Blarks
Mitglied
Marvin Hertz – Der Resonanz-Detektor
Marvin ist 24 Jahre alt und arbeitet beim Radio- und Fernsehgeschäft Blitz, direkt neben der Apotheke
von Ernst Graumann. Marvin ist brillant, aber stinkfaul. Die Schule fand er langweilig.
In einem funktionierenden Schulsystem wäre seine Hochbegabung erkannt worden, und er hätte sicher
studiert. Aber in Deutschland sehen seine Lehrer nur einen faulen unmotivierten Schüler,
der es im Leben nicht weit bringen wird. Statt eines klassischen Studiums vertieft Marvin sich in
Nischengebiete wie hochfrequente elektromagnetische Interferenzdiagnostik und nichtlineare
Signalrekonstruktion. Begriffe, die klingen wie Magie und die für Marvin einfach nur interessant sind.
Marvin atmet Technik. Er spürt Resonanzen, bevor andere sie messen können. Diese Gabe hat Marvin
von seiner Oma Rosa geerbt. Einer Frau, die Geister sieht, ohne mit der Wimper zu zucken. Und die
später noch eine Rolle spielen wird.
Hinnerk Thomsen ist stolz wie Bolle.
Er ist mit großen schweren Landmaschinen aufgewachsen, sein Leben lang. Bis der Hof seines Vaters
pleiteging. Jetzt lebt Hinnerk in der Stadt. Hinnerk ist 22 Jahre alt und hat gerade seinen LKW-Führerschein
gemacht. Die Firma hat ihn bezahlt, auch weil ihn dort alle mögen. Dieser freundliche Junge mit dem breiten
Lächeln, der immer hilft, wenn jemand was schleppen muss.
Heute ist ein besonderer Tag, Hinnerk fährt seinen ersten Auftrag. Mit einem extra breiten Grinsen,
glücklich wie eine Sau im Dreck, fährt er den nagelneuen Zementlaster. Erst gestern hat sein Chef
den neuen Wagen abgeholt und heute darf ausgerechnet Hinnerk damit los, eine Baustelle beliefern.
Hinnerk fährt ein bisschen schneller als erlaubt, aber nicht viel. Seine Freude strahlt so hell wie die
Sonne als er auf der langen geraden Straße den Mann im weissen Kittel am Straßenrand sieht, der
dicht am Fahrbahnrand steht und offenbar etwas in ein Notizbuch schreibt. Er steht lange reglos da.
Aber als Hinnerk nur noch knapp fünf Meter von ihm entfernt ist, geht er los. Direkt auf die Straße!
Marvin arbeitet an einem nigelnagelneuen digitalen DAB+ Radio. Der Sendersuchlauf findet einen
Sender mit einem statischen rauschen wie von einem alten analogen Radio und Marvin horcht auf.
Etwas ist seltsam, nicht das analoge rauschen in einem rein digitalen Kanal, sondern... da ist noch
etwas. Marvin setzt sich seine Kopfhörer auf, nicht die billigen Knöpfe für unterwegs, sondern die
schweren Over-Ear-Kopfhörer, mit denen er die Welt ausschließt. Er dreht die Lautstärke weiter auf
und dann hört er es, erst leise. Dann immer lauter: „nein, ob bitte nein, Nein! NEIN! NEEIIINN!!!!!“
eine Stimme weit entfernt und doch so nah. Sie fleht, sie jammert und schreit. Undeutlich und doch so
nah. Marvins Werkstatt liegt hinten im Laden, die Tür geschlossen. Den Krach auf der Straße hört er
nicht. Denn in diesem Moment wird Ernst Graumann, der Apotheker von nebenan, überfahren.
Er ist hochkonzentriert, in sein Notizbuch vertieft.
Er merkt es nicht.
Er ist sofort tot.
