Unter Beobachtung 4. Teil

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Sonja59

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Teil 3

Unter Beobachtung 4. Teil


12
Andreas hatte eine lange Strecke vor sich. Er hielt sich, soweit es möglich war, dicht an der Riffkante, um den Strömungsschatten zu nutzen. Da er ein Gemisch mit hohem Sauerstoffanteil gewählt hatte, damit die Luft im Kreislaufgerät für diesen langen Tauchgang reichte, ging er nicht tiefer als acht Meter. Als es dunkler wurde, tauchte er noch etwas weiter nach oben und zur Sicherheit doch ein Stück von der Riffwand weg. Er wollte nicht versehentlich mit scharfkantigen, hervorstehenden Korallen kollidieren, die er bei der Dunkelheit leicht übersehen konnte.

An Bord der >Amun Re< begann Anne mit dem Briefing und wenig später machten sich die drei Taucher für den Nachttauchgang bereit. Für die Männer auf dem anderen Boot gut sichtbar, strahlten sie, bevor sie abtauchten, schon mal mit den leistungsstarken Taucherlampen in den Himmel und wackelten damit herum, als würden sie die Lampen testen wollen. Anne hängte eine kleine Unterwasser-Stroboskop-Signallampe an das Ende der Leiter, die sich einen Meter unter Wasser befand. An diesem grellen, immer nur kurz aufblitzenden Licht, konnten sie sich orientieren, um in der Dunkelheit sicher zum Boot zurückzufinden.
Anne und Sebastian nahmen Ahmed in ihre Mitte und tauchten zur Riffwand. Die Lichtkegel ihrer drei Unterwasserlampen waren weithin an der Wasseroberfläche zu sehen.
Im Schein ihrer Lampen entdeckten sie Garnelen, Krebse und sogar zwei Seespinnen. Viele Skorpionfische, auch Strahlenfeuerfische genannt, befanden sich auf der Jagd nach ihrer Beute.
Auf dem Rückweg hatten die drei das Glück und bekamen eine spanische Tänzerin zu sehen, die sie lange beobachteten und sich an den graziösen Schwimmbewegungen dieser großen Nacktschnecke erfreuten. Für Ahmed war es der erste Nachttauchgang überhaupt. Er war besonders angetan von den feingliedrigen Federsternen in unterschiedlicher Größe und Farbe. Immer wieder zeigte er mit dem konzentrierten Lichtstrahl seiner Lampe darauf, und freute sich aufs Neue, einen entdeckt zu haben. Kurz leuchtete Sebastian seine Taucheruhr an und gab Anne das Handzeichen, dass es Zeit wurde, sich vom Riff zu lösen und dem Blinklicht am Boot entgegenzutauchen. Nach ihrem Stopp in fünf Meter Tiefe tauchten sie gemeinsam auf und halfen Ahmed zur Leiter. Anne fragte Sebastian, ob sie nicht die kleine Stroboskop-Lampe an der unteren Sprosse für Andreas zur besseren Orientierung dran lassen solle. Doch er schüttelte bedauernd den Kopf und begründete es damit, dass sonst die anderen wüssten, dass noch ein Taucher im Wasser sei. Denn das grelle Aufblitzen der Signallampe war weithin an der Wasseroberfläche auszumachen.
„Keine Sorge, Andy findet sich auch so zurück. Das haben wir gelernt und er war Meister drin“, beruhigte er sie. „Wenn ich den Blinker gleich hochhole, werde ich ein kleines unscheinbares, grünes Knicklicht, wie es die Angler benutzen, an unseren Bootsrumpf heften. Das muss ihm genügen, um nicht vorbeizupaddeln“, erklärte er und tauchte noch einmal ab. Er kam nur eine Minute später mit dem Blinker zurück und stellte ihn ab. Beide stiegen aus dem Wasser, zogen schnell ihr Tauchzeug aus und schlüpften in ihre dickeren Sachen. Denn am Abend, wenn die Sonne untergegangen war, wurde es doch frisch auf dem Meer.
Sie schalteten, wie mit Andreas abgesprochen, das Licht auf Taucherplattform und Hauptdeck aus und stiegen hoch aufs hell erleuchtete Oberdeck.
Plötzlich und für die Leute auf der >Amun Re< unerwartet leuchtete bei dem anderen Boot ein Scheinwerfer auf, dessen greller Lichtkegel sich suchender über die Wasseroberfläche tastete. Laute Geräusche wurden vom Wind zu den Freunden auf der >Amun Re< getragen. Wortfetzen wie: „großes Vieh … Delfin und … Blödmänner“, waren zu hören, dann erlosch der Suchscheinwerfer wieder und es trat Ruhe ein. Erschrocken sahen sich Anne und Sebastian an.
„Vielleicht haben sie ja paar Delfine gesehen. Sie haben aufs offene Meer raus geleuchtet. Andy aber hält sich genau auf der anderen Seite am Riff auf, wenn er überhaupt noch dort ist“, meinte Sebastian, um Anne und sich selbst zu beruhigen.


13
Als die Männer von dem fremden Boot sahen, dass die drei Taucher nach ihrem Tauchgang wieder an Bord waren, löste sich ihre Anspannung. Einer der Männer saß am Bug auf der Reling und spielte mit seiner Harpune, in Form einer Armbrust, herum. Als er einen Schatten unter der Wasseroberfläche, nahe dem Riff, wahrnahm, verzog er sein Gesicht zu einer diabolischen Grimasse. Er zielte auf den sich bewegenden dunklen Fleck und drückte ab. Schnell zischte der Pfeil ins Wasser und die sich rasch abwickelnde Sehne spannte sich. Der Mann bemerkte ein kräftiges Zappeln und Ziehen an seiner Harpune und hielt sie mit aller Kraft fest. Das Tier zog ihn von der Backbord- zur Steuerbordseite. Es versuchte, ins offene Meer zu entfliehen.
„Ingo, los schnell, schmeiß den Scheinwerfer an, ich habe irgend so ein großes Vieh gefangen“, schrie er übers Deck und war dabei deutlich am Kämpfen.
Der Suchscheinwerfer durchdrang hell die Nacht. Der Angesprochene richtete den grellen Lichtstrahl aufs Wasser und schrie zurück: „Vielleicht wieder so´n blöder Delfin.“
Ruckartig wurde die Sehne noch straffer, dann schnippte sie zurück, sodass der Mann mit der Harpune das Gleichgewicht verlor und arg mit sich zu tun hatte, nicht nach hinten zu fallen. „Scheiße verdammte! Das Vieh hat sich losgerissen“, fluchte er laut. Doch wenig später lachte er auf. „Aber viel Freude wird das Viech nicht mehr in seinem Leben haben.“
„Warum, Hendrik?“, fragte der andere Mann vom Oberdeck aus nach unten.
„Weil mein kleiner, präparierter Pfeil noch in dem Mistvieh drinsteckt“, gab dieser lachend zurück.
„Ihr Blödmänner!“, brüllte ein anderer der Kerle mit tiefer Stimme. „Macht sofort das Licht aus, oder wollt ihr auf uns aufmerksam machen?! Ihr wisst, dass die Küstenwache hier immer irgendwo in der Gegend rumschwirrt. Und die können wir nicht gebrauchen!“
Sofort löschte Ingo den Scheinwerfer wieder. Der Mann mit der Harpune verzog sich unter Deck und murmelte dabei ärgerlich vor sich hin, dass der Boss ihnen aber auch gar keinen Spaß gönnen würde. Schnell trat wieder Ruhe auf dem Boot ein.


