Verglaste Parabel

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sufnus

Mitglied
Verglaste Parabel

Oh Schmetterling, grob abgeschmettert
von eines Fensters Dreifachhülle,
verlorst des Lebens Wesenfülle!

Wenn Weiches gegen Hartes brettert,
trifft Ersteres das Seinsgeschick
nach den Gesetzen der Physik.

So hemmte denn das Weltenwalten
dein falterfrommes Flugentfalten.
Wie schon berichtet: Abgeschmettert!

Ist solches eines Schöpfers Wille?
Der Leser fühlt die bange Stille
(bevor er eilig weiterblättert).
 
G

Gelöschtes Mitglied 24962

Gast
Hallo Suf,

eine, wie mir scheint, tiefgründige, metaphorisch angereicherte Reflexion über die konfligierende Synergie zwischen der Fragilität des Zarten und der Intransigenz des Unbeugsamen.
Wortverspielt, vokalverspielt und genetivaffin. Viele „s“. ;) (Ich gebe zu, ich mag den Genetiv nicht, das hat aber nichts mit deinem Werk zu tun. Ich kann beispielsweise auch nicht in Watte beißen, man müsste mich danach einliefern).


PS: „verlorst“ erscheint marginal…. Irgendwas ist damit… Der Klang des „o’s“ scheint die Zeile etwas auszuschälen. Vorschläge gebe ich dir keine. Du weißt genau was du tust. Das wäre sinnlos.
 

Scal

Mitglied
Hallo Sufnus!

Eine wunderbare Lyrik-Parabel!

Die letzte Zeile der letzten Strophe (Verhaltenspsychologie) macht darauf aufmerksam: Ich bin ein Schmetterling, flattre, gaukle, gewohnheits-tierlich, in der Regel sogleich zum nächsten Text, zur nächsten Gedichtblüte.

Eines Schöpfers Wille, das Werden, das Sich-Ernähren, Fortpflanzen, das gehemmt- und zerschreddert-Werden der Lebensform? Ist die Stille bang? Zunächst und unmittelbar – ja.
Auch dies eine Form des Weltenwaltens.

Strophe 2: „falterfrommes Flugentfalten“ verlautbart klanglautlich das Schmetterlingshafte, und Abgeschmettert! das Aufprallgeschehen.

Dreifachhülle, Wesensfülle, Seinsgeschick, Physik, wie auch der Genitiv, sind – meinem Empfinden nach – sprachliche Feinkost.

Ein Rufzeichen nach Dreifachhülle und ein Punkt nach Wesensfülle würde einen anderen Tonfall "erzeugen". Für mich auch gut vorstellbar.

Ein kurzes, sehr gelungenes Gedicht mit viel Fülle!

LG
Scal
 

sufnus

Mitglied
Hey Ihr Lieben!
Vielen Dank jeweils fürs Be(an)merken! :) Über das "verlorst" (@esnvhg )denk ich noch ein bisschen nach... :) ... die vielen s-Laute mochte ich eigentlich gerade. Und dass Du, lieber @Scal , offenbar herausgelesen hast, dass der weiterblätternde Leser in seiner etwas unsteten Blütenlese selbst was Schmetterlingshaftes hat, freut mich ganz außerordentlich! In der ersten Urfassung hatte ich ja noch geschrieben "bevor er gaukelnd weiterblättert" und damit diesen Schmetterlingsbezug versucht noch deutlicher zu machen. Aber erstens wäre das Wort "gaukeln" hier wohl von den meisten Lesern eher in Richtung "Gaukler, Schausteller" verstanden worden und nicht in Richtung "Gaukelflug" und zum anderen wäre mir das (wenn man es als Schmetterlingsanspielung verstanden hätte) schon wieder zu direkt gewesen. Jetzt freu ich mich sehr, dass die unterschwellige Implikation offenbar auch so funktioniert (bzw. funktionieren kann). :)
LG!
S.
 
G

Gelöschtes Mitglied 24962

Gast
die vielen s-Laute mochte ich eigentlich gerade.
Das ist vollkommen richtig so! Das war nicht gemeckert! Eigentlich hätte ich mir das Feedback sparen können, manchmal fällt der Hammer auf meine Synästhesie etwas zu schwer. :) Als Autor hast du darauf keinen Einfluss.

lg EV
 



 
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