Auch die Schreie des LKW-Fahrers kann er nicht hören. Denn der sitzt mit weit aufgerissenen Augen
immer noch hinter dem Steuer seines Lasters und gibt keinen Mucks von sich. Aber die Seele des
Truckers schreit! Vor Schreck und aus Mitgefühl. Er steht mit beiden Füßen auf der Bremse. Der
schwere Zement-Laster ist längst zum Stehen gekommen, doch er kann nicht anders.
Seine Stimme schweigt, aber seine Seele schreit zum Gotterbarmen.
Er hat einen Mann totgefahren.
Wie in Zeitlupe erinnert sich Hinnerk an den Aufprall. Der Kotflügel vorne rechts hat ihn erwischt und
der Reifen hat den hageren Mann der offenbar einen weißen Arztkittel trug zermalmt. Ohne die
automatische Vollbremsung des hochmodernen LKW wäre der Reifen nur über den armen Apotheker
hinweggerollt, aber dadurch, daß er gebremst hat ist der jetzt nur noch Matsch. Eine Spur aus
Knochen, Fleisch und Blut. Die Polizei wird später ermitteln, daß Ernst Graumann, der jetzt eigentlich
Ernst Rotmann ist, sich unter dem Laster auf 2,87 Meter längsseits verteilt hat. Daß Hinnerk keine
Schuld trifft, spielt für ihn keine Rolle. Er ist im Schockzustand, seine Finger krallen sich so sehr um
das Lenkrad, daß seine Knochen weiß hervortreten. Die Augen immer noch weit aufgerissen, das
Gesicht vor Entsetzen zu einer Fratze verzerrt, vergisst er zu atmen. Dann wird er ohnmächtig und
sein Atemreflex setzt automatisch wieder ein. Er wird über ein Jahr brauchen um dieses Trauma zu
verarbeiten und nie wieder einen Laster fahren. Aber Hinnerk fällt weich. Er hat eine liebevolle Frau
die ihm eine große Stütze ist und seine Freunde und Kollegen in der Firma stehen voll und ganz zu ihm.
... Fortsetzung folgt
Marvin ist 24 Jahre alt und arbeitet beim Radio- und Fernsehgeschäft Blitz, direkt neben der Apotheke
von Ernst Graumann. Marvin ist brillant, aber stinkfaul. Die Schule fand er langweilig.
In einem funktionierenden Schulsystem wäre seine Hochbegabung erkannt worden, und er hätte sicher
studiert. Aber in Deutschland sehen seine Lehrer nur einen faulen unmotivierten Schüler,
der es im Leben nicht weit bringen wird. Statt eines klassischen Studiums vertieft Marvin sich in
Nischengebiete wie hochfrequente elektromagnetische Interferenzdiagnostik und nichtlineare
Signalrekonstruktion. Begriffe, die klingen wie Magie und die für Marvin einfach nur interessant sind.
Marvin atmet Technik. Er spürt Resonanzen, bevor andere sie messen können. Diese Gabe hat Marvin
von seiner Oma Rosa geerbt. Einer Frau, die Geister sieht, ohne mit der Wimper zu zucken. Und die
später noch eine Rolle spielen wird.
Hinnerk Thomsen ist stolz wie Bolle.
Er ist mit großen schweren Landmaschinen aufgewachsen, sein Leben lang. Bis der Hof seines Vaters
pleiteging. Jetzt lebt Hinnerk in der Stadt. Hinnerk ist 22 Jahre alt und hat gerade seinen LKW-Führerschein
gemacht. Die Firma hat ihn bezahlt, auch weil ihn dort alle mögen. Dieser freundliche Junge mit dem breiten
Lächeln, der immer hilft, wenn jemand was schleppen muss.
Heute ist ein besonderer Tag, Hinnerk fährt seinen ersten Auftrag. Mit einem extra breiten Grinsen,
glücklich wie eine Sau im Dreck, fährt er den nagelneuen Zementlaster. Erst gestern hat sein Chef
den neuen Wagen abgeholt und heute darf ausgerechnet Hinnerk damit los, eine Baustelle beliefern.