14
Nach langen zwei Stunden des Wartens vernahmen die vier Freunde auf der >Amun Re< endlich die erschöpft klingende Stimme von Andreas.
„Wir können. Ich hab die Leinen schon losgemacht. Aber bleibt auf dem Oberdeck, bis wir außer Sichtweite der Kerle sind. Lasst das Licht aus. Nur die Positionslampen bleiben an.“
Sofort warf Rashid den gerade mal 135 PS starken Motor an und nahm langsame Fahrt auf. Nach einer Stunde waren sie außer Sicht des anderen Bootes und schon nahe beim Heimathafen.
Sebastian schaltete das Licht auf dem Hauptdeck an und stieg zum Hauptdeck herunter. Starr vor Schreck blieb er auf der letzten Stufe stehen. Die Longbalde-Flossen seines Freundes lagen unachtsam hingeworfen auf der Taucherplattform, knapp daneben das Jackett mit dem Rebreather und eine lange Blutspur zog sich mitten übers Deck bis hin zur Toilette. Vor dessen Tür lag der Taschengurt von Andreas. Die hintere Tasche, in der er für gewöhnlich seine Erste-Hilfe-Packs aufbewahrte, war aufgerissen und leer.
Schnell lief Sebastian zur Tür und öffnete sie. In dem Toilettenraum lag der zerfetzte Anzug, darauf Andreas´ Messer und alles war blutverschmiert. Im ebenso verschmierten Waschbecken lag ein kleiner Harpunenpfeil, an dessen Ende noch ein gut ein Meter langes Stück einer robusten Angelsehne hing. Sebastian nahm den Pfeil an sich und lief laut schreiend aufs Deck zurück. „Oh Scheiße, Scheiße Leute“, rief er entsetzt hinauf zum Oberdeck, „der vermeintliche Delfin war doch unser Andy!“
Sofort kamen die anderen, außer Rashid, der nun alles aus seinem Boot an Geschwindigkeit heraus holte, was er konnte, die Stufen herunter, während Sebastian weiter schrie: „Der Vollidiot hat sich das Ding selbst rausgeholt!“ Dabei zeigte er den Pfeil hoch. „Wo steckt der Kerl?“, fragte er und brüllte dann noch lauter und immer wieder: „Andy! … Andy!“ Er begann zuerst im Salon zu suchen.
Anne und Ahmed standen mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen an der Treppe und sahen fassungslos aufs blutverschmierte Deck.
Müde lächelnd trat Andreas, in seinen dicken Pullover eingemummelt, hinter den Aufbauten an der Steuerbordseite hervor, lehnte sich dagegen und sagte leise: „Was schreist du hier so herum, Kleiner? Ich bin doch hier. Habe nur etwas frische Luft gebraucht und es mir am Bug gemütlich gemacht. Hast du was dran auszusetzen?“
Erleichtert aufatmend trat Sebastian auf seinen Freund zu und wollte gerade eine ordentliche Schimpfkanonade auf ihn loslassen, als Andreas zusammensackte. Sein Pullover färbte sich an der linken Schulter rot. Ein Rinnsal hellen Blutes lief den Arm herunter, die Hand entlang und tropfte von den Fingerspitzen aufs Deck, wo es erst eine kleine Pfütze bildete, bevor es seitlich über Bord ins Meer abfloss.
Ahmed drängte sich an Anne vorbei und half Sebastian, den Verletzten, der in der Ecke hockte, vorsichtig aufs Deck zu legen.
„Anne, bring mir den Sanikasten!“, brüllte Sebastian die Frau an, um sie aus ihrer Schockstarre zu holen, während er seitlich zu seinem Jackett auf der Bank griff und sein Tauchermesser aus der Tasche hervorzog. Eilig schnitt er damit den Pullover ein und riss ihn der längelang bis zur Schulter auf. Im selben Moment kniete sich Anne mit dem Sanikoffer ihm gegenüber hin und öffnete ihn hastig. Nachdem er auch das blutgetränkte T-Shirt aufgerissen und die verrutschte Mullkompresse entfernt hatte, die sich sein Freund vor die Wunde gelegt und nur leicht mit Heftpflaster angeklebt hatte, mussten beide kurz wegsehen und tief durchatmen. Doch Sebastian fing sich schnell wieder, riss eine Kompresse nach der anderen auf und drückte sie fest auf die stark blutende Wunde. „Ahmed“, sagte er dann auf Arabisch, „ruf Ali an und sag ihm, dass wir sofort einen Wagen mit Ladefläche und paar deiner Männer im Hafen brauchen.“
Eilig rannte Ahmed los.
Dabei schrie Sebastian ihm noch nach: „Aber benutze nicht das Funkgerät, da könnten die Kerle mithören. Nimm mein Handy. Sag Ali, sie sollen das ägyptische Militärkrankenhaus informieren. Das Ganze aber auch nur übers Telefon und nicht per Funk, dass wir mit einem deutschen Marineoffizier zu ihnen kommen!“ Wieder griff Sebastian in sein Tarierjackett hinter sich und holte ein wasserdicht verschnürtes Päckchen daraus hervor und reichte es Anne. „Reiß es auf. Darin findste kleine verpackte Ballons. Such einen von den Roten raus, ziehe die Folie ab, dann gib ihn mir“, verlangte er.
Anne tat, was ihr gesagt wurde und gab ihrem Freund diesen seltsamen Ballon mit einer Kanüle vorn daran. Sicher griff Sebastian zu, zog mit den Zähnen die Schutzhülle von der Nadel und spuckte sie zur Seite aus, dann stach er die Injektionsnadel in die Halsschlagader seines Freundes und drückte den Inhalt des Ballons nur langsam aus.
„Und jetzt einen Gelben“, forderte er sie laut auf. Anne reichte ihm den nächsten Ball und Sebastian platzierte die Spritze wahllos in die Schultermuskulatur des Oberarms von Andreas.
Der stöhnte dabei auf. „Du Idiot, hast genau den Knochen getroffen“, beschwerte der sich leise.
Sebastian konnte ein Schmunzeln nicht verbergen, während er die Flüssigkeit in die Schulter drückte. „Ja Kumpel, dann lege dir an der Stelle einfach paar mehr Muskeln zu“, meinte er nur.
„Okay ... merke ich mir fürs nächste Mal.“ Dabei brachte Andreas ein mühsames Lächeln zustande.
„So Anne, jetzt gib mir einen grünen Ballon“, bat Sebastian seine Freundin. Ohne etwas zu hinterfragen, reichte sie ihm schweigend den nächsten Spritzenkörper, den er vorsichtig, direkt neben der Wunde platzierte.
„Könntest du mal wieder mit der Stecherei aufhören“, verlangte Andreas sichtlich gequält.
Doch er bekam von seinem Freund nur ein müdes Lächeln. „Tja, Alter, wie du mir, so ich dir. Hab schon lange drauf gewartet es dir mit gleicher Münze heimzahlen zu können“, rechtfertigte Sebastian sein Handeln und drückte die nächste Injektion in die Armbeuge seines Freundes. Dann wurde er wieder ernst und kontrollierte den Pulsschlag erst am Hals und danach am Handgelenk der verletzten Seite. Das große Paket Kompressen war in der Zwischenzeit erneut durchgeweicht und Sebastian ersetzte es durch ein paar neue, die er wieder übereinandergelegt hatte. Er entschied sich, um die stark blutende Wunde herum zusätzlich Adrenalin zu spritzen, welches die Eigenschaft hat, die Gefäße zu verengen und so die heftige Blutung verringern sollte.
In der Zwischenzeit hatten sie den Hafen erreicht und am Kai festgemacht. Rashid kam nach unten und erkannte sofort die Situation. Er hebelte umgehend die Tür zur Kombüse aus und legte sie, nachdem Anne zur Seite getreten war, neben den schwer verwundeten Mann. Zwei Ägypter sprangen an Deck. Gemeinsam betteten sie Andreas behutsam auf die Tür. Anne schob ihm noch ein zusammengerolltes Badetuch als Kissen unter den Kopf und legte ihm eine Decke über. Dann hoben sie die Tür mit dem Verletzten darauf sacht auf und brachten ihn vorsichtig bis zur Taucherplattform, um ihn dort den wartenden Männern zu übergeben, die ihn vom Deck auf den höher liegenden Kai hievten. Schnell kletterten alle von Bord und halfen, den Verwundeten mitsamt der Tür sicher auf die Ladefläche des Wagens zu betten und zu sichern. Andreas bekam von alledem schon nichts mehr mit. Er war bewusstlos geworden.
Anne und Sebastian stiegen zu ihrem Freund auf die Pritsche des Toyota-Pick-ups. Kaum oben, klopften sie auf das Fahrerdach. Sofort startete Ali den Wagen und fuhr langsam, um jede Erschütterung zu vermeiden, den unbefestigten Weg bis hoch zur Straße.
Rashid und Ahmed, die auf dem Boot blieben, sowie die anderen Männer sahen dem Wagen noch eine Weile besorgt nach.
Sebastian hatte sich neben seinen Freund auf die Ladefläche gesetzt und drückte fest seine Hand auf die Wunde. In der anderen hielt er noch immer den Harpunenpfeil.
Endlich hatten sie die befestigte Straße erreicht. Ali gab sofort Vollgas, betätigte dabei abwechselnd die Lichthupe und die normale Hupe. Schon nach kurzer Zeit setzte sich vor und hinter sie je ein Wagen vom Marinestützpunkt mit Blaulicht. Sie begleiteten sie als sichere Eskorte bis zum Militärlazarett, wo bereits Ärzte und Sanitäter mit einer Trage bereitstanden, um den Verletzten zu übernehmen. Er wurde sofort in den Operationssaal gebracht.
Während die Freunde im hell erleuchteten Flur warten mussten, betrachtete Sebastian immer wieder den Pfeil in seiner Hand. Er fragte sich, warum Andreas ihn sich einfach so herausgezogen und sich dabei regelrecht das umliegende Gewebe zerfleischte, ja geradezu um die Wunde herausgeschnitten hatte. Damit hatte er sich sogar mehr Schaden zugefügt, als notwendig gewesen wäre. Er kannte seinen Freund als besonnen. Doch dieses Handeln ergab für Sebastian keinen erkennbaren Sinn. Dem fehlte jegliche Logik. Dann besah er sich die Spitze des Pfeils mit den Widerhaken näher. Er stellte sich damit direkt unter eine der Deckenlampen. Dabei entdeckte er einen kleinen Splitter, der nicht aus demselben Material wie die Pfeilspitze war, sondern der Form nach eher zu einer Art dünner Kapsel gehört haben könnte.
„Jetzt ergibt das alles einen Sinn!“, rief er aus, lief los und stieß die Tür zum Operationssaal auf. „Gift“, schrie er in den Raum und wiederholte es noch einmal auf Arabisch: „Sum!“ Doch die Ärzte hatten es auch beim ersten Mal schon verstanden und reagierten sofort.
Einer der Ärzte nahm Sebastian den Pfeil aus der Hand und besah sich kurz die blutige Spitze. Dann lief er damit unverzüglich in das nahe Labor. Wenig später kam er zurückgerannt und teilte seinen Kollegen am Operationstisch das Ergebnis der Untersuchung mit. Diese nickten nur kurz und einer von ihnen bat Sebastian auf Deutsch, mit ihm auf den Flur zurückzukehren.
„Mein Name ist Professor Doktor Abdul Mechier“, stellte sich der Arzt vor. „Ich hatte die große Ehre, in ihrem Land studieren zu dürfen“, begründete er sein gutes Deutsch. Dann sprach er ruhig weiter: „Sie brauchen sich keine Sorgen um ihren Freund zu machen. Er ist hier in den Händen von Spezialisten. Sie, wie auch ihr Freund, haben sehr umsichtig gehandelt. Sie, weil sie das Gift entdeckt haben und er, weil er so couragiert war, sich den Harpunenpfeil schnellstmöglich aus der Wunde zu schneiden. Was meinen sie, wie lange hatte er den Pfeil in der Wunde stecken?“, wollte der Arzt dann wissen.
„Doc“, gab Sebastian besorgt zu: „Wir schätzen, er hat ihn erst an Bord des Bootes entfernt. Das heißt, er müsste ihn etwa zwei Stunden in der Wunde stecken gehabt haben. Das ist die Zeit, die er gebraucht hat, um zurück zu tauchen.“
„Er ist mit dem Pfeil in der Wunde noch zwei Stunden getaucht, bevor er ihn entfernt hat?“, fragte der Arzt ungläubig nach und schüttelte mit dem Kopf. „Nein, das kann nicht sein. Dann wäre er bereits tot.“ Noch einmal sah er auf den Auswertungszettel mit dem Laborergebnis und erklärte sachlich weiter: „Es ist ein uns unbekanntes Nervengift, welches sich im Blutkreislauf verteilt. Und wenn ihr Freund noch solche Kraftanstrengungen unternommen hat, zwei Stunden lang, dann hätte sich das hoch konzentrierte Gift noch schneller verteilen können als im Ruhezustand. Dieses Toxin verdünnt rasch das Blut, ja zersetzt es regelrecht. Es war richtig, ihm die ganze Palette an Gegenmitteln und Injektionen zu setzen, so wie Sie es getan haben. Aber eigentlich müsste er trotzdem schon tot sein.“
Wieder kam einer der Ärzte mit einer Blutprobe aus dem Oberrationssaal gelaufen und wenig später aus dem nahen Labor zurück, dabei rief er dem Arzt schon von weiten etwas zu.
„Entschuldigen sie mich bitte, aber ich muss wieder zu dem Patienten.“
„Doktor, wenn er eine Blutwäsche mit Frischblut braucht, wir haben die gleiche Blutgruppe, 0 negativ“, rief Sebastian dem Mann noch nach.
„Das ist perfekt. Bitte kommen Sie gleich mit.“ Sofort nahm der Arzt den Mann beim Arm und zog ihn mit sich. Dann schloss sich die Tür des OPs hinter Sebastian und den beiden Militärärzten. Anne blieb allein, zutiefst erschüttert, von dem gerade gehörten, auf dem Gang zurück.
Nach einer Weile kam Ali zu ihr, setzte sich neben sie und hielt ihr einen Becher Kaffee hin. Der Ägypter sah die Tränen in ihren Augen und reichte ihr ein Taschentuch. Er traute sich nicht zu fragen, wie es Andreas ging. Er sah es auch so in ihrem Gesicht. Zitternd hielt sie den Becher in der Hand und wusste eigentlich nichts damit anzufangen.
„Anne, du musst jetzt was trinken“, sagte Ali. „Du brauchen Kraft für Freund.“
Doch da brach sie erst recht in Tränen aus. Umsichtig nahm Ali ihr den Becher ab und sie fest in seine Arme, um der guten Freundin beizustehen.
Nach vier Stunden kam der deutschsprechende Arzt wieder aus dem Operationssaal und trat auf Anne zu, die ihn mit ihren großen verweinten Augen fragend ansah.
„Schöne Frau“, begann er und lächelte sie müde an, „Ihr Freund hatte sehr, sehr viel Glück in vielerlei Hinsicht.“ Er setzte sich neben sie. „Wir hatten uns über einen großen roten Fleck auf seiner Brust gewundert. Bis wir das fanden, was er fest in seiner rechten Hand hielt“, berichtete der Arzt, dabei öffnete er seine Hand und zeigte ihr einen in der Mitte zerbrochenen flachen Stein.
„Der Stein von Amira“, stellten Anne und Ali gleichzeitig fest.
Und der Arzt erzählte weiter: „Dieser Stein passte genau zu dem Abdruck auf seiner Brust. Da wir zum Glück keine zu hohe Konzentration von dem Nervengift in seinem Blut feststellen konnten, nehmen wir an, dass der Pfeil auf diesen Stein getroffen ist und dabei die an der Spitze angebrachte Kapsel bereits gesprengt wurde. Daraufhin wurde der Pfeil zusätzlich noch abgelenkt. Sonst wäre ihr Freund auch ohne das Gift schon tot gewesen, denn der Pfeil hätte genau das Herz durchbohrt. Oder aber das Nervengift hätte ihn qualvoll sterben lassen. Der Stein hat also beides verhindert. Das nächste Glück, was er hatte, war seine eigene, ausgeprägte Willensstärke, die er übrigens jetzt wieder unter Beweis stellt. Denn er hat, wenn er dabei auch Gewebe regelrecht zerfetzt und die Schlagader mit angekratzt hat, doch das Richtige getan. Er hat den Pfeil entfernt, an dem noch immer genug des Giftes war, um ihn zumindest zu lähmen. Dann hat er, umsichtig, das umliegende Gewebe so gut es ihm möglich war entfernt, was schon von dem Toxin betroffen war. Der nächste Glücksumstand“, zählte der Arzt weiter geduldig auf, „war sein Freund, der sowohl die Kenntnisse als auch die Mittel hatte, um so eine bessere Gerinnung des Blutes zu bewirken und somit die Ausbreitung des Giftes, wenn vielleicht in dem Moment nicht bewusst, verhindern konnte. Es war ebenso eine gute Entscheidung, das Adrenalin einzusetzen und ihn hier herzubringen. Nächster Pluspunkt: dass Ihr Freund den Pfeil mit hergebracht und die letzten Reste der Kapsel entdeckt hat. Nur dadurch konnten wir gezielt helfen. Dass die beiden noch dazu die gleiche, für die Behandlung wichtige und seltene Blutgruppe haben, wird Ihren Freund schnell genesen lassen. Zumindest hoffe ich das, denn uns ist die Wirkung des Giftes nicht bekannt. Wir können somit auch nicht sicher sagen, ob er komplett außer Gefahr ist.“ Damit drückte der Militärarzt Anne die beiden Steinhälften in die Hand, die sie dann fest umschloss.
Der Arzt lächelte sie mit gespielter Verwirrung an und fragte: „Wollen Sie Ihre beiden Freunde denn gar nicht sehen?“
Annes Augen leuchteten auf. „Ja natürlich. Darf ich denn schon zu ihnen?“, fragte sie ungläubig.
Doktor Mechier nickte ihr zu und öffnete ihr die Tür zum Behandlungsraum, aus dem ihr vier der Ärzte entgegenkamen. Anne sah noch einmal zu Ali, der ihr zuwinkte und sagte, dass sie ruhig gehen solle.
Sie bedankte sich bei all den Ärzten und betrat langsam mit Doktor Mechier den hell erleuchteten Raum. Die Freunde lagen nebeneinander. Nur eine kleine Maschine stand zwischen ihnen, von der je ein Schlauch zu ihnen in die Armbeuge führte. Der Arzt erklärte Anne leise, dass diese Maschine gerade das Blut des Verletzten wusch und da er sehr viel Blut verloren hatte, frisches von seinem Freund mit zugeführt bekam, weshalb er am anderen Ende des Apparates liege.
Als Anne mit dem Arzt näher an die beiden Männer herantrat, sagte Andreas mit noch schwacher und leiser Stimme an den Mediziner gewandt: „Hey Doc, mir reicht der Saft von dem Kerl da drüben nun völlig. Ich will ja nicht, dass der Kleine wegen mir ausblutet.“
„Halts Maul, du Großfresse und nimm, was du kriegen kannst. Bist doch sonst nicht so kleinlich, wenn's was umsonst gibt. Ich gebe dir nur zurück, was ich von dir vor paar Jahren bekommen habe und keinen Tropfen mehr. Damit sind wir dann quitt“, konterte Sebastian.
„Sorry Kleiner, aber so viel Blut hast du gar nicht“, gab Andreas zurück.
„Das wollen wir erst mal sehen“, erwiderte daraufhin Sebastian und beide Männer grinsten sich an.
„Na, sagte ich nicht, er ist ein starker Mann. Nicht tot zubekommen. Keiner von den beiden“, meinte der Arzt und lächelte Anne an. „Wenn Sie wollen, können Sie sie in ein oder zwei Stunden mit heim nehmen, ehe die mir noch meine Klinik auf den Kopf stellen. Eigentlich müsste Herr Wildner noch hier bleiben. Doch er wehrt sich permanent dagegen und will auf eigene Gefahr entlassen werden. Da kann ich nichts machen. Das ist ja schließlich kein Gefängnis und ich bin ihm gegenüber nicht befehlsberechtigt. Ich werde aber täglich vorbeikommen, um nach ihm zu sehen.“
Anne bedankte sich bei dem Arzt und drückte ihn, dann sagte sie etwas lauter an die Männer gewandt: „Das muss ich mir erst noch überlegen. Solche Zankhähne kann ich zu Hause eigentlich nicht gebrauchen.“
„Brauchst ja nur einen mitnehmen“, war die Stimme von Kim zuhören, die Ali informiert hatte und die, so wie es ihr möglich war, ins Lazarett gekommen war. „Den da drüben nehme ich dir ab.“ Dabei zeigte sie auf ihren Mann. Sie ging zu Sebastian, strich ihm über den Kopf und gab ihm einen liebevollen Kuss. Schon wenig später konnte Kim ihren von der Blutspende noch etwas geschwächten Ehemann mit heim nehmen, während Andreas weiterhin an der Blutwäsche bleiben musste.
Es dämmerte bereits, als Ali die beiden zu Anne heimfuhr. Andreas schlief, kaum auf der Rückbank sitzend, fest ein, noch bevor das Auto startete, sodass Ali und Anne große Mühe hatten, ihn vor ihrem Haus aus dem Wagen zu bekommen. Sofort eilten zwei Männer der ägyptischen Touristenpolizei herbei, die dort ihre Stellung bezogen hatten, und trugen den schwer verletzten, noch immer schlafenden Mann mit ins Haus, wo sie ihn vorsichtig aufs Bett legten. Ali und die Polizisten verabschiedeten sich nach einer Weile wieder und zogen hinter sich leise die Haustür ins Schloss.
Anne betrachtete sich den, nur mit seiner Badehose bekleideten, in ihrem Bett liegenden Mann besorgt. Sie holte eine dünne Decke aus dem Schrank, um ihn damit zuzudecken. In Gedanken versunken, strich sie mit den Fingern behutsam über die Narben auf seiner Brust, die nicht mit von dem dicken Verband verdeckt wurden.
Der Schreck fuhr ihr durch alle Glieder, als er, für sie unerwartet, mit festem Griff ihr Handgelenk umschloss und sich blitzartig aufrichtete. Erst als Andreas Anne erkannte, löste er seine Hand wieder von ihrem Gelenk, kippte nach hinten und fiel erneut in einen tiefen Schlaf.
Nur noch ganz vorsichtig deckte sie ihn bis zum Hals zu und setzte sich selbst neben das Bett auf einen Stuhl.
Von der langen Nacht und den Ereignissen erschöpft, schlief sie nach einer Weile so unbequem sitzend ein.



