohne sich die weiteren Blätter anzusehen, schloss er die Mappe wieder und legte sie zurück auf den Tisch.
Mahmud Kebier nahm das Blatt in die Hand und schaute auf das Bild und den Namen. „Gut, ich lasse Wilhelm Müller sofort holen“, sagte er und fragte dann: „Wie willst du es?“
„Wie meinst du das?“, fragte Jens den Oberstleutnant, nicht verstehend.
„Na willst du schon im Verhörraum auf einem normalen Stuhl sitzen, dass Müller deine Schwäche nicht bemerkt oder willst du da im Rollstuhl rein rollen?“, präzisierte Mahmud Kebier seine Frage.
„Oh, setzt mir diesen Wilhelm Müller nur zurecht und ich zeige dem Kerl schon, wie schwach ein Mann im Rollstuhl ist“, antwortete Jens, dabei betonte er besonders das Wort schwach und grinste seinen ägyptischen Kollegen teuflisch an. „Gib mir bitte zwei deiner kräftigsten, größten und coolsten Männer in Zivilkleidung mit rein“, bat er dann noch.
„Was sollen sie machen, wie können sie dir helfen?“, wollte Mahmud wissen.
„Sie sollen einfach nur da stehen und auf nichts reagieren, außer ich sage es ihnen direkt.“
„Gut, die Männer bekommst du, ich weise sie in ihre Rolle ein“, versprach der Oberstleutnant lächelnd und griff zum Telefon.

