Verliebt in die eigenen Protagonistinnen

Hagen

Mitglied
Verliebt in die eigenen Protagonistinnen

Manchmal frage ich mich, ob ich meine liebe Frau betrüge, wenn ich mich in die eigenen Protagonistinnen meiner Romane verliebe.
Man sagt, dass eine Story nur so gut ist, wie der ‘Böse Bube‘ in ihr. Aber warum, zur Hölle, soll es nicht auch mal ein ‘Böses Mädel‘ sein?
Natürlich nicht ganz böse, das wäre wiederum langweilig, aber mit bösen Attributen und mindestens einer oder mehreren entsprechenden Eigenschaften. Nicht zu weit hergeholt, aber Besonders.
Nicht so wie Thomas Mann im ‘Zauberberg‘, einfach die Leute aus seinem Umfeld nehmen und einen Roman draus machen. Kann jeder, aber seine Protagonisten selbst erarbeiten, formen, aufbauen: - da kann man sich schon mal den Hintern breit sitzen.
Ach, ich liebe dezent böse Mädels und erschaffe sie mir selbst. Nach meinen Vorstellungen, das geht im Roman, der muss etwas länger sein, man muss nur durchhalten.

Zu der Zeit, als ich noch in der ersten Person geschrieben und eigene Erlebnisse in meine Romane eingebracht habe, erschuf ich zunächst die Protagonistin ‘Phoebe‘.
Phoebe hatte Kastanienfarbenes Haar und ‘Magische Kräfte‘, wie eigentlich jede Frau, die liebt. Aber wenn sie liebt, funktioniert die Magie nicht mehr so recht.
„Eine echte Frau muss sich als erotisch-magisches Wesen verstehen!“
( Marchesa Antonietta Contenta )
Das habe ich beherzigt und verinnerlicht und den Roman geschrieben; - nur dass Phoebe mich umbringen wollte und daran letztlich zugrunde ging, und ich auch, - fast.
In Romanen kann ich das machen, das unterscheidet vom Alltagseinerlei. Ich habe erfahren, dass es so funktioniert und auch so weitergemacht.
(Willkommen auf der dunklen Seite der Macht)

Als Nächstes formte ich die Frau, die sich für eine Inkarnation der Semiramis hielt und ständig auf der Suche nach ‘Weisen Männern‘ war.
Aber sie war mit einem Fluch behaftet; - nur habe ich das in dem Roman nicht gewusst, bis auch diese ‘Semiramis‘ zu Tode kam.

… und dann war da noch ‘Lilith‘, wie Adams erstes Weib, die mysteriöse Frau, die nicht sterben kann und Episoden aus der Zeit erzählt, als sie noch Zeltskavin bei dem karthagischen Heerführer Hannibal war. Im Roman hat Lilith mich dazu gebracht, Verbrechen zu ahnden, die vom Gesetz nicht erfasst werden, aber wehe ich fange mit einer anderen Frau was an!
Ich habe mich in Lilith verliebt, eine richtige ‘Amour fou‘ aber bei der Liebe haben wir (im Roman) eine Kleinigkeit übersehen …

Das war’s erst mal mit den etwas mystischen Romanen, ich schrieb in der dritten Person weiter und verliebte mich in die Protagonistin ‘Rebecca‘.
Rebecca gibt sich auf ihre letzten Tage, sie hat unheilbar Krebs, ausgesprochen frivol und obszön, ja fast schon ordinär, kann aber singen wie eine Sirene aus der griechischen Mythologie, die durch ihren betörenden Gesang die vorbeifahrenden Schiffer anlockt, um sie zu töten. Eine faszinierende Frau!
Schon wieder war ich auf der leicht mystischen Seite und musste mich arg zusammennehmen, mich nicht in ‘Roswitha‘ zu verlieben, die Hauptprotagonistin der Fortsetzung des Rebeccaromans.
Roswitha wurde ihr ganzes Leben nur rumgeschubst und kommt im Laufe des Romans langsam dazu, sich selbstbestimmt zu entwickeln. Da alle meine Romane Züge das Monomythos aufweisen, muss auch eine Wandlung des Helden; - der Heldin, vonstattengehen. Allerdings kommt ihr ‘Malochergen‘ hierbei zum Tragen. Sie muss laufend was tun, und wenn es nur das Kochen exquisiter Gerichte ist, bis ein Ushebti ihr Einhalt gebietet …
Komisch, dass ich die Roswitha nicht habe sterben lassen, wie sonst alle Hauptprotagonistinnen meiner Romane, weil ich
a. Happyends hasse und
b. Trotz meiner leicht mystischen Neigungen möglichst genau so schreibe, wie das Leben so spielt, denn das Leben ist nicht anders, es passiert! Einen schönen Gruß an Hollywood und seine Lovestorys, denn die sind meistens auf den Geschmack des Lesepöbels zurechtgeschnitten und der wünscht es nicht anders!