15
Als Anne erwachte und langsam die Augen öffnete, lag sie zugedeckt in ihrem Bett. Sie erschrak, als ihr bewusst wurde, dass da eigentlich Andreas liegen und sie auf dem Stuhl sitzen müsste. Sofort schaute sie sich um. Doch auch neben ihr im Bett lag der Mann nicht. Augenblicklich war sie hellwach. Ruckartig stand sie auf und bemerkte dabei, wie ihr der Rücken schmerzte. Doch das interessierte sie in diesem Moment weniger. Viel mehr war sie darum besorgt, wo Andreas war. Sie suchte ihn im ganzen Haus, doch nirgends war er zu finden. Dann bemerkte sie die nur angelehnte Tür zur Terrasse und lief hinaus.
Da lag er, in seine Decke gehüllt, auf der Hollywoodschaukel und streichelte den Kater, der eingerollt auf seinem Bauch lag. „Na Miekosch, was meinst du, ob wir dein Frauchen wecken sollten oder lieber noch etwas schlafen lassen?“, hörte sie Andreas leise sagen.
„Woher kennst du den Namen meines Katers?“, wollte Anne wissen, als sie sich ihm von hinten näherte. Dabei zuckte er zusammen. Seine Muskeln spannten sich augenblicklich an, bereit sofort anzugreifen, wenn es nötig war.
Sie entschuldigte sich schnell bei ihm, als sie diese Reaktion sah, dass sie ihn nicht erschrecken wollte.
„Du hast Glück, dass ich mich noch nicht wieder so richtig rühren kann, Anne“, sagte er lächelnd und erklärte weiter, „Männer in meinem Job könnten darauf sehr impulsiv und empfindlich reagieren.“
„Ja, das habe ich heute schon gemerkt“, gab sie, an den plötzlichen festen Handgriff denkend, zu und rieb sich dabei unbewusst ihr Handgelenk.
„Entschuldige bitte. Habe ich dir wehgetan?“, wollte er wissen und sah sie dabei besorgt an. „Ich weiß nichts mehr davon.“
„Nein, das war nicht so schlimm. Ich war nur erschrocken. Das ist alles“, beschwichtigte sie ihn und fragte danach erneut, woher er den Namen ihres Katers kannte.
Er lächelte den schnurrenden Kater an und meinte nur: „Das ist so ein Geheimnis zwischen Männern.“
Dann wollte sie wissen, wie sie in ihr Bett gekommen war. In dem doch er eigentlich noch immer liegen sollte.
Andreas erzählte ihr, dass er da mal so ein dringendes Bedürfnis hatte. Und als er sie sitzen sah, wäre er der Meinung gewesen, dass es nicht gerade gut für den Rücken sei und er sich deshalb entschlossen hätte, sie besser ins Bett zu legen.
Sie schüttelte nur mit dem Kopf, als sie das hörte. Dann sah sie besorgt auf seinen durchbluteten Verband. Sie schaute ihm ins Gesicht und erschrak. Er hatte dunkle Augenringe und war blass wie eine frisch verputzte Kalkwand. „Du gehörst sofort wieder ins Bett“, entschied sie streng, sah kurz auf ihre Uhr und meinte: „Doktor Mechier dürfte zum Glück auch schon bald kommen.“
„Sorry“, gab er verlegen lächelnd zurück, „aber ich habe solchen Muskelkater von dem netten kleinen Tauchausflug mit meinen langen Flossen, dass ich mich kaum rühren kann. Und mich zu stützen, möchte ich dir nicht zumuten.“
Kurz überlegte sie, dann grinste sie ihn unverhohlen an. „Was bist du doch für ein schlechter Lügner.“
„Wieso?“, wollte er mit gespielter Unschuldsmiene von ihr wissen.
„Du stehst auf, hebst mich einfach mal so ins Bett, ohne dass ich davon wach werde, dann marschierst du hier raus, um dich bei meinem Kater einzukratzen. Ich glaube dir doch jetzt kein einziges Wort.“
„Gut, du hast mich durchschaut“, gab sich Andreas geschlagen. „Aber mir tut die Luft hier draußen wirklich gut. Und ob ich da drin bin oder hier, was macht das schon für einen Unterschied?“ Dann sah er sie entschlossen an und bat sie, sich zu ihm zu setzen. „Wir haben nun ein Problem“, begann er und sie hörte ihm, ohne ihn zu unterbrechen, aufmerksam zu. „Die Kerle da draußen haben mich mit einem Delfin verwechselt. Zumindest hoffe ich, das gut gespielt zu haben. Und genau das müssen die weiter denken. Dass es ein Delfin, von mir aus auch ein großer Fisch oder Hai war. Sonst haben wir schlechte Karten. Also, wer alles weiß von dem kleinen Unfall und wie schnell wird es als Gerücht aufgebauscht die Runde machen, bis es auch die Kerle auf dem Boot erreicht?“
Anne lächelte und legte ihre Hand behutsam auf seine verletzte Schulter. „Darum brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Es wissen nur wir und ein paar der Männer von der Basis. Ich habe Ali gebeten, mit ihnen zu sprechen, dass sie es für sich behalten. Und ich weiß, dass sie das auch machen werden. Ich habe nach den so anstrengenden Tauchtagen mit dir ein paar Tage frei, weil du auf Wüstensafari bist, du mich aber danach wieder samt der >Amun Re< mieten willst. Genau so wird es auf der Basis verkauft“, erklärte sie.
Andreas richtete sich auf und beugte sich zu ihr. Er nahm ihren Kopf zwischen seine Hände, wobei er etwas sein Gesicht wegen der Schmerzen verzog und sah ihr tief in ihre Augen. „Du bist ein wahrer Schatz“, flüsterte er und kam ihr dabei immer näher. Anne schien in seinen hellblauen Augen zu versinken, sodass sie ihre Augen schließen musste.
Genau in dem Moment klingelte es an der Tür, was beide aufschrecken ließ.
„Oh, das ist der Arzt vom Militärlazarett, der nach dir sehen will“, erklärte sie und versuchte, etwas verlegen geworden, aufzustehen.
„Sag ihm, er soll später wiederkommen“, meinte Andreas.
Doch sie riss sich von seinem Anblick los und lief zur Tür, um den Arzt einzulassen.
„Wo ist der unbequeme Patient?“, fragte Doktor Mechier freundlich, kaum dass er in den Flur getreten war. Anne zeigte ihm den Weg zur Terrasse, wo sich Andreas aufgesetzt hatte und friedlich, als wäre es das Normalste von der Welt, leicht hin und her schaukelte.
„Hallo Doc“, begrüßte er den Arzt höflich lächelnd.
Der Arzt schüttelte verwundert mit dem Kopf. „Ich glaube, Sie sind ein medizinisches Wunder oder nur ganz einfach ein unheimlicher Sturkopf“, stellte der Arzt fest.
„Wieso denn, Doc? Sie sind hier das Wunder. Immerhin haben Sie mich doch so gut wieder zusammengeflickt“, gab Andreas zurück.
Davon ließ sich der Arzt nicht beeindrucken, sondern stellte seinen Arztkoffer auf den Tisch und löste den Verband seines Patienten, um sich die Wunde anzusehen und zu behandeln. „Sie hatten mehr Glück als Verstand. So sagt man doch in ihrem Land?“, meinte Doktor Mechier, während er die Wunde vorsichtig säuberte und genau untersuchte.
„Doc“, wandte sich Andreas leise, damit es Anne nicht hören konnte, an den Mediziner, „ich brauche von Ihnen etwas Wundermedizin.“
„Wie meinen Sie das?“, wollte der Arzt wissen.
Andreas erklärte ihm, dass er spätestens in zwei Tagen einsatzbereit sein und da dabei auch wieder tauchen müsse, er aber noch das Gift im Körper spüre.
Der Arzt brach sofort seine Behandlung ab und sah dem Mann aufmerksam in die Augen, als er fragte: „Das mit der Einsatzfähigkeit und dem Tauchen schon in zwei Tagen meinen Sie nicht wirklich ernst?“ Doch am Blick seines Patienten erkannte er sehr schnell, dass es ihm verdammt ernst damit war. „Wissen Sie, Herr Wildner, es gibt Verrückte und Lebensmüde. Sie ordne ich in beide Kategorien ein. Aber ich weiß, was auf dem Spiel steht. Ihr Vorgesetzter, Flottillenadmiral Arend, hat mich bereits darüber informiert, als er sich nach Ihnen erkundigte. Er hat mir auch schon gesagt, dass dies Ihr Wunsch sein würde, wenn da noch was von dem Zeug im Körper sein sollte. Nur hätte ich nicht gedacht, dass Sie tatsächlich so dumm sind und das durchziehen wollen. Aber ich sehe, Sie wollen das wirklich. Mehr als nur einfach verrückt“, stellte der Arzt fest und schüttelte dabei immer wieder den Kopf. Eher widerwillig griff er in seine Arzttasche und legte seinem Patienten eine Schachtel mit drei verschiedenen Spritzen auf den Tisch und erklärte: „Wir haben von Ihrer Regierung diese Impfstoffe für Versuchszwecke erhalten. Flottillenadmiral Arend bat mich darum, für Sie von allen drein etwas aufzuziehen. Hier sind sie also. Aber Sie wissen“, warnte er, „dass je höher die Konzentration des Impfstoffes ist, Sie die Schmerzen der Nebenwirkung bis in den Wahnsinn treiben könnten. Und diese Konzentration hier ist verdammt hoch. Nicht viele Menschen halten das aus.“
„Ja Doc, ich weiß“, antwortete Andreas ehrlich, „Ich habe es schon einmal durch. Und ich habe noch eine Bitte. Könnte ich von Ihnen das um vieles schwächere langsamer wirkende Serum, so als quasi Startschuss meiner kleinen Kur, von Ihnen gespritzt bekommen, dass bei Ihnen bereits zugelassen ist und dessen Nebenwirkungen mir auch bekannt sind?“
Wieder sah der Arzt den Mann mit seinen großen, schwarzen Augen an und stellte fest: „Sie sind vollkommen verrückt. Gibt es denn nur Sie für diesen Job? Kann das nicht auch ein Anderer weiterführen, damit Sie sich das nicht antun müssen?“
„Ja Doc, es gibt noch mehr Verrückte wie mich. Nur sind die zurzeit anderwärtig im Einsatz. Und so ganz nebenbei, sind auch ein paar von ihnen abhängig davon, wie dieser Job hier erledigt wird. Da hängen ein paar mehr Menschenleben dran, auch das von einigen guten Soldaten, Kameraden und Freunden von mir.“
Der Arzt verstand und griff erneut in seine geräumige Tasche, aus der er nun eine Einwegspritze und eine Ampulle holte, die er erst noch aus einer Schachtel holen musste. Er brach den Ampullenhals auf und zog das Serum über die Kanüle in den Spritzenkörper.
Noch immer zögernd drehte er sich wieder seinem Patienten zu und war erstaunt, dass dieser wusste, dass diese Injektion in die Halsschlagader gesetzt werden musste. Denn er hielt ihm schon den Kopf zur Seite geneigt, seinen Hals entgegen. Doktor Abdul Mechier setzte die Nadel und drückte die Flüssigkeit sehr behutsam aus.
„Danke Doc, Sie haben mir damit einen großen Gefallen getan“, sagte Andreas und rieb sich etwas die Stelle, als das Serum dort schon leicht zu brennen begann, um es besser und schneller zu verteilen.
„Na, ich würde es nicht unbedingt als Gefallen bezeichnen wollen“, meinte der Arzt. Dann drückte er ihm noch eine Schachtel Kapseln in die Hand. „Die hier gehören wohl mit zu der Prozedur“, sagte er und schüttelte nur wieder mit dem Kopf über diesen Wahnsinn. „Sie wissen, dass es mir als Arzt verboten ist dabei zu helfen? Dieses Mittel ist bei uns nicht zugelassen, was mir jegliche Mithilfe verbietet. Ich muss zudem zugeben, dass ich mich in der Gabe von dem Teufelszeug nicht auskenne, um ihnen helfen zu können“, gab der Arzt ehrlich zu. Außerdem wurde er im Lazarett zu einer komplizierten OP erwartet.
Andreas nickte verstehend. „Danke, Doc, aber ich komme damit schon klar.“
Noch einmal kramte Doktor Mechier in seiner Tasche, holte einen wasserdicht verschweißten Beutel hervor und sagte ihm, dass dies auch noch von Mister Arend käme und ein Medikamenten- und Spritzensortiment enthielt, welches er vielleicht auch noch brauchen könne. Andreas nickte dem Arzt dankbar zu und sagte ihm, als er dessen besorgten Blick sah, dass er schon genau wisse, was er tue. Der Arzt verstand und verband schweigend die Wunde des Mannes. „Ich hätte nie im Leben geglaubt, dass Sie diesen Wunsch wirklich äußern würden. Damit hat Mister Arend eine Wette gegen mich gewonnen“, sagte der Arzt und lächelte dabei verlegen.
Aber Andreas lachte laut los. „Um was ging es denn dabei, Doc?“
„Um ein Essen“, antwortete der Arzt mit leicht gequälten Gesicht.
„Oh Doc, da haben Sie nun aber wirklich schlechte Karten. Das war eine sehr gewagte Wette von Ihnen. Der Mann verputzt viel.“
„Ich weiß, Mister Wildner, ich weiß. Konnte ich denn mit Ihrer wahnsinnigen, lebensmüden Sturheit rechnen?“, gab Doktor Mechier zurück. Dabei lächelte er den Mann auf der Hollywoodschaukel an. Dann verabschiedete er sich mit dem Hinweis, dass er morgen wieder vorbeikommen würde und jederzeit für ihn erreichbar sei, egal wann. Dabei legte er seine Visitenkarte auf den Tisch. Der Arzt bat ihn, er solle nur gut auf die Frau aufpassen. Andreas versprach es und bedankte sich herzlichst. Anne begleitete Doktor Mechier noch bis zur Tür.
Als er sich dort von ihr verabschiedete, sagte er leise, damit es Andreas nicht hören konnte: „Anne, passen Sie etwas auf den Verrückten da drin auf, dass er es nicht übertreibt. Er hatte diese Nacht mehr als nur einen Schutzengel. Und seien Sie nachher sehr stark.“
Sie nickte ihm zu, auch wenn sie den letzten Satz des Doktors zwar gehört, aber nicht verstanden hatte.
Sie kehrte auf die Terrasse zurück, doch die Hollywoodschaukel war leer.
Wo ist dieser Kerl nun schon wieder hin? Muss man den denn anbinden, dachte sie verärgert. Dann entdeckte sie ihn, eingemummelt in die Decke, auf dem Bett liegend.
Als sie zu ihm trat, sprach er sie nur leise, wie es ihr schien, geschwächt an.
„Anne, höre mir jetzt gut zu“, dabei sah er ihr in die Augen. „Ich möchte nicht, dass du einen Schreck oder Angst bekommst. Das, was mir der Doc da eben gespritzt hat …“
„Du meinst die Wundermedizin, die du von ihm verlangt hast?“, fragte sie dazwischen.
„Ja genau die. Aber bitte, unterbrich mich nicht mehr. Es ist nicht mehr viel Zeit. Also, was der Doc mir gerade gespritzt hat, ist ein wirksames Mittel zur schnellen, wie man auch sagt, kalten Entgiftung. Es hat aber einige Nebenwirkungen. Es wird nicht mehr lange dauern, dann werde ich Schüttelfrost bekommen und zugleich Schweißausbrüche bekommen. Es können dabei Krämpfe auftreten, die bis zur Bewusstlosigkeit führen“, erklärte Andreas. Als er den erschrockenen Ausdruck in ihrem Gesicht sah, fügte er abmildernd hinzu: „Aber das muss es nicht. Auch wenn es mir persönlich lieber wäre. Es kann sein, dass ich verdammt starke Schmerzen verspüren werde. Also nicht erschrecken, sollte ich mich nicht beherrschen können und losschreien. Es muss so sein. Das alles wird hoffentlich nicht allzu lange dauern. Es kommt ganz darauf an, wie das Gift darauf reagiert.“
„Und was kann ich tun?“, wollte Anne, sich hilflos fühlend, wissen.
