Valerie – Besuch auf einem fernen Planeten

Valerie war bereit.
Der mattschwarze Lederanzug umschloss ihren sehnigen Körper wie eine zweite Haut. Mit kurzen, gezielten Griffen überprüfte sie den straffen Sitz ihrer Overknee-Stiefel, strich sich eine pechschwarze Mähne aus dem gebräunten Gesicht und legte ihre langschäftigen Lackhandschuhe an. Alles in Ordnung bis jetzt. Auch der Technogürtel, der sich breit und kompakt um ihre schlanke Taille schmiegte, signalisierte durch sein dezentes Summen seine jederzeitige Aktionsbereitschaft. Den Vollvisierhelm aus massivem Solarstahl vorerst noch unter den linken Arm geklemmt, stieg sie die letzten paar hundert Stufen der eisernen Wendeltreppe, die direkt bis unter das Kuppeldach des stählernen Turms führte, empor. Der bequeme Antigravschacht reichte nur bis zur Höhe der Landeplattformen für die schnellen Raumgleiter, so dass die letzten Höhenmeter zu Fuß überwunden werden mussten.
Das diffuse Leuchten, das vom obersten Punkt des Schachtes ausging, erhellte die Kuppel nur spärlich. Da die gitterförmigen Trittbretter der Stufen den Blick nach unten weitgehend freigaben, war es in dieser Höhe von Vorteil, schwindelfrei zu sein; dazu kam, dass der kreisrunde Grundriss des Turms eine Orientierung praktisch unmöglich machte. Die spiegelglatten, sich nach oben hin allmählich verjüngenden Stahlwände mit ihren geometrischen, jedoch aberwitzig verzerrenden Reflexionen und der vielfache Hall, den die metallverstärkten Sohlen der schwarz schillernden Stiefel auf Schritt und Tritt auslösten, schufen ein bizarres Szenario düsterer, rational nicht erklärbarer Bedrohung. Dennoch fiel es Valerie nicht schwer, sich selbst in dieser Umgebung, die trotz der beachtlichen Weite des Kuppeldurchmessers paradoxer Weise etwas Beklemmendes an sich hatte, ruhig und sicher zu bewegen – als Major der Raumflotte im nichtuniformierten Dienst hatte sie eine harte Ausbildung hinter sich und war an derartige Situationen gewöhnt.
Der höchste Punkt des Turms war nicht eigentlich das Zentrum des Kuppeldaches, sondern vielmehr ein darauf aufgesetzter kleiner Zylinder, dessen Inneres einem stehenden Humanoiden gerade ausreichend Platz bot. Valerie nahm die letzten Stufen der Wendeltreppe, erreichte über einen schmalen Steg die oberste Plattform in der Kuppel und erklomm schließlich jene eiserne Leiter, die direkt in den Zylinder führte. Die Leiter mündete auf ein kreisrundes Metallplateau – der Gipfel war erreicht.
Valerie vergeudete keine Zeit. Ihre Gedanken tasteten nach dem Öffnungsmechanismus, fanden ihn und lösten ihn aus. Unverzüglich glitt ein in die Zylinderwand eingelassenes Stahlschott mit dunklem Brummen zur Seite und gab den Blick auf ein sternenübersätes Firmament frei. Kalte Nachtluft umwehte die einsame Gestalt der Raumagentin, zerzauste ihr tief schwarzes Haar ... Ein wehmütiges Lächeln umspielte ihre vollen, leicht vorspringenden Lippen, die dem ebenmäßigen Gesicht einen Hauch von Sinnlichkeit verliehen. Der Wind der Nacht, der aus dem Nichts zu kommen schien und stets die Ferne suchte ... da war sie wieder, diese Sehnsucht ... dieses undefinierbare, unfassbare Verlangen, durch die unendlichen Weiten des Raumes zu gleiten und sich in ihnen zu verlieren ... Fernweh, süßer Schmerz ... Tränen traten in ihre Augen. Der Wind konnte schon recht stürmisch werden hier heroben.
Noch ein tiefer Atemzug, dann legte sie ihren Helm an und verriegelte ihn sorgfältig. Sie kannte ihr Ziel, doch wusste sie nicht, in welcher Richtung und in welcher Entfernung es sich befand; das tat aber auch nichts zur Sache. Ein routinemäßiger Blick auf die eingespiegelten Biowerte bestätigte ihr in Sekundenschnelle das einwandfreie Funktionieren ihres Körpers. Alles in Ordnung ... Sie schloss die Augen und konzentrierte sich. Die Reise konnte beginnen.
Ein neuerlicher mentaler Impuls, und das Schott schob sich in seine ursprüngliche Position zurück. Undurchdringlicher Stahl umgab ihren Körper von allen Seiten. Der kurze Kontakt zur Außenwelt hatte ausgereicht, ihre emotionale Energie hochkochen zu lassen und auf hohem Niveau zu stabilisieren.
Valerie war bereit.

