Versehrt

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cecil

Mitglied
Versehrt

Vor dem Steckschuss in die Lunge
erzählte ich den Frischlingen in der Etappe
ernsthaft zu trinken sei eine Option

Wir vergifteten Brunnen und Vieh
bauten Straßen für den Nachschub
und markierten Landkarten mit Kreuzen
rot für Minen schwarz für Gefallene

Zuerst die Kanäle sprengen
überschwemmt sie mit Scheiße
keine Stadt hält das aus
repetiert als Morgenbefehl

Dann kam ich delirierend heim
antiseptisch mit Mull dekoriert
die Flagge überm Beatmungsgerät
und die verätzten Finger sediert
schwor ich das waren die anderen
unser Gas war umweltfreundlich

Nicht mal mehr ein Bier zum Schlafenkönnen
keine Joints bei der Fahrt durch den Park
die Pillen hauen voll rein
und jeden Morgen frage ich mich
wovon ich nachts wohl geträumt habe
 

Mimi

Mitglied
Lieber cecil,
Dein Gedicht könnte stellvertretend für all die sinnlose Grausamkeit von Kriegen stehen ...
Es ist die Beschreibung eines ständigen Balanceakts zwischen Patriotismus, Kriegsresignation und dem Bedürfnis nach Menschsein, dem selbst der tiefste Captagon-Rausch keine Abhilfe schaffen kann.

Sehr gut geschrieben... und beschrieben...

Gruß
Mimi
 

cecil

Mitglied
Liebe Mimi, ich freue mich aufrichtig über Dein positives Statement zu einem meiner Texte, die selbstredend keinen Wohlfühlfaktor haben. Für mich sind solche Arbeiten Rollenspiele, mit denen ich versuche, mir zu erklären, wozu Menschen fähig sind und wie sie ihr Schicksal da einordnen. Als Autor ist mir dieser Versuch wichtiger als zum x-ten Mal zu bestätigen, dass Krieg schrecklich und Putin ein böser Mensch ist. Das setze ich bei Lesern als Erkenntnis voraus.

Dabei suche ich keine lyrische Überhebung des Inhalts, sondern eine einfache Sprache, die, wenn es funktioniert, auch selbstentlarvend für die Protagonisten ist. Das ist ein Risiko, denn (womöglich) leichtfertigerweise setze ich voraus, dass ein potentieller Leser in der Lage ist, zwischen dem LyrIch und dem Autor zu unterscheiden (ein Problem, das der LL auch aktuell immer wieder vor die Füße fällt).

Meine Phantasie hätte allerdings niemals ausgereicht, zu erwarten, dass ein Kommentar hier haltlose und ehrabschneidende Nazi-Vergleiche ins Feld führt, die in bewährter AfD-Manier die Aussagen des Verfassers ins Gegenteil verkehren. Das ist echt erschreckend! Und noch erschreckender ist, dass ich diese Entgleisung gemeldet habe und … nichts … passiert ist.

Dahingegen hat der Adressat dieser Meldung, ein gewisser „lapismont“, nicht gezögert, meine zugegebenermaßen sarkastischen Kommentare zu den „Werken“ eines Autors kommentarlos zu löschen und meine Aufforderung, diese Maßnahme zu begründen, ihn offenbar sprachlos gemacht hat (oder er ist so selbstgerecht, dass er dies nicht als nötig erachtet, was auch tief blicken lässt).

Du hast, weil Du Mimi bist, wohl bemerkt, dass ich Dein ehrliches Lob als Anlass für eine allgemeine Betrachtung der LL genutzt habe. Aber darauf läuft es wohl hinaus, wenn man sich hier bewegen will. Haben wir hier nach wie vor eine Plattform, die die Präsentation eigener Texte ermöglicht und den AutorInnen die Auseinandersetzung mit den Rückmeldungen ihrer „KollegInnen“ bietet? Oder degeneriert dieses Forum zum Catwalk weniger kritikresistenter Narzissten? Da müssten die Macher wohl endlich Farbe bekennen!

Liebe Mimi, ich hoffe, dass Dich diese Nachricht noch erreicht, bevor jemand sie im Orkus der LL verschwinden lässt. Überraschen würde es mich nicht!



Einen schönen Abend noch, Cecil
 
G

Gelöschtes Mitglied 22830

Gast
hallo cecil,
jetzt ist es ja doch gelöscht. sei dir gewiss, dass keine*r mit wohlwollen und verstand es so gesehen hat.
deine perspektive ist stark und eindrücklich. ein bisschen wie die amerikanischen (anti)kriegsfilme.
mit all der ambivalenz.
viele grüße
charlotte
 



 
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