Zur Zeit sitze ich an einem Roman, in dem gleich drei! ebenso extravagante wie für mich faszinierende Damen vorkommen. Da ist
1. ‘Rosemarie‘. Rosemarie ist ‘Tarotkundig‘, sie beschäftigt sich mit dem Necronomicon und dem Codex Gigas. Sie liebt Hüte und Vintageklamotten und verschenkt gerne ihre Sachen. Sie spielt phantastisch Billard und glaubt angeblich an das ‘Project Blue Beam‘. Sie sitzt zwar im Supermarkt an der Kasse, war aber mal Baugeräteführerin und auch mal Heideblütenkönigin.
2. ‘Gerlinde‘. Gerlinde ist zwar Lehrerin der unteren Klassen an der Grundschule, aber eine totale Soziopathin. Ihr Lieblingsgericht ist Hirschragout mit Pilzen, Nüssen und Früchten, was sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu sich nimmt. Gerlinde ist zwar verheiratet, hat aber hier und da mal den einen oder anderen ‘one night stand‘ und einige typische soziopathische Eigenschaften mehr.
3. Und schließlich ‘Ricarda‘. Ricarda ist eine verkrachte Schauspielerin mit bipolarer Persönlichkeit. Um klarzukommen, begeht sie hin und wieder nicht ganz legale ‘Aktionen‘, wobei ihr die Fähigkeit, die ‘Femme Fatale‘ zu geben, sehr zugute kommt.

Der Plot steht zwar in meinem Kopf, es gibt aber noch viel zu tun, zumal zwei der drei Hauptprotagonistinnen sterben werden. Mit zweien dieser Damen verbindet mich inzwischen eine richtige ‘Amour fou‘, wie üblich bei mir …

Jetzt werde ich aber in den Garten gehen und meiner lieben Frau die schönste Rose pflücken, die ich finden kann und sie ihr in einer Vase auf den Tisch stellen …
 
A

aligaga

Gast
Thomas Mann zuliebe!

Selten hat @ali sich über das Geschwurbel eines selbsternannten “Schriftstellers“ so amüsiert wie dieses.

Wer sich je einen Text dieses Autors angetan und rezensiert hat (@ali hat!), weiß, dass sich in dessen Taxler-G’schichterln in der Tat nichts findet als die rudimentäre Fantasie eines gesellschaftlich zu kurz gekommenen Trinkers, der außer sich alle anderen für blöd und an Frauen für am Wichtigsten hält, dass sie einen Einfüllstutzen zwischen den Beinen tragen.

Köstlich die Anmutung dieses Dampfplauderers, seine ordinären ProtagonistInnen hätten ein ganz anders Kaliber als jene Thomas Manns, der ja – so lesen wir hier wörtlich – „einfach die Leute aus seinem Umfeld nehmen und einen Roman draus machen“ konnte. Das „kann jeder“, meint der Autor, „aber seine Protagonisten selbst erarbeiten, formen, aufbauen: - da kann man sich schon mal den Hintern breit sitzen.“

Hihi – das mit dem Hintern stimmt. Dumm nur, dass man Literatur nicht mit dem Hintern, sondern besser mit Hirn fabrizieren sollte – so wie der geschmähte Thomas Mann das auf ganz einmalige Weise konnte.

