Versteckspiel

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sufnus

Mitglied
Hey! :) Ich geh ja meistens nicht extra auf Eure Besternungen ein - nicht aus Geringschätzung, ganz und gar im Gegentum! - aber hier neben dem ganz lieben Dankeschön an den besten aller @lyrikPower -Meister :) noch die Anmerkung (wegen Deines freundlichen, aber womöglich Zwischenrufe abschreckenden Kommentars neben den Sternen) dass hier keiner auf Zehenspitzen rausschleichen muss, sondern Wortmeldungen mich durchaus erfreuen... falls bei dem Gedicht sehr melancholische Schwingungen rüberkommen, ist das natürlich nicht ganz von der Hand zu weisen, aber die ganze Szenerie ist durchaus ein wenig... na... imaginiert und keine 1:1-Übertragung aus dem echten Leben (des Schreiberlings).
LG!
S.
 

Tula

Mitglied
Hallo sufnus
Ich stimme zu, dass dieses Gedicht eine Analyse und Diskussion wert wäre. Denn eine offensichtliche Deutung hat es gewiss nicht und ganz ehrlich bin ich selbst noch am Grübeln.
Der Einstieg erinnert eher an ein
'Umweltgedicht'. Du weißt was ich meine. Spätestens in der dritten Strophe wird klar, dass es hier eigentlich um Lyrich geht. Ist er der Alte, der an den Ort seiner Kindheit zurückkehrt? Soweit dachte ich, aber der Schluss hat mich dann doch aus der gedanklichen Bahn geworfen. Ich erlese mir so etwas wie Schuldgefühle oder Reue über eine Abkehr vom eigentlich Schönen und Wichtigen, die sich nicht mehr rückgängig machen lässt.

LG
Tula
 

kakadu

Mitglied
Hi Sufnus,

mir scheint, hier erinnert sich ein Mensch an Kindheitserlebnise, kann aber nicht alles greifen, weil einiges "unter Verschluss" gehalten wurde und nicht hinterfragt werden durfte. So spinne ich mir jedenfalls das letzte Bild zusammen.

LG Claudi
 
hi suf

ich sehe den einstieg über das kinderspiel des versteckens. 1. ebene für mich: während alle älter geworden sind udn mittlerweile ihrer wege gehen hat unser li das ganze spiel ad absurdem geführt da sich hinter ihm also überall außer zwischen ihm und der wand (Was unmöglich ist) niemand verstecken darf steckt es “ohne zeitvergehen„ fest. es ist etwas dornröschen darin für mich und ein bisschen schneewittchen.

2, ebene: in die richtung von @kakadu unser li hatte keine gute oder schlechte kindheit, eher ... keine

liest sich sehr wie die sachen von der geschätzten charlotte ( charly wo bist du eigentlich abgeblieben ???)

hat mir sehr gut gefallen es hat eine sufnussche schlitzohrigkeit und ist gleichzeitig tieftraurig

mes compliments

le poète aveugle
 
Zuletzt bearbeitet:

Tula

Mitglied
Ja, ans Versteckspiel dachte ich auch und dass das Gesicht nur zur Wand gedreht Geltung hat bzw. hatte ... traurig stimmend in der Tat ...

Tula
 

Marcson

Mitglied
Hi Sufnus,

das Gedicht finde ich besonders stark. Die Bilder dieses Gartens, der nur noch ein Überbleibsel des einstigen Gartens zu sein scheint. Statt der Amsel, die früher im Kirschbaum saß und sang, jetzt nur noch Stille, ein leeres Notenblatt. Auch das Lied der Heuschrecke wird nicht mehr gesungen. Interessant für mich auch, dass nur der Name der Nachbarskatze dort vergraben liegt.

Insgesamt zeichnen die ersten drei Strophen ein Bild dessen, was nicht mehr da ist, das Leben, das nicht mehr in diesem Garten ist. Eine Art Verwüstung ist geschehen und nun ist alles still dort. Das LI will sich davon abwenden, es steht, wie beim Versteckspiel aus Kindertagen vor der Wand, verschließt vermutlich die Augen. Und eine wirklich wahnsinnig gute abschließende Strophe die auch wieder eine Wendung aus Kindertagen evoziert: Das gilt nicht. Das gildet nicht, klingt es in meinen Ohren, so sagten wir das als Kind.