„Es wäre gut, wenn du gleich Sebi anrufst, ihm sagst, dass ich die erste Wundermedizin bereits bekommen habe und die volle Dosis will. Ob er kommen könnte. Gib ihm das Zeug, was der Doc für mich dagelassen hat. Er weiß dann schon, was zu tun ist.“ Er lächelte Anne aufmunternd zu und strich ihr mit leicht zitternder Hand übers Haar. „Du kannst so lieb sein und mir vielleicht noch eine Decke holen und mir, wenn du es schaffst, den Schweiß gelegentlich mal von der Stirn wischen. Dann weiß ich, dass du hier bist. Du wirst sehen, es wird alles gut.“
Sofort lief sie zum Telefon und wählte die Nummer von Sebastian. Kim kam an den Apparat. Anne bat sie nach der Begrüßung mit ihrem Mann sprechen zu dürfen. Ihr erschien es eine Ewigkeit zu dauern, ehe der sich endlich meldete. Dabei waren nur wenige Sekunden vergangen. Schnell richtete sie ihm aus, was Andreas ihr aufgetragen hatte.
Noch bevor sie ausgesprochen hatte, sagte er: „Ich bin unterwegs“ und legte den Hörer auf.
Sie holte eine dicke Decke aus dem Bettkasten ihrer Couch und ging damit ins Schlafzimmer zurück. Andreas hatte bereits starken Schüttelfrost. Fürsorglich deckte sie ihn mit der zusätzlichen Decke zu. Seine Haut schien zu glühen.
Wenig später klingelte es an der Tür. Anne rannte, so schnell sie konnte und öffnete.
„Wo ist der blöde Kamikazeflieger?“, wollte Sebastian wissen, als er eintrat und gleich durch bis ins Wohnzimmer lief.
„Im Schlafzimmer“, antwortete Anne besorgt und sie gingen zu ihm.
„Dieser Idiot, dass er doch nie was normal, so wie andere Menschen machen kann“, fluchte Sebastian leise. Sie zeigte ihm die Medikamente und die Schachtel mit den schon aufgezogenen Spritzen so wie das zusätzliche Päckchen, was der Arzt dagelassen hatte.
„Hat Andy dir erzählt, was gleich mit ihm alles passieren kann?“, wollte er von Anne wissen, während er aber kein Auge von seinem Freund ließ.
„Ja, hat er“, antwortete sie unsicher. „Ich hoffe nur, er hat mir dabei nichts Schlimmeres verschwiegen.“
„Das werden wir schon bald herausfinden“, gab Sebastian ihr ziemlich trocken zur Antwort. Dann erklärte er: „Er macht jetzt so eine Art Schnellentgiftung seines Körpers. Sprich, er hat bemerkt, dass sich trotz der Blutwäsche noch was von dem Teufelszeug in seinem Körper rumtreibt. Was eigentlich auch nach und nach, ohne Schaden anzurichten, abgebaut werden müsste, aber lange dauert. Wobei wir nicht ganz sicher sind, weil wir die Mixtur der Wirkstoffe des Giftes noch nicht alle kennen und nicht wissen, was die im Körper alles anrichten können. Er bevorzugt die schnelle Lösung, um eher wieder fit zu sein … Noch etwas Anne, wenn du es nicht mehr ersehen oder ertragen kannst, dann gehe bitte einfach nur aus dem Zimmer. Okay?“ Dabei sah er sie kurz an. Sie nickte ihm entschlossen zu, lief in die Küche und kam mit einer Schüssel voll kaltem Wasser und mehreren Tüchern zurück.
Sebastian riss die Verpackung der drei Spritzen auf, die Anne ihm gegeben hatte, und legte sie geordnet nebeneinander auf den am Bett stehenden Stuhl und zog ihn näher zu sich heran.
„Warum ist der Arzt nicht geblieben?“, wollte Anne wissen, während sie sacht die Stirn von Andreas mit einem feuchten Tuch abtupfte.
„Weil die Anwendung dieser Mittel hier verboten ist. Bei uns darf das Zeug auch nur von speziellen Sondereinheiten und dann eigentlich auch nur im Kriegsfall bei Kampfeinsätzen genutzt werden. Und für Andy ist es hier ein Kampfeinsatz“, erklärte Sebastian kurz. „Außerdem glaube ich, hat Doktor Mechier ja auch im Lazarett genug zu tun.“
Als er bei seinem Freund die ersten leichten Krämpfe bemerkte, steckte er ihm ein Verbandspäckchen in den Mund. Der bedankte sich mit einem Augenzwinkern dafür, dann biss er mit vor Schmerz verzogenem Gesicht fest zu, während Sebastian mit aller Kraft versuchte, den Oberkörper seines Freundes, der sich immer wieder aufzubäumen begann, aufs Bett zu drücken.
„Schnell Anne, gib mir die rechts von mir liegende Spritze“, bat er seine Freundin. „Nicht verwechseln, die Rechte.“ Dabei sah er kurz mit hin und nickte ihr zu, als er sah, dass sie nach der Richtigen gegriffen hatte. Anne reichte sie ihm und Sebastian drückte wenige Milliliter des Impfstoffes der ersten Spritze in die schon stark hervorgetretene Vene der Armbeuge. Andreas zitterte am ganzen Körper, der Schweiß rann ihm aus allen Poren. Wieder und wieder tupfte sie Andreas´ Stirn ab, der seine Augen fest zusammenkniff und in seinem Schmerz auf das Verbandspäckchen biss.
Unvermittelt wurde sein Körper schlaff und der Kopf fiel ins Kissen zurück. Sebastian löste seinen festen Griff und nahm vorsichtig das Päckchen aus dem Mund des Freundes. Er brach eine von den Kapseln auf, die der Arzt dagelassen hatte und verabreichte Andreas deren flüssigen Inhalt. Dann nahm er die nächste Spritze und platzierte sie sicher in die angeschwollene Halsschlagader. Wobei er darauf achtete, nur wenig der Flüssigkeit sehr langsam aus der Kanüle zu drücken. Einige Minuten später kam Andreas wieder zu sich und riss seine Augen weit auf. Sebastian reagierte in Sekundenbruchteilen, steckte ihm eine weitere Kapsel, dieses Mal im Ganzen in seinen Mund, die er zerbiss und schluckte, dann nickte er seinem Freund leicht zu. Woraufhin Sebastian ihm wieder das Verbandspäckchen zwischen die Zähne schob. Er legte sich mit aller Kraft halb über den Körper seines Freundes. Stets darauf bedacht, keinen Druck auf die verletzte Schulter auszuüben. Andreas wand sich vor Schmerzen und es war von ihm immer wieder leises Stöhnen zu hören.
„Was soll der Scheiß! Brüll den Schmerz doch endlich richtig raus, du Schwachkopf!“, schrie Sebastian seinen Freund an.
Doch Andreas schüttelte energisch mit dem Kopf, dabei war sein Atem schnell und schwer. Dann hielt er die Luft an, krümmte sich erneut vor Schmerz, unterdrückte jedoch weiterhin jeden Laut. Seine Adern traten stärker hervor und sein Gesicht lief rot an.
„Sturer Esel!“, schimpfte Sebastian. „Nun schrei endlich! Du verbrauchst zu viel Kraft damit, das Schreien zu unterdrücken. Du Schafskopf, hier ist Stolz fehl am Platz“, schrie er seinen Freund erneut, regelrecht wütend an, was Anne ihn ängstlich und erschrocken ansehen ließ.
Doch wieder schüttelte Andreas den Kopf. Dann fiel er in eine ihn erlösende Bewusstlosigkeit.
„Bloß gut“, stöhnte Sebastian, selbst schon schwitzend, erleichtert auf. „So muss er die Schmerzen nicht weiter ertragen. Ich hoffe, es ist bald vorbei.“ Wieder zerbrach er eine Kapsel und flößte seinem Freund die Flüssigkeit ein. Anne legte ein kühlendes Tuch auf die Stirn von Andreas und sah Sebastian mit geröteten, tränenden Augen an.
„Es ist bald vorbei, Kleine“, beruhigte er sie.
Als Andreas wieder zu sich kam, war sein Freund sofort bereit, steckte das Verbandspäckchen in seinen Mund, damit er sich während der Krämpfe nicht versehentlich die Zunge abbeißen konnte und spannte bereits seinen Körper. Andreas aber lächelte ihn müde an. Für Sebastian das Zeichen, dass er sich wieder entspannen konnte. Er nickte seinem Freund ebenfalls lächelnd zu. Andreas drehte leicht seinen Kopf, sah in Annes verweintes Gesicht und blinzelte ihr aufmunternd zu. Sebastian nahm das zerbissene Mullpäckchen vorsichtig wieder aus dem Mund seines Freundes. Anne benetzte Andreas die trockenen und gesprungenen Lippen, der dankbar dafür lächelte.
Dann flüsterte er mit schwacher Stimme an seinen Freund gewandt: „Los, bringen wir es hinter uns. Setz die Nächste.“
„Nein, du brauchst eine Pause. Du bist total erschöpft und an deiner Grenze“, gab Sebastian besorgt zurück.
„Nein, bin ich nicht. Na los. Ich bin gerade so schön im Flow“, versuchte Andreas witzig zu sein.
„Nein, das mache ich nicht. Du bist ja verrückt. Ich bin doch kein Mörder“, erwiderte Sebastian streng.
„Mach schon, du Feigling, sonst mache ich es selbst“, klang die Stimme seines besten Freundes herausfordernd und laut an sein Ohr. Dabei bewegte Andreas schon seinen Arm in Richtung Stuhl.
„Okay, deine Entscheidung.“ Sebastian nahm die Spritze vom Stuhl und drückte sie erneut in die Halsschlagader seines Freundes. Eilig zog er ein neues Verbandspäckchen aus seiner Tasche und steckte es Andreas in den von ihm bereitwillig dafür geöffneten Mund. Gerade als Anne den kühlenden Umschlag auf seiner Stirn erneuern wollte, verkrampften sich wieder all seine Muskeln. Sein Gesicht lief tiefrot an und verzog sich zu einer schmerzverzerrten Fratze. Sebastian warf sich auf ihn, um ihn so gut es möglich war, festzuhalten.
„Der letzte Schub jetzt wird der Schlimmste“, erklärte er Anne schnell und fügte besorgt hinzu: „Ich hoffe, der Kerl wird schnell bewusstlos, damit er ihn nicht komplett durchstehen muss.“
Doch Andreas wurde nicht wieder bewusstlos, sondern nahm den vollen Schub bei klarem Verstand mit.
Sebastian hatte alle Mühe ihn auf dem Bett zu halten, so wand sich sein Freund vor Schmerzen. Tränen traten aus seinen Augen und Speichel vermischte sich mit Blut in seinem Mund, welches langsam aus den Mundwinkeln lief. Andreas kämpfte mit sich und seinem Körper. Dabei verkrampfte er sich zusätzlich, um ja keinen Schrei über seine Lippen zu lassen. Dreißig lange Minuten später ließen die Schmerzen des letzten Schubs langsam nach. Er begann die Anspannung seiner Muskeln zu lösen. Doch immer wieder erwischten ihn neue Krämpfe, die er versuchte, so gut es ihm möglich war, unter Kontrolle zu halten. Danach verlangte er nochmals die gleiche Prozedur, da er bemerkte, dass der Nervenkampfstoff noch immer in seinem Körper wütete. Nach dieser dritten, ebenso schlimmen Prozedur lächelte Andreas seine beiden Freunde kurz dankbar an, dann schloss er erschöpft die Augen, drehte den Kopf zur Seite und schlief ein. Sebastian fühlte seinen Puls und stellte zufrieden fest, dass dieser sich, wenn auch nur langsam, so doch normalisierte. Selbst entkräftet stand er von der Bettkante auf, wo er neben seinem Freund gesessen hatte. Er deckte ihn sorgsam bis zum Hals zu und streifte ihm ein paar vom Schweiß verklebte Haarsträhnen aus dem Gesicht. Vorsichtig entfernte er das wieder zerbissene Verbandspäckchen, ließ sich von Anne ein feuchtes Tuch geben und reinigte damit behutsam die Mundhöhle und die gesprungenen, leicht blutenden Lippen seines Freundes, der so tief schlief, dass er davon nichts merkte.
„Hättest du vielleicht für uns einen ordentlichen, du weißt schon, so nen starken Kaffee, wo der Löffel fast drinsteht, während wir hier warten, bis der Vollpfosten wieder munter wird?“, fragte Sebastian Anne leise, die gerade das feuchte Tuch auf der Stirn von Andreas gewechselt hatte.
„Können wir ihn denn jetzt allein lassen?“, wollte sie besorgt wissen.
„Klar doch, der schläft erst einmal den Schlaf des Gerechten. Sein Körper muss sich von der Anstrengung der …“, dabei schaute er auf seine Uhr, „letzten vier Stunden erholen und die Nacht davor war ja auch nicht gerade ohne für ihn. Nur keine Sorge, meine Kleine, dieser Trottel wird schneller wieder auf den Beinen sein, als uns beiden lieb sein dürfte. Du wirst es erleben.“ Er nahm sie in den Arm und gemeinsam gingen sie aus dem Zimmer.
Sebastian fragte, ob er mal ihr Bad benutzen dürfe, um sich den Schweiß abzuwaschen und sich etwas frisch zu machen.
In der Zwischenzeit ging Anne in die Küche. Sie brühte gleich eine ganze Kanne starken Kaffees.
Sie setzten sich ins Wohnzimmer und ließen die Tür zum Schlafzimmer offen, um auf jede Bewegung, jedes Geräusch ihres Freundes hören und reagieren zu können.
Nach einer Weile fragte Sebastian, ob sie etwas dagegen hätte, wenn Kim am Abend vorbeikäme, nachdem sie die Tauchbasis abgeschlossen hatte. Er selbst wolle seinen Freund noch nicht allein lassen und lieber auch die Nacht bei ihm bleiben.
Natürlich hatte Anne nichts dagegen, sondern freute sich eher über die Gesellschaft der beiden.
Sebastian rief Kim gleich an und gab ihr Bescheid, dass er die Nacht wegen Andreas noch bei Anne bleiben würde und sie sich freuen würden, wenn sie am Abend vorbeikäme. Kim sagte gern zu.
Anne bemerkte, wie sie Hunger bekam. Ihr wurde erst da bewusst, dass sie beide den ganzen Tag noch nichts gegessen hatten. Sie fragte Sebastian, ob er auch etwas essen wolle, ging in die Küche und bereitete schnell etwas vor. Als sie zurück ins Wohnzimmer kam, war er eingenickt, aber gleich wieder hellwach, als er das Klappern des Geschirrs hörte, welches Anne eigentlich besonders leise auf den Tisch zu stellen versuchte. „Entschuldige bitte, ich wollte dich nicht wecken“, sagte sie.
Doch ihr Freund tat dies nur mit einer kurzen Handbewegung ab. Nach dem Essen schauten beide nach Andreas. Anne wechselte das feuchte Tuch auf seiner Stirn, tupfte ihm sanft ein paar Schweißperlen ab und befeuchtete seine Lippen, während Sebastian seinen Puls kontrollierte und nach der Wunde sah, ob der Verband durch geblutet war. Zufrieden konnte er feststellen, dass alles in Ordnung war.
Leise schlichen sie sich wieder aus dem Zimmer. Gerade an der Tür angelangt, hörten sie leise, wie noch im Halbschlaf seine Stimme. „Ihr braucht nicht so zu schleichen. Ich höre euch trotzdem.“ Wie vom Donner gerührt sahen sich Anne und Sebastian an und schauten zu ihrem Freund. Aber der drehte sich leicht stöhnend auf die Seite und schlief bereits weiter.
„Na, was hab ich gesagt, der Kerl ist einfach nicht kleinzukriegen“, flüsterte Sebastian Anne zu.
„Das habe ich auch gehört“, kam wieder der Kommentar von Andreas. Darüber mussten die Freunde lächeln. Sie lehnten die Tür zum Schlafzimmer an und schlichen sich raus auf die Terrasse, um ihn nicht weiter zu stören.
Sebastian stellte den Timer seiner Taucheruhr auf zwei Stunden. Spätestens da wollte er wieder nach seinem Freund sehen. Dann machte er es sich auf einer Liege am Pool bequem und war froh, sich etwas hinlegen zu können, denn der Beinstumpf in seiner Prothese hatte zu schmerzen begonnen. Auch Anne war erschöpft und machte es sich auf der Hollywoodschaukel gemütlich. Schnell schliefen die beiden, im angenehm kühlen Schatten, ein.

