Verbunden

4,60 Stern(e) 5 Bewertungen

Vera-Lena

Mitglied
Verbunden

Wenn die Nacht von Stern zu Stern
ihr Saitenspiel beginnt
dort,
wo du jetzt bist,
die leise Regung der Zypressen
vom hiernoch
erinnernd dich einholt,
wird Fernsein nichtig,
mein Schöner,
weil mein überquellender Lebenskelch
dir zuströmt,
im eiligen Passat
die Meere zum Lachen bringt

Die Straßen von Marrakesch
kitzeln dich mit ihrer Buntheit.

Die Steine werden gesprächig,
der Wind ein Botschafter
alter Prophezeiung.

Dolche aus Licht
zerteilen das Gewölk,
die überblaute Wüste
trägt dich
in ihren Frieden.

Alle Schätze schüttet
dein leuchtender Blick
vor mir aus,
wortlos sind wir einander Teil,
wenn du heimkehrst.
 

Ellen

Mitglied
[blue]Wenn die Nacht von Stern zu Stern
ihr Saitenspiel beginnt[/blue]

mag ich besonders :)

Gern gelesen
 
P

penelope

Gast
liebe vera-lena,

ich habe jetzt mehrere ansätze im kopf gemacht, kann jedoch im moment keine stellung zu deinem text beziehen, da sie beim ersten lesen, trotz sprühender poetischer funken, für mich irgendwie zu "verbaut" erscheint...
ich muss mich mehrmals darauf einlassen, bevor ich etwas konkretes sagen kann...

lg penelope
 
T

Thys

Gast
Hi Vera-Lena

ich find ihn nicht verbaut. Ich find den einfach nur schön.
Du hast das Talent, schöne gute Texte zu schreiben ohne
dabei dem Wahn zu verfallen, möglichst viele oder möglichst
neue skurile abgedrehte Metaphern erfinden zu müssen. Bei Dir
erkennt man sogar alte Freunde, die aber nicht abgedroschen
klingen, weil sie passend im Zusammenhang verarbeitet werden.

Einen Sinn kann ich auch aus Deinem Text lesen.
Kurz und knapp: Ich lese LI-Erinnerungen an ein wohl
verstorbenes LD "von Stern zu Stern... dort, wo du jetzt bist",
ausgelöst wohl durch diese besondere Umgebung/Situation.
Erinnerungen tauchen auf an Gewesenes. In dem Zusammenhang
verschwindet die "Ferne" Leben/Tod aber auch durch die
Erwartung und/oder Erkenntnis, dass das eigene Leben
"weil mein überquellender Lebenskelch"
(hoffen wir mal nicht zu authentisch...) sich dem Ende zuneigt
und damit die langersehnte Verbindung im Jenseits wieder statt
findet.

So lese ich es und so macht es für mich Sinn.

Gruß

Thys
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber Thys,

danke für Dein großes Lob und für Deine Interpretation! :)

Ja, so kann man den Text lesen, ganz gewiss.


Ich vergesse immer, dass wir uns in Hady-Zeiten befinden, und die Menschen eigentlich nie mehr wortlos voneinander entfernt sind. Auch wenn sie auf fremden Kontinenten weilen, rufen sie doch hin und wieder zu Hause an, um sich mit dem geliebten Partner auszutauschen.

In meiner Familie beispielsweise, und da sind ja nun alle Altersgruppen vertreten, lässt man einander in Ruhe, wenn jemand auf Reisen ist. Auch wenn es vier Wochen dauern sollte. Und ich weiß auch von anderen Menschen, dass sie es gräulich finden, jederzeit erreichbar d.h. störbar zu sein.


Der obige Text beschreibt zwei sensitive(laut Wörterbuch = übersteigert empfindsame) Menschen. Entschuldige bitte, die Klammer habe ich jetzt nicht eingefügt, weil ich Dich belehren möchte, dass liegt mir nun wirklich gänzlich fern, sondern, weil ich versuchen möchte, mich auf klare Weise deutlich zu machen.

Dass es derartig feinfühlige Menschen gibt, weiß ich aus meinem Freundeskreis und so erlebt der eine mit, wie der andere sich gerade fühlt. Das äußert sich auf vielfältige Weise. Entweder hat man dasselbe Empfinden, wie der andere,und spürt dann auch, dass es von der anderen Person herrührt, oder es taucht vor dem inneren Auge plötzlich ein Bild auf,oder man hat eine Eingebung usw.