Da schwingt ein Trotz mit, ein anders haben wollen. Aber das zeigt auch, dass das Augenverschließen vor der Welt im Rücken, die sich zum schlechteren verändert hat, in der weniger Leben ist, weil der Garten irgendwie verwüstet wurde über die Jahre - dass eben dieses Abwenden eine kindliche, eine kindische Reaktion ist, die nicht ausreichend ist, um wieder eine Änderung zum Besseren hin anzustoßen.

Trotzdem glaube ich, auch ein bisschen eine positivere Lesart mitschwingen lassen zu können, denn zum einen ist das Bewahren eines kindlichen Zugangs zur Welt schon einmal etwas, das nicht nur negativ ist, da ist ja auch der Trotz und der innere Aufstand gegen diese Veränderungen, zum anderen dreht man sich beim Versteckspiel auch wieder um, wenn man dran ist mit Suchen, und sieht dann noch genauer hin, um etwas zu finden, das sich verbirgt.

Das sind so meine Eindrücke zu diesem Gedicht. Es gefällt mir sehr sehr.

LG Marc
 

fee_reloaded

Mitglied
Eine stilvoll gemalte Vanitas mit dem Versuch eines LyrIch, sich der Wahrnehmung der Vergänglichkeit zu entziehen.

Sehr stimmungsvoll und ich mag, dass jegliches Drohendes oder Mahnendes fehlt, sondern eine sanft melancholische Melodie (der Vanitas) über dem Gemälde liegt, die das LyrIch nicht drängt, sondern quasi wartet, bis es bereit ist. Das hat etwas sehr Versöhntes, Reifes, ohne aber damit zu prahlen.

Wundervoll gemacht! Sehr gerne gelesen, lieber sufnus!

LG,
fee
 

sufnus

Mitglied
Ihr Lieben! :)

So ein schöner Sterneregen und so viele zugewandte Kommentare - da freu ich mich sehr! Vielen lieben Dank! :)

Besonders gefällt mir, dass sich in Euren Lesarten eine gar nicht ganz kleine Schnittmenge übereinstimmender Interpretationen findet, aber dann jede(r) von Euch noch einmal eigene Aspekte für sich aus diesem Gedicht herausliest. Sowohl bezüglich des Gartens als auch im Hinblick auf das lyrische Ich, welches mit dem Gesicht zur Wand dasteht, sehe ich Angänge, die das Geschilderte eher konkret fassen und solche, die es eher metaphorisch verstehen. Mit diesem Lesepluralismus bin ich sehr happy, muss ich sagen - das war so ungefähr auch die Idee, dass hier verschiedene Blickwinkel möglich sind.

Also mir scheint, ich muss da dann nicht großartig viel "auflösen" oder "entwirren" (zumal ein(e) Autor*in beim Interpretieren ja auch m. E. nur eine Stimme unter vielen sein und keine Deutungshoheit haben sollte). Oder gibts doch etwas, was irgendwie verwirrend ist? :)

Wobei... vielleicht nur eine Ergänzung noch: Dieses "hinter mir, da gilt es nicht" kenne ich als Bestandteil des Sprüchleins, das der Sucher aufsagen muss ("1,2,3,4, Eckstein - alles muss versteckt sein - hinter mir da gilt es nicht! Achtung, los, jetzt komme ich!"). Hintergrund ist die Regel, dass der Platz, an dem der Sucher (dem Spielfeld den Rücken zudrehend) seinen Spruch aufsagt, den "sicheren Ort" darstellt, den die anderen Kinder aufsuchen können und (wenn sie auf dem Weg dorthin nicht abgeklatscht werden) dann als nicht gefunden gelten.
Damit also kein Kind einfach hinter dem Sucher stehen bleibt und wartet, bis der mit seinem Spruch fertig ist, um sich dann direkt vor Ort in "Sicherheit" zu bringen, ist also ein gewisser Mindestabstand von selbiger Stelle nötig... "(direkt) hinter mir, da gilt es nicht".

LG!

S.
 

