Verrechnet: 2. Susanne macht eine Bekanntschaft (gelöscht)

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G

Gelöschtes Mitglied 17359

Gast
Ich glaube, mir fehlt hier ein gewisses Vorwissen. Da treffen sich zwei Frauen im Urlaub in der Schweiz und sind beide aus Wilhelmshaven. Was für ein Zufall!! Dann stellt sich heraus, dass die neue Bekannte auch Lehrerin ist, wie Susannes Mann. Noch ein Zufall! Dazu noch an der gleichen Schule in Wilhelmshaven? Das kann kein Zufall mehr sein. Was habe ich verpasst?
Mir kommt das Verhalten von Manuela merkwürdig vor. Absicht?

Und diese spontane Vertrautheit zwischen den beiden Frauen erscheint mir nicht recht glaubwürdig. Susanne, im ersten Kapitel total verhuscht und ängstlich, heult sich bei einer völlig Fremden aus?

Ich finde, in diesem Abschnitt bleibst du mit allem Wichtigen sehr grob und oberflächlich, während du an anderer Stelle ganz nahe an die Nebenpersonen herangehst (Kind mit dem Eis, Mann, der Manuela anspricht). Ich weiß nicht so recht ...

Gruß, Hyazinthe
 

domino

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Manuela und Keyser sind nicht an derselben Schule. Das wäre wirklich zu viel. Aber in Ferienzeiten sind eben auch viele Lehrer auf Reisen, und da treffen sich schon mal zwei am selben Ort.
Wilhelmshaven ist nicht besonders groß. Viele Lehrer kennen sich, und wenn jemand so einen schlechten Ruf hat, würden ihn alle kennen.

Ich war vor 30 Jahren mit dem Fahrrad in England unterwegs. Bed and Breakfast machten wir einmal bei einer Frau, Deutsche, aus einem Nachbarort unserer Heimatstadt. Sie hatte nach dem Krieg einen englischen Soldaten geheiratet.

Ich habe schon oft gehört, dass Menschen sich bei Fremden, z.B. im Zug, aussprechen. In diesem Fall stelle ich mir vor, dass Susanne zu Hause den Schein wahrt, und im Urlaub einfach mal loslassen kann, auch weil ihr Mann sie aus seinem Klammergriff gelassen hat. Manuela hat Vertrauen geweckt, und es kommt erst am Ende des gemeinsamen Tages, angestoßen durch das Mitgefühl, dazu, dass Susanne ihr Herz ausschüttet.

Gruß, domino
 

jon

Mitglied
Ich glaube, der Knackpunkt ist mal wieder der Tonfall. Man hört nicht, dass sich die beiden näher kommen, man hört Susannes Entspannung nicht. Die Fakten (das Café, die Spaziergänge, die Gespräche) sind ja nur ein Teil des Textes - der andere ist der Sound. Du spulst die Fakten ab, aber man hat nicht den Eindruck, dass da wirklich Gefühle – oder richtiger: Stimmungen – im Spiel sind.





Mir ist Susanne auch zu schnell beim Bekanntschaftschließen. So wie ich sie kennengelernt habe, ist sie vorsichtiger. Höflich reagierend aber nicht agierend. Sie würde eine Wildfremde, die ihr außerdem das "du" aufdrückt, nicht fragen, wo sie herkommt. Sie würde mit der Zeit unter Manuelas munterem Geplauder auftauen, das kann schon sein, aber am Anfang geht das alles nur von Manu aus. Und es geht vor allem auch nicht so schnell, wie du es dann ansagst …

Ich denke mir das so:

„Ja, setzen Sie sich.“
Sie tauschten ein Lächeln.
„Ich heiße Manuela“, stellte die Frau sich vor, während sie sich niederließ und ihre Handtasche über die Armlehne hängte.
Susanne war ein wenig verblüfft, dass die Fremde gleich den Vornamen genannt hatte, aber so war es wohl üblich heute. „[strike]Ich bin[/strike] Susanne“, sagte sie.
[strike]Manuela orderte einen Cappuccino. [/strike]„Schön ist es am Bodensee, nicht wahr? Bist du schon länger hier?“
„Seit ein paar Tagen. Wir haben ein Ferienhaus gemietet. Heute machen meine Söhne eine Radtour, und mein Mann ist für drei Tage zu Fuß unterwegs, in der Schweiz.“
„Da kannst du den Tag ja richtig genießen.“
Susanne nickte und konnte einen Seufzer gerade noch unterdrücken. [strike]„Und du?“[/strike]
„Ich bin gestern Abend erst angekommen. Es war eine lange Fahrt.[strike]“ „Woher kommst du?“ „V[/strike]Ich komme ja von der Nordsee, Wilhelmshaven.“
„[strike]Was? [/strike]Wir auch[strike]! Das ist ja ein Zufall[/strike].“
„Na das ist ja echt ein Zufall, oder?“, lachte Manuela. „Zu Hause trifft man sich nicht, aber tausend Kilometer lernt man sich kennen.“
Susanne schmunzelte.
„Sag mal …“, setzte Manuaela an, wurde aber vom herantretenden Kellner unterbrochen. Sie bestellte einen Cappucchino. Dann nahm sie den Faden wieder auf: „Wenn du den Tag sozusagen frei hast, könnten wir doch zusammen noch was unternehmen, oder?“
Susanne zögerte.
„Oder auch nicht“, räumte Manuela ein und lehnte sich zurück. „Ich bin immer so vorlaut, dabei kennst du mich ja gar nicht. Wahrscheinlich willst du lieber deine Ruhe haben.“
Susanne lauschte, ob sie einen beleidigten Unterton hören konnte. Untertöne konnten wichtig sein, sehr wichtig.
„Weißt du“, plauderte Manuela weiter, „wenn man so allein reist, da gewöhnt man sich schnell an, Anschluss zu suchen. Bei dir ist ja bestimmt umgekehrt, du hast immer Trubel um dich rum und bist mal froh, wenn du durchatmen kannst.“
„Naja …“
Manuela lächelte offen. „Ist schon gut, ich versteh das ja. Jeder tickt eben anders. Ist ja auch gut so, sonst wäre es ja langweilig.“ Sie lachte. „Stell dir vor, alle wären solche Plaudertaschen wie ich! Mein je, da wäre ein Lärm, was?“
Susanne schmunzelte. „Oder alle wären wie ich. Das wäre ganz schön still. Ich würde wirklich gern was mit dir unternehmen. Das wäre eine schöne Abwechslung, glaube ich.“
Worauf ich hinaus will: Du könntest wahrscheinlich mehr in die Szenen eintauchen, sie mehr "ausspielen".


„Kennen wir uns nicht?“
Sie lachte. „Ja, ja, bestimmt von Biarritz.“
Er lachte auch. „Wir könnten uns aber kennenlernen …“
Das muss ein Code sein, das versteh ich nicht. Susanne scheint es aber sehr wohl zu verstehen und zudem ganz normal zu finden - zumindest ist keine Rede davon, dass sie darüber stolpert. Dann frage ich mich allerdings, warum du es so detailliert aus der "Zusammenfassung des Zusammenseins" herausstellst.

„Ich kann nicht. Er hat mich zermürbt. Allein der Gedanke an ihn macht mich völlig kraftlos.“ Weinend schlug sie die Hände vors Gesicht.
Nein, das sagt sie nicht. Das ist das, was ein Psychologe analysieren würde, nicht das, was sie "weiß". Sie würde nur "Ich kann nicht" sagen, vielleicht würde sie die Kinder als Argument anführen. Vielleicht auch, dass sie von ihm finanziell abhängig ist. Oder dass er sie umbringen würde, wenn sie es täte. Alles "gute Gründe" - den eigentlichen Grund zu erkennen, ist der erste Schritt zur "Heilung", soweit ist sie aber offenbar noch lange nicht. (Auch das Weinen ist - trotz des unbestreitbaren Effektes, dass man sich Fremden eher öffnet – ist meiner Meinung nach schon ein Schritt zu weit für Susannes Heilungsprozess.)
 

domino

Mitglied
Es liest sich gut, was du schreibst. Ich werde mich mit diesem Teil beschäftigen.
Die Biarritz-Frage stammt aus Martin Suters Roman Small World.
Aber ich merke, es wirkt bei mir etwas deplaziert. Ich streiche den Absatz.
 
G

Gelöschtes Mitglied 17359

Gast
Hallo domino!

Ich finde, die größere Ausführlichkeit macht die Begegnung der Frauen greifbarer und glaubwürdiger. Der Ausbruch Susannes am Ende kommt m.A.n. aber immer noch zu plötzlich.

Einige Vorschläge:

1. Satz. Zwei Tage später. Keyser war ... und Susanne lebte auf.
So wird der Zusammenhang zwischen der Abwesenheit Keysers und dem Aufleben Susannes deutlicher.

4. Absatz: ... hob das zierliche Gefäß an die Lippen.

5. Absatz: "spazierten" klingt merkwürdig; besser: "spazieren gingen" oder "einher spazierten"

7. Absatz: "eines Stuhles" ist zu allgemein; besser: "des Nebenstuhls" oder "des Stuhl an ihrem Tisch"

8. Absatz: "Ja, setzen sie sich" klingt wie ein Befehl; besser: "Ja, Sie dürfen gerne Platz nehmen" o. ä.

"etwas verstohlen": etwas streichen
30: Zahlen ausschreiben
"aus Wilhelnmshaven"
"Ich bin immer so still": würde man von sich selbst nicht
sagen: streichen

Gruß, Hyazinthe
 
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