* * *​

Der nächste Schritt erforderte eine deutlich größere Konzentration als das Öffnen und Schließen des Turmschotts – waren doch die schweren Wasserstoff-Helium-Konverter durch eine mentale Barriere gesichert, die nur durch Eingabe der exakten Schlüsselkonfiguration überwunden werden konnte. Der Raumagentin war diese Konfiguration natürlich bekannt, aber es war niemals ein leichtes Unterfangen, biologisch generierte Gedankenströme in einen robotkontrollierten Mechanismus einzubringen.
Es gelang ihr auf den ersten Anlauf. Valeries Gedanken verschafften sich Zutritt zur Hauptsteuerung der tief unter der Erde gelegenen Kraftwerksanlage ... und setzten den Initiierungsstromkreis in Gang. Sekunden später brach die Hölle los. Drei im Terawattbereich operierende Laserkanonen bündelten ihre gesamte Energie in einem einzigen Punkt und setzten damit einen Kernverschmelzungsprozess in Gang, der tausendmal heißer war als der Kern des Planeten.
Blaue Flammen züngelten rund um den Turm aus der Erde empor, fokussierten sich über dem Zentrum der Kuppel und hüllten den dort aufgesetzten Zylinder in ein waberndes Energiefeld. Die kreisrunde Bodenplatte unter Valeries Füßen war mit einem Teil der stählernen Turmkonstruktion leitend verbunden, die gleich dimensionierte Platte über ihrem Kopf mit dem anderen Teil – ein gigantischer Kondensator, der jetzt bis an die Grenzen seiner Kapazität aufgeladen wurde. Antigravschacht, Wendeltreppe und all die anderen Eisenkonstruktionen im Inneren des Turms wurden zu stromdurchflossenen Spulen und erzeugten elektromagnetische Induktionsfelder unvorstellbaren Ausmaßes, die das Maximum ihrer Feldstärke ebenfalls in den Zylinder projizierten.
Das, was von außen wie ein schlichter stählerner Turm aussah, war in Wahrheit nichts anderes als ein Materietransmitter, mit dem jeder beliebige Punkt der Galaxis erreicht werden konnte.