Perry

Mitglied
Hallo Snufus,
"schön war die Jugendzeit, sie kommt nicht mehr", heißt es in einem bekannten Volkslied, das mir beim Lesen dazu eingefallen ist.
Ansonsten wurde ja bereits sehr treffend kommentiert, sodass ich nur noch zur "Nachbarskatze" etwas anfügen möchte.
Sie liegt wohl schon sehr lange dort begraben, weshalb nur noch ihr Name in Erinnerung geblieben ist.
Gern hineingedacht und LG
Manfred
 

sufnus

Mitglied
Hi Perry!
Danke für Deinen Kommentar und dass Du die Sprache nochmal auf die Katze bringst, die in dem Garten bestattet zu sein scheint (aber dann ist es doch nur ihr "Name"). Marc hatte ja auch auf diese Formulierung hingewiesen und dann habe ich ganz vergessen, auf den Punkt einzugehen...
Deine Erklärung, Perry, gefällt mir jedenfalls sehr gut! Demnach wäre die Katze, wie Du schreibst: nach so langer Zeit, physisch schon nicht mehr im Garten vergraben sondern nur noch die Erinnerung an sie, eben ihr Name. Ich hatte mich beim Schreiben nicht auf eine Deutung festgelegt, aber das ergibt auf alle Fälle Sinn. :)
LG!
S.
 

Scal

Mitglied
Jetzt hab ich auch Lust, mich am Versteckspiel zu beteiligen.
Susanne ist die Amsel, Monika die Heuschrecke, und Simone die Katze.

Bei den Kinderspielen in unserer Gegend lautete der Spruch:
"Hinter meiner
vorder meiner
links, rechts
gilts nicht!"

LG
Scal
 

sufnus

Mitglied
Hey Scal!
Ja... bei den Versteckspielabzählreimen gibts wohl zahllose, mehr oder weniger logische Varianten, was mit den nicht wirklich standardisierten Spielregeln korrespondiert). :)
Wenn ich Dich an Susanne, Monaik und Simone erinnert habe, so hoffe ich aber sehr, dass sich dahinter keine traurigen Erinnerungen verbergen (angesichts der doch eingetrübten Stimmung meines fiktionalen Textes) - traurige Laune wollte ich keinesfalls verbreiten - das täte mir sehr leid!
LG!
S.
 

Johnson

Mitglied
Gefällt mir sehr gut. Es reiht nicht hochtrabende Wörter aneinander die den Eindruck herausragender Komplexität und Genialität vermitteln sollen. Es ist greifbar, strukturiert, kurzweilig und es „löst“ etwas im Kopf aus. Klasse! Lyrik die keine Abneigung in mir auslöst sondern salopp gesagt zum Nachdenken anregt.
 

sufnus

Mitglied
Ah... sorry, Johnson... hab Deinen freundlichen Kommentar eben glatt überlesen... ich selbst habe ja für hochtrabende Wörter einiges übrig, seien sie antiquierter Natur, fachsprachlich oder einfach schräg. :) Aber ich kann Deinen Punkt sehr gut nachvollziehen. Das schöne an Lyrik ist ja, dass sie nun wirklich jeden Geschmack zu bedienen vermag. :)
LG!
S.
 

sufnus

Mitglied
Hey - nochmal ich... :)
Ich bin immer etwas hin- und hergerissen, ob ich auf edle Sternespender hier nochmal reagieren soll oder nicht - einerseits will ich gerne meine Erfreunis über die Besternung kundtun, andererseits nicht den Eindruck erwecken, jede Gelegenheit zu nutzen, meinen Beitrag zu pushen...
Da Du, liebe @Susanne Evers , Deine freundliche Bewertung in der "Seitenleiste" aber mit einem ausführlicheren Kommentar versehen hast, will ich doch gerne darauf reagieren. :)
Dass Dich dieses lyrische Versteckspiel berührt hat und Erinnerungen weckte freut mich sehr! Ich finde die Frage sehr spannend, inwieweit unser aktuelles Ich sich im Laufe der Zeit gegenüber früheren Versionen unserer Selbst gewandelt hat und inwieweit unsere früheren Ichs womöglich rückwirkend um-erzählt werden. Ich vermute, dass hier bei den meisten Menschen (mich eingeschlossen) ein delikates Gleichgewicht am Start ist, dass einen persönlichen Wohlfühlwert zwischen biographischer Weiterentwicklung und konstantem Persönlichkeitskern einstellt. :)
LG!
S.
 
S

Susanne Evers

Gast
Danke. Ich bin ein Neuling und noch weniger versiert in der Analyse....danke, dass Du es für mich so hervorragend erklärt hast.
Herzliche Grüße von Susanne
 



 
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