Vaters Haare

Wieder gerinnt ein Sonntag
auf den Scheiben
und jeder stirbt
in die eigene Richtung

Zuletzt kümmerte sich niemand
um deinen weißen Haarkranz
so lagen sie
ausgebreitet auf dem Kissen
wie kleine
zerbrechliche Flügel

dich trugen sie

Moin Manfred
Das ist die Art von ungereimter Lyrik (lyrische Sprache!), die ich hier gern öfter lesen möchte. Leider sehr selten der Fall.

LG
Tula

Danke Tula!

Liebe Grüße
Manfred

Ein sehr sensibles Bild von Verlustschmerz, das trifft mich und vermutlich viele Andere derzeit mitten ins Herz...

Hallo Baskerville,

als mein Vater 1984 starb, war ich ein junger Mann.
Damals wie heute hätte ich ihn gebraucht.

Danke und liebe Grüße
Manfred

Das verstehe ich Manfred, habe vor etwas mehr als einer Woche meinen Onkel verloren, nachdem ich mich nach seinem ersten Schlaganfall sehr um seine Genesung bemüht hatte. Und es sah vor der verdammten Corona-Kriese so vielversprechend aus....Dann mussten wir alle Abstand halten und das hat ihn sehr deprimiert und vermutlich den zweiten Schlaganfall auf den Weg gebracht. Die Beerdigung war 'Corona-tauglich' und daher sehr minimalistisch, immerhin gab es eine.
Ich wurde gebeten eine Trauerrede über ihn zu verfassen die ich unmittelbar am offenen Grab vorgetragen habe. Ich bin es gewohnt Fachvorträge zu halten, aber dabei habe ich so deutlich gezittert dass ich Mühe hatte meine eigenen Worte zu lesen.
Herzliche Grüße,
Martin

Das Gedicht hat mich sehr berührt, lieber Manfred. Baskerville, ich habe auf der Beerdigung meines Vaters vor fast 7 Jahren die Trauerrede gehalten. Ich habe dabei geweint und gelacht. Hinterher sagte mir die Bestatterin, die sich die Rede anhörte, sie kenne meinen Vater jetzt sehr gut. ich habe ihm übrigens in meiner Rubrik mittendrin und voll daneben eine kurze Geschichte gewidmet ("Das Notizbuch meines Vaters"). Wenn Du magst, lies sie. Scheiße Franke, das Gedicht geht mir voll an die Eier...... LG Oliver

Hallo Oliver,

die Geschichte mit dem Notizbuch habe ich gelesen.
Mein Vater hatte auch so ein Buch, ich habe es damals leider nicht mitgenommen.

Liebe Grüße
Manfred

Ich habe im Nachlass meines Vaters Gedichte entdeckt, die er zwischen 45 und 48 geschrieben hat.....bis heute habe ich sie nur flüchtig gelesen.....ich trau mich ..

.... Geschichte heißt "die traurigen Augen meines Vaters"....sorry

Vielen Dan, Franke...jetzt kannst Du sicherlich verstehen, warum mir Dein Gedicht so nahe geht....

... ganz fein ... ganz tief ... und am Schluss nicht derb 'zerbrechliche Flügel, die dich trugen', sondern einzig dem Vater zu: ... / dich trugen sie

F.

Danke Fritz!

Liebe Grüße
Manfred