* * *​

Glutrot versank der Ball der untergehenden Sonne in den tiefblauen Wogen des Pazifiks. Eine kühle Brise wehte vom Meer landeinwärts und machte die sommerliche Hitze Kaliforniens erträglich. Lässigen Schrittes schlenderte eine schlank gewachsene Frauengestalt durch die unendlichen Weiten des golden schimmernden Sandstrands, steuerte nach kurzem Zögern auf eines der zahlreichen Cafés zu und ließ sich in einem weißen Korbsessel nieder. Ihre makellos glatte Haut glänzte in nahtloser Bräune in einem Farbton von Kupfer und Bronze. Dann und wann wehte der auffrischende Abendwind Strähnen der pechschwarzen Mähne in ihr ebenmäßiges Gesicht, die sie mit anmutiger Gelassenheit nach hinten strich. Ihre Bewegungen waren von einer geradezu außerirdischen Geschmeidigkeit und Eleganz, wobei allein schon der mattschwarze Lederbikini, der die straffen Rundungen ihres sehnigen Körpers eher unterstrich denn verhüllte, die Blicke der Männer auf sich zog.
Plötzlich legte sich von hinten eine Hand auf ihren Oberkörper. Schlanke Finger mit leuchtend rot lackierten Nägeln strichen der Sitzenden über die Brüste und gruben sich mit spielerischer Leichtigkeit ins beinahe bloßliegende Fleisch. Die Frau im schwarzen Bikini stöhnte vernehmlich auf, rührte sich aber nicht vom Fleck.
"Wollen wir miteinander spielen?" fragte die stehende Frau, die jetzt auch ihre zweite Hand dazu benützte, den Körper ihrer neuen Gefährtin zu liebkosen. Ihre hellblauen Augen schienen heller zu leuchten als der kalifornische Himmel, und ihr wasserstoffblondes Haar ließ geradezu eine zweite Sonne aufgehen.
"Bei dir?" fragte die Schwarzhaarige mit einer Direktheit, die keinerlei Überraschung, geschweige denn Unbehagen erkennen ließ.
"Ja", antwortete die Blonde mit knapper Entschlossenheit.
"Jetzt gleich?" fragte die Schwarze noch einmal zurück. Sie hatte sich noch nicht einmal umgedreht, um einen Blick auf die hinter ihr stehende Person zu werfen.
"Jetzt gleich", erwiderte die Blonde. Es klang wie ein Befehl.
Die schwarzhaarige Frau in dem knappen Lederbikini erhob sich von ihrem Sitz und drehte sich um. Sogleich fanden ihre großen, braunen Augen den hellblauen Blick der Blonden ... und verloren sich darin.