Wenig später rollte Jens mit seinem Rollstuhl in den Verhörraum.
Der Gefangene saß bereits auf einem Stuhl vor einem einfachen Holztisch. Die beiden Ägypter in Zivil hatten sich an der dem Gefangenen gegenüberliegenden Wand, breitbeinig, mit vor der Brust verschränkten Armen aufgestellt. Bewusst langsam rollte Jens mit seinem Rollstuhl bis zum Tisch heran. Der Gefangene hatte dabei permanent den Kopf gesenkt gehalten. Doch Jens wusste genau, dass es dem Kerl nicht entgangen war, dass er im Rollstuhl saß.
„Hallo, Herr Aufsichtsratsvorsitzender Heiko Gröpers, alias Wilhelm Müller“, sagte Jens laut und beschwingt zur Begrüßung, als er am Tisch angekommen war.
Nicht darauf gefasst und sichtlich erschrocken hob der Mann den Kopf und schaute auf den Mann im Rollstuhl, als hätte er einen Geist vor sich. Doch schnell gewann er seine Fassung zurück und senkte den Kopf wieder.
Jens musste lächeln, er kannte dieses Verhalten von solchen Leuten schon zur Genüge. Wichtig war, dass er ihn gleich zu Beginn des Verhörs schocken und aus der Fassung bringen konnte. Er wusste genau, was jetzt in dem Mann vorgehen musste und wie er ihn zu packen bekam.
„Tja, Herr Gröpers oder darf ich Heiko sagen? Da ist wohl Ihre Rechnung nicht ganz aufgegangen, was? Soll ich Ihnen etwas sagen...?“ Jens machte eine kurze Kunstpause, um die ganze Aufmerksamkeit des Mannes zu haben, bevor er weitersprach. „Mir ist es ziemlich egal, was Ihre Meinung dazu ist. Aber du Rindvieh schimpft es sich nun mal besser als Sie Rindvieh. Also, Heiko, ich glaube, du hast dich nur mit Blödmännern, Versagern und Gehirnamputierten umgeben. Denn wie du siehst, sitze ich noch hier und alle anderen von uns, samt der Frau, sind auch wohlauf und lachen laut über den plumpen Versuch eines Vollidioten“, sagte Jens in einem bewusst ruhigen, leisen Tonfall und lächelte dabei.
Wieder hob der Mann den Kopf und wirkte nun schon unsicherer. Plötzlich und unerwartet für diesen Gröpers sprang Jens aus seinem Rollstuhl auf, dass dieser mit Schwung nach hinten wegrollte und mit einem lauten Knall in der Ecke landete. Wütend schlug er mit der Faust auf den Tisch und schrie den erschrockenen Mann an: „Nur damit du es weißt und es dir auch vollkommen klar ist, wir befinden uns hier in Ägypten und ich bin nicht im Dienst. Ich bin ein ganz normaler Zivilist und ich versichere dir, diese Männer hier hinter mir sind bereit, dich ohne Rücksicht auf Verluste auseinanderzunehmen wie eine Weihnachtsgans. Sie haben nämlich ein paar gute Kameraden und Freunde durch deine Leute oder sogar dich selbst verloren. Und auch ich bin deshalb verdammt sauer!“, schrie Jens unbeherrscht. Kurz darauf stieß er mit voller Wucht sein Tauchermesser direkt vor dem Kerl in die Tischplatte. Völlig eingeschüchtert und ängstlich sah der Mann nun zu ihm auf.
„Gebt mir bitte einen Stuhl“, bat Jens dann leise auf Arabisch. Er wusste, dass der Mann vor ihm kein Wort davon verstand. „Und dann geht ganz langsam um den Tisch herum und stellt euch hinter ihm auf.“ Jens wusste, dass er den Mann so weit hatte. Er zog kraftvoll das Messer wieder aus dem Holz und setzte sich ruhig auf den Stuhl, der ihm hingeschoben wurde.
