verflochten

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lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
verflochten

ein schattenwurf
macht die ruine liebenswert
aus dem gemäuer
steigt der gestank
von gräbern und vergangenen reisen
und zwischen den grob beschlagenen steinen
warten flechten auf regentage

ein faltenwurf
fängt meine blicke
lässt mich die schmierigen stufen nehmen
als käme es darauf an
nicht zu verrotten
wenn die sonnenstrahlen
die kruste durchbrechen
und die reste verbrennen

ein zungenschlag
verhallt in der stille
irrt in den hallen umher
unwirsch erheben sich tiere der nacht
fallen ein in den jammer
und folgen hinauf
bis ich mit gerissenen nägeln
die karten zerreiß

ein stundenschlag
trennt die kalten momente vom tod
jedes ticken reizt meinen herzschlag
und bittet um tee
was nicht heißt
dass es endet
denn tief in der festung
sammelt sich regen verflochten mit stein
 
G

Gelöschtes Mitglied 20513

Gast
Von welcher Festung ist hier die Rede, Lapismont? Festungen, egal, in welcher Zeit erbaut und in welchen Kriegen erstürmt,
sind immer militärische Anlagen, haben also mit Krieg zu tun.
Davon lese ich in deinem Gedicht leider kein einziges Wort. Und wenn das Wort "Festung" da nicht irgendwo stehen würde, könnte ich mir vorstellen, dein Ich besichtigt ein verfallenes Bauernhaus aus dem Mittelalter.

Natürlich wäre es für den Leser interessant zu wissen, um welche Festung es sich handelt. Jede Festung hat ihre eigene Kriegsgeschichte. Dein Ich geht aber durch die Ruinen völlig geschichtslos, sieht nur, was von den Ruinen geblieben ist. Deutsche Festungen, erbaut im 18. Jahrhundert oder früher, spielten ja im zweiten Weltkrieg eine Rolle, sollten auf Befehl Hitlers bis zum letzten Mann kämpfen, obwohl die Verteidigungslage gegenüber der Roten Armee völlig aussichtslos war. Ich halte das für ein außerordentliches Manko deines Gedichts, solchen historischen Zusammenhang
anläßlich der Besichtigung einer Festung nicht zu erwähnen.
Ich frage mich ja direkt, weshalb du ausgerechnet eine Festung besucht hast und darüber ein Gedicht zu schreiben versucht hast mit derartig historischer Ignoranz.

Das Gedicht selbst, so wie es ist, lässt sich auf zwei Strophen reduzieren. Der Rest sind uninteressante Füllsel, die nicht immer logisch aufgebaut sind. Ins Einzelne zu gehen erspare ich mir. Das würde ich tun, wenn das Gedicht entschieden mehr Substanz hätte.

blackout
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo blackout,

wenn Du beim Lesen des Gedichtes an Geschichte denken musst, ist sie wohl nicht weit weg gewesen in den Zeilen.

Ob es interessant für die LeserInnen ist, die Inspirationsquellen des Gedichtes zu kennen, kann ich nicht beurteilen. Ich besuchte eine Menge Burgen und Festungen und nicht alle besitzen einen Kriegskontext. In ihren Gemäuern stecken jede Menge Geschichten und man kann sich ihnen auch einzeln zuwenden.

Es ist nicht nur der Regen, der mit dem Stein verflochten ist.

cu
lap
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo lapismont und blackout,

ich lese "die Festung" als Metapher. Sie steht vielleicht für den Halt, der durch eine Institution wie z.B. einer Familie gegeben ist, die aufgrund ihrer Historie und Unmittelbarkeit, aber auch ihrer Verflechtungen von Liebe, Verantwortung, Beklemmung, Erwartungen etc. ein ambivalentes Universum ist.
Jedenfalls öffnet diese Lesart den Blick und die Empfindungen, die der Text auszulösen vermag, in verschiedene Richtungen.

Formal vielleicht ein bisschen viel Plural, die Sprache ausladend geschmückt; ich würde sagen: antidicht, wodurch sich eine merkwürdige Spannung ergibt. Als quelle Etwas auf, dessen Wesensart die Kontraktion ist ...

Grüße von Elke
 



 
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