16
Noch bevor der gestellte Timer an Sebastians Handgelenk vibrierte, wurde er wach und drückte ihn aus. Leise, um Anne nicht zu wecken, stand er auf.
Doch schon beim geringsten Geräusch schlug sie die Augen auf. „Gehst du jetzt nach Andy schauen?“, fragte sie noch etwas schläfrig. Er nickte ihr zu und bat sie darum, für ihren Patienten eine Suppe oder irgendwas Leichtes zuzubereiten, was er nur schlucken bräuchte. Er begründete es damit, dass er entkräftet sein würde und ihm mit Sicherheit der Kiefer vom Krampfen und kräftigen Zubeißen schmerzen dürfte.
Anne verstand, was ihr Freund meinte und ging gedanklich ihre Küchenvorräte durch. „Wie wäre es mit einer Rinderbrühe?“
„Genau. Das klingt gut. Dann schau ich mal nach unserem Bruchpiloten“, sagte Sebastian und beide machten sich auf den Weg. Anne in die Küche und Sebi ein Stück weiter ins Schlafzimmer.
Er guckte nicht schlecht, weil er seinen Freund auf der Bettkante sitzen sah, wie er sich bemühte aus eigener Kraft aufzustehen.
„Hey, warte Alter“, rief Sebastian und lief auf ihn zu. „Ich bin doch schon da.“ Er fühlte Andreas´ Puls und seine Stirn, dann fragte er: „Und? Wie fühlst du dich?“
„Meine Muskeln schmerzen, meine Haut brennt noch immer am ganzen Körper und es fühlt sich an, als fließe flüssige Lava durch meine Adern“, gab Andreas ehrlich zu. „Fühlt sich scheiße an.“
„Na dann wollen wir dich mal löschen gehen. Außerdem stinkst du wie ein Wiedehopf“, stellte Sebastian fest und rümpfte übertrieben die Nase. „Wie sieht es aus, mein Großer, schaffst du es bis ins Bad oder sollen wir dich hier abwaschen?“, fragte er. Sebastian sah, dass sich Andreas aufstützte, um sich zu erheben. Laut rief er an die Frau in der Küche gewandt: „Anne, können wir dein Bad benutzen? Ich meine so richtig, mit Wanne, Waschbecken, Seife, Haarwäsche und der ganzen Palette?“
„Ja klar doch“, kam nur kurz die Antwort. Dann stand sie auch schon in der Schlafzimmertür. „Kann ich euch helfen?“
„Ja. Du kannst uns bitte die Tasche, die ich im Flur abgestellt habe, ins Bad bringen“, bat Sebastian. „Und irgendwas für die Wanne, dass mir das Riesenbaby nicht wegrutschen kann?“
Anne lief eilig in den Flur und holte die Tasche, während Sebastian seinem Freund dabei half aufzustehen und zu stützen. „Mensch, mach dich nicht so schwer, du oller Bulle“, schimpfte er stöhnend. „Du drückst mir ja den Stumpf gänzlich in die Prothese rein, dass ich bald nur noch als Berghahn, mit nem kurzen und nem langen Bein, durchgehe“, versuchte Sebastian zu scherzen.
„Sorry Kumpel, dann lass mich auf deine andere Seite“, schlug Andreas vor.
„Ja klar doch, weil deine Schulter da zurzeit ja auch absolut nicht verletzt ist und du in dem Arm alle Kraft der Welt hast. Vergiss es, du Arsch. Mach dich nur einfach nicht so schwer“, pulverte Sebastian seinen Freund an.
Anne hatte derweil eine Matte in die Wanne gelegt und erklärte Sebastian, wo er alles finden würden. Dann verzog sie sich zurück in die Küche.
„Anne, wo hast du Waschlappen?“, kam schon nach kurzer Zeit die Frage von Sebastian.
„Oben rechts im Schrank neben dem Waschbecken“, rief sie durch die nur angelehnte Badtür zurück.
„Danke.“
Sie vernahm Wasserrauschen und es immer wieder plätschern. Sie erschrak sehr, als sie nach einer Weile das Klatschen, wie von Ohrfeigen und Sebastian laut sagen hörte: „Wenn du mir hier jetzt abklappst, alter Kumpel, dann schlage ich dich so zu Brei, dass es dir vorkommt, als wäre die Entgiftung nur ein Sonntagsspaziergang gewesen!“
Dann klatschte es wieder zweimal hintereinander. Kurz darauf hörte sie Sebastians zufrieden klingende Stimme. „Na also, geht doch.“
„Kann ich euch helfen, Jungs?“, fragte sie zögerlich nach.
Wie im Chor erklangen die Stimmen beider Männer: „Nein danke.“ Anne schüttelte erleichtert den Kopf und brachte vorsichtig die Tasse mit der heißen Brühe ins Wohnzimmer, als sie von Sebastian hörte, wie er sich bei Andreas mürrisch beschwerte. „Nun stell dich doch nicht so an. Halt den Kopf gefälligst etwas tiefer, mir läuft ja die ganze Brühe in den Ärmel.“
„Habe ich drum gebeten, mir auch noch die Rübe zu waschen?“, antwortete Andreas ebenso gereizt.
„Die hätte dir schon viel eher mal gewaschen werden sollen und das so richtig, um dir deine ewigen Flausen auszutreiben. Sei froh, dass Mami dich gerade fein wäscht.“
Anne musste schmunzeln und rief Richtung Badezimmer: „Soll ich nicht doch helfen kommen?“
Und wieder schrien beide Männer: „Nein!“ Dann gab Sebastian noch einen drauf und rief: „Unser Kleiner schämt sich nämlich, dass du ihn nackt sehen könntest.“
„Blödmann“, gab Andreas knurrend zurück.
Noch eine Weile lauschte Anne, leise vor sich hin kichernd, dem harten, aber nicht so gemeinten Schlagabtausch der Männer im Bad. Nach einer halben Stunde traten sie lächelnd durch die Tür. Andreas frisch gebadet und angezogen, mit gewaschenen, noch leicht feuchten Haaren und Sebastian rot vor Anstrengung, total verschwitzt und völlig nass.
„Ich glaube, ich nehme dir Andy mal ab“, schlug Anne vor und kam lachend auf die beiden zu, „damit du dich selbst trocken legen kannst.“
Sebastian bedankte sich. „Ja, dann nimm du mal das Riesenbaby, welches ich mit Mühe und Not gewickelt bekommen habe. Ich mach mich frisch und ziehe mich nur schnell um.“
Nachdem Anne Andreas übernommen hatte und stützte, sagte Sebastian noch: „Das Beste ist, du bringst ihn zum Sofa, da kann er sich zur Not auch hinlegen.“
Sie nickte ihm zu und ging langsam mit Andreas los.
„Ich dank dir für deine Hilfe, Anne“, sagte er leise, während sie sich dem Sofa näherten.
„Ich habe doch nichts weiter getan.“
„Doch“, antwortete er und sah ihr liebevoll in die Augen. „Du hast mir die Kraft dafür gegeben, denn ich habe dich die ganze Zeit über in meiner Nähe gespürt.“
Anne lächelte ihn verlegen an und half ihm dabei sich auf die Couch zu setzen, dann schob sie ihm die Tasse mit der Brühe zu. Die hatte gerade die richtige Temperatur, ohne dass sich Andreas die Zunge dran verbrennen konnte. Sie bemerkte, dass ihm noch jede Bewegung Schmerzen zu bereiten schien, deshalb führte sie ihm die Tasse vorsichtig zum Mund.
„Hey, du trägst ja meine Klamotten“, stellte Andreas fest, als Sebastian zu ihnen an den Tisch kam.
„Ja sorry der Herr, dass ich keine Zeit hatte, mir erst eine Reisetasche zu packen, als Anne mich anrief. Ich aber früh schon bei dir im Hotel war und etwas zusammengepackt hatte, damit du mit deinem Adoniskörper nicht die ganze Zeit nur in der Badehose vor Anne rumtanzen musst. Ich hatte die Tasche nun mal schon im Auto“, wehrte sich Sebastian.
„Na Hauptsache du leierst mir das Zeug nicht so aus. Ich mag es nämlich nicht, wenn es dann so unförmig an mir rumhängt“, gab Andreas zurück und alle drei mussten lachen, denn die Sachen waren für Sebastian gute drei Nummern zu groß.
„Dafür, dass dir deine Kauleisten noch wehtun dürften, plapperst du schon wieder ganz schön viel Scheiß“, stellte Sebastian zufrieden fest. Dann reichte er ihm ein Glas Wasser und gab ihm noch eine der Kapseln. „Hier, die Letzte. Dieses Mal in Pink. Danach wird es dir hoffentlich besser gehen“, sagte er wieder ernsthaft.
Andreas nickte ihm zu und schluckte sie artig.
„Anne“, wandte sich Sebastian an seine Freundin, „Andreas hat sehr viel Flüssigkeit verloren. Er muss jetzt viel trinken. Hast du genug Wasser im Haus oder soll ich noch schnell welches besorgen?“
Anne hatte genügend Wasser da. Sie lief gleich in die Küche, um eine große Flasche zu holen, die Sebastian seinem Freund nach und nach einflößte.
Gerade als er die nächste Flasche aus der Küche holen wollte, klingelte es an der Tür. „Lass mal. Ich geh schon“, sagte er, als Anne gerade aufstehen wollte. „Bleib du mal bei unserem Weichei.“ Wogegen Andreas mit gespieltem Ernst protestierte.
„Es ist Kim“, rief Sebastian in den Wohnraum, während er seiner Frau die schweren Beutel abnahm und ihr zur Begrüßung einen Kuss auf die Lippen drückte.
„Ich dachte mir, ich komme etwas früher, um nach unserem Kranken zu sehen, eh er ins Bett muss. Sandra kümmert sich um die Basis. Ali hat mir euer Zeug vom Boot vorbeigebracht und ich dachte mir, ich bringe es gleich mit“, erklärte Kim ihrem Mann schnell.
„Ist die >Amun Re< heute rausgefahren?“, erkundigte sich Andreas, nachdem er die Frau begrüßt hatte.
„Nein, Ali hat mir gesagt, dass sie heute und morgen im Hafen bleiben wird. Rashid hat vorgegeben das mit dem Motor was nicht in Ordnung wäre und er es repariert haben möchte, bevor du übermorgen von der Safari zurück bist“, antwortete Kim, sah sie sich den Mann genauer an und meinte: „Ne verdammt anstrengende Safari, so wie du aussiehst.“
„Ja, eine solche Wüstensafari hat es eben in sich“, gab Andreas gequält lächelnd zurück.
„Nichts für ungut, aber du siehst echt scheiße aus“, setzte sie nach.
„Danke für das Kompliment und die aufmunternden Worte. So etwas hört man doch immer wieder gern“, sagte Andreas. Dann wandte er sich seinem Freund zu. „Ist sie zu dir auch immer so verdammt nett und dabei niederschmetternd direkt?“
„Meistens“, antwortete Sebastian lächelnd und fing sich prompt eine liebevoll gemeinte Kopfnuss von seiner Frau ein.
Kim holte noch einen großen Beutel, den sie erst einmal im Flur abgestellt hatte, und erklärte, dass Ahmed etwas für sie gekocht hätte und Andreas gute Besserung wünschte. Beide Frauen gingen in die Küche, um das Essen in der Mikrowelle aufzuwärmen. Kurze Zeit später kamen sie mit voll beladenen Tellern zurück ins Wohnzimmer.
Andreas hatte in der Zwischenzeit seine zweite Flasche Wasser geleert und verspürte langsam den Drang, zur Toilette zu müssen. Gerade als er aufstehen wollte, setzte er sofort wieder zurück, da es ihm schwindlig und schwarz vor Augen wurde. Sebastian bemerkte es und entschuldigte sich bei den Frauen.
All seine Kraft aufbietend, zog er Andreas vom Sofa hoch und sie blieben erst kurz stehen, bis Andreas Sebastian ein unmerkliches Zeichen gab, dass es wieder besser wurde. Seinen Freund besorgt stützend gingen sie langsam, immer wieder eine kurze Pause einlegend, ins Bad.
Anne und Kim nutzten die Zeit. Sie zogen die durchgeschwitzte Bettwäsche ab und bezogen gemeinsam das Bett frisch. Als sie zurückkamen, saßen die beiden Männer bereits wieder am Tisch und hatten einen Empfänger in den Händen, auf dessen Monitor drei kleine, farblich unterschiedliche, Lichtpunkte blinkten.
„Anne, das Grüne hier bist du“, erklärte Andreas, als er bemerkte, dass sie hinter ihn getreten war. „Wie du siehst, blinkt es direkt bei dem kleinen Kreuz hier, was diesen Empfänger darstellt.“ Dabei lehnte er den Kopf weit nach hinten, um ihr in die Augen sehen zu können. „Das Gelbe da ist die >Amun Re<, die im Hafen liegt“, erklärte er weiter.
„Und das Rote“, ergänzte sie dann selbst, „sind unsere speziellen Freunde, die dich so zugerichtet haben und da draußen auf der Lauer liegen.“
„Richtig“, bestätigte Andreas. „Aber die glauben noch immer, dass sie einen großen Fisch oder Delfin erwischt haben. Sonst würden sie nicht weiter warten, sondern verduften und sich eine neue Taktik einfallen lassen oder andere Kerle schicken, um dich in ihre Finger zukriegen. Dann wäre alles Bisherige umsonst gewesen.“
„Mag sein, Andy“, gab Anne zu, „trotzdem bleiben es für mich brutale, gefährliche und noch dazu feige Killer.“ Dem stimmten die drei Freunde entschieden zu und hatten nichts hinzuzufügen. Schweigend aßen sie die liebevoll zubereiteten Speisen von Ahmed und lehnten sich dann satt und zufrieden zurück. Nur Andreas hatte noch ein paar Probleme beim Kauen. Er bekam nur wenige Bissen herunter.
Anne holte die vierte Flasche Wasser für ihn aus der Küche, der beim Anblick schon gequält mit den Augen rollte und ihn glattweg wieder der Drang zur Toilette trieb. Dieses Mal lehnte er aber die Hilfe seines Freundes ab. Doch Sebastian ließ sich nicht davon abbringen, wenigstens neben ihm herzugehen, um ihn notfalls stützen zu können. „Schaut mal Mädels, unser Kleiner kann schon seine ersten Schrittchen ganz alleine laufen“, kommentierte er voller Stolz in der Stimme, als freue er sich über die ersten Schritte eines Babys.
„Oller Spanner, willst bloß beim Pinkeln zugucken“, konterte Andreas und die beiden Frauen brachen in sprudelndes Gelächter aus.
Dann war es aber doch besser, dass Sebastian neben seinem Freund geblieben war, denn der sackte geschwächt an der Badezimmertür zusammen. Sebastian konnte ihn gerade noch halten. „Klapp mir jetzt ja nicht ab, sonst kriegst du wieder paar geschmiert von mir“, warnte er.
„Nein, ist ja schon wieder gut. Bist schlimmer als ne olle Glucke und trotzdem gewalttätig und pervers“, gab Andreas knurrend zurück, während er sich wieder aufrappelte.
„Ich bewundere diese Männer“, sagte Kim leise zu Anne. „Selbst wenn es ihnen dreckig geht, blödeln sie sich noch gegenseitig voll und bauen sich dabei, wie es scheint, wieder auf.“
„Stimmt, Kim“, gab Anne zu. Ihre Gesichtszüge verfinsterten sich. „Doch heute, glaube mir, war es keinem von beiden nach Blödeln zumute. So etwas möchte ich nie wieder mit ansehen müssen. Es war einfach nur grausam und in meinen Augen waren es unmenschliche, nicht zu ertragende Schmerzen. Wie Andy das aushalten konnte und noch dazu ganz freiwillig auf eigenen Wunsch, obwohl er genau wusste, wie es sein würde, werde ich nie verstehen können.“ Betroffen von dem Gehörten sah Kim ihre Freundin an. Ihr Mann hatte ihr zwar schon einmal davon erzählt, wie so eine schnelle Entgiftung von unbekannten Kampfmitteln abläuft. Doch wie sie nun in die Augen von Anne sah, wurde ihr leicht übel bei der Vorstellung.
Als die beiden Männer zurückkamen, ließen sie sich nichts von ihrem Gespräch anmerken. Und doch bemerkten sie eine Veränderung in den Gesichtern der Frauen.
Vor allem erschien Kim etwas blass um die Nase zu sein. Aber als die Männer sahen, wie sie wieder mit scherzten und lachten, taten sie es als nicht so wichtig ab.
Am späten Abend verabschiedete sich Kim, da sie am nächsten Morgen wieder zeitig raus und auf die Tauchbasis musste. Ihr Mann brachte sie noch bis zu ihrem Wagen und verabschiedete sich von ihr mit einem lieben Kuss und dem Versprechen, diese Nacht gut auf sich und seinen Freud zu achten.
Zurück im Wohnzimmer, räumte Anne gerade den Tisch ab, während sich Andreas sichtlich erschöpft zurückgelehnt hatte.
Sebastian ging mit in die Küche und half beim Abwaschen. „Anne, wir müssen klären, wer wo schläft“, sagte er dann leise.
„Ist doch völlig klar. Du bei Andy im Schlafzimmer, da er sich eh schämen würde mit mir auf die Toilette zu marschieren und ich schlafe im Wohnzimmer auf dem Sofa“, antwortete sie ganz selbstverständlich. „Das heißt natürlich, wenn ich dabei sicher sein kann, dass ihr euch in der Nacht nicht gegenseitig an die Kehle geht.“
„Gut“, meinte Sebastian, „dann bringe ich Andy jetzt ins Bett. Er ist nämlich total fertig.“
Anne nickte ihm zu und fragte noch, ob sie helfen könne.
„Wenn was sein sollte, rufe ich dich“, versprach Sebastian, während er schon auf dem Weg ins Wohnzimmer war. „Wir lassen die Tür zum Schlafzimmer angelehnt und behalten ein kleines Licht an, damit wir uns schnell bei dir zurechtfinden, wenn etwas sein sollte. Ist das okay für dich?“
„Ja klar, ist schon okay“, gab Anne lächelnd zurück.
Als sie aus der Küche kam, waren die beiden Männer gerade wieder auf dem Weg zur Toilette. Sie holte für sich schnell eine Decke und ein Kissen aus dem Schlafzimmer, als die sie ins Zimmer zurückkamen. Leicht wankend, aber allein laufend, kam Andreas auf sie zu. „Kannst du, oller Gnom, dich nicht mal um was anderes kümmern als nur um mich?“, fauchte Andreas seinen Freund an. „Los, verdünnisiere dich endlich.“
Sebastian verstand sofort und machte ohne Kommentar auf dem Hacken kehrt. Nachdem Andreas gehört hatte, wie hinter ihm die Tür ins Schloss fiel, nahm er den Kopf von Anne sanft zwischen seine Hände, beugte sich zu ihr und küsste sie, für sie in diesem Moment vollkommen unerwartet, auf den Mund. Schwach werdend ließ sie Kissen und Decke fallen, umarmte ihn und erwiderte seinen Kuss leidenschaftlich, wobei ihr die Knie weich wurden. Dann sahen sich beide tief in die Augen und Andreas drückte sie liebevoll an seine Brust.
„Kann ich endlich mal wieder reinkommen?“, hörten sie die Stimme von Sebastian und mussten kichern.
„Das habe ich mir schon den ganzen Tag gewünscht“, sagte Andreas leise zu Anne, dabei strich er ihr übers Haar. Nachdem sie das Kissen und die Decke wieder aufgehoben hatte, rief er laut zur Tür gewandt: „Ja, komm schon rein, du Nervensäge.“
Als Sebastian eintrat, schauten sich beiden noch immer tief in die Augen und Andreas wünschte ihr eine gute Nacht. Dabei grinste ihr Freund, der noch immer an der Tür stand, beide wissend an.
Nachdem Anne auch Sebastian eine gute Nacht gewünscht und das Zimmer verlassen hatte, hörte sie Sebastian noch sagen: „Aber denk dran mein Kleiner, ich schlafe neben dir. Ich mein ja nur und will darauf hingewiesen haben. Nicht, dass du mich in der Nacht liebevoll angehst.“ Schon kurz darauf war ein „Aua!“, von ihm zu hören.
„Nur damit du wieder die Richtung kennst, du halber Meter“, kam von Andreas zurück.
„Dir scheint es schon wieder viel zu gut zu gehen“, beschwerte sich Sebastian daraufhin nörgelnd.
Anne musste lächeln. Leise schlich sie sich noch einmal auf die Terrasse, setzte sich an den Rand des Pools und ließ die Füße ins Wasser hängen. Dabei sah sie rauf zum Sternenhimmel. Barfuß, mit noch nassen Füßen, ging sie zurück zur Hollywoodschaukel, zog die Schublade unter dem Tisch auf und holte sich die Zigaretten und das Feuerzeug hervor. Ihr Kater Miekosch nutze die Gelegenheit für sich, ein paar Streicheleinheiten von seinem Frauchen zu bekommen.
Anne wusste in diesem Moment nicht, was sie mehr war, glücklich oder besorgt. Also einigte sie sich selbst darauf besorgt glücklich oder eben umgekehrt, glücklich besorgt zu sein. Denn voneinander trennen konnte sie es im Moment nicht.
Nachdem sie aufgeraucht hatte, huschte sie zurück ins Zimmer und vernahm das Schniefen und Schnarchen der beiden Männer. Sie schlich sich leise ins Bad und dann auf Zehenspitzen zur Couch, wo sie es sich mit ihrem Kissen und der dünnen Decke gemütlich machte.
Noch mehrmals hörte sie, wie die beiden Männer, als wären es siamesische Zwillinge, leise auf die Toilette schlichen. Sie lächelte versonnen. Anne war sehr dankbar für Sebastians Hilfe. Sie bewunderte beide für das, was sie taten und wie sie ohne Wenn und Aber füreinander da waren. Weit nach Mitternacht schlief sie endlich fest ein.