Geduldig wartete er und beobachtete genau das Gesicht des Kerls, als die beiden Ägypter provokativ langsam den Tisch umrundeten und dann, mit vor der Brust verschränkten Armen, hinter dem Gefangenen Aufstellung nahmen. Jens stand langsam auf, nickte den Männern zu und machte Anstalten, den Raum auf eigenen Beinen zu verlassen.
„Nein, bleiben Sie!“, rief Gröpers ängstlich.
Jens drehte dem Mann nur leicht den Kopf zu und ging dabei weiter Richtung Tür. „Warum sollte ich?“, fragte er verächtlich. „Ich wünsche dir heute noch einen schönen Tag und viel Spaß mit den beiden Jungs. Wenn du Arsch Glück hast, kommst du hier sogar lebend raus. Aber darauf würde ich keine Wette abschließen wollen.“ Dabei grinste Jens den Mann an und griff bereits zur Türklinke.
„Oh mein Gott! Nein, bitte! Bitte, bleiben Sie. Ich sage ihnen alles was sie wissen wollen“, jammerte Heiko Gröpers verzweifelt.
Über das Gesicht von Jens huschte ein kurzes Lächeln und er zwinkerte seinem Spiegelbild zu. Denn hinter diesem Spiegel stand Oberstleutnant Mahmud Kebier, der das Verhör genau verfolgte.
Dann wurden seine Gesichtszüge wieder streng. Er drehte sich nur zögerlich um, blieb aber noch an der Tür stehen. „Was könntest du Wanze, mir schon zu erzählen haben? Du gehörst zertreten, wie Ungeziefer“, sagte Jens abwertend und gelangweilt, dabei drehte er sich wieder Richtung Tür zurück.
Sofort begann der Mann zu reden wie ein Wasserfall.
So leicht hatte es sich Jens dann doch nicht vorgestellt. Er erfuhr von ihm alles, was er wissen wollte.
Nach vier Stunden verließ er erschöpft, aber zufrieden lächelnd den Raum in seinem Rollstuhl. „Mahmud, verzeih mir, dass ich dir den Tisch ruiniert habe“, entschuldigte er sich auf Arabisch bei seinem Freund, wegen der mit dem Messer demolierten Tischplatte.
„Oh. .... Ich glaube, das kann ich gerade so verschmerzen“, antwortete der Ägypter lachend. „Willst du heute noch einen oder soll ich dich heimfahren lassen?“, fragte er dann.
Jens hatte für den ersten Tag genug gehört. Sie verabredeten sich für den nächsten Tag.
Als Jens ins Auto gestiegen war, bedankte er sich bei Mahmud für seine Hilfe. Dann brachte ihn der Fahrer des Jeeps zum Anwesen und half ihm beim Aussteigen und in den Rollstuhl.
Jens bedankte sich bei dem Mann und schickte ihn wieder zurück. Er benötigte die Zeit vom Parkplatz zum Haus, um seine Gedanken zu ordnen und in Ruhe nachzudenken.
Als er die Terrasse erreichte, waren dort bereits all seine Freunde versammelt. Sie kamen ihm in ihren Rollstühlen entgegen und sahen ihn fragend an. Als sie bemerkten, dass Jens nicht darauf reagierte, wussten sie, dass er noch dabei war, sich über einiges klar zu werden.
Sie kannten diesen Ausdruck in seinem Gesicht. Auch Kim, Anne und ihre Eltern bemerkten die Anspannung und hielten sich im Hintergrund.
Die Männer überspielten die Situation, indem sie sich über das bevorstehende Abendessen unterhielten und darüber stritten, ob sie den Fisch, den Ahmed ihnen vorbeigebracht hatte, backen, braten oder lieber grillen sollten. Eigentlich war es ein sinnloser Streit, das wussten sie. Denn es war genug Fisch da, um ihn nach allen drei Varianten zuzubereiten, was sie am Ende auch taten. Doch in der Situation tat es ihnen gut, auf diese Weise die aufgekommene Spannung abzubauen.
Annes Eltern hatten damit anfangs noch ein Problem, doch nach einer Weile verstanden sie die Männer und spielten das kleine Spiel mit.

