Verhängnisvolle Liebe

Ich wusste schon immer, dass ich gut Auto fahren konnte. Nur einer zweifelte daran, mein Fahrlehrer. Der ungläubige Thomas zahlte einen hohen Preis für sein Misstrauen. Nach meiner achtzigsten Fahrstunde wurde er nämlich in die Klapsmühle eingeliefert. Ich aber hatte endlich den Führerschein. Doch davon reden wir ein andermal. Heute erzähle ich von meinem ersten Auto, gesponsert von Oma - Gott hab‘ sie selig.
Wir holten das Vehikel bei der Firma Beulenpest ab, einer Gebraucht-wagenhandlung aus der Pannenstraße. Auf der Heimfahrt behauptete Oma, das für viel Geld erworbene Automobil sei grau, ich hingegen glaubte, ein verschossenes Rot erkannt zu haben. Wir einigten uns schließlich auf rostbraun, weil dieser Farbton dominierte.
Ganz neu war das gute Stück also nicht. Ein Kotflügel fehlte und der linke Scheinwerfer. Die Lüftung funktionierte aber ausgezeichnet, besonders vom Boden her. Nur die Blinkanlage hatte ein paar Mucken, sie arbeitete sozusagen im Kreuzverfahren, also seitenverkehrt. Doch das irritierte nur den Sonntagsfahrer hinter uns. Uns nicht!
Später fiel mir an dem Wagen ein weiteres Übel auf. Der verrückte Benzin-Esel suchte geradezu versessen die Nähe von Bäumen. Diese Marotte zeigte sich zum erstenmal, als er Großvaters Apfelbaum umnietete. Bei der Reparatur entdeckte ich auch das Maskottchen des Wagens, eine kleine Birke. Sie wuchs in einer Ecke des Kofferraumes und träumte dort still vor sich hin.
Na ja, lange blieben wir nicht beisammen, der Rostbraune und ich. Schuld an der Trennung waren seine selten dämlichen Manieren. Wie ein liebestoller Zwergpinscher jagte er auf jeden Straßenbaum zu, streichelte heftig seine Rinde und warf dabei mit Außenspiegeln und Kotflügeln um sich.
Schweigend ertrugen die Bäume seine Attacken und kündigten die Freundschaft erst, als er im Schutz der Dunkelheit eine junge, bildhübsche Tanne flachlegte. Die Rache der hölzernen Riesen war grausam. Ich erlebte sie fast hautnah mit. In einer stürmischen Nacht saß ich am Fenster und schaute hinüber zu der knorrigen Eiche, die bei der Hinrichtung den Henker spielte. Ihre Krone wankte und bebte, stürzte dann polternd auf den zudringlichen Casanova und zerlegte ihn fachmännisch in zwei Teile. Nur die Scheibenwischer blieben verschont, doch die waren eh‘ schon im Eimer.
 

Rainer Heiß

Mitglied
kommt mir bekannt vor...

Hi Wlli,

auch wenn mir deine Geschichte an manchen Stellen zu übertrieben vorkommt, habe ich sie insgesamt doch recht amüsiert gelesen! Besonders eine Stelle - die, an der der Baum im Sturm auf dein Auto kracht - hat mich sofort an eine Episode erinnert, die ich selbst vor Jahren erlebt habe: Mir ist nachts einmal (während der Fahrt!) ein Baum auf`s Auto gedonnert, obwohl der alte Benz (zumindest in der Zeit, in der ich ihn gefahren habe) die Bäume brav in Ruhe gelassen hatte. Erklärung???
Grüße, Rainer
 
Hallo Rainer

Vielleicht, weil du der bessere Autobändiger warst.
Doch keine Sorge. Ich habe 30 Jahre lang unfallfrei Omnibus gefahren.
Gruß
Willi
 



 
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