Vielleicht war dies das Ende. Das Wetter war schlecht, es regnete schon den ganzen Tag lang. Die Bahnen waren voll, schwitzende, stinkende Menschen drängten dicht an dicht, und ich freute mich über meinen Sitzplatz, der es mit allerdings nicht erlaubte, mehr als den dicken Hintern einer Frau zu betrachten. Gleich würde der Bahnhof kommen, ein großer Umschlagplatz, da würde es sicherlich leerer werden. Das Kind auf dem Schoß neben mir zappelte, und ich dachte nur, wehe, wenn du mit deinen dreckigen, nassen Schuhen an meine schöne neue Hose kommst.
Die Durchsage für den Bahnhof. Eine kaum wahrnehmbare Welle ging durch die Menschenmasse. Wer konnte, drehte sich bereits mit der Vorderseite in Richtung Ausgang. So machte man unauffällig deutlich, dass man die nächste Haltestelle aussteigen will.
Ich wollte noch nicht aussteigen, ich fuhr bis in den tiefen Osten der Stadt. Ich besuchte meine Freundin, die mich gar nicht mehr sehen wollte, aber das wäre eine andere Geschichte. Der Fuß des Kindes kam meinem Bein ziemlich nahe.
Der Wagen bremste ab, das Gerangel um die besten Plätze begann. Ich freute mich schon auf die nächste Zigarette. Der Hintern vor mir kam in Bewegung, ich sah, wie sich der Slip abzeichnete. Die Hose war aus dunklem Wollstoff, da wo die Oberschenkel sich trafen, war der Stoff schon ein wenig aufgewetzt. Ein schönerer Hintern, und der Anblick wäre verlockend gewesen. So aber war ich froh, dass diese Frau nun ausstieg. Ich wünschte, das Kind neben mir würde auch aussteigen, aber es zappelte einfach weiter. Schlimmer noch, es begann zu weinen.
Ich schaute es an. Es war blond, wie so ziemlich alle Kinder blond zu sein scheinen. Vielleicht ein Jahr alt, vielleicht auch nicht. Woher sollte ich so was auch wissen. Ich kannte persönlich keine Kinder, und ich konnte mich auch nicht daran erinnern, selbst mal ein Kind gewesen zu sein. Offensichtlich war es ein Mädchen, denn es trug rosa (wieso eigentlich???), auch wenn es - wahrscheinlich aus praktischen Gründen - statt eines Rockes oder Kleides eine Hose trug. Den Schnuller hatte es, nun da es zu einem wilden Geplärre angesetzt hatte, ausgespuckt, und er baumelte glitzernd und klebrig an einer weißen Plastikkette um den Hals. Vom Schnuller drohte daher eine zweite Gefahr, denn das Kind hatte immer noch nicht aufgehört zu zappeln, und so kam mir er zeitweilig gefährlich nahe. Ich fragte mich, warum die Mutter - keine Schönheit, war wahrscheinlich auch noch nie eine - das Kind nicht unter Kontrolle kriegte.
Ich warf ihr einen Blick zu, doch ihre Augen waren kalt und nicht grade einfühlsam. Sie schienen sagen zu wollen: was willst du von mir, noch nie ein müdes Kind gesehen, noch nie eine müde Mutter gesehen? Und ich mochte zurück schreien, um das Gegreine des Kindes zu übertönen: noch nie einen müden Maurer gesehen???
Doch ich schluckte meinen Ärger herunter, und just wurden meine Gedanken abgelenkt, weg von den Menschen um mich herum, weg von dem Weinen des Kindes, weg von der Mutter mit den kalten Augen, weg von dem Regen, dem Gestank der nassen Kleidung, den Fettflecken auf den Fensterscheiben, die von den Köpfen der Fahrgäste zurückgelassen worden waren. Vor mir stand das bezauberndste Wesen, das ich je gesehen hatte.
Wie eine Prinzessin stand sie da, hielt sich an einer Haltestange fest und wirkte ziemlich gestresst. Die Kleidung war schick, aber vom Regen durchgeweicht. Das Haar klebte ihr in nassen Strähnen in der Stirn. Sie hielt die Augen geschlossen und lehnte mit ihrem Kopf an der Haltestange. Der Mund war schmal und wirkte zusammengepresst. Auf der Stirn waren Falten zu erkennen. Plötzlich zuckten ihre Mundwinkel und schoben sich unmerklich nach oben. Sie schien von etwas angenehmen zu träumen. Ich hätte gerne gewusst, was ihr die Sinne erheiterte. In diesem Moment stellte ich fest, dass ich mich sofort in sie verliebt hatte. Obwohl sie nichts besonderes war. Sie stand einfach nur so da und schien zu träumen. Vielleicht war es das, was mir so gefiel. An ihr. Ich.
Das Kind neben mir streifte mich endlich mit seinem Fuß, nun war es vollbracht, die Hose verdreckt mit Schlamm und Straßendreck, und eine Sekunde lang ärgerte ich mich. Doch dann schaute ich wieder auf, auf zu meiner Prinzessin - die verschwunden war.