Hinnerk fährt ein bisschen schneller als erlaubt, aber nicht viel. Seine Freude strahlt so hell wie die
Sonne als er auf der langen geraden Straße den Mann im weissen Kittel am Straßenrand sieht, der
dicht am Fahrbahnrand steht und offenbar etwas in ein Notizbuch schreibt. Er steht lange reglos da.
Aber als Hinnerk nur noch knapp fünf Meter von ihm entfernt ist, geht er los. Direkt auf die Straße!
Marvin arbeitet an einem nigelnagelneuen digitalen DAB+ Radio. Der Sendersuchlauf findet einen
Sender mit einem statischen rauschen wie von einem alten analogen Radio und Marvin horcht auf.
Etwas ist seltsam, nicht das analoge rauschen in einem rein digitalen Kanal, sondern... da ist noch
etwas. Marvin setzt sich seine Kopfhörer auf, nicht die billigen Knöpfe für unterwegs, sondern die
schweren Over-Ear-Kopfhörer, mit denen er die Welt ausschließt. Er dreht die Lautstärke weiter auf
und dann hört er es, erst leise. Dann immer lauter: „nein, ob bitte nein, Nein! NEIN! NEEIIINN!!!!!“
eine Stimme weit entfernt und doch so nah. Sie fleht, sie jammert und schreit. Undeutlich und doch so
nah. Marvins Werkstatt liegt hinten im Laden, die Tür geschlossen. Den Krach auf der Straße hört er
nicht. Denn in diesem Moment wird Ernst Graumann, der Apotheker von nebenan, überfahren.
Er ist hochkonzentriert, in sein Notizbuch vertieft.
Er merkt es nicht.
Er ist sofort tot.
Auch die Schreie des LKW-Fahrers kann er nicht hören. Denn der sitzt mit weit aufgerissenen Augen
immer noch hinter dem Steuer seines Lasters und gibt keinen Mucks von sich. Aber die Seele des
Truckers schreit! Vor Schreck und aus Mitgefühl. Er steht mit beiden Füßen auf der Bremse. Der
schwere Zement-Laster ist längst zum Stehen gekommen, doch er kann nicht anders.
Seine Stimme schweigt, aber seine Seele schreit zum Gotterbarmen.
Er hat einen Mann totgefahren.
Wie in Zeitlupe erinnert sich Hinnerk an den Aufprall. Der Kotflügel vorne rechts hat ihn erwischt und
der Reifen hat den hageren Mann der offenbar einen weißen Arztkittel trug zermalmt. Ohne die
automatische Vollbremsung des hochmodernen LKW wäre der Reifen nur über den armen Apotheker
hinweggerollt, aber dadurch, daß er gebremst hat ist der jetzt nur noch Matsch. Eine Spur aus
Knochen, Fleisch und Blut. Die Polizei wird später ermitteln, daß Ernst Graumann, der jetzt eigentlich
Ernst Rotmann ist, sich unter dem Laster auf 2,87 Meter längsseits verteilt hat. Daß Hinnerk keine
Schuld trifft, spielt für ihn keine Rolle. Er ist im Schockzustand, seine Finger krallen sich so sehr um
das Lenkrad, daß seine Knochen weiß hervortreten. Die Augen immer noch weit aufgerissen, das
Gesicht vor Entsetzen zu einer Fratze verzerrt, vergisst er zu atmen. Dann wird er ohnmächtig und
sein Atemreflex setzt automatisch wieder ein. Er wird über ein Jahr brauchen um dieses Trauma zu
verarbeiten und nie wieder einen Laster fahren. Aber Hinnerk fällt weich. Er hat eine liebevolle Frau
die ihm eine große Stütze ist und seine Freunde und Kollegen in der Firma stehen voll und ganz zu ihm.
... Fortsetzung folgt