* * *​

Das gleißende Licht des OPs schmerzte Valerie in den Augen, doch sie hielt ihm Stand und konzentrierte ihre volle Aufmerksamkeit auf das, was rings um sie geschah. Sie hatte jetzt auch ihren Bikini abgelegt, was bedeutete, dass nunmehr auch ihre vollen Brüste, ihr prallrundes Hinterteil und ihre glattrasierte Intimzone ohne auch nur die geringste Beschränkung dem Zugriff ihrer Gespielin ausgesetzt waren. Sie fühlte sich absolut nackt und wehrlos – eine Empfindung, die durch die schwarzen Lederfesseln, mit denen ihre Arme und Beine an dem Untersuchungsstuhl festgebunden waren, noch eine erhebliche Steigerung erfuhr.
"Ruhig bleiben und entspannen", drang Corinnas schneidende Stimme mit beinahe schmerzhafter Deutlichkeit an ihr Ohr. Corinna war die wasserstoffblonde Frau vom Strand. Aber das hatte Valerie bereits zu einem Zeitpunkt gewusst, als sie noch nicht einmal deren Hand auf ihrem Körper gespürt hatte ...
"Ich werde dich jetzt einigen kleinen Operationen unterziehen", erläuterte Corinna weiter. "Ohne Betäubung natürlich. Leider wird dir diese Prozedur erhebliche Schmerzen bereiten, aber das ist nicht zu vermeiden." Ihre klare, metallische Stimme klang sachlich und emotionslos. "Du bist nun mal ein sehr interessantes Versuchsobjekt für mich. So etwas läuft einem nicht alle Tage über den Weg ... Ich brauche einfach Proben von deinem Gewebe. Und zwar so viele wie möglich."
Valeries Mund wurde trocken und einen Moment lang schloss sie die Augen. Ein kurzes Zerren an ihren straffen schwarzen Fesseln zeigte ihr in unmissverständlicher Deutlichkeit, dass an Flucht nicht zu denken war. Mit weit gespreizten Beinen war sie hier auf dem Stuhl fixiert und musste von Glück sagen, dass sie überhaupt noch ihre fünf Sinne beisammen hatte und klar denken konnte. Sie konnte sich sehr gut ausmalen, welche Art von chirurgischen Eingriffen ihr bevorstand. Corinna konnte sanft wie ein Engel sein, aber in ihrem Innern vereinte sie die unerbittliche Grausamkeit eines Grafen Dracula mit Doktor Frankensteins unseligem Forscherdrang – eine wahrlich hochbrisante Mischung, deren dunkle Bedrohlichkeit es aber gerade war, die Valeries Psyche aufkochen ließ in dem jähen, bizarren Verlangen, sich auf eben diese spezielle Weise bedingungslos hinzugeben ...
Voll angsterfüllter Erwartung des grausamen Schmerzes registrierte die wehrlos ausgelieferte Versuchsperson, als die Valerie sich jetzt wohl oder übel zu betrachten hatte, mit überdeutlicher Genauigkeit jedes Geräusch ihrer Umgebung: das charakteristische Klatschen der langschäftigen Operationshandschuhe, als sie in einer schnellen Bewegung übergestreift wurden; das leise Zischen und Klicken des thermischen Sterilisators, als der heiße Chirurgenstahl dem siedenden Kessel entnommen wurde; das metallische Klappern, Rollen und Schleifen, als die Instrumente zusammengesetzt und auf dem Tablett bereit gelegt wurden. Überdies mischte sich zum Geruch von Gummi und Schweiß nunmehr auch die penetrante Komponente von Desinfektion, als Corinna mehrere Stellen auf Valeries Haut sorgfältig mit einem feuchten Tupfer bestrich. Hals, Brüste, Bauch und die Innenseiten der Oberschenkel waren davon ebenso betroffen wie der gesamte Intimbereich, was einer Bestätigung Valeries schlimmster Ahnungen gleichkam ...
Als der grelle Schein der jetzt auf volle Leistung hochgefahrenen OP-Leuchte Valeries Körper in eine undurchdringliche Wand aus weißem, gleißendem Licht einhüllte, presste diese die Augenlider zusammen und ballte unwillkürlich ihre Hände zu Fäusten. Sekunden später spürte sie, wie sich die skalpellscharf geschliffene Spitze einer großkalibrigen Punktionsnadel in ihren Unterleib bohrte und mit unerbittlichem Druck in die Tiefe drang.
Mit jeder Faser ihres Seins fühlte Valerie den Schmerz, dessen Intensität sich in beängstigendem Tempo zu einem rasenden Inferno steigerte und der bis in die entlegensten Winkel ihres gequälten Körpers vordrang – stechend, schneidend, bohrend, brennend ... Doch kaum war der erste Eingriff vorüber, folgte bereits der nächste, und immer wieder schien der Schmerz den jeweils vorangegangenen an Heftigkeit zu übertreffen.
Valerie stöhnte, schrie und brüllte, was ihre Lungen hergaben, zerrte mit ohnmächtiger Kraft an den Riemen und wand sich unter Corinnas stählernem Griff. Mehrere Male glaubte sie sich einer Ohnmacht nahe, doch tatsächlich blieb ihr Bewusstsein ungetrübt. Lange, sehr lange schien es zu dauern, bis die Serie von Probenentnahmen aus den empfindlichsten Regionen ihres feinfühligen Körpers endlich abgeschlossen war. Doch dann war es überstanden und die Fesseln wurden gelöst.
Valeries straffer, trainierter Körper war im Moment nichts anderes als ein kraftloses, keuchendes Bündel blasser Haut, das erst langsam wieder zu seiner alten Form zurückfinden musste. Corinna streifte ihre OP-Handschuhe ab, regelte die Leuchte auf ein angenehmes Dämmerlicht zurück und hockte sich neben ihre Versuchsperson. "Du warst sehr tapfer, mein Kleines," hauchte sie ihr ins Ohr. "Bis morgen wirst du noch hier bleiben und dich von den Strapazen der Untersuchung erholen. Dann kannst du gehen."