Als alle am Tisch saßen und noch einmal über die unterschiedlichen Zubereitungen diskutierten, während sie von jedem Fisch kosteten, schaute Jens in die Runde. „Was sagt euch der Name Heiko Gröpers?“, fragte er unvermittelt.
Sofort verstummten die Freunde und waren froh darüber, dass endlich das richtige Thema angesprochen wurde.
Sie konnten es kaum noch erwarten zu hören, ob Jens erfolgreich war und wenn ja, dann was er schon in Erfahrung gebracht hatte.
„Ist das nicht der Vorstandsvorsitzende von so nem großen Waffenkonzern gewesen, der vor drei Jahren entführt wurde, aber nie Lösegeldforderungen eingegangen waren? Da tauchte doch dann nur ein mysteriöses Video auf, welches seine Hinrichtung durch Maskierte zeigte. Aber seine Leiche wurde nie gefunden“, sagte Thomas unsicher.
„Ja stimmt genau“, meinte Pitt und überlegte laut weiter: „War das nicht auch der Mann, der so größenwahnsinnig war und der Bundesregierung vorgeschlagen hatte unter seiner Führung ein Monopol der deutschen Waffenindustrie zu gründen, das dann nur durch ihn zur absoluten Weltmacht geführt werden sollte?“
„Ja klar“, erinnerte sich nun auch Uwe. „Der Kerl litt doch an Größenwahn. Der träumte von der Weltherrschaft, weil er wohl zu viele solcher blöden und verdummenden Filme gesehen hatte. Der hatte die große Klappe, aber pinkelte sich vor Angst fast ans Bein, wenn er mal einen Drohbrief von einem Pazifisten erhielt. Ich hatte damit zu tun.“
„Genau“, sagte nun auch Andreas, „wir richteten nach seiner Entführung und dem Video unsere Ermittlungen auf diese Zielgruppen aus. Doch da war nichts. Und andere Spuren verliefen im Sand.“
Jens grinste in die Runde, nahm sich ein großes Stück von dem gebackenen Fisch und trank einen Schluck Rotwein. „Und was sagt ihr dazu, dass dieser Kerl mir heute quicklebendig gegenübersaß und sich tatsächlich vor Angst in die Hose gepisst hat? “, fragte er grinsend, dann holte er tief Luft und sprach weiter: „Und ich halte ihn, aufgrund seiner Aussagen für all das, was in den vergangenen Jahren auf dem Gebiet des Waffenschmuggels passiert ist, so wie für die Übergriffe auf uns, für federführend und damit hauptverantwortlich. Ich glaube, er ist nun wirklich der Kopf der Hydra, von der Andy und Abdul gesprochen haben. Er stand schließlich auch auf der Liste oben an, die wir gefunden haben. Nur glaubten alle, dass er bereits tot sei.“
Walter fiel vor Schreck das Besteck aus der Hand. Pitt verschüttete seinen Rotwein. Thomas sprudelte den Schluck Wasser, den er gerade im Mund hatte, ungewollt über den Tisch. Und Andreas blieb der letzte Bissen im Hals stecken, dass er sich daran verschluckte, laut husten musste und nach Luft rang.
„Sag das noch mal“, forderte Uwe Jens nach einer Weile der Stille, fassungslos auf.
„Und du bist wirklich sicher, dass es dieser Gröpers ist?“, fragte Andreas nach, als er wieder Luft bekam.
„Er hat sich zwar verändert, hatte aber einen schlechten Gesichtschirurgen dabei erwischt. Ich habe ihn trotzdem sofort wiedererkannt“, antwortete Jens sich sicher.
„Dieses Weichei soll für all das verantwortlich sein? Kein normaler Mensch würde doch solch einem Spinner folgen und seine perversen Vorstellungen einer Weltherrschaft ernst nehmen, geschweige denn ihn auch noch dabei unterstützen“, meinte Thomas ungläubig.
„Das dachte ich anfangs auch“, pflichtete Jens bei. „Aber es gab auch in der Geschichte schon viele verblendete Menschen, die solchen Spinnern nachgelaufen sind und ihnen bei ihrem Irrsinn halfen. Bestes Beispiel dafür war Hitler. Gröpers wusste, durch Emanuel Nietzsche alias Eric Thomson, genau darüber Bescheid, dass Andy in die Organisation eingeschleust worden war. Er hat gestanden, Andys Folter, zur Not bis zum Tod, wie er sich ausdrückte, angeordnet zu haben, um an weitere Namen zu kommen, die in ihre Organisation infiltriert wurden“, informierte Jens seine Kameraden leise und betroffen. Dabei sah er Andreas an. „Du hast also auch ihm deine hübschen Muster auf Brust und Rücken zu verdanken. Es war sein Einfall, für den Waffenschmuggel harmlose Schiffe und ihre Besatzungen zu missbrauchen. Auch das Forschungsschiff >Blue Sea< wo Steffen Körner, unser Steinadler und die sieben Besatzungsmitglieder umgekommen sind, gehen auf sein Konto.“
„Und was hatte es mit der letzten Aktion auf sich?“, wollte Uwe wissen.
„Das war ein verzweifelter Racheakt von ihm, weil wir ihm ein paar mal so böse in die Suppe gespuckt haben und ihm dabei all seine Felle davon geschwommen sind. Wir standen auf seiner Abschussliste und die letzten Tage, nachdem wir Steinberg und die Mappe erwischt hatten, von seinen Leuten und ihm selbst unter Beobachtung.
Er hat es sofort ausgenutzt, als Anne die Nacht allein war und veranlasst, dass sie entführt wird. Er wollte sich damit rächen, weil er sich wegen der Liste von da an verstecken musste. Gröpers wollte uns das auf diese Art spüren lassen und uns strafen. Aber er hatte nicht damit gerechnet, dass wir Anne so schnell finden würden. Sein krankes Hirn hatte sich ein anderes, teuflisches Szenario für sie und uns ausgedacht.“
„Welches?“, wollte jetzt Walter wissen, der seine Frau fest im Arm hielt.
„Er wollte mit seinem U-Boot schon Meilen entfernt sein, ehe wir Anne gerade erstickend in der Kapsel entdecken. Er wollte, dass wir Anne sterben sehen. In der Zwischenzeit hatte er noch vor, einen Laserbewegungssensor zu aktivieren. Wir wären in die Luft geflogen, noch bevor wir erst richtig an die Kuppel ran gekommen wären. Doch dazu ist er zum Glück nicht mehr gekommen. Als wir aber schon da waren, kaum dass sie die Taucherglocke auf den Grund verankert hatten, geriet sein schöner Plan komplett durcheinander und er handelte nur noch in Panik“, berichtete Jens weiter, die Ergebnisse des Verhörs zusammenfassend.
Alle am Tisch schwiegen fassungslos. Sie benötigten einige Zeit, um das Gehörte setzen zu lassen, so wie Jens zuvor.