Aus diesem Text spricht natürlich eine Sehnsucht, wenn der Schreiber es nötig hat, auszusprechen:"Fernsein ist nichtig".
So, wie er das dann erklärt, wird Getrenntsein tatsächlich seines Schmerzes verringert, aber die Sehnsucht und die Vorfreude auf das Wiedersehen verbleiben trotzdem.

Nun begleitet das Lyri den Entfernten, der sich offensichtlich in Marokko befindet und dort unter anderem "[blue]die überblaute Wüste trägt dich in ihren Frieden[/blue]" meditative Erlebnisse hat.

Die letzte Strophe macht dann noch einmal deutlich, was auch der Titel schon sagt, die Beiden blieben sich nahe, und wenn der Reisende heimkehrt, erkennt das Lyri schon am Leuchten seiner Augen, welche tiefgreifenden inneren und äußeren Erlebnisse diese Reise ihm gebracht hat.

Das hatte ich im Sinn, als ich diesen Text schrieb, aber auch Deine Interpretation empfinde ich als stimmig. Ich danke Dir noch einmal herzlich dafür.

Ganz lieb grüßt Dich
Vera-Lena
 
T

Thys

Gast
Hi Vera-Lena,

tja, so ist das wohl. Du interpretierst meine Texte oft anders als es meine Intention ist und ich mache es so mit Deinen :)
Da haben wir doch eine echte Beständigkeit, oder? ;)
Danke für die Erklärung. Die kann ich auch nachvollziehen.

Übrigens, die meditativen, oder jedenfalls ergreifenden, Erlebnisse in einer marokkanischen Wüste kann ich nur bestätigen. Marokko ist schön. Ich kenne Deine Reisegewohnheiten nicht. Marokko würde ich Dir aber empfehlen.

Gruß

Thys
 

Franzi

Mitglied
Liebe Vera Lena,

zunächst hatte ich den Text auch genau so verstanden wie Thys, besonders die ersten Strophen, beim Lesen der letzten fünf Zeilen hatte ich aber Zweifel, deshalb habe ich bislang nichts dazu geäußert. Nun, da ich weiß, dass ich nicht total daneben lag, kann ich auch meine Pünktchens loswerden ...
LG, Franziska
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Franziska,

herzlichen Dank für dein Interesse an meinem Text und natürlich auch für die Punkte!

Liebe Grüße von Vera-Lena
 
B

Beba

Gast
Ein wunderschönes Gedicht, eingepackt in herrlichen Bildern und Farben. Habe ich gern mehrfach gelesen.

Ciao,
Bernd
 
P

penelope

Gast
liebe vera-lena,

jetzt, nachdem ich dein liebevolles gedicht in mir aufgenommen habe und thys sehr einfühlsame und dazu deine stellungnahme zu hilfe nehmen kann, eröffnen sich horizonte ungeheuren maßes, etwas schwingt wie eine eingehende melodie durch deine zeilen, wie in allen deinen feinen dichtungen, und ich weiß, dass du dieser melodik sehr großen wert beilegst, das ist spürbar.
hier redet für mich nun eine echte stimme der dichtung, die nicht nur bezeichnet und hinweist, niemals etwas festhält, es wird das wort an die sache angelegt, umschmiegt, eingekreist und wieder losgelassen. so entstehen poetische bilder, die einem den puls in die höhe jagen können: "Die Straßen von Marrakesch/ kitzeln dich mit ihrer Buntheit".
das semantische setzt sich in ruhiger manier in bewegung, wandert mit der syntax durch deine bilder hindurch und holt sich von dort seine bedeutung zurück oder schafft sie neu. der weg, auf dem das durch verwandlung wandernde selbst der verwandlung unterliegt, reicht auch in das selbst des dichters, in diesem falle der dichterin, natürlich. dieser weg, wo er sich mit dem des lesers schneidet, lässt ein feuerwerk unglaublicher bilder entstehen...

lg penelope
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe penelope,

danke für Deine ausführliche Antwort auf diesen Text!

Da der Inhalt etwas Feinstoffliches beschreibt, eben dieses Empfinden des Anderen, obleich er sich in der Ferne befindet, konnte ich das ja nur ebenfalls mit weiten, offenen vom Leser zu füllenden Bildern tun.

"Die Sraßen von Marrakesch/kitzeln dich mit ihrer Buntheit" ist auch mein Lieblingssatz in diesem Text.

Dir einen schönen Sommertag!
Liebe Grüße von Vera-Lena
 



 
Oben Unten