* * *​

Um fünf Uhr morgens war auch der ansonsten belebteste Strand noch so gut wie menschenleer. Lässigen Schrittes, jedoch geradlinig und zielbewusst, schlenderte eine schlank gewachsene Frauengestalt, deren schwarzer Lederbikini die straffen Rundungen ihres sehnigen Körpers eher unterstrich denn verhüllte, durch die unendlichen Weiten des im fahlen Licht der frühen Morgendämmerung hellgrau schimmernden Sandstrands, steuerte nach kurzem Zögern auf eine entlegene Stelle abseits der zahlreichen Cafés zu und hockte sich auf den Boden. Ihre makellos glatte, nahtlos gebräunte Haut glänzte selbst im silbrigen Licht des beinahe vollen Mondes in einem Farbton von Kupfer und Bronze. Dann und wann wehte der auffrischende Morgenwind Strähnen der pechschwarzen Mähne in ihr ebenmäßiges Gesicht, die sie mit anmutiger Gelassenheit nach hinten strich. Ihre Bewegungen waren von einer geradezu außerirdischen Geschmeidigkeit und Eleganz.
Valerie – und um keine Geringere handelte es sich bei der frühen Besucherin des Strandes – streckte ihren rechten Arm ins scheinbare Nichts aus und betätigte einen Schalter. Augenblicklich deaktivierte sich der Deflektorschirm und gab ihre hier deponierte Ausrüstung wieder der Sichtbarkeit Preis. Nur wenige flinke Griffe waren vonnöten, und der mattschwarze Lederanzug umschloss Valeries sehnigen Körper wieder wie eine zweite Haut. Der Technogürtel, der sich ebenfalls wieder in gewohnter Weise breit und kompakt um die schlanke Taille seiner Trägerin schmiegte, signalisierte durch sein dezentes Summen jederzeitige Aktionsbereitschaft. Schließlich stülpte sich die Weltraumagentin noch den Vollvisierhelm aus massivem Solarstahl über den Kopf – und war damit bereit für die Reise nach Hause ...
Eine kleine Formation dunkler Gewitterwolken zog über dem Horizont auf, näherte sich rasch dem Strand und positionierte sich genau über Valerie. Jeder gewöhnliche Strandbesucher hätte nicht umhin können, diesen Vorgang äußerst merkwürdig zu finden, waren doch Gewitter in dieser Gegend des Globus generell etwas äußerst Seltenes, zudem war der Himmel derzeit - mit eben dieser Ausnahme - völlig wolkenfrei. Doch Valerie zeigte keinerlei Anzeichen von Verwunderung. Sie stand völlig ruhig da, atmete tief und konzentrierte sich ...
Der Boden begann zu vibrieren. Blaue Flammen züngelten rund um die einsame Gestalt aus der Erde empor, hüllten sie in ein waberndes Energiefeld und fokussierten sich über ihrem Helm. Rundum zuckten Blitze auf, die bis zu den vermeintlichen Gewitterwolken hinauf reichten. Für kurze Zeit spielten alle Anzeigen der umliegenden meteorologischen Messstationen verrückt, doch der Spuk legte sich ebenso schnell wie er gekommen war.
Dann war die Gestalt verschwunden. Der Strand war menschenleer, und auch von einem Gewitter war nicht mehr die geringste Spur zu sehen.

