Uschi säuft
Die fünfundvierzigjährige Uschi saß in ihrer Stammkneipe und blickte trübsinnig in ihr Bierglas. So kannte man sie gar nicht. Sie war sonst diejenige, die Stimmung in den Laden brachte und nicht selten das ganze Lokal unterhielt.
Mitfühlend setzte sich Karl zu ihr: „Wat is denn los, Meechen, wat plierst de denn so doof in dein Jlas?“
„Det wer ick dir jrade azeeln, du Döskopp!“, wies sie ihn barsch ab.
„Na, denn ehmd nich!“, konterte Karl und ging wieder zu seinen Kumpels. Nun versuchte Erika ihr Glück. Alle wollten wissen, warum Uschi in so mieser Stimmung war. Alle machten sich Sorgen.
„Wat haste denn for Sorjen, Kleene? Mir kannste det doch saaren, Mensch!“
Uschi nahm einen langen Zug aus dem Glas und schwieg. Das war schon mal ein guter Anfang. Erika tätschelte Uschis Arm und ließ sich auch ein Glas Bier kommen. So saßen die beiden Frauen eine ganze Weile schweigend und trinkend nebeneinander.
Langsam röteten sich Uschis Augen. Jetzt schien der Zeitpunkt gekommen, sie noch einmal nach ihrem Kummer zu fragen. „Aba wehe, du lachst!“, schnauzte sie zu Anfang. Dann berichtete sie: „Mein jroßa hat mir vor zwee Wochn anjerufn un jesaacht, Mama, zum Jahresende wirßte Jroßmutta.“
„Na, det is doch prima!“, fiel Erika lautstark ein. „Det is doch keen Jrund zum Trübsal blasn!“
„Doch!“ Uschi schlug mit der Faust auf den Tisch. „Det jeht doch noch weita, Mensch. Ick fruch also meinn jroßn, wat et denn wern wird, zwee Jungs, zwee Meechens oda etwa beedet.“ Sie machte eine Pause, um wieder einen langen Schluck aus dem Glase zu nehmen. „Und weita?“, bohrte Erika. „Weita? Na, da wa erst ma Ruhe am andan Ende der Schtrippe. Un denn hat a jefraacht, woher ick denn woll wissn will, det det Zwillinge wern. Det wüsste er ja selba nich ma.“ Uschis Kopf schaukelte hin und her, dann setzte sie ihre Rede fort: „Wat sollte ick dazu saaren? Ick hab ja schon öfta mal son komischet Jefühl jehabt, weeßte. Manschma, wenn ick mir de Schuh anzooch, dachte ick: Heute triffste denunden uff de Schdraße, un denn traf ick den ooch. Manschma wusste ick ooch schon vorher, ob n Brief im Kasten is! Und eenma wusste ick, det ick Jeld uff de Schdraße fin wer. War zwa bloß n Jroschn, aba immahin, nich? Un denn hat mir meine Nachbarin azeehlt, det se nu endlich den Scheffsekretärin-Posten kricht, uff den se schon so lange schaaf is. Da dachte ick: det kannste doch voll vajessn, alte, du doch nich! Un richtich, der Scheff hat ne andre ausjesucht. Un wie ick zut erste ma meine Schwiejatochta in schpee jesehn hab, da dachte ick: Meechen, wenn du ma schwanga bist, denn krißte Zwillinge. Un da wa ick mir so sicha, det ick nu janz vablüfft wa, det det nich stimm soll. Jestan hat a wieda anjerufn un jesaacht, er kricht zwee kleene Meechen. Wat saachste nu? Ick bin doch keene Hexe, oda wat? Nee, du, nee, det is mir unheimlich, det muss uffhörn. Ick wer mir jetze jedn Tach besaufen, so lange, bis mir sowat nich mehr passiert. Ick kann doch sowat nich einfach ma so wissn!“
„Aba wenn de so ne Jabe hast, denn kannste doch damit Jeld vadien, Mensch!“
„Ja, det saachst du so in dein jurendlichn Leichtsinn! Un wenn ick ma irre? Wat n denn, he? Denn kann ick ma nich mehr uff de Schdraße traun. Nee, du, nee, det fang wa ja nich erst an. Un azeehl bloß keen wat davon. Lass mir in Ruhe saufen, denn leecht sich det schon janz von alleene.“
Ein paar Tage später war Uschi wieder die Alte. Sie lästerte zusammen mit den anderen Kneipengästen über Vorahnungen und erwähnte nie wieder, selber welche gehabt zu haben.
Die fünfundvierzigjährige Uschi saß in ihrer Stammkneipe und blickte trübsinnig in ihr Bierglas. So kannte man sie gar nicht. Sie war sonst diejenige, die Stimmung in den Laden brachte und nicht selten das ganze Lokal unterhielt.
Mitfühlend setzte sich Karl zu ihr: „Wat is denn los, Meechen, wat plierst de denn so doof in dein Jlas?“
„Det wer ick dir jrade azeeln, du Döskopp!“, wies sie ihn barsch ab.
„Na, denn ehmd nich!“, konterte Karl und ging wieder zu seinen Kumpels. Nun versuchte Erika ihr Glück. Alle wollten wissen, warum Uschi in so mieser Stimmung war. Alle machten sich Sorgen.
„Wat haste denn for Sorjen, Kleene? Mir kannste det doch saaren, Mensch!“
Uschi nahm einen langen Zug aus dem Glas und schwieg. Das war schon mal ein guter Anfang. Erika tätschelte Uschis Arm und ließ sich auch ein Glas Bier kommen. So saßen die beiden Frauen eine ganze Weile schweigend und trinkend nebeneinander.
Langsam röteten sich Uschis Augen. Jetzt schien der Zeitpunkt gekommen, sie noch einmal nach ihrem Kummer zu fragen. „Aba wehe, du lachst!“, schnauzte sie zu Anfang. Dann berichtete sie: „Mein jroßa hat mir vor zwee Wochn anjerufn un jesaacht, Mama, zum Jahresende wirßte Jroßmutta.“
„Na, det is doch prima!“, fiel Erika lautstark ein. „Det is doch keen Jrund zum Trübsal blasn!“
„Doch!“ Uschi schlug mit der Faust auf den Tisch. „Det jeht doch noch weita, Mensch. Ick fruch also meinn jroßn, wat et denn wern wird, zwee Jungs, zwee Meechens oda etwa beedet.“ Sie machte eine Pause, um wieder einen langen Schluck aus dem Glase zu nehmen. „Und weita?“, bohrte Erika. „Weita? Na, da wa erst ma Ruhe am andan Ende der Schtrippe. Un denn hat a jefraacht, woher ick denn woll wissn will, det det Zwillinge wern. Det wüsste er ja selba nich ma.“ Uschis Kopf schaukelte hin und her, dann setzte sie ihre Rede fort: „Wat sollte ick dazu saaren? Ick hab ja schon öfta mal son komischet Jefühl jehabt, weeßte. Manschma, wenn ick mir de Schuh anzooch, dachte ick: Heute triffste denunden uff de Schdraße, un denn traf ick den ooch. Manschma wusste ick ooch schon vorher, ob n Brief im Kasten is! Und eenma wusste ick, det ick Jeld uff de Schdraße fin wer. War zwa bloß n Jroschn, aba immahin, nich? Un denn hat mir meine Nachbarin azeehlt, det se nu endlich den Scheffsekretärin-Posten kricht, uff den se schon so lange schaaf is. Da dachte ick: det kannste doch voll vajessn, alte, du doch nich! Un richtich, der Scheff hat ne andre ausjesucht. Un wie ick zut erste ma meine Schwiejatochta in schpee jesehn hab, da dachte ick: Meechen, wenn du ma schwanga bist, denn krißte Zwillinge. Un da wa ick mir so sicha, det ick nu janz vablüfft wa, det det nich stimm soll. Jestan hat a wieda anjerufn un jesaacht, er kricht zwee kleene Meechen. Wat saachste nu? Ick bin doch keene Hexe, oda wat? Nee, du, nee, det is mir unheimlich, det muss uffhörn. Ick wer mir jetze jedn Tach besaufen, so lange, bis mir sowat nich mehr passiert. Ick kann doch sowat nich einfach ma so wissn!“
„Aba wenn de so ne Jabe hast, denn kannste doch damit Jeld vadien, Mensch!“
„Ja, det saachst du so in dein jurendlichn Leichtsinn! Un wenn ick ma irre? Wat n denn, he? Denn kann ick ma nich mehr uff de Schdraße traun. Nee, du, nee, det fang wa ja nich erst an. Un azeehl bloß keen wat davon. Lass mir in Ruhe saufen, denn leecht sich det schon janz von alleene.“
Ein paar Tage später war Uschi wieder die Alte. Sie lästerte zusammen mit den anderen Kneipengästen über Vorahnungen und erwähnte nie wieder, selber welche gehabt zu haben.