Ich suchte sie allzu unauffällig mit meinen Augen, doch sie musste wohl ausgestiegen sein, ohne mich zu bemerken. Jetzt hielt sich ein offensichtlich stark erkälteter Teenager an der Stange fest. Meine Augen blieben auf einem alten Mann, der auf der gegenüberliegenden Seite saß, heften. Auch er hatte nasse Haare, die Kleidung war durchweicht. Seine Hände ruhten zitternd auf dem Knauf seines altmodischen Spazierstocks. Die Hose war auch altmodisch, aber im Gegensatz zu meiner sauber.
Die Durchsage für den Bahnhof. Eine kaum wahrnehmbare Welle ging durch die Menschenmasse. Wer konnte, drehte sich bereits mit der Vorderseite in Richtung Ausgang. So machte man unauffällig deutlich, dass man die nächste Haltestelle aussteigen will.
Ich wollte noch nicht aussteigen, ich fuhr bis in den tiefen Osten der Stadt. Ich besuchte meine Freundin, die mich gar nicht mehr sehen wollte, aber das wäre eine andere Geschichte. Der Fuß des Kindes kam meinem Bein ziemlich nahe.
Der Wagen bremste ab, das Gerangel um die besten Plätze begann. Ich freute mich schon auf die nächste Zigarette. Der Hintern vor mir kam in Bewegung, ich sah, wie sich der Slip abzeichnete. Die Hose war aus dunklem Wollstoff, da wo die Oberschenkel sich trafen, war der Stoff schon ein wenig aufgewetzt. Ein schönerer Hintern, und der Anblick wäre verlockend gewesen. So aber war ich froh, dass diese Frau nun ausstieg. Ich wünschte, das Kind neben mir würde auch aussteigen, aber es zappelte einfach weiter. Schlimmer noch, es begann zu weinen.
Ich schaute es an. Es war blond, wie so ziemlich alle Kinder blond zu sein scheinen. Vielleicht ein Jahr alt, vielleicht auch nicht. Woher sollte ich so was auch wissen. Ich kannte persönlich keine Kinder, und ich konnte mich auch nicht daran erinnern, selbst mal ein Kind gewesen zu sein. Offensichtlich war es ein Mädchen, denn es trug rosa (wieso eigentlich???), auch wenn es - wahrscheinlich aus praktischen Gründen - statt eines Rockes oder Kleides eine Hose trug. Den Schnuller hatte es, nun da es zu einem wilden Geplärre angesetzt hatte, ausgespuckt, und er baumelte glitzernd und klebrig an einer weißen Plastikkette um den Hals. Vom Schnuller drohte daher eine zweite Gefahr, denn das Kind hatte immer noch nicht aufgehört zu zappeln, und so kam mir er zeitweilig gefährlich nahe. Ich fragte mich, warum die Mutter - keine Schönheit, war wahrscheinlich auch noch nie eine - das Kind nicht unter Kontrolle kriegte.
Ich warf ihr einen Blick zu, doch ihre Augen waren kalt und nicht grade einfühlsam. Sie schienen sagen zu wollen: was willst du von mir, noch nie ein müdes Kind gesehen, noch nie eine müde Mutter gesehen? Und ich mochte zurück schreien, um das Gegreine des Kindes zu übertönen: noch nie einen müden Maurer gesehen???
Doch ich schluckte meinen Ärger herunter, und just wurden meine Gedanken abgelenkt, weg von den Menschen um mich herum, weg von dem Weinen des Kindes, weg von der Mutter mit den kalten Augen, weg von dem Regen, dem Gestank der nassen Kleidung, den Fettflecken auf den Fensterscheiben, die von den Köpfen der Fahrgäste zurückgelassen worden waren. Vor mir stand das bezauberndste Wesen, das ich je gesehen hatte.
Wie eine Prinzessin stand sie da, hielt sich an einer Haltestange fest und wirkte ziemlich gestresst. Die Kleidung war schick, aber vom Regen durchgeweicht. Das Haar klebte ihr in nassen Strähnen in der Stirn. Sie hielt die Augen geschlossen und lehnte mit ihrem Kopf an der Haltestange. Der Mund war schmal und wirkte zusammengepresst. Auf der Stirn waren Falten zu erkennen. Plötzlich zuckten ihre Mundwinkel und schoben sich unmerklich nach oben. Sie schien von etwas angenehmen zu träumen. Ich hätte gerne gewusst, was ihr die Sinne erheiterte. In diesem Moment stellte ich fest, dass ich mich sofort in sie verliebt hatte. Obwohl sie nichts besonderes war. Sie stand einfach nur so da und schien zu träumen. Vielleicht war es das, was mir so gefiel. An ihr. Ich.
Das Kind neben mir streifte mich endlich mit seinem Fuß, nun war es vollbracht, die Hose verdreckt mit Schlamm und Straßendreck, und eine Sekunde lang ärgerte ich mich. Doch dann schaute ich wieder auf, auf zu meiner Prinzessin - die verschwunden war.
Ich suchte sie allzu unauffällig mit meinen Augen, doch sie musste wohl ausgestiegen sein, ohne mich zu bemerken. Jetzt hielt sich ein offensichtlich stark erkälteter Teenager an der Stange fest. Meine Augen blieben auf einem alten Mann, der auf der gegenüberliegenden Seite saß, heften. Auch er hatte nasse Haare, die Kleidung war durchweicht. Seine Hände ruhten zitternd auf dem Knauf seines altmodischen Spazierstocks. Die Hose war auch altmodisch, aber im Gegensatz zu meiner sauber.