* * *​

Major der Raumflotte Valerie Blackwood streckte bequem ihre Füße unter dem Tisch der Offiziersmesse aus. "Nun erzähl schon", drängte ihre neben ihr sitzende Freundin Verena auf einen Bericht. "Du bist doch gestern erst aus dem Urlaub zurückgekommen. Wie war’s denn? Hast du wenigstens etwas Aufregendes erlebt?"
Ein versonnenes Lächeln umspielte die vollen, leicht vorspringenden Lippen der erlebnisbereiten Offizierin. "Oh ja", gab sie leise zurück. "Aufregend war es schon. Es war ... einfach toll, wirklich außergewöhnlich. Einer dieser neuartigen Abenteuertrips, deren Rahmen man selbst bestimmen kann. Aber eben nur den Rahmen – und nicht alle Details." Sie schien kurz zu zögern, dann fragte sie spontan: "Ich hab mir den Marschbefehl für diesen Urlaub aufgehoben, nur so als Souvenir. Möchtest du ihn sehen?"
"Na klar doch. Zeig her." Verenas Neugier war definitiv erwacht.
Valerie betätigte einen Knopf an dem Minicomputer, den sie an ihrem linken Handgelenk trug, und projizierte das Dokument auf die Tischplatte. Ein Text war jetzt zu sehen, der mehrere militärische Abkürzungen und zahlreiche Koordinatenangaben enthielt. Unter anderem war hier zu lesen:
"Betrifft: Urlaub. Marschbefehl für Major Valerie Blackwood. Urlaubsort: Galaxis 1, Sol 3, Planet Erde, Gebiet Kalifornien/Küstenregion." Genaue Koordinaten folgten. "Transportart: Materietransmitter. Urlaubsart: Erlebnisurlaub, spezifizierter Typus: Abenteuer/Klinik. Möglichkeit zu intensivem Erleben gegeben, Nutzung auf eigene Gefahr. Kontaktperson vor Ort: hört auf den Namen Corinna. Erkennungssatz: ‚Wollen wir miteinander spielen?’"
"Wow", gab Verena beeindruckt von sich. "Und ... was genau hast du nun getrieben?"
Valerie berichtete. Ausführlich, detailreich und ohne auch nur einen einzigen wesentlichen Punkt auszulassen.
Während der Erzählung war Verena ziemlich nachdenklich geworden ... Eine Frage schien sie besonders zu bewegen. "Gut und schön, Val. Aber ... ich meine ... das alles hast du doch nicht REAL erlebt, oder? Es war doch wohl eher so eine Art künstlich hervorgerufener Traum ... eine mnemogene Implantation vielleicht, die eine Pseudo-Erinnerung hervorruft ..."
"Komm mit. Ich zeig dir was." Das Lächeln in Valeries Gesicht hatte etwas Entschlossenes an sich. Sie stand auf, nahm ihre Freundin an der Hand und führte sie ... auf die Toilette. Dort zögerte sie keine Sekunde, Verena ihren nackten Körper zu präsentieren.
Die erst im Verheilen begriffenen Narben zahlreicher Einstiche waren nicht zu übersehen. Und zwar an genau den Stellen, von denen Valerie berichtet hatte. Die meisten Einstichstellen wiesen überdies noch deutliche Schwellungen und satte Blutergüsse auf, die von hellrot bis dunkelblau alle möglichen Farben spielten. Was sich Verenas erstaunten Augen darbot, war der Mitgefühl erweckende Anblick eines durch zahlreiche Starknadelstiche geschundenen Körpers.
"Das ist keine optische Täuschung, Verena. Du kannst ruhig den Finger darauf legen."
Verena schluckte. Sobald sie begriffen hatte, was sie sah, nahm sie ihre Freundin zärtlich in die Arme. "Verzeih mir, Liebes. Deine Erzählung hat so unglaublich geklungen! Aber jetzt ... jetzt schäme ich mich für meine Skepsis."
Valerie erwiderte die Umarmung ... und dann beschlossen die Frauen, sich gemeinsam auf Valeries Stube zurückzuziehen.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Hallo Gerfried Gutenstein, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit dir.
Um dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm
Ganz besonders wollen wir dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq


Viele Grüße von jon
Redakteur in diesem Forum
 

FrankK

Mitglied
Hallo Gerfried Gutenstein
Zunächst auch von mir ein recht herzliches Willkommen auf und unter der Leselupe.
Schräger Einstieg, Mann, echt ein schräger Einstieg. ;)
Im Angesicht des Namens hatte ich fast etwas schillernd Buntes erwartet (Luc Besson; „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“ nach den Comics von Pierre Christin und Jean-Claude Mézières), aber schnell wurde klar, dass wir uns in eine etwas andere Richtung bewegen.
Fast, so habe ich den Eindruck, ist die Geschichte auf eine bestimmte Klientel männlicher Leser zugeschnitten. ;)

Die Geschichte an sich ist etwas dünn geraten, der Schwerpunkt liegt eher auf der Ausstattung und dem Ambiente.