85
„Pitt, wie bist du eigentlich aus der Scheiße rausgekommen?“, wollte Sebastian wissen, weil ihn die Stille langsam zu erdrücken begann. „Wir haben alle die Explosion gehört, doch das Schnellboot der Marine hat nur noch paar Trümmerstücke entdeckt und obwohl Marinetaucher das Gebiet sofort weiträumig abgesucht hatten, fanden sie keine Spur von dir. Wie kam es, dass du mehrere Seemeilen entfernt bei der Giftuninsel von Fischern aus dem Wasser gefischt wurdest?“
Pitt erzählte das erste Mal, seitdem es passiert war, von dem, was er erlebt hatte und es fiel ihm nicht gerade leicht.
Er berichtete davon, wie er es geschafft hatte, die Tretmine, auf die er gesprungen war, zu entschärfen.
„Dann machte ich mich über die anderen Sprengfallen her. Nur leider hatte ich das Pech, dass meine kleine Stablampe dabei ihren Geist aufgab“, erzählte er weiter. „Also musste ich mich auf mein Gefühl verlassen, denn gesehen habe ich in der Dunkelheit so gut wie gar nichts mehr. Das hat auch alles ziemlich gut funktioniert, bis der Wellengang zunahm. Als das Boot eine große Welle längsseits abbekam, kam ich ins Straucheln und merkte, wie ich mit dem Fuß an einem Stolperdraht hängen blieb. Ich hörte das Klicken des Zünders, aber konnte ihn nicht mehr erreichen. Was sollte ich machen? Ich bin Hals über Kopf im hohen Bogen ins Wasser gesprungen. Wobei mir klar war, dass ich nicht schnell genug tief runtertauchen könnte, um den großen Knall zu überstehen, ohne in tausend Stücke gerissen zu werden. Sekundenschnell zog mein Leben an mir vorbei, kann ich euch sagen. Ich war nur noch gespannt, ob ich im Himmel oder in der Hölle landen würde. Ich wartete also einfach auf das Licht an irgendeinem Ende des Tunnels. Doch auf einmal wurde ich gepackt und schnell weiter nach unten gezogen, dass mir die Ohren schmerzten, weil ich mit dem Druckausgleich gar nicht so schnell nachkam. Trotzdem erwischte es mich noch. Nach dem lauten Knall der Explosion spürte ich den Schmerz durch den Körper jagen und war sogar dankbar dafür, als es langsam um mich dunkel wurde. Als ich kurz zu mir kam, schien mir die Sonne ins Gesicht. Delfine umrundeten mich und hielten mich über Wasser. Dann fand ich mich irgendwann zwischen zappelnden Fischen auf einem Kutter wieder. Ich weiß noch, dass es mir sehr kalt war und es mächtig nach Fisch stank. Danach wachte ich erst wieder, schön warm eingemummelt, auf der Intensivstation auf. Ich bekam den Schock meines Lebens, als ich euch da alle, fein säuberlich aufgereiht an Geräte angeschlossen liegen sah. Ich glaubte, einen besonders bösen Albtraum zu haben. Kurz darauf bin ich wieder weggetreten. Den Rest kennt ihr selbst“, beendete Pitt seine Erzählung.
Als Doktor Mechier, nach seinem langen Spätdienst im Lazarett, zu den Freunden auf die Terrasse kam, bemerkte er, dass sie irgendwie alle anders waren als sonst. Walter saß schweigend in der Ecke und schien schwer am Grübeln zu sein, während die Frauen eng zusammengerückt da saßen und Anne immer wieder streichelten. Andreas stand mit seinem Rollstuhl allein ganz vorn am Steingeländer und blickte bewegungslos aufs Meer raus und die anderen fünf saßen in sich gekehrt da.
„Was ist hier los?“, fragte der Arzt sofort.
„Jens ist heute dem Teufel höchst persönlich begegnet. Das hat uns alle etwas mitgenommen, Doc“, antwortete Sebastian erklärend. Abdul verstand zwar nicht ganz, aber fragte auch nicht weiter nach. Er wusste, dass die Männer es ihm erzählen würden, wenn sie dafür bereit waren.
