Unvergessen - Kapitel 1: Geisterstunde

Kunstbanause

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Es ist ein regnerischer Vormittag, doch im kalten Untersuchungsgefängnis bekomme ich nichts von der Welt da draußen mit. Zwei Polizisten sitzen mir beständig im Genick, eine spröde Glasscheibe mit kleinen Löchern trennt mich von meiner Mandantin, Frau Neverknow. Ihre zerzausten blonden Haare sind zu einem Dutt hochgesteckt, braune müde Augen und ein paar Falten bilden ihr ängstliches Gesicht. Sie wirkt etwas füllig, ist mittelgroß und trägt eine zu enge graue Bluse.

"I-Ich kann nicht glauben, dass er tot ist", nervös zerrt sie an ihrem weißen Schal, "und... und dass ich dafür verantwortlich gemacht werde! Was soll ich denn jetzt machen?" Mit ihren Wurstfingern verdeckt sie ihr Gesicht, das schreckliche Ergebnis, wenn Make-Up auf Tränen trifft. Ich sollte erste Informationen sammeln.
"Bitte beruhigen Sie sich Frau Neverknow, ich bin hier um Ihnen zu helfen. Wenn es für Sie in Ordnung ist, würde ich Ihnen gerne ein paar Fragen stellen." Seufzend nickt sie und legt sie ihre kraftvollen Hände in den Schoß. "Lassen Sie die Förmlichkeiten und nennen Sie mich Katia."

Ich setzte mich etwas aufrechter hin und versuche zu lächeln. Die Polizisten hinter mir machen mich etwas nervös.
"Also gut, Katia. Zunächst einmal... Warum werden Sie, ähm, weshalb wirstdu verdächtigt?"
"Es hängt eine Überwachungskamera in unserem Anwesen. Ich bin auf Video zu sehen."
Oh, das klingt gar nicht gut. "Kann ich es sehen?"
"Nein, leider nicht. Es ist der Staatsanwaltschaft vorbehalten."
"Gut, könntest du mir dann erzählen, was genau man darauf sieht?"
"Nun, also... ich denke man sieht mich und Tristan im Wohnzimmer streiten.
Tristan ist mein-", traurig blickt sie zu Boden, "er... er war mein Mann."
"Warum habt ihr gestritten?" Sie schaut rasch auf.
"Ich habe einen Slip in unserem Schlafzimmer gefunden!" Katias Stimme bebt vor Wut. "Daraufhin habe ich diesen Mistkerl sofort zu Rede gestellt! Natürlich hat er alles abgestritten."
"Oh nein... das tut mir leid. Wie ging der Streit aus, wenn ich fragen darf?"
"Naja...", nachdenklich neigt sie ihren Kopf und starrt ins Leere, "...ich bin wütend in die Küche gerannt, mein Mann ist im Wohnzimmer geblieben, er hat sich, denke ich, aufs Sofa gesetzt. Aber was man als nächstes auf dem Video sieht, verstehe ich nicht."
Jetzt bin ich neugierig. "Was meinen Sie, äh, was meinst du?" Katia schaut mich mit weit aufgerissenen Augen an. Zusammen mit dem verwischten Lidschatten wirkt sie ein wenig unheimlich.
"Auf einmal... kommt ein Gespenst aus der Küche!"
Ich kann nicht glauben, was ich da höre. Ein Gespenst, ernsthaft? Am besten nehme ich das erstmal so hin, ich möchte Frau Neverknow nicht unterbrechen.
"Der Geist bewegt sich zu Tristan und... und ersticht ihn!" Katias Stimme klingt durch ihre Nervosität plötzlich sehr hoch. "Tristan schreit laut auf und der Geist flüchtet wieder in die Küche. Als ich den Schrei höre, stürme ich ins Wohnzimmer, a-aber ich habe niemanden gesehen, auch wenn die Gestalt mir hätte entgegenkommen müssen! Als ich meinen Mann sah, lag er regungslos auf dem Ledersofa, es war so schrecklich!" Wieder bedeckt sie ihr Kosmetikwrack mit ihren Pranken. Ihr Seufzen wird dadurch erheblich verstärkt.