17
Anne wurde am Morgen vom Duft frisch gebrühten Kaffees geweckt. Doch außer eines leisen Schniefens, welches aus dem Schlafzimmer kam, war nichts zu hören. Sie blickte raus auf die Terrasse. Von der Hollywoodschaukel aus stieg eine blaue Rauchwolke auf. Als sie auf die Terrasse trat, saß da Andreas.
„Oh, guten Morgen. Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt. Entschuldige bitte, aber die Dinger lagen hier so verführerisch auf dem Tisch.“ Dabei zeigte er auf die Zigarettenschachtel. „Da habe ich mir einfach eine gemopst. Ich hoffe, du bist deshalb nicht böse.“ Dann stand er, wie es Anne schien, mühelos auf, gab ihr einen Kuss auf die Stirn und umarmte sie sanft.
„Wie geht es dir?“, wollte sie wissen.
„Gut. Den Kaffee habe ich schon gemacht, der Kleine pennt und ich klaue Zigaretten. Insofern ist alles in bester Ordnung“, gab er zur Antwort.
„Ich will es aber ehrlich wissen“, ließ sie nicht locker und sah Andreas forschend an.
„Wirklich, Anne, es geht schon wieder“, antwortete er leise mit ernster Miene. „Zwar noch nicht zu einhundert Prozent, aber so zu achtzig Prozent dürfte hinkommen.“
„Und die Schulter?“, gab Anne nicht nach.
„Die wird heilen. Der Schmerz ist da, aber zu ertragen“, antwortete er. Dann hörte er Schritte und sagte lauter: „Achtung, Spion von links.“
Anne selbst hatte Sebastian nicht kommen gehört.
„Kann ja nicht wahr sein“, beschwerte der sich, noch halb verschlafen, „da jagt der Kerl mich die ganze Nacht aufs Klo, obwohl ich selbst gar nicht muss, und dann sitzt er hier und baggert pausenlos meine beste Freundin an.“
„Was willst du eigentlich von mir?“, rechtfertigte sich Andreas. „Ich habe doch immer gesagt, dass ich allein gehen will.“ Dann wurde er wieder ernst und bedankte sich für die Hilfe.
Sebastian winkte lax ab und meinte das Thema wechselnd: „Hat einer von euch den Kaffee gekocht, um ihn verdunsten zu lassen, oder war er zum Trinken gedacht?“
Andreas machte daraufhin Anstalten aufzustehen. Sofort war Sebastian wieder an seiner Seite und überrascht davon, wie schnell sich sein Freund in der Nacht erholt hatte. Er beobachtete, wie er, als wäre nie etwas gewesen, aufstand und zur Küche ging, um den Kaffee zu holen.
Sebastian schüttelte erstaunt den Kopf. „Würde ich es nicht mit eigenen Augen sehen und genau wissen, was er erst vor wenigen Stunden alles durchgemacht hat, ich würde es nicht glauben“, sagte er leise zu sich selbst, während er ins Wohnzimmer ging. Doch Anne hatte es gehört und verstanden.
Am Frühstückstisch schmiedeten die Freunde bereits einen neuen Plan für den Folgetag. Sie verabredeten sich für den nächsten Morgen auf der Tauchbasis, um mit der >Amun Re< wieder rauszufahren. Sebastian fragte, was er alles besorgen solle, dann verabschiedete er sich, um zu seiner Frau auf die Tauchbasis zu fahren.
„Und was machen wir jetzt?“, wollte Andreas von Anne wissen.
„Du gehst noch einmal ins Bett, damit du morgen wieder die hundert Prozent drauf hast“, sagte sie bestimmend, „und ich fahre einkaufen, dass hier die Mäuse nicht mit verheulten Augen aus dem Kühlschrank gucken. Kannst ja eh nicht mit, weil du auf irgend so einem Kamel durch die Wüste reitest.“ Dabei lächelte sie ihn an und musste lachen, da er sein Gesicht theatralisch zu einer traurigen Grimasse verzog.
„Ich höre und gehorche Gebieterin“, sagte er schließlich und gab ihr einen Kuss. Dann verschwand er ohne ein weiteres Wort im Schlafzimmer.
Für Anne war das ein sicheres Zeichen, dass es ihm doch nicht so gut ging, wie er behauptete, denn sonst hätte er sich bestimmt nicht freiwillig, ohne zu murren, verzogen.
Schnell flocht sie ihr Haar zum Zopf, schnappte sich Rucksack und Sturzhelm, verließ das Haus und lief Richtung Stadtzentrum. An der Hauptstraße angekommen hielt sie einen Minibus an und ließ sich zur Tauchbasis fahren, um dort ihren Roller zu holen, der seit vorletzter Nacht da stand. Sie fuhr zum Hafen und besuchte die Besatzung der >Amun Re<, die geschäftiges Werkeln an dem Fiat-Schiffsmotor mit seinen acht Zylindern vorgaben. Anne bedankte sich bei Ahmed für das leckere Essen und dankte beiden für ihre Hilfe und ihren Einsatz. Sie informierte die Männer, dass sie morgen wieder rausfahren wollten. Mit einem Winken verabschiedete sie sich und fuhr in die Stadt, um einzukaufen. Bei Fatima und dem kleinen Jamal machte sie Halt, um zu sehen, wie es ihnen geht und um eine Packung Windeln und Milchprodukte vorbeizubringen, wofür sich die junge Mutter herzlichst bedankte.
Von Rashid hatte Anne erfahren, dass Farid an diesem Tag frei hatte, also fuhr sie gleich weiter zu ihm, um sich sein Bein und die Platzwunde anzusehen. Beide Wunden verheilten prächtig. Auf der Stirn brauchte er kein Pflaster mehr. Sie versorgte noch einmal seine lange, von Andreas genähte Wunde am Schienbein mit Salbe und erneuerte den Verband. Farid bot ihr, wie es die Gastfreundschaft gebot, einen Tee an, den sie gern annahm. Nachdem sie sich nett unterhalten hatten, wurde es für Anne wieder Zeit zu fahren. Sie versprach ihm, dass Andreas sich morgen das Bein gleich früh auf der Basis ansehen würde. Farid war ihr dankbar, dass sie vorbeigekommen war, und begleitete sie mit vor die Tür. Von der Anhöhe aus, wo der Ägypter wohnte, konnte man weit übers Meer schauen, wo Anne das fremde Boot entdeckte. Ihre Augen zogen sich zu schmalen Schlitzen zusammen und bittere Wut stieg in ihr auf. Diese Kerle warteten auf sie und sie sollten sie auch bekommen. Sie bemerkte, wie die aufsteigende Wut alle Angst und Zweifel in ihr erstickte. Seit dem letzten Tag wusste sie ganz sicher, dass ihre beiden Freunde alles daran setzen würden sie zu beschützen und diese Kerle dingfest zu machen, damit sie ihre gerechte Strafe bekamen.
Sie setzte ihren Helm auf, schwang sich auf den Roller, startete den Motor und fuhr heim.
Kaum hatte sie die Haustür aufgeschlossen und war in den Flur getreten, stand da schon Andreas und nahm ihr den schweren Rucksack ab. „Du warst auf der >Amun Re< und du hast dir sehr lange das fremde Boot angesehen. Hab ich recht?“
Im ersten Moment stutzte Anne bei dem, was er sagte. Dann fiel ihr der Peilsender ein, den sie trug und lächelte. „Ich habe Rashid und Ahmed Bescheid gesagt, dass wir morgen wieder rausfahren. Danach war ich bei Fatima und ihrem Kleinen. Er ist ja so niedlich“, schwärmte sie. „Hinterher war ich bei Farid, um nach seinem Bein zu sehen. Es heilt gut. Von dort kann man übers Meer schauen und ich habe das Boot dieser Kerle ausmachen können.“
„Ja, das habe ich gesehen“, dabei zeigte er den Empfänger mit Monitor hoch. „Du hast da reichlich lange gestanden und dich kaum gerührt. Ich habe mir schon Sorgen gemacht“, gab Andreas ehrlich zu.
„Aber sie waren doch weit weg“, versuchte sie ihn zu beruhigen.
„Für meine Begriffe aber nicht weit genug.“
Anne hielt mitten in ihre Bewegung inne, dann drehte sie sich abrupt zu ihm um. Sie schaute ihm forschend in seine blauen Augen. „Wenn das schon zu nahe war, dann erkläre mir doch bitte mal, wie du sie überführen willst, wenn sie mich nicht ganz nah bei sich auf dem Boot haben können?“, fragte sie aufgebracht.
„Ich breche die Aktion ab und wir konzentrieren uns nur noch auf deinen Schutz“, entschied Andreas.
„Oh nein, mein Lieber, so läuft das nicht“, erwiderte sie energisch. „Du hast vorletzte Nacht und dann gestern diese wahnsinnigen Schmerzen ertragen und das alles, um jetzt zu kneifen, weil du Angst um mich hast?! Was soll ich sagen? Was meinst du, wie es mir dabei gegangen ist?“ Und wieder wurden ihre Augen zu schmalen Schlitzen, als sie zornig geworden weiter sprach: „Diese Gefühle lässt du mal schön außen vor und wir erledigen diesen Job gemeinsam. Denn ich will niemals wieder … hörst du … niemals mehr Angst haben müssen, wenn ich da raus aufs Meer fahre. Ich will keine Delfine mit Harpunenpfeilen in ihren Rücken mehr sehen müssen. Schon gar nicht mit irgendwelchen Nervengiften bestückt. Und ich will die Gewissheit haben, dass nie wieder … niemals mehr … Menschen so wie du, oder die Besatzung des Forschungsschiffes unter solchen Kerlen leiden müssen.“ Dabei zeigte sie auf die langen, tiefen, rosa Naben auf seinem Oberkörper. „Ich hoffe, das war eine klare Ansage, die du verstanden hast“, fauchte sie ihn mit wütender Stimme an und fügte, ihn regelrecht anschreiend, hinzu: „Und wenn ich selbst da raus zu dem Boot schwimmen müsste, dass du richtig handelst.“
Damit hatte Andreas nicht gerechnet. Er musste sich setzen. „Aber mir ist bewusst geworden, dass ich mich in dich verliebt habe“, murmelte er nur leise vor sich hin.
So wütend wie Anne vor einem Moment noch war, stand sie jetzt verhalten vor ihm und fragte verwirrt, weil sie nicht genau wusste, ob sie wirklich richtig gehört hatte: „Was hast du da eben gesagt?“
„Ich kann nichts dafür, aber ich habe mich in dich verliebt, Anne. Ich kann das Risiko nicht eingehen“, gab er zu und sah sie mit einem treuherzigen Hundeblick an.
Dieses Mal war sie es, die seinen Kopf zwischen ihre Hände nahm, nachdem sie sich zu ihm gesetzt hatte. Fest sah sie ihm in die Augen. „Falsch, gerade deshalb musst du es“, sagte sie leise, aber unmissverständlich.
„Ich kann es nicht. Meine Gefühle könnten mir einen Streich spielen, ich könnte falsch handeln oder nicht richtig und angemessen reagieren. Es ist so wie bei Ärzten, weißt du. Kein Arzt sollte seine eigene geliebte Frau operieren, um gefühlsmäßige Fehler zu vermeiden. Ähnlich ist es bei meinem Job“, versuchte er ihr zu erklären.
„Und was ist, wenn kein anderer Arzt da ist, aber das Leben der Frau am seidenen Faden hängt? Lässt er sie dann lieber qualvoll sterben, anstatt ihr selbst zu helfen und sie zu operieren?“, wollte Anne völlig beherrscht von ihm wissen.
„Nein, dann operiert er sie natürlich und tut alles für ihre Rettung“, antwortete Andreas.
„Genau das wollte ich hören“, sagte Anne zufrieden. „Andy, hier ist kein anderer Arzt, um das Krebsgeschwür, in Form dieser tickenden Zeitbombe da draußen, zu entfernen. Also tue du es. Ich würde keinem Menschen auf der Welt mehr vertrauen als dir. Enttäusche mich nicht.“ Sie stand auf, ließ ihn einfach allein sitzen, ging in die Küche und räumte in Ruhe die gekauften Lebensmittel in die Schränke.
Lange saß Andreas so da und Anne ließ ihm die Zeit, damit er sich alles in Ruhe durch den Kopf gehen lassen konnte, was sie ihm gesagt hatte. Nach einer Weile beobachtete sie, wie er sich sichtlich wieder straffte.
Er hatte einen Entschluss gefasst, stand auf und ging zu ihr. „Du hast recht, Anne. Wir ziehen das wie zu Beginn geplant bis zum Ende durch.“
„So gefällst du mir schon wieder besser“, sagte sie zufrieden und hängte noch den Satz an: „Für Gefühle ist später Zeit.“
Andreas hatte verstanden, was sie damit meinte und gab verschmitzt lächelnd zurück: „Ich freue mich schon darauf.“
„Wenn wir den Job erledigt haben. Versprochen“, antwortete sie und schaute ihn dabei liebevoll an. Sie kochten sich eine Kleinigkeit. Andreas schälte Kartoffeln und schnitt Zwiebeln, während sich Anne um den Rest kümmerte.
Sie hatten sich gerade erst an den Tisch gesetzt, um zu essen, da klingelte es an der Tür. Schnell sprang er auf und öffnete.
„Es ist der Doc“, rief er in den Raum. „Bitte kommen Sie doch rein, wir essen gerade. Möchten Sie auch einen Teller voll? Anne kocht bombastisch“, begrüßte er den Arzt. Ohne eine Antwort abzuwarten, holte sie einen dritten Teller und Besteck aus der Küche. Doktor Mechier war sichtlich erstaunt über den guten Allgemeinzustand seines Patienten und fragte Anne schon beim Essen etwas ungläubig, ob sie wirklich die ganze Prozedur durchgezogen hatten. Sie nickte ernst und sagte ihm, dass es schlichtweg nur grausam war. Der Arzt ahnte, was Anne andeutete und stimmte ihr wissend zu.
„Mister Wildner, sie haben die Konstitution, Kondition und Kraft eines Bullen“, meinte der Arzt.
„Nein Doc, bitte einfach nur Andreas oder noch besser, wie meine Freunde mich nennen, Andy. Okay?“ Er lächelte Doktor Mechier verschmitzt an. „Das, was Sie mir da andichten wollen, stimmt nicht so ganz. Was man dafür braucht, sind sehr gute Freunde und das richtige Ziel vor Augen.“ Dabei sah er Anne an. „Kraft allein oder eine bestimmte Statur reichen dafür bei weitem nicht aus. Man muss wissen, wofür oder für wen man so etwas auf sich nimmt.“
Der Arzt nickte nachdenklich.
Nachdem sie gegessen hatten, lobte Doktor Mechier die Kochkunst der Hausfrau und wandte sich seinem Patienten zu. „Dann wollen wir mal sehen, wie es Ihrer Wunde geht, Andy.“ Schnell löste der Arzt die Bandage, setzte seine Brille auf und besah sich die Wundränder genauer. Er wollte wissen, ob sie den Verband gewechselt hatten, was Anne und Andreas gemeinsam verneinten.
„Der Verband war durchs Schwitzen und dann noch etwas beim Baden nass geworden, obwohl Sebi ihn mit Frischhaltefolie abgedeckt hatte. Aber das ist schnell wieder getrocknet“, berichtete Andreas wahrheitsgemäß.
Und wieder wunderte sich der Arzt.
„Warum fragen Sie?“, wollte Anne wissen.
„Weil ich eigentlich damit gerechnet hatte, dass die Wunde oder was unerfreulicher gewesen wäre, die zusammengenähten blutführenden Gefäße bei dieser extremen Belastung des Körpers, unter solch einer Prozedur, wieder aufreißen würden. Ich muss zugeben, ich hatte die gesamte Zeit schon auf den Anruf deswegen gewartet und in den Startlöchern gesessen.“ Fachkundig tastete er die Wundränder ab und forschte dabei genau im Gesicht des Mannes nach, um vielleicht darin zu erkennen, wo es ihm am meisten schmerzte. Dann sagte er: „Andy, Sie sind zwar ein sehr unbequemer Patient, aber auch ein guter. Die Wunde sieht wirklich ausgezeichnet aus. Ich kann es mir nicht erklären. Wüsste ich es vom medizinischen Standpunkt her nicht besser, würde ich sagen, dass Sie kein Mensch sind. Zumindest kein normaler. Vielleicht sollte man Sie als Versuchskaninchen mal näher studieren“, scherzte der Arzt.
„Oh, danke für das verlockende Angebot, Doc. Aber ich muss Ihnen gestehen“, dabei flüsterte Andreas ihm den Rest hinter vorgehaltener Hand zu, „ich habe eine Abneigung und wahnsinnige Angst vor Nadeln und Spritzen. Und die würden Sie mir dann ja immer geben wollen. Wäre also nicht so der richtige Job für mich.“
Als der Arzt ihn danach ungläubig, ja regelrecht geschockt ansah, konnte Andreas sich das Kichern nicht mehr verkneifen und alle drei lachten befreiend auf.
Schnell wurde der Arzt jedoch wieder ernst. „Und Sie haben wirklich vor, ab morgen wieder zu tauchen? Wie oft und wie lange?“, wollte er wissen.
„So oft, tief, schnell und lange es notwendig sein wird, Doc“, antwortete Andreas ehrlich.
„Das dachte ich mir fast. Warum frage ich das eigentlich überhaupt noch?“, meinte der Arzt und verdrehte dabei die Augen. Nachdem er die Wunde versorgt und wieder verbunden hatte, legte er einen großen Plastikbeutel auf den Tisch. Er erklärte, dass sich darin eine Vorratspackung wasserdichter Pflaster sowie Salbe die vor und nach dem Tauchen auf die Wundränder aufgetragen werden musste, als auch normales, frisches Verbandsmaterial für die „tauchfreie Zeit“, wie der Arzt sich ausdrückte, befand. Dabei wies er explizit darauf hin, dass diese Pflaster nie länger als unbedingt notwendig auf der Wunde bleiben sollten.
Andreas bedankte sich herzlich dafür.
Als der Arzt sich verabschiedete, dankte er noch einmal für das gute Essen und sagte, dass er in zwei Tagen am Abend vorbeischauen würde und dabei hoffe sie auch anzutreffen. Was aber Andreas nicht versprechen konnte.
„Na sage ich doch, ein unbequemer Patient.“ Dabei lachte der Arzt gequält auf. „Meine Nummer haben Sie ja, Andy. Ich bin immer für Sie da.“ Und bevor er in sein Auto stieg, rief er noch: „Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und drücke die Daumen. Sie können mich auch gern mal anrufen oder besuchen, wenn Sie nicht gerade wieder zusammengeflickt werden müssen.“