Walter stand aus seiner Ecke auf. Er hatte einen Entschluss gefasst. „Tut mir leid, Anne, aber unter diesen Umständen wird das wohl mit meiner vorzeitigen Pensionierung doch noch nichts“, sagte er, sich vollkommen sicher. „Diesen Kerl will ich noch höchst persönlich hinter Gitter bringen, sodass er nie wieder herauskommt und wenn es das Letzte ist, was ich tue. Ich hoffe, du verstehst das, meine Kleine.“
Anne nickte ihrem Vater, noch unter Schock stehend, zu. „Ja, Papa, das verstehe ich. Ich würde es mir auch nicht anders wünschen“, gab sie leise zurück. „Schließlich wollte er uns alle umbringen und hat viele Menschen auf dem Gewissen. Er ist verantwortlich für all die Qualen, die Andy durchleben musste. Dieser Mensch ist es nicht wert, auch nur noch einen Tag in Freiheit zu verbringen. Ich möchte gar nicht daran denken, wie vielen Menschen er noch Schmerzen und auch seelische Qualen zufügen ließ oder eigenhändig zugefügt hat.“ Dabei schaute sie besorgt zu ihrem Freund und dachte daran, wie sehr er sich für seine Narben geschämt und sie immer versteckt hatte, um keinen zu erschrecken oder zu schockieren.
Sie hatte miterlebt, wie die Menschen, die ihn nicht kannten, abweisend darauf reagierten, als hätte er eine gefährliche, ansteckende Krankheit.
„Und ich persönlich sorge für die Anklage“, sagte Jens, „Rainer, unser Freund, der auch mal zu unserer Truppe gehörte, ist jetzt ein sehr guter Staatsanwalt und übernimmt bestimmt gern diesen Fall als Ankläger. Er bekommt dafür all meine Unterstützung. Ich serviere ihm die Aussagen von jedem einzelnen der Ratten auf einem goldenen Tablett“, erklärte er.
Langsam begann Abdul zu verstehen, was Sebastian mit dem Teufel gemeint hatte, dem Jens begegnet war.
„Geh zu Andy“, sagte der Arzt leise zu Anne, „ich glaube, er braucht dich jetzt. Und bring ihn dann bitte wieder zu uns, seinen Freunden, zurück.“
Während Erika mit Kim und Sebastian zu den Zwillingen gingen, die angefangen hatten zu schreien, weil sie Hunger bekamen, ging Anne über die Terrasse auf Andreas zu.
Noch bevor sie ihn erreichte, hörte sie, wie er sagte: „Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn ich dich an diesem Tag zusammen mit unseren Freunden verloren hätte.“ Dann drehte er sich mit dem Rollstuhl zu ihr um. Seine Augen waren gerötet und die Tränen im Gesicht waren noch nicht getrocknet.
„Das hast du aber nicht“, antwortete sie leise. „Es ist vorbei, Schatz. Paps wird gemeinsam mit Jens und einem Rainer, den Jens erwähnt hat, dafür sorgen, dass dieser Kerl keinem Menschen mehr schaden kann. Sie haben es versprochen.“ Sacht zog Andreas seine Freundin zu sich auf den Schoß und drückte sie fest an sich.
Anne wischte mit einem Taschentuch vorsichtig seine Tränen aus dem Gesicht. „Ich wünsche mir, dass du deine Narben nie wieder versteckst. Sondern stolz darauf bist. Denn ich bin stolz darauf. Auf jede Einzelne davon. Du bist kein Opfer, sondern ein stolzer Sieger über die Hydra mit ihren tausend Schlangenköpfen und mein persönlicher Held. Denn du hast dich nicht einen Moment von diesen Ausgeburten der Hölle unterkriegen lassen. Ebenso wie deine Freunde nicht“, flüsterte sie ihm zu und sah ihm dabei in die blauen Augen, in denen sie bereits wieder zu versinken begann.
Sacht streichelte sie ihm über den Oberkörper und den Verband, den er noch trug. „Aber nun komm, lass uns zu den anderen zurückkehren. Sie warten schon.“
