Arno Abendschön
Mitglied
Ben ging noch zur Grundschule, als es zum zweiten Mal passierte. Die anderen Jungen aus seiner Klasse wussten es schon: Der Ausreißer aus der Großstadt war wieder da gewesen.
Tobias sagte: "Ben, er hat sich wieder bei euch versteckt. Die Polizei hat ihn da gestern gesucht."
Michael sagte: "Sie haben ihn auch diesmal schnell gefunden. Geschnappt und weggebracht. Ich hab's vom Garten aus beobachtet." Tatsächlich hatte er nur das Polizeiauto wegfahren sehen.
Sie trafen sich am Nachmittag und gingen zur großen Wiese hinauf. Die Polizei hatte ihn dieses Mal in einem Strohhaufen aufgespürt, so viel war schon bekannt. Da lagen etwa fünfzig vom Mähdrescher zusammengepresste Strohballen ordentlich aufeinander geschichtet. Es sah aus wie ein kleines Haus ganz aus Stroh. Sie fanden den Eingang zu der Höhle, die er sich angelegt hatte, und krochen nacheinander hinein. Drinnen war es eng, finster und stickig. Tobias und Michael bewunderten den Ausreißer. Toll, so was, man müsste auch mal ... Aber sich dann nicht fangen lassen ... Die beiden hatten keinen Grund, von daheim wegzulaufen. So sah es Ben. Er selbst dagegen…
Ben stellte sich vor, wie er da auf die Polizei gewartet hatte, das Ende der Geschichte schon vor Augen. Aber vorher musste es schön gewesen sein. So ganz allein auf der Welt zu sein. Und alles war so still. Vermutlich hatte er auch im Strohhaus geschlafen.
"Aber wie ist er an sein Essen gekommen?" - "Natürlich geklaut. Du nimmst es dir im Supermarkt und schmuggelst es an der Kasse vorbei." - "Nein, er ist nachts in Häuser eingebrochen. Hat sich mal die Kühlschränke näher angesehen." - So schwadronierten die beiden. Das war Räuberromantik. Aufschneider waren das, sie würden nie fortgehen. Ben sagte: "Gehen wir mal zu der Hecke da drüben. Da war er voriges Mal auch schon."
Das Gelände fiel am Rand steil zum Tal ab. Dort war nur noch verbuschtes Ödland. Ben führte sie zu der vordersten Schlehenhecke. Sie drückten vorsichtig die Zweige auseinander und drangen durch das Dickicht vor. Dann standen sie am Rand der Hochfläche und alles lag vor ihnen, lag unter ihnen: Bens Elternhaus, das Tal mit den Flusswindungen, ein großer Teil des Dorfes. Tobias sagte: "Das war seine Burg. Uneinnehmbar." - Michael sagte: "Tagsüber ist er sicher meistens hier gewesen."
Ben sah etwas im Gras blinken. Er bückte sich und hob es auf. Es war eine einfache und etwas schäbige alte Besteckgabel. Und wo war das Messer? - "Das hat er immer am Körper getragen. Auch um sich zu verteidigen." - Mehr gab es nicht zu entdecken. Bald wurde es ihnen langweilig. Sie gingen für heute auseinander.
Ben kombinierte. Er wusste, die Tante des Ausreißers wohnte in der Nähe in einem allein stehenden Haus. Von seinen Besuchen bei ihr kannte der Junge aus der Stadt die Gegend schon lange. Sollte die Gabel vielleicht aus der Küche der Tante stammen? Man müsste sie ihr dann zurückbringen.
Er ging hin und wurde nicht gelobt. - "Ja, die ist auch aus meinem Bestand ... Gib nur her. Und vielen Dank für deine Mühe ..." Sie nahm ihm mit verdrossenem Gesicht die Gabel aus der Hand und schloss schnell die Tür vor ihm. Klar, sie wollte nichts mehr von der Sache hören, nicht darüber reden. Ben ging heim. Unterwegs dachte er: Vielleicht hat er auch sein Essen bei ihr gemopst. Aus der Stadt weglaufen, um auf dem Land in der Nähe der Tante zu hausen - so einer imponierte ihm nicht. Nein, wenn er weggehen wird, wird er es anders machen. Ganz anders.