Am Nachmittag brachte Anne Andreas, auf seinen Wunsch hin zum Hotel zurück. Er hatte es damit erklärt, dass er früh von Ali abgeholt werden wolle und er mit ihm, wie die Tage zuvor, zur Basis gebracht werden möchte. Damit dort keiner auf die Idee kommen könnte, dass er etwas anderes, als nur eine normale Tauchpause gemacht hatte.

Fortsetzung folgt
Teil 5
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Sonja,

ah, Nachschub ...;)
Habe grad ein bisschen Zeit.
Kapitel 12:
Er hielt sich, so weit es möglich warKomma dicht an der Riffkante, um den Strömungsschatten zu nutzen.
damit die Luft im Kreislaufgerät,kein Komma für diesen langen Tauchgang reichte,
Viele Skorpion- oder Skorpionfische, auch Strahlenfeuerfische genannt, befanden sich auf der Jagt Jagd nach ihrer Beute.
Das haben wir gelernt und er war Meister darin“, beruhigte er sie.

Kapitel 13:
nach ihrem Tauchgang wieder an Bord waren, löste sich ihre Anspannung.
„Ihr Blödmänner!“, brüllte ein anderer der Kerle,kein Komma mit tiefe Stimme.
dass die Küstenwache hier immer irgendwo in der Gegend rum schwirrt rumschwirrt.

Kapitel 14:
Im eben so ebenso verschmierten Waschbecken lag ein kleiner Harpunenpfeil,
Ahmed drängte sich an Anne vorbei und half SebastianKomma den Verletzten, der in der Ecke hockte,
nicht per Funk, dass wir mit einem deutschen Marineoffizier zu ihnen kommen!“
Schnell kletterten alle von Bord und halfen, den Verwundeten mit samt mitsamt der Tür,kein Komma sicher auf die Ladefläche des Wagens zu betten und zu sichern.
Rashid und Ahmed, die auf dem Boot bliebenKomma sowie die anderen Männer,kein Komma sahen dem Wagen noch eine Weile besorgt nach.
Er stellte sich damit direkt unter eine der Deckenlampen.
Es war richtig, ihm die ganze Palette an Gegenmitteln und Injektionen zu setzen, so wie sie Sie es getan haben.
Er traute sich nicht,kein Komma zu fragen, wie es Andreas ging.
Dass die beiden noch dazu die gleiche, für die Behandlung wichtige und seltene Blutgruppe haben,
Sie bedankte sich bei all den Ärzten und betrat langsam mit Doktor Mechier,kein Komma den hell erleuchteten Raum.
Ich gebe dir nur zurück, was ich von dir vor ein paar Jahren bekommen habe und keinen Tropfen mehr.
„Wenn sie Sie wollen, können sie Sie sie in ein oder zwei Stunden mit heim nehmen,
Stimme von Kim zuhören, die Ali informiert hatte und dieKomma so wie es ihr möglich war, ins Lazarett gekommen war.
„Den da drüben,kein Komma nehme ich dir ab.“
Andreas schlief, kaum auf der Rückbank sitzendKomma fest ein,

Das war ja echt spannend. Und ganz viele Zufälle, die passten ...