Andreas nahm Anne liebevoll in die Arme. „Und du bist eine mutige, starke Frau und meine Heldin. Ich bin sehr stolz auf dich“, sagte er laut. „Ich liebe dich, Anne Kamp und das mit jedem Tag mehr und mehr.“
Dann rollte er mit ihr auf dem Schoß zurück zu den anderen. „Wie sieht es aus, Jungs? Machen wir eine Wettfahrt der Versehrten um den Pool? Drei Runden. Der Letzte ist morgen fürs Frühstück zuständig“, schlug Andreas vor. Das ließ sich keiner von seinen Kameraden und guten Freunden zweimal sagen und schon rollten die sechs Männer in ihren Rollstühlen los und umrundeten befreit lachend schnell den Pool.
„Werdet ihr denn nie erwachsen, ihr verrückten Kerle!“, rief Abdul ihnen laut, aber sehr erleichtert nach, was alle noch lauter auflachen ließ.
Anne markierte schnell die Ziellinie und beobachtete vergnügt mit ihren Eltern, Kim und Abdul, wie die sechs Männer sich immer wieder rangelnd, aber auch gegenseitig anfeuernd und zugleich stichelnd, dem Ziel entgegenfuhren. Kurz davor stoppten sie ab und rollten, sich dabei ansehend und lächelnd, gemeinsam eng nebeneinander über die Zielgerade.
„Und wer macht nun das Frühstück?“, wollte Erika, noch immer lachend, wissen.
„Wir, Mam!“, antworteten die sechs Freunde, etwas außer Atem, im Chor.
Am nächsten Morgen standen frisch gebackene Brötchen, gekochte Eier, frisch gepresster Orangensaft, heißer Kaffee, Cappuccino, Butter, Marmeladen, Käse, Wurst und Obst auf dem schön eingedeckten, langen Tisch bereit, dessen Mitte ein großer Strauß bunter Blumen zierte. Die sechs Freunde hatten an diesem Morgen auch die Angestellten mit zum gemeinsamen Frühstück eingeladen. Als Kim mit ihren Babys, Anne mit ihren Eltern, Abdul und die Angestellten noch etwas verschlafen auf die Terrasse kamen, saßen die sechs Männer schon am Tisch und wünschten allen fröhlich einen guten Morgen. Die ägyptischen Angestellten trauten sich erst gar nicht, sich mit an den Tisch zu setzen. Dann kosteten sie vorsichtig die Brötchen und waren begeistert davon, wie lecker sie schmeckten.
„Wo habt ihr nur die köstlichen Semmeln her?“, fragte Erika. „Die schmecken noch besser als die von meinem Lieblingsbäcker Zuhause“, musste sie gestehen.
„Die hat Andy gebacken“, antwortete Anne stolz und lächelte ihn dabei an.
Weder Erika noch Walter wollten das glauben.
„Ja klar, aber auf den Arm nehmen kann ich mich auch selbst. Wir haben nicht den ersten April, mein Kind“, meinte Walter, sich ganz sicher, dass das ein Scherz sein sollte und biss genüsslich in ein mit Käse belegtes Brötchen.
„Nein, Walter, es ist wirklich wahr“, klärte Jens ihn auf. „Andy ist eigentlich gelernter Bäcker und Konditor. Damit hat er als einziger von uns wenigstens einen ordentlichen Beruf gelernt, bevor er zu unserem Verein gekommen ist. Hat Anne euch das noch nicht erzählt?“, fragte er und tat dabei ganz überrascht und unwissend.
„Welche Geheimnisse und Überraschungen hält der Mann noch so alles bereit, mein Kind?“, wollte Erika daraufhin wissen.
„Ich weiß nicht, Mutti. Ich bin auch gerade noch dabei, das herauszufinden. Dass er so gut backen kann, weiß ich auch erst seit er mein Haus in Trümmer gelegt hat und wir bei Kim und Sebi untergekommen waren, wo Sebi ihn dazu verdonnert hatte, sozusagen als Miete, das Frühstück zu machen“, gab Anne lächelnd zu. Sie streichelte Andreas zärtlich über die Wange und schaute ihn dabei verliebt an.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Sonja,