@Ali mag sich die Gattin dieses „Schriftstellers“ nicht als dessen „Lesefan“ vorstellen. Er ist sich vielmehr ziemlich sicher, dass der Autor gar keine weiblichen Fans hat – geistiges Hundefutter wie das seine hielten und halten Mädelz zu allen Zeiten für unverdaulich. Die wollen keinen Matscho schwadronieren hören, sondern literarisch was erleben: Kulinarik, nicht Dampfküche; Feinkost, nicht Schappi. Mann statt Murks!

Heiter, sehr heiter

aligaga
 

Hagen

Mitglied
Sehr geehrter Herr Gaga!

Hiermit teile ich Ihnen mit, dass von meinen Romanen lediglich einer im Taximilieu spielt.
Sie hätten sich vorher etwas genauer informieren müssen, denn der geneigte Leser erwartet kein geistiges Hundefutter. Die wollen keinen Beckenrandschwimmer schwadronieren hören, sondern literarisch was erleben: Kulinarik, nicht Dampfküche; Feinkost, nicht Schappi. Mann statt Murks!

Im Gegensatz zu Ihnen habe ich meine Romane nämlich in einem zwar kleinen, aber feinen Verlag (Weder Druckkostenzuschuss noch Self publisher o.Ä.) untergebracht.
Von den Tantiemen kann ich meine liebe Frau ab und zu zum Essen einladen.

Weiterhin sind Frauen von mir nie und nimmer als, und ich zitiere wörtlich: ‘… an Frauen hält er für am Wichtigsten, dass sie einen Einfüllstutzen zwischen den Beinen tragen.‘ bezeichnet worden.
Eine derart profane Lüge zu verbreiten, kann nur dem kranken Hirn eines Beckenrandschwimmers entspringen, der voller Neid auf einen ‘selbsternannten Schriftsteller‘ aufblickt, weil er mit immer dem gleichen Zeugs wie ‘Häuser am Fluss‘ etc. zwar viel geklickt aber so gut wie nie benotet wird, auftrumpfen möchte.

Aber wie sagte schon Gerhard Uhlenbruck, ein deutscher Mediziner:
Besserwisser entstehen in der Umgebung von Unwissenden oder durch höfliche Schweigen der Wissenden.

Also, in diesem Sinne, hochverehrter Herr Gaga,
Bin gerade echt beschäftigt, da meine Fangemeinde ständig wächst, auch die der Damen.
Kann ich Sie bitte zu einem anderen Zeitpunkt ignorieren?

Mit vorbildlicher Selbstbeherrschung,
trotzdem amüsiert,

L.G. Hagen
______________________________________
Der Neid kann sich nicht verbergen.
Er klagt an und verurteilt, ohne Beweise zu haben;
er übertreibt die Fehler;
er hat maßlose Namen für die geringsten Irrtümer,
und seine Sprache ist voll Bitterkeit,
Übertreibung und Missgunst.
Mit unerbittlichem Hass und rasender Wut
stürzt er sich auf jedes wirkliche Verdienst;
er ist blind, jähzornig, gefühllos, brutal.

Luc de Clapiers Vauvenargues
 
A

aligaga

Gast
Was jemand außerhalb dieses "Biotops" und bei wem publiziert, spielt keine Rolle, o Hagen - hic rhodus, hic salta!

@Ali erinnert sich noch gut an deine Tiraden, als er vor geraumer Zeit ein paar deiner immergleichen, an präpotente Schüleraufsätze gemahnende Texte kritisiert hatte und auf die Fehler hinwies, die sie enthielten. Es hieß dann, es seien diese Droschkeng'schichterln alle aus dem vollen Leben geschöpft, ne?

Dass du @ali den Erfolg seiner "Häuser am Fluss" neidest, ist offensichtlich. Wen juckt's?