"Glaubt die Polizei wirklich, dass es sich um ein Gespenst gehandelt hat?", schalte ich mich wieder ein. Katia gibt ihr entstelltes Gesicht zum Vorschein. Ich würde ihr zu gerne ein Taschentuch reichen, wenn nur diese Glasscheibe nicht im Weg wäre.
"Nein, sie denken ich hätte mir ein Kostüm angezogen, ihn umgebracht, es in der Küche wieder ausgezogen und dann so getan, als habe ich die Leiche entdeckt."
"Das ist absurd." Wie kann die Polizei so etwas glauben!?
"Ja, aber das ist die einzig logische Erklärung."
"Was ist mit der Tatwaffe?"
"Sie wird noch gesucht."
"Und ihre angebliche Verkleidung?"
"Die ist auch nirgends aufzufinden. Man hat mich bereits quälende Stunden zu besagten Objekten verhört, ich konnte jedoch keine Angaben dazu machen, bis sie schließlich nachgaben." Das sieht man ihr deutlich an, die arme.
"Mit welchen Beweisen möchte man Sie dann belasten? Gab es denn keine Zeugen?" Sie stößt einen sehr langen Seufzer aus.
"Nein, und wegen dem Video braucht die Polizei auch keine. Zur Tatzeit waren nur ich und mein Mann anwesend."
"Hätte sich niemand im Haus verstecken können?"
"Nein, die Kamera filmt 24 Stunden." Den ganzen Tag? Moment mal.
"Wie erklärt sich die Polizei dann die Tatsache, dass du deinen Mann in einer Geisterkluft getötet haben sollst? Zumal du ja Kenntnis von der Kamera hattest, die dich klar und deutlich filmt. Sich zu verkleiden wäre doch völlig sinnlos."
"Oh... naja." Geistesabwesend schaut sie an mir vorbei. "Ich denke, daran bin ich selbst Schuld. Wissen Sie... das letzte, was ich im Streit zu Tristan gesagt habe war: 'Sollen dich doch die Geister holen.' " Ich schaue verdutzt drein. Das kann doch nicht wahr sein...
"Die Polizei sieht diese Aussage als Beweis, dass ich mich verkleidet habe."
"Hm... ich verstehe." Rein gar nichts. Aber gut, weiter im Text. "Weshalb vermutete man überhaupt, dass du ihn getötet hast? Du hast doch kein Motiv, oder?"
"Aus Eifersucht ermordet. Das ist die offizielle Version. Aber auch wenn ich in diesem Moment wütend auf ihn war, so hätte ich doch niemals solch eine Tat verüben können!" Hm... so kommen wir nicht weiter.
"Erzähl mir bitte nochmal von der Geistergestalt. Wie genau sah sie auf dem Video aus?"
"Puh, lassen Sie mich nachdenken." Sie lehnt sich, die Arme verschränkt, auf dem Stuhl nach hinten, dieser knarrt bedrohlich." Er war... unheimlich. Blau, leuchtend und irgendwie mehr Licht als Mensch, wie ein echter Geist eben.
Ich bekomme Gänsehaut. Wie man es dreht und wendet, momentan kann ich keine schlüssige Erklärung finden. Diese ganze Geistergeschichte mutet sehr bizarr an. Es kann sich doch nicht wirklich um ein Gespenst handeln. Oder doch?
"Haben Sie, also hast du vielleicht irgendeine Vermutung, wer die Gestalt im Geisterkostüm gewesen sein könnte? Hat dein Ehemann irgendwelche Feinde?"
"Nein, nicht dass ich wüsste." Katia rutscht wieder näher an die Glasscheibe. "Aber ich versichere Ihnen, ich habe niemanden gesehen! Ich bin fest überzeugt, dass ich mit Tristan alleine war!"