Tobias sagte: "Ben, er hat sich wieder bei euch versteckt. Die Polizei hat ihn da gestern gesucht."
Michael sagte: "Sie haben ihn auch diesmal schnell gefunden. Geschnappt und weggebracht. Ich hab's vom Garten aus beobachtet." Tatsächlich hatte er nur das Polizeiauto wegfahren sehen.
Sie trafen sich am Nachmittag und gingen zur großen Wiese hinauf. Die Polizei hatte ihn dieses Mal in einem Strohhaufen aufgespürt, so viel war schon bekannt. Da lagen etwa fünfzig vom Mähdrescher zusammengepresste Strohballen ordentlich aufeinander geschichtet. Es sah aus wie ein kleines Haus ganz aus Stroh. Sie fanden den Eingang zu der Höhle, die er sich angelegt hatte, und krochen nacheinander hinein. Drinnen war es eng, finster und stickig. Tobias und Michael bewunderten den Ausreißer. Toll, so was, man müsste auch mal ... Aber sich dann nicht fangen lassen ... Die beiden hatten keinen Grund, von daheim wegzulaufen. So sah es Ben. Er selbst dagegen…
Ben stellte sich vor, wie er da auf die Polizei gewartet hatte, das Ende der Geschichte schon vor Augen. Aber vorher musste es schön gewesen sein. So ganz allein auf der Welt zu sein. Und alles war so still. Vermutlich hatte er auch im Strohhaus geschlafen.
"Aber wie ist er an sein Essen gekommen?" - "Natürlich geklaut. Du nimmst es dir im Supermarkt und schmuggelst es an der Kasse vorbei." - "Nein, er ist nachts in Häuser eingebrochen. Hat sich mal die Kühlschränke näher angesehen." - So schwadronierten die beiden. Das war Räuberromantik. Aufschneider waren das, sie würden nie fortgehen. Ben sagte: "Gehen wir mal zu der Hecke da drüben. Da war er voriges Mal auch schon."
Das Gelände fiel am Rand steil zum Tal ab. Dort war nur noch verbuschtes Ödland. Ben führte sie zu der vordersten Schlehenhecke. Sie drückten vorsichtig die Zweige auseinander und drangen durch das Dickicht vor. Dann standen sie am Rand der Hochfläche und alles lag vor ihnen, lag unter ihnen: Bens Elternhaus, das Tal mit den Flusswindungen, ein großer Teil des Dorfes. Tobias sagte: "Das war seine Burg. Uneinnehmbar." - Michael sagte: "Tagsüber ist er sicher meistens hier gewesen."
Ben sah etwas im Gras blinken. Er bückte sich und hob es auf. Es war eine einfache und etwas schäbige alte Besteckgabel. Und wo war das Messer? - "Das hat er immer am Körper getragen. Auch um sich zu verteidigen." - Mehr gab es nicht zu entdecken. Bald wurde es ihnen langweilig. Sie gingen für heute auseinander.
Ben kombinierte. Er wusste, die Tante des Ausreißers wohnte in der Nähe in einem allein stehenden Haus. Von seinen Besuchen bei ihr kannte der Junge aus der Stadt die Gegend schon lange. Sollte die Gabel vielleicht aus der Küche der Tante stammen? Man müsste sie ihr dann zurückbringen.
Er ging hin und wurde nicht gelobt. - "Ja, die ist auch aus meinem Bestand ... Gib nur her. Und vielen Dank für deine Mühe ..." Sie nahm ihm mit verdrossenem Gesicht die Gabel aus der Hand und schloss schnell die Tür vor ihm. Klar, sie wollte nichts mehr von der Sache hören, nicht darüber reden. Ben ging heim. Unterwegs dachte er: Vielleicht hat er auch sein Essen bei ihr gemopst. Aus der Stadt weglaufen, um auf dem Land in der Nähe der Tante zu hausen - so einer imponierte ihm nicht. Nein, wenn er weggehen wird, wird er es anders machen. Ganz anders.