Plot:
Ganz einfach nur „Die Reise“.

Prämisse / These:
Angesichts der „Folterszene“ fast schon ein wenig provokant: „Egal, woran du Spass hast, wenn es dir Freude bereitet, tut es dir gut.“

Figuren:
Für dieses „bisschen“ Geschichte mehr als ausreichend beschrieben, denke ich.

Erzählperspektive:
Überwiegend „allwissende“ Erzähltechnik, im ersten Abschnitt und während der „Probennahme“ wird es etwas personalisiert (Fokus: Valerie).

Erbsenzählerei:
1. Abschnitt
... umschloss ihren [blue]sehnigen Körper[/blue] wie eine zweite Haut
Unter einem „sehnigen Körper“ verstehe ich eher etwas wenig muskulöses und ziemlich unansehnliches. Alte, trockene Haut, unter der sich die Knochen abzeichnen, hervortretende Sehnen, wenn sich der Körper mühsam bewegt.
Als „muskulös“ würde ich den Körper allerdings auch nicht bezeichnen, da schwebt mir dann eher so eine aufgeblähte übertrainierte Figur aus dem Amphetamin-Bodybuilder-Millieu vor meinem inneren Auge. Wie wäre es an der Stelle mit einem einfachen „durchtrainierten Körper“?

Zusammen mit dem Vollvisierhelm und dem Technogürtel erweckt die Ausstattung der Dame eher den Eindruck, es handele sich um einen Einsatzanzug, damit lockst Du den Leser zunächst auf eine falsche Fährte. Es wird schließlich kein mysteriöser Einsatz sondern ein (Kurz?-) Urlaub von irgendwo in Richtung Erde (Kalifornien).

Eine unfreiwillig komische Passage:
... als Major der Raumflotte im nichtuniformierten Dienst hatte sie eine harte Ausbildung hinter sich und war [blue]an derartige Situationen[/blue] gewöhnt.
Teufel noch mal, sie geht gerade zu Fuß eine Treppe hoch. Was für ein knallhartes Biest! ;)
Naja, der nichtuniformierte Dienst scheint es aber erforderlich zu machen, dass sie spezielle Einsatzanzüge trägt, also eine Art Uniform ... sogar im Urlaub.

2. Abschnitt
Valerie muss mental ziemlich aufwendig ihre Bereitschaft zum Urlaub demonstrieren. Etwas zu verspielt, für meinen Geschmack.

Der technische Aufwand, den Du schilderst, ist etwas überzogen. Laser(worauf zielen die?), blaue Flammen, ein gigantischer Kondensator ...
Entschuldige, die Stahlkuppel ist doch, so habe ich es aus den Beschreibungen heraus gelesen, durchgängig konstruiert, dann würde diese Kuppel eher wie ein faradayscher Käfig wirken. Da lädt sich im inneren kein Kondensator auf, die außen freigesetzte Energie kommt gar nicht ins innere. Valerie könnte auf dem Boden hocken und mit frisch geschlüpften Kätzchen spielen - da passiert keinem was.
Diese Showeffekte müssen nicht sein, sie täuschen nur über die geringe Erzähltiefe hinweg.

3. Abschnitt
... gruben sich mit spielerischer Leichtigkeit ins [blue]beinahe[/blue] bloßliegende Fleisch.
Was, bitte sehr, ist [blue]beinahe[/blue] bloßliegendes Fleisch?

4. Abschnitt
Sie hatte jetzt auch ihren Bikini abgelegt, was bedeutete, dass nunmehr auch ihre vollen Brüste, ihr prallrundes Hinterteil und ihre glattrasierte Intimzone ohne auch nur die geringste Beschränkung dem Zugriff ihrer Gespielin ausgesetzt waren.
Mit einfachen Worten: Sie war nackt.