habe grad ein bisschen Zeit ...

Kapitel 79:
„Lasst das, unsere Sorge, sein“ machst Du da wohl die Kommas weg, die ergeben keinen Sinn
„Ich habe sie!“, rief er laut auf Arabisch zu Rashid hoch,Punkt „Halte den Kahn
sichKomma während sie unterwegs waren, etwas hinlegen und ausruhen konnte
Aber Annes Peilsender ist wo ganz wo anders.“
weil uns sonst Andy den Kopf abreist abreißt, wenn
Am liebsten hätte er ihn sofort übers Headset an angefunkt.

Kapitel 80:
Als sich daraufhin hin die angreifenden Taucher zurückziehen wollten
folgten drei von der Männer dem Zeichen von Sebastian. Sie schlossen,kein Komma die zusätzlich mitgebrachten Pressluftflaschen,kein Komma an die Außenventile der Kapsel an,
Folge des Knalltraumas noch lange in ihren Ohren klingeln und pfiffen pfeifen dürfte.
Er half ihm,kein Komma aus dem Jackett, das Uwe wieder hinter sich
die schwere kompakte Luke abzunehmen und unter der Kapsel hervor zu zubekommen.
Es sollte also kein Problem weiter geben.

Kapitel 81:
Dann zog sie Uwe sie langsam durch die Öffnung
Im schnellen Wechsel schob er ihr dann sacht seinen zweiten Atemregler zwischen die Lippen
Anne nickte es verstehend.
So lange musst du es mit mir alten altem Knochen noch aushalten
wo Ärzte, Sanitäter und Soldaten, mit ernsten Gesichtern, auf dem Deck entlang liefen.

So, genug für heute.

Liebe Grüße,
 

Sonja59

Mitglied
Hallo Rainer,

recht herzlichen Dank für Deine Korrekturhinweise, die ich wie immer gern übernommen habe.
Nur bei einem habe ich die Dudenrechtschreibhilfe in anspruch genommen und bin nun etwas verwirrt. Sollte wir da beide falsch liegen?
Worum es geht:

unter der Kapsel hervor zu zubekommen.
Laut Duden sollte es wohl sogar komplett zusammengeschrieben werden. Also : hervorzubekommen.
Mal sehen ob wir da hier vielleicht auch mal ein paar andere Stimmen zu hören, bzw. zu leen bekommen um es am ende genau zu wissen.

Viele liebe Grüße und einen schönen Sonntagabend
 
Hallo Sonja,

also Deine ursprüngliche Schreibweise war auf jeden Fall falsch. Das war sicher dem Phänomen geschuldet, dass man in eigenen Texten solche Fehler gerne überliest. Geht mir ja oft genauso. Aber ich denke, wenn Onkel Duden sagt, es wird komplett zusammengeschrieben, dann würde ich das auch nehmen.

Liebe Grüße,
 
Hallo Sonja,

ich mache mal weiter.
Kapitel 82:
zog ihr die Ärmel des Sweatshirts,kein Komma noch etwas über die dünnen Verbände an den Handgelenken, ermahnte sie nochmals, dass
die ganze Station durcheinander zubringen zu bringen (oder muss es 'durcheinanderzubringen' heißen? Nee, ich glaube nicht ...) drohten.

Kapitel 83:
Und sie hatten ihm versprochen, sich daranzuhalten daran zu halten.

Kapitel 84:
„Was könntest du Wanze,kein Komma mir schon zu erzählen haben? Du gehörst zertreten,kein Komma wie Ungeziefer“,
ob Jens erfolgreich war und wenn ja, dann was er schon in Erfahrung gebracht hatte.
ernst nehmen, geschweige dennKomma ihn auch noch dabei unterstützen“, meinte Thomas ungläubig.
Auch das Forschungsschiff >Blue Sea<Komma wo Steffen Körner, unser Steinadler

Kapitel 85:
Dass er so gut backen kann, weiß ich auch erstKomma seit er mein Haus in Trümmer gelegt hat

So, das wäre geschafft.:)

Liebe Grüße,
 

Sonja59

Mitglied
Hallo Rainer,
und wie immer recht herzlichen Dank für die Korrekturen. Ich habe im Moment nicht viel Zeit und werde sie später in den Text einarbeiten. Nur das hier auf die Schnelle:

Und sie hatten ihm versprochen, sich daranzuhalten daran zu halten.
Wenn der erweiterte Infinitiv von dem Verb ‚daranhalten‘ abgeleitet ist, sollte er zusammengeschrieben werden.

Wusste ich zugegeben auch nicht. Sagt so aber meine Recherche.
Viele liebe Grüße
 



 
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