Liebe Grüße,
 
Hallo Sonja,

hier kommt Kapitel 15:
Augenblicklich war sie hell wach hellwach.
Da lag er, in seine Decke gehülltKomma auf der Hollywoodschaukel und streichelte den Kater,
Er hatte dunkle Augenringe und war blass,kein Komma wie eine frisch verputzte Kalkwand.
Du stehst auf, hebst mich einfach mal so ins Bett, ohne dass ich davon wach werde,
begann er und sie hörte ihmKomma ohne ihn zu unterbrechen, aufmerksam zu.
Dass es ein Delfin, von mir aus auch ein großer Fisch oder Hai war.
Ich habe nach den so anstrengenden Tauchtagen mit dir,kein Komma ein paar Tage frei,
„Doc“, wandte sich Andreas,kein Komma leiseKomma damit es Anne nicht hören konnte, an den Mediziner.KommaIch ich brauche
Könnte ich von Ihnen,kein Komma das um vieles schwächere langsamer wirkende Serum,
bekommen, dass bei Ihnen bereits zugelassen ist und
„Ja Doc, es gibt noch mehr vVerrückte wie mich.
Doktor Abdul Mechier setzte die Nadel und drückte die Flüssigkeit nur sehr behutsam aus.
sagte er und schüttelte nur wieder mit dem Kopf,kein Komma über diesen Wahnsinn.
dass er morgen wieder vorbei kommen würde und jeder Zeit jederzeit für ihn erreichbar sei, egal wann.
Als er sich dort von der ihr verabschiedete, sagte er leise, damit es Andreas nicht hören konnte
Er weiß dann schon, was zutun zu tun ist.“
Decke holen und mir, wenn du es schaffstKomma den Schweiß ab und an mal von der Stirn wischen.
weil wir die Mixtur der Wirkstoffe des Giftes noch nicht alle Kkennen und nicht Wwissen, was die im Körper alles anrichten können.
und legte sie geordnet nebeneinander auf den,kein Komma am Bett stehenden,kein Komma Stuhl und zog ihn näher zu sich heran.
hat Doktor Mechier ja auch im Lazarett genug zutun zu tun.“
„Nicht verwechselnKomma die Rechte.“
Wieder und wieder tupfte sie AndreasApostroph Stirn ab, der
Wobei er darauf achteteKomma nur wenig der Flüssigkeit,kein Komma sehr langsam aus der Kanüle zu drücken.
Andreas wand sich in Schmerzen und es waren von ihm immer wieder leises Stöhnen zu hören.
du Schwachkopf!“, schrie Sebastian seinem seinen Freund an. neue ZeileDoch Andreas schüttelte energisch
„Sturer Esel!“, schimpfte Sebastian,Punkt „Nun schrei endlich! Du verbrauchst zu viel Kraft damit, das Schreien zu unterdrücken.
schrie er seinen Freund erneut, regelrecht wütend an, was Anne ihn ängstlich und erschrocken ansehen ließ. neue ZeileDoch wieder schüttelte Andreas den Kopf. Dann fiel er in eine,kein Komma ihn erlösende Bewusstlosigkeit.
„NeinKomma du brauchst eine Pause.
„Mach schonKomma du FeiglingKomma sonst mache ich es selbst“,
erklärte er Anne schnell und fügte besorgt hinzu,Doppelpunkt „Ich hoffe, der Kerl wird
Dreißig langen Minuten später ließen die Schmerzen des letzten Schubes langsam nach.
Nach dieser dritten, eben so ebenso schlimmen Prozedur lächelte
war er eingenickt, aber gleich wieder hell wach hellwach, als er das Klappern des Geschirrs hörte,
„Na, was hab ich gesagt, der Kerl ist einfach nicht klein zukriegen kleinzukriegen“, flüsterte Sebastian Anne leise Flüstern ist leises Sprechen zu.

Echt dramatisch, diese Behandlung ...o_O
Zwei Worte sind mir besonders aufgefallen, die Du mehrfach getrennt geschrieben hast: 'ebenso' und 'hellwach'.;)

Liebe Grüße,
 

Sonja59

Mitglied
Hallo Rainer,
Du warst aber wieder fleißig. Recht herzlichen Dank für die viele Arbeit die Du Dir wieder mit meinem Text gemacht hast. Ja, das zusammenschreiben von ebenso, hellwach und kleinzukriegen werde ich mir nun auch noch, zu den ganzen Kommas , versuchen in mein Gehirn gehämmert zu bekommen.
Und ja, so ein kalter Giftstoffentzug ist nicht ohne, wobei ich der Meinung war da mit der dreifach Prozedur ruhig auch mal etwas übertreiben zu können. Wo sollte sonst das dramatische dabei herkommen? ;) Ich könnte es natürlich auch abmildern sollte es doch zu heftig rüber kommen, und ihn die Prozedur nur ein- oder zweimal durchmachen lassen.
Was aber hier diesen Fehler angeht, bei dem Du natürlich auch Recht hast, so lass ich ihn absichtlich in der wörtlichen Rede von Sebastian drin.


Ich gebe dir nur zurück, was ich von dir vor ein paar Jahren bekommen habe und keinen Tropfen mehr. also nicht wie es hochdeutsch richtig wäre ein paar Jahren
Das haben wir gelernt und er war Meister darin“, beruhigte er sie. Ebenso wie es hochdeutsch natürlich darin heißt. Aber Sebastian lasse ich absichtlich nur so lax sprechen. Also auch hier werde ich das drin so stehen lassen.

Alles andere habe ich wieder sehr gern übernommen. Recht herzlichen Dank noch einmal.
Ich wünsche Dir einen schönen Abend
Liebe Grüße
 
Hallo Sonja,

das ist absolut in Ordnung mit der laxen Sprache. Du musst es dann nur komplett durchhalten bzw. einfließen lassen, wo es passt.

Liebe Grüße,
 

Sonja59

Mitglied
Hallo Reiner,

Ja, ich weiß. Nur beim Schreiben geht das dann manches ml schief. Ich bemühe ich aber gerade bei Sebastian diese laxe Sprache aufrecht zu erhalten.
Ob es mir immer gelingt? Bleibt dahingestellt.

Liebe Grüße
 
Hallo Sonja,

ich mache mal die 16:
„Wie sieht es ausKomma mein Großer, schaffst du es bis ins Bad
während Sebastian seinen seinem Freund dabei half aufzustehen und zu stützen. „MenschKomma mach dich nicht so schwerKomma du oller Bulle“,
Vergiss esKomma du Arsch.
Dann vernahm sie Wasser rauschen Wasserrauschen und
„Wenn du mir hier jetzt abklappstKomma alter Kumpel, dann
Kurz darauf hörte sie Sebastians zufrieden klingende Stimme.
Und wieder schrien beiden Männer: „Nein!“
um nach unserem Kranken zu sehenKomma eh er ins Bett muss.
antwortete Kim, dann sah sie sich den Mann genauer an und sagte;Doppelpunkt
Anne und Kim nutzten die Zeit. keine neue Zeile
Sie zogen die durchgeschwitzte Bettwäsche ab
hatten einen Empfänger in den HändenKomma auf dessen Monitor drei kleine, farblich unterschiedliche, Lichtpunkte blinkten.
„sind unsere speziellen FreundeKomma die dich so zugerichtet haben
„Richtig“, bestätigte Andreas,Punkt „Aber die glauben
und ihn glatt weg glattweg wieder der Drang zur Toilette trieb.
Doch Sebastian ließ sich nicht davon abbringenKomma wenigstens neben ihm her zu gehen, ich bin irritiert: vom Gefühl würde ich sagen, es müsste 'herzugehen' heißen, aber die Duden-Textprüfung winkt beides, also auch 'her zu gehen' als richtig durch.
Vor allem erschien Kim etwas blass,kein Komma um die Nase zu sein.
„Ja komm schon reinKomma du Nervensäge.“
Denn voneinander trennen,kein Komma konnte sie es im Moment nicht.

Die 17 kommt vielleicht morgen.

Allerdings stelle ich mir eine Frage: Wissen die bösen Buben nicht, wo Anne wohnt und beobachten ihr Haus?

Liebe Grüße,
 

Sonja59

Mitglied
Hallo Rainer ,

und recht herzlichen Dank für die Korrekturarbeit.
Ja die neue Rechtschreibung lässt vieles zu, was vorher nicht ging. Trotzdem bin ich da Deinem "Gefühl" gefolgt und habe herzugehen zusammengeschrieben.


Allerdings stelle ich mir eine Frage: Wissen die bösen Buben nicht, wo Anne wohnt und beobachten ihr Haus?
Ups, ich weiß jetzt nicht mehr ganz genau ob ich das schon in einem der Kapitel davor erklärt habe oder ob es noch erklärt wird. Auf jeden Fall hat es etwas damit zutun, dass sie nicht vom Festland aus operieren wollen, weil sie sich mehr Chancen davon versprechen auf See zu agieren, um nicht so schnell erkannt und erwischt zu werden.

ich wünsche Dir noch einen schönen Abend und nochmals Danke.

Liebe Grüße
 
Hallo Sonja,

oh, ja, das kann sein. Aber ich hielt es eher für spekulativ, nicht, dass es die bösen Buben selbst so gesagt hatten. Aber so ein Beobachtungsposten, der nur stillhält und Informationen an die auf dem Schiff weitergibt, wäre doch trotzdem nicht dumm.

Ja, die neue Rechtschreibung, aber auch die Zeichensetzung wurde offenbar reformiert. Die Komma-Setzung bei den Infinitivsätzen hatte ich ja schon erwähnt. Aber bei manchen Formulierungen finde ich, dass das Komma den Satz dann richtig betont. Darum habe ich es vereinzelt auch vorgeschlagen, nur halt nicht mehr bei allen. Es ist ja offenbar mit und ohne Komma richtig.

Liebe Grüße,
 

Sonja59

Mitglied
Hallo Rainer,

Aber so ein Beobachtungsposten, der nur stillhält und Informationen an die auf dem Schiff weitergibt, wäre doch trotzdem nicht dumm.
warte es doch ab ;) Du weißt doch, es sind über 600 Seiten, da muss schließlich auch noch etwas passieren. :D

Und ja, was die Zeichensetzung angeht, verlangt mein Schreibprogramm auch so manches Komma, welches sogar ich so manches mal ignoriere und Du es mir dann aber auch nicht als fehlend ankreidest. Allerdings ist es umgekehrt dann auch immer mal wieder der Fall. Komisch nur, dass dann mein Programm die von Dir gemachten Vorschläge trotz des Gemeckers vorher akzeptiert. Scheint vor Dir Respekt zu haben. ;)

Liebe Grüße
 
Hallo Sonja,

tja, heutzutage scheint vieles möglich zu sein. Wenn sich nicht mal die Schreibprogramme einig sind ...
Aber auch ich bin nicht unfehlbar. Nichts ist in Stein gemeißelt. Und vielleicht übersehe ich auch mal was ...

Ach, wie war das mit dem allwissenden Erzähler? Der weiß etwas, verrät es aber nicht? Ist das gemein.;)
Klar, Spannung aufbauen, und dann: boom ... Dann berichtet der Boss der Bösen von seinem Spion an Land.

Schaffe die 17 heute nicht mehr.

Liebe Grüße,
 

Sonja59

Mitglied
Hallo Rainer,

Dann berichtet der Boss der Bösen von seinem Spion an Land.
Nö, das wäre dann doch zu einfach. Der Allwissende schweigt sich darüber noch etwas aus. ;) Aber versprochen, der Leser kommt noch dahinter.

Schaffe die 17 heute nicht mehr.
Das ist doch nicht schlimm. Schließlich hast Du neben der Ll auch noch Arbeit und ein Privatleben, das eindeutig vorgehen sollte.

Liebe Grüße
 
Hallo Sonja,

hier kommt die 17:
Doch außer ein leises Schniefen, Das ist auf jeden Fall ganz falsch. Gewohnheitssprachlich hätte ich den Genitiv 'außer einem leisen Schniefen' akzeptiert, aber absolut korrekt wäre jedoch der Dativ 'außer eines leisen Schniefens'. Du kennst den Spruch: 'Der Genitiv ist dem Dativ sein Tod'?
„Wirklich Anne, es geht schon wieder“, antwortete er leise,kein Komma mit ernster Miene.
Andreas machte daraufhin Anstalten aufzustehen. Sofort war er dieses 'er' meint nicht Andreas, deshalb musst Du hier wechseln: Sebastian wieder an seiner Seite und überrascht davon, wie schnell sich sein Freund in der Nacht erholt hatte. Er beobachtete wie er, als wäre nie etwas gewesenKomma aufstand und zur Küche ging, um den Kaffee zu holen.
Sie bemerkte, wie die aufsteigende Wut,kein Komma alle Angst und Zweifel in ihr erstickten.
Dann viel fiel ihr der Peilsender ein den sie trug und lächelte.
Anne hielt mitten in ihre Bewegung inne, dann drehte sie sich abrupt zu ihm um.
wie du sie überführen willst, wenn sie mich nicht ganz nah,kein Komma bei sich auf dem Boot haben können?“,
Und wieder wurden ihre Augen zu schmalen Schlitzen, als sie zornig geworden,kein Komma weiter sprach:
„Falsch, gerade deshalb musst du es“, sagte sie leiseKomma aber unmissverständlich.
etwas beim Baden geworden, obwohl in Sebi ihn mit Frischhaltefolie abgedeckt hatte.
Die Wunde sieht wirklich auszeichnen ausgezeichnet aus.
Wundränder aufgetragen werden musste, so wie sowie normales, frisches Verbandsmaterial für die „tauchfreie Zeit“, wie der Arzt sich ausdrückte, befindet befand.

Liebe Grüße,
 

petrasmiles

Mitglied
Ich muss gestehen, da ist ja ein Haufen Textarbeit passiert und ich habe alles glatt überlesen, weil ich dem Faden der Spannung folge.
Gibt es solche Wundermittel tatsächlich, oder ist das Fantasiearbeit?

Auf jeden Fall: Ich bin noch am Ball :)

Liebe Grrüße
Petra
 

Sonja59

Mitglied
Hallo Rainer,

Dankeschön, für die viel Arbeit, die Du Dir gemacht hast. Natürlich habe ich alles sehr gern übernommen.

Liebe Grüße
 

Sonja59

Mitglied
Hallo Petra,
Gibt es solche Wundermittel tatsächlich, oder ist das Fantasiearbeit?
Ja, solche "Wundermittel", sprich ein Serum, gibt es tatsächlich für bestimmte Spezialeinheiten, dass nur unter bestimmten Bedingungen zum Einsatz kommen darf. Bei der Darreichungsform, also Halsschlagader und Co. habe ich etwas geschummelt, bzw. habe die Details leicht abgeändert.

Wenn Dir etwas im Text zu Übertrieben oder nicht logisch erscheint, würde ich mich freuen, wenn Du mir das unverblümt mitteilst. Das würde mir helfen es richtig zu stellen, sprich zu streichen oder umzuschreiben. Denn ich bin beim Schreiben Betriebsblind und trage Scheuklappen. Vielleicht erkläre ich zu viel, was keinen außer vielleicht mich interessiert. Der Spagat zwischen Spannung und für andere vielleicht unwichtige Details, die ich aber, wegen eines besseren Verstehens, nähern ausführen möchte, ist nicht immer leicht. Außerdem soll es such keine wissenschaftliche Abhandlung sein. Andererseits steckt sehr viel Recherchearbeit dahinter, die mir persönlich viel Spaß gemacht und mir auch viel gegeben hat, dass ich deren Ergebnisse dann im Text nicht außenvor lassen möchte. Natürlich sollte ich das alles in einem gesunden Rahmen bewegen. Ist nur die Frage, ob ich das halbwegs hinbekommen habe.
Würde mich also wirklich über ehrliche Kritik freuen.
Das man es dabei natürlich nicht jedem Recht machen kann ist mir klar. Das will ich auch gar nicht. Aber ein paar Stimmen wären schon nicht schlecht, die mir hier ihre Meinung sagen.

Liebe Grüße
 

petrasmiles

Mitglied
Wird gemacht, liebe Sonja,

dabei fand ich diesen Teil wieder mordsspannend und da fand ich nichts zuviel, aber in der 5 fiel mir soetwas auf.
Vielleicht schaffe ich da am Wochenende was.

Liebe Grüße
Petra
 



 
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