Amüsiert

aligaga
 

FrankK

Mitglied
Hallo, Hagen
Passabler und durchaus nicht peinlicher Grundansatz.
Die "mehr oder weniger erfundenen" Charaktere in einer Geschichte sind doch wie die eigenen Kinder, man hat sie erschaffen, gepflegt, aufgebaut, Zeit investiert, hat sie weitergebildet und sie gefördert sowie gefordert.
Bei der Schaffung einer Figur ist der Autor sehr nahe an Gott, und dieser liebt doch auch alle seine Kinder.
Ich empfinde es nicht als unangemessen und schon gar nicht als Betrug.
Betrügst Du denn Deine Frau, wenn Du ein gemeinsames Haustier "liebst"?
Oder euer gemeinsames Kind? Oder Deine Stieftochter, die Deine Frau aus erster Ehe mitgebracht hat?
Dies sind reale Personen.
Wo sollte eine gewisse Verwerflichkeit herkommen, wenn Du deine von Dir geschaffenen Charaktere ebenfalls "liebst"?
Peinlich und unangenehm würde es erst, wenn Du deine "liebe Frau" im Ehebett plötzlich mit dem Namen eines Deiner Charaktere ansprichst - aber vielleicht hast Du ja Glück, und ihr könnt beide herzlich darüber lachen.
Vielleicht fühlte sie sich sogar geschmeichelt, wenn Du sie "Lilith" nennst ...


Herzliche Grüße auch an Deine holde Angetraute
Frank


PS: Ich "liebe" alle meine von mir erschaffenen Charaktere ;)
(sonst wäre ich auch nicht zufrieden mit ihnen)
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Hagen,

wenn ich mich recht erinnere, ist Deine Frau 'die liebe Lydia'. Bei ihr sollten eigentlich alle Alarmglocken schrillen, wenn sie die schönste Rose aus dem Garten bekommt. Hagen hat etwas ausgefressen - wenn auch nur in Gedanken.

Amüsiert, DS
 

Hagen

Mitglied
Hallo Frank,
Danke für die Beschäftigung mit meinem Text und Dein Verständnis.
Nun, wir haben weder ein Haustier, selbst ein Goldfisch würde mir zu viel Hektik in mein Skriptorium bringen, :) und irgendwelche Kinder hat meine liebe Frau auch nicht mitgebracht.
Allerdings ist mein 'Gottverständnis' ein etwas anderes.
Da Schreiben mehr oder weniger Handwerk ist, neige ich eher dazu, mich mit einem 'Töpfer' o.Ä. zu vergleichen.
Aus einem rohen Klumpen Ton wird durch liebevolle Bearbeitung etwas mehr oder weniger 'Schönes', 'Detailliertes' geformt.

Eigentlich bin ich mit meinen Charakteren nie so recht zufrieden, hier und da fällt mir nachträglich immer noch ein Detail ein, oder ich werde durch das tägliche Leben drauf geschubst, aber irgendwann muss ich mal einen Schlusspunkt unter den Roman setzen und den Kopf für Neues frei machen.

Du verstehst?

Dass ich die Liebe Lydia mit 'Lilith' o.Ä. angesprochen habe, ist mir allerdings noch nie passiert.

In diesem Sinne.
Herzliche Grüße auch an Deine holde Angetraute und Deinen Hund,
wir lesen uns!

Herzlichst
yours Hagen

_________________
Es heißt ein Dichter ist einer,
der Worte zusammenfügt.
Das stimmt nicht.
Ein Dichter ist einer,
den Worte noch halbwegs zusammenfügen,
wenn er Glück hat.
Wenn er Unglück hat, reißen die Worte ihn auseinander

Erich Fried
 

Hagen

Mitglied
Hallo Doc!
Schön, dass wir auch mal wieder was voneinander hören.
Tja, das mit den Rosen aus dem Garten ist so eine Sache!
Da die liebe Lydia Rosen liebt, bringe ich ihr jede Woche ein Sträußchen ebendiese mit. Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass ich jede Woche was ausfressen müsste.
Das wiederum schaffe ich nicht.

Ein wenig irritiert
Herzliche Grüße
yours Hagen

____________
Weich ist stärker als hart,
Wasser stärker als Fels,
Liebe stärker als Gewalt.
(Siddhartha)
 



 
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