"Also gut, fassen wir nochmal zusammen: Nach eurem Streit bist du in die Küche gegangen. Du hast diese erst verlassen, als du den Schrei deines Mannes vernahmst. Und du hast auch niemanden gesehen, der die Küche betreten oder verlassen hat."
Katia stimmt nickend zu. "Sie halten mich bestimmt für eine Verrückte, was?" Zu meinem Entsetzen tupft sie sich mit ihrem weißen Schal die Augen ab. Er ist jetzt mit lila und blau verschmiert. "Natürlich, jeder normale Mensch täte das. Ich könnte auch verstehen, wenn Sie meinen Fall nicht annehmen wollen."
"Da muss dir widersprechen, ich glaube sehr wohl an deine Unschuld. Zweifellos werde ich dich verteidigen!"
Mit erhobener Augenbraue sieht sie auf. "Ach ja? Was macht Sie da so sicher?"
"Weißt du, deine Schwester, Luna, hat mich aufgesucht und um Hilfe gebeten."
Katia wirkt plötzlich sehr überrascht. "Was? Luna hat Sie engagiert? Ich dachte Sie wären eine staatliche Anwältin..."
"Ja, keine Ahnung warum, aber sie wollte unbedingt, dass ich Ihnen helfe." Ich schenke ihr ein Lächeln. "Ich halte sie für ein sehr ehrliches Mädchen und wenn Luna an dich glaubt, tue ich es ihr gleich. Außerdem habe ich nicht das Gefühl, dass du zu dieser Tat fähig bist." Nein, Katia ist auf jeden Fall unschuldig.
"Arme Luna", sie macht ein bedrücktes Gesicht, welches unerwünscht ihre Falten betont, "das muss alles gerade sehr schwer für sie sein. Ihre Schwester im Gefängnis, ihr Schwager tot... Sie muss am Boden zerstört sein... und das ist allein meine Schuld."
Ich lehne mich näher an die Scheibe.
"Das stimmt nicht", protestiere ich, Katia ist verwundert. "Zunächst einmal bist du unschuldig, du brauchst dir nichts vorwerfen. Außerdem ist deine Schwester alles andere als traurig. Ich habe sie vorhin nur kurz getroffen, aber sie schien mir sehr lebendig." Mit einem herausfordernden Blick lehne ich mich zurück und schlage die Beine über einander. "Sie ist optimistisch, dass du bald frei gesprochen wirst."
"Wirklich? Sie ist nicht traurig?"
"Ganz und gar nicht. Ich glaube da schätzt du Luna falsch ein. Sie ist stärker als dir vielleicht bewusst ist." Zum ersten Mal sehe ich Frau Neverknow lächeln. Auch wenn nun noch mehr Falten zu Tage treten bin ich erstaunt, wie hübsch sie plötzlich aussieht.
"Luna ist eine tolle Schwester, ich bin froh sie zu haben."

Ich nicke. "Gleich bin ich noch mit ihr verabredet. Sie will mich freundlicherweise zu deinem Anwesen führen. Ich möchte den Tatort vor dem Prozess morgen noch nach Hinweisen absuchen."
"Es tut mir leid, dass ich Ihnen solche Umstände mache, Frau Starling." Ich schlage meine Beine auseinander und beuge mich vor.
"Kein Problem, ich bin hier nicht die Leidtragende. Du hast mein tiefstes Beileid zu deiner derzeitigen Position. Ich finde es wirklich eine Schande, dass du wie eine Schwerverbrecherin behandelt wirst, obwohl du gerade erst deinen Mann verloren hast."
"Die Besuchszeit ist nun vorbei", erschrocken zucke ich zusammen, "bitte beenden Sie ihr Gespräch."Die beiden Polizisten hatte ich bis eben vollkommen vergessen. Ich wende mich wieder zu meiner Mandantin.
"Ich verspreche dir alles in meiner Macht Stehende zu tun, um deine Unschuld zu beweisen und dich so schnell wie möglich hier raus zu bringen, damit du und Luna euch wiedersehen könnt." Hinter dieser Spukgeschichte steckt noch viel mehr, als es zunächst scheint. Ich werde die Wahrheit herausfinden, koste es was es wolle.
"Vielen Dank", sagt Katia mit schwindenden Lächeln, während sie von einem Polizisten zurück in ihre Zelle gebracht wird.
 

jon

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Das Grobe zuerst:

Die Leerzeilen wirken wie ausgewürfelt. Und die Absätze bei den Dialogen stimmen nicht: Man macht einen Absatz, wenn der Redner/"Redner" wechselt.

Ein Beweisstück, dass der Verteidigung nicht zugänglich ist??? Wo spielt das?

An welcher Stelle stellt Yuri (?) sich Katia (und dem Leser) vor?

"Neverknow"? Soll das Ganze eine Komödie werden?

Katia ist geschminkt? Klingt, als wäre sie gerade erst inhaftiert worden. Und schon am nächsten Tag beginnt der Prozess? Wo spielt das?
Selbst wenn Katia sich tatsächlich im Gefängnis schminkt (und dort mit einem Schal rumlaufen darf – ????), ist es schon merkwürdig, wieso Yuri erst einen Tag vor Prozessbeginn ihre Arbeit aufnimmt. Vor allem, da sie offenbar niemanden ablöst, denn Katia dachte ja, sie sei der Pflichtverteidiger.

Wieso bietet Katia Yuri das Du an??

Ein paarmal klang für mich das Gesagte gekünstelt, also nicht so, wie man normalerweiser reden würde.

Es gibt Komma- und andere Fehler, aber die kann man nach der nötigen Überarbeitung beheben.



Gspenst? Das macht mich schon neugierig, auch wenn die Textqualität mich eigentlich eher abturnt …
 

Kunstbanause

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Autsch, das tut weh. Mir war bereits bewusst, dass meine Geschichte nicht sonderlich realistisch ist. Dass sie jedoch überhaupt keinen Sinn macht, hätte ich nicht gedacht. Ich merke schon, man sollte besser nicht über Dinge schreiben, von denen man nichts versteht. Da reicht es auch nicht, mal was im Fernsehen gesehen oder hier und da gehört zu haben.
Ich habe einfach drauf los geschrieben. Ist so ziemlich meine erste Geschichte und ich habe wohl nicht ernst genug daran gearbeitet. Ich denke, ich war einfach froh meine erste eigene Geschichte geschrieben zu haben und wollte mein Ergebnis unbedingt teilen. Wie katastrophal dieses Ergebnis ausgefallen ist, habe ich gar nicht bemerkt...
Jedenfalls tut es mir leid, jemanden das hier zugemutet zu haben. Ich wollte wirklich niemanden verärgern, sondern für Unterhaltung sorgen. Trotzdem danke für die ausführliche Kritik, sonst wüsste ich ja nie, wie schlimm es um mein erstes Werk bestellt ist =)
 

jon

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Teammitglied
Hallo Kunstbanause,

ich hatte versucht rauszubekommen, wie alt du eigentlich bist, weil das - zugegeben – meinen Tonfall etwas hätte beeinflussen können. In der Endkonsequenz ist es aber so, dass die wesentlichen Tipps die gleichen sind:

Zum ersten – aber das hast du je selbst schon gemerkt – sollte man von dem Umfeld, in dem die Geschichte spielt, eine recht genaue Vorstellung haben. Zur Not muss man eben alles recherchieren, wobei ich in dem Fall den Eindruck habe, dass dir sogar die bekanntesten Grundlagen nicht geläufig sind. Das ist an sich nicht schlimmm - nur man muss diese Wissenslücken eben schließen.

Zweitens hapert es gewaltig an der Glaubwürdigkeit der Figuren. Versuche ganz bewusst, immer Alter, Typ und soziale Position der Figuren innerhalb deines Ensembles im Kopf behalten! Und nimm die Figuren als Charaktere ernst! Alle Figuren, auch die, die du als komische Elemente benutzt. Du spielst hier nicht mit Kasperpuppen. Stell dir vor, du wärst Film- oder Theater-Regiseur und die Schauspieler würden dich nach der "Motivation" ihrer Figur und/oder nach dem Charakter ihrer Figur fragen – und dann schreibe so, als würde die Schauspieler diese Information bei ihrem Spile umsetzen.

Drittens lehnt sich an Punkt eins an: Du musst auch immer wissen, wie die aktuelle Situation entstand, wie sie im Moment aussieht und am besten auch, wohin sie sich entwicklen soll. Du musst also - um es mal auf dieses Kapitel zu beziehen – genau wissen wie lange Katia schon einsitzt, es ist hilfreich zu wissen, welche Kleidung sie trägt und eventuell ob jemand ihr Wechselsachen in den Knast gebracht hat. Manches braucht man unbedingt (wie die Dauer der Haft), manche Notwendigkeit ergibt sich beim Schreiben - aber das muss dann fundiert festgelegt werden.

Dass du dir Geschichten ausdenken kannst, ist offensichtlicht, daran hapert es also nicht. Was du nun lernen musst, dir Zeit zu nehmen, diese Geschichten sorgfältig auszuarbeiten. Du könntest es an Kurzgeschichten üben …
 



 
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