[blue]Sie fühlte sich absolut nackt und wehrlos[/blue] – eine Empfindung, die durch die schwarzen Lederfesseln, mit denen ihre Arme und Beine an dem Untersuchungsstuhl festgebunden waren, noch eine erhebliche Steigerung erfuhr.
Es fühlt sich nicht nur so an – sie ist nackt und wehrlos. ;)

[blue]Corinna konnte sanft wie ein Engel sein[/blue], aber in ihrem Innern vereinte sie die unerbittliche Grausamkeit eines [blue]Grafen Dracula mit Doktor Frankensteins[/blue] unseligem Forscherdrang ...
Hier gewinne ich den Eindruck, Valerie ist mit Corinna vertraut – durch die vorangegangene Passage ist der Leser in Valeries „Innenansicht“, erfährt also quasi Valeries „Einschätzung“ über Corinna, dies kollidiert aber mit dem nachfolgenden „Dracula und Frankenstein“ – als Angehörige einer anderen Zivilisation aus einer anderen Galaxis kann sich Valerie doch kaum so intensiv mit diesen Horror-Figuren auskennen.

5. Abschnitt
Ähh – nur wenige Handgriffe waren notwendig, um sich vollständig(!) anzuziehen? Getarntes Versteck, hochwertige Ausrüstung – für einen Urlaubstrip?
Extrem Aufwendig – es sei denn, es gäbe einen Grund dafür. Etwa, weil sie auf keinem ausgewiesenen Urlaubsplaneten ihren Urlaub verbringt? Steht aber im Konflikt mit dem offensichtlich verabredeten Spiel.

6. Abschnitt
Hier wird aufgedeckt, dass es sich lediglich um einen Urlaub und keinen Einsatz gehandelt hatte und es wird klar, dass Major Valerie es wohl nicht so mit der männlichen Präsenz hat, sie scheint etwas anderes zu bevorzugen.

Als Ex-Bundeswehrsoldat habe ich nie einen „Marschbefehl“ für den Urlaub bekommen, das hieß da ganz einfach „Passierschein“ – aber na gut. Sie bewegt sich ja innerhalb speziell gesicherten Geländes.

Logik:
Wenn Valerie einen Marschbefehl hat, wozu diese zusätzlichen mentalen Hürden zu Beginn?


Fazit:
Schräg, fantasievoll, nicht unangenehm zu lesen. (Ich gestehe, ich gehöre wohl auch zu einer gewissen Klientel ;) ).
Allerdings ist die Story etwas zu dünn und zu aufwendig geschildert.
Die ersten zwei Abschnitte wendest Du für das Szenensetting des Abreiseortes auf. (828 von 2755 Worte)
Dann ein kurzer Abschnitt mit einem Pseudo-Kennenlernen. (314 von 2755 Worte)
Ein mittellanger Abschnitt mit dem eigentlichen Kern der Geschichte. (726 von 2755 Worte)
Ein kurzer Abschnitt für die Abreise. (399 von 2755 Worte)
Und ein mittellanger Abschnitt für den Schluss mit der Auflösung. (470 von 2755 Worte)

Irgendwie – bei diesem ganzen Umfang und dem geschilderten Aufwand – fehlt etwas an der Story. Valerie fährt in Urlaub, hat ein kurzes Erlebnis und fährt wieder Heim. Dieses Erlebnis schwebt irgendwie in der Luft, ich finde keinen Bezug zwischen diesem SM-Erlebnis und Valerie oder Verena. Dass die beiden am Ende fasziniert die Narben bewundern leuchtet mir nicht ein.

Was hältst Du davon, wenn Valerie statt sinnloser Narben vielleicht ein Liebes-Tattoo mit zurückbringt? Ein kleines Herzchen mit Verenas Namen?

Denn eines ist klar:
SM-Spiele hinterlassen üblicherweise keine (lange) sichtbaren Spuren.
Valerie hat ihren Körper „verschandelt“, und ich hatte den Eindruck, dass sie ihn gut gepflegt hatte.


Abendliche